Grundformen, Ziele und Probleme einer Differenzierung im Sportunterricht


Hausarbeit, 2007

13 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition „Differenzierung“

3. Beginn der Differenzierung im Überblick

4. Probleme der Differenzierung

5. Grundformen der Differenzierung

6. Ziele der Differenzierung

7. Möglichkeiten der inneren Differenzierung nach Wolfgang Söll
7.1 Didaktische Differenzierung
7.2 Methodische Differenzierung

8. Differenzierung im Sportunterricht

9. Zusammenfassung

Literaturangabe

1. Einleitung

Die Tatsache, dass jeder Mensch etwas Einzigartiges ist, über individuelle Eigenschaften und Besonderheiten verfügt, ist zweifelsfrei nichts Neues. Das Wissen bzw. die Erkenntnis über diese Individualität hat sich im Laufe der Jahre sowohl in der Wissenschaft, insbesondere in der Genforschung, aber auch in anderen Bereichen entwickelt. Dieses Wissen wird heute vielseitig genutzt, um auf das Individuum Mensch speziell einzuwirken. Einer dieser Bereiche ist auch die Schule und der damit verbundene Unterricht. In diesem Zusammenhang fällt heute häufig die Forderung bzw. die Notwendigkeit der Differenzierung als pädagogisches Prinzip im Unterricht und vor allem im Sportunterricht. Denn jeder Mensch, jedes Kind, somit jedes Individuum hat unterschiedliche Begabungen, konstitutionelle Voraussetzungen, Talente oder Interessen. Was genau aber unter Differenzierung zu verstehen ist, wie sie im Unterricht angewendet werden kann oder sollte, darüber herrscht nicht selten Uneinigkeit, oftmals sogar Unklarheit. Denn das Differenzierungsphänomen hat noch nicht lange bestand in unserer Schulgeschichte und gesellschaftliche Entwicklungen machen es oft schwer, ein genaues Muster zu erstellen.

Ziel dieser Arbeit ist es, zunächst einen Überblick über den Begriff Differenzierung zu geben und die Anfänge zu betrachten. Einen zweiten wichtigen Aspekt bilden die Probleme, die mit der Differenzierung in der heutigen Zeit verbunden sind. Weiterführend werden die Grundformen und die Ziele der Differenzierung im Unterricht dargestellt.

Wolfang Söll hat sich dem Phänomen der Differenzierung angenommen und darüber ein Werk verfasst. Ich werde auf seine Vorschläge zur inneren Differenzierung eingehen und zwei Möglichkeiten betrachten. Den Schluss dieser Arbeit bildet ein praxisorientierter Teil. Da ich im Verlauf dieser Arbeit mein Schulpraktikum an einem Gymnasium absolviert habe, werde ich die Grundformen der Differenzierung in der Praxis näher beleuchten.

2. Definition „Differenzierung“

Differenzieren kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Trennen oder sich unterscheiden“. Dabei ist zunächst wichtig, die Gründe für das Trennen kennen und ausweisen zu können. Es ist also wichtig, das Trennende, das Unterscheidende und Unterschiedliche zunächst wahrzunehmen und herauszuarbeiten.

Die Notwendigkeit der Differenzierung im pädagogischen Bereich ergibt sich aus den sehr unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Bedingungen der Schülerschaft, die besonders in den Sonderschulformen von großer Bedeutung sind. Diese Heterogenität erfordert pädagogische Maßnahmen, die zunächst in zwei Richtungen gedacht werden: die äußere und die innere Differenzierung. Im Sportunterricht steht Differenzieren für das Handeln des Lehrers, der die Unterschiede seiner SchülerInnen wahrnimmt und die unterrichtlichen Maßnahmen auf die Leistungsfähigkeit der SchülerInnen ausrichtet. Die quantitativen und qualitativen Anforderungen an die Schüler sind dabei unterschiedlich.

Wie bereits erwähnt, gibt es verschiedene Auffassungen von Differenzierung. Hier ist zunächst eine Auffassung der Begrifflichkeit:

„Der Begriff der Differenzierung umfasst alle organisatorischen und methodischen Bemühungen, die darauf abzielen, den individuellen Begabungen, Fähigkeiten, Neigungen und Interessen einzelner Schüler oder Schülergruppen innerhalb einer Schule oder Klasse gerecht zu werden.“ (Klafki, Wolfgang / Stöcker, Hermann: Innere Differenzierung des Unterrichts. In: Zeitschrift für Pädagogik, 22. Jg. (1976), 4, S. 497 f.)

3. Beginn der Differenzierung im Überblick

Von vielen Autoren wird das Jahr 1970 als wichtiger Punkt in der Entwicklung der Sportdidaktik und als Beginn der Phase der Differenzierung bezeichnet.

Hintergrund bildet die Veränderung in der Pädagogik, die sich zunehmend als Sozialwissenschaft etablierte und eine deutliche Zuwendung zur Praxis von Schule und Unterricht zeigte.

Bezüglich des differenzierten Unterrichts bedeutete diese Veränderung das Hervortreten der speziellen Sportarten und die Einführung von Leistungskursen im Fach Sport.

4. Probleme der Differenzierung

Ein gut durchdachter, sorgfältig geplanter Sportunterricht ist ohne diese didaktische Lösung der Differenzierung des Sportunterrichts kaum mehr denkbar. Es zählt daher zu den notwendigen Leitsätzen, dass der Sportlehrer die individuellen Besonderheiten seiner Schüler und die bestehenden Unterschiede im motorischen, kognitiven oder sozialen Bereich, berücksichtigt. Eine Differenzierung im Sportunterricht wird insbesondere dann unverzichtbar, wenn die Unterschiede zwischen den Schülern so gravierend sind, dass sie allein mit Hilfe der methodischen und pädagogischen Maßnahmen nicht mehr zu beeinflussen sind. Sowohl die Frage der Effektivität, auch als die Folgen eines nicht-differenzierten Sportunterrichts sind im Vorfeld zu klären bzw. zu berücksichtigen. Speziell für die Entwicklung der Persönlichkeit der Schüler ist es unabdingbar, die jeweiligen Charakteristiken der Schüler im Unterricht zu thematisieren.[1]

Aufgrund dieser fundamentalen Bedeutung von differenziertem Unterricht ist Kritik an diesem „Modell“ unabdingbar. Zunächst wendet sie sich gegen die Sozialform des Frontalunterrichts, der sehr offensichtlich ein Zeichen eines nicht-differenzierten Unterrichts darstellt. Darüber hinaus kritisiert die Forderung nach Differenzierung sämtliche Formen des Unterrichts – ganz egal welche Sozialformen hier verwendet werden – in denen persönliche Bedürfnisse nicht hinreichend berücksichtigt werden.[2]

Allerdings kann die Frage nach den methodischen und pädagogischen Möglichkeiten für einen differenzierten Unterricht keineswegs leicht beantwortet werden. Letztlich sind die im differenzierten Sportunterricht verwendeten Mittel und Methoden das Resultat der jeweilig verfolgten Intentionen. Diese Intentionen bzw. Ziele bestimmen, auf welche individuellen Besonderheiten der Schüler mit Hilfe der Differenzierungsmaßnahmen eingegangen werden soll. So versteht z.B. Söll unter Differenzierung die

„ ... Anpassung der pädagogischen und organisatorischen Maßnahmen an die unterschiedliche Leitungsfähigkeit der Schüler.“ (Söll, Wolfgang: Differenzierung im Sportunterricht : erster Teilband, Schorndorf: Hoffmann, 1979, S. 133).

Anhand dieser Definition wird deutlich, dass Söll mit Hilfe des Prinzips der Differenzierung in erster Linie das motorische Lernen und die konditionellen Fähigkeiten der Schüler optimieren will.

Diese Beschränkung auf das Körperliche wird aber der tatsächlichen Tragweite des Differenzierungsbegriffes nicht gerecht. Neben der Intensivierung des motorischen Lernens und Förderung konditioneller Fähigkeiten kann auch das soziale Lernen im differenzierten Unterricht nachdrücklich betont werden.[3]

Genau diese genannten Punkte des differenzierten Unterrichts stehen im weiteren Verlauf dieser Arbeit im Mittelpunkt der Betrachtung. Dabei werden neben den Charakteristika der Formen der Differenzierung auch die Unterschiede zwischen einer Differenzierung mit dem Schwerpunkt des sozialen Lernens bzw. mit dem Schwerpunkt der Förderung der motorischen Fähigkeiten verdeutlicht werden. Bezüglich des organisatorischen Rahmens wird sich auf Differenzierungsmaßnahmen innerhalb einer gemeinsam unterrichteten Klasse oder Lerngruppe beschränkt.

5. Grundformen der Differenzierung

Zunächst gibt es bei dem Begriff „Differenzierung“ viele Bereiche um Ansätze zu schaffen. Die einfachsten und logischsten Ansätze sind folgende Grundformen:

1. Niveau- oder Leistungsdifferenzierung; hierbei wird aufgrund der unterschiedlichen Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen der Schüler differenziert.

2. Interessen- oder Wahldifferenzierung; das bedeutet eine Ausrichtung des Unterrichts auf die unterschiedlichen Neigungen und Interessen der Schüler.

3. Äußere Differenzierung; hierbei wird nach Schularten, -zweigen, -klassen und nach Kursgruppen differenziert, sodass homogene Gruppen entstehen.

4. Innere Differenzierung; ist der „Versuch, die Lernprozesse auf das Begabungs- und Leistungsgefälle sowie auf die Interessensdivergenzen innerhalb einer Lerngruppe auszurichten.“ (Söll, Wolfgang: Die Gestaltung des Unterrichts ... / Teil 4 / Differenzierung im Sportunterricht : erster Teilband: Pädagogische und didaktische Grundlagen, organisatorische Differenzierung (Neigungsgruppe, Fördergruppe, Leistungsgruppe). Schorndorf: Hoffmann, 1976, S. 134).[4]

Im Verlauf meiner Literaturrecherche habe ich noch viele andere Einteilungsmöglichkeiten gefunden. Ein weiterer Vorschlag kommt von Seybold.

Er teilt die Differenzierung in fünf andere Bereiche ein:

1. Bewegungsrhythmus; hierbei soll aufgrund des individuellen Bewegungsrhythmus eines jeden Menschen unterschieden werden.
2. Motorisches Profil
3. Leistungsvermögen
4. Interessen
5. Lerntempo[5]

Es gibt noch viele andere Möglichkeiten den Unterricht zu differenzieren. Wolfgang Söll jedoch, berücksichtigt alle Faktoren, die bei einer Differenzierung im Vordergrund stehen. Daher kann ich seine Einteilung ohne Bedenken sinnvoll nachvollziehen.

6. Ziele der Differenzierung

Nach Einteilung der Differenzierung in verschiedene Bereiche, stellt sich nun die Frage, welche Ziele eine Differenzierung beinhaltet. Auch hier gibt es wieder verschiedene Meinungen.

Zum einem soll eine optimale sportspezifische Förderung des Einzelnen im Vordergrund stehen. Außerdem sollte eine Individuelle Disposition gefördert werden, Neigungen und Fähigkeiten einzelner entwickelt werden, leistungsschwacher Schüler ermuntert und motiviert werden, Leistungsstarke gefördert werden, Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten gefördert werden, und letztendlich sollte eine Erziehung zum einmaligen Menschen stattfinden (steht im Gegensatz zum einheitlich formulierten und normierten Lernziel einer Bewegung) und noch viele andere Aspekte mehr.[6]

7. Möglichkeiten der inneren Differenzierung nach Wolfgang Söll

Wolfgang Söll gibt zwei Möglichkeiten der Differenzierung im Unterricht vor, zum einem die didaktische Differenzierung und zum anderen die methodische Differenzierung, die sich noch in konvergent und divergent unterteilt.

7.1 Didaktische Differenzierung

Hier bestehen deutliche Unterschiede in der qualitativen oder quantitativen Art bezüglich der eigentlichen Zielsetzungen des Unterrichts in der Schule.

Der Klassenverband bleibt zwar erhalten, der eigentliche Lern- und Unterrichtsprozess wird aber auf Untergruppen oder auch auf einzelne Schüler verlagert.

Es wird sozusagen die äußere Differenzierung auf den Unterricht im Klassenverband übertragen.[7]

„Unter didaktischer Differenzierung sind somit alle Formen und Methoden der Differenzierung zu verstehen, die bestimmend und zum Teil verändernd in die inhaltliche und organisatorische Gestaltung des Klassenunterrichts eingreifen.“ (Söll, Wolfgang: Differenzierung im Sportunterricht : erster Teilband, Schorndorf: Hoffmann, 1979, S. 83)

Strukturbild der didaktischen Differenzierung[8]:

7.2 Methodische Differenzierung

Die Klasse wird als geschlossene Lerngruppe beibehalten. Die gemeinsame Zielsetzung bleibt bestehen und es sollte davon nur kurzfristig abgegangen werden. Die Differenzierung erfolgt vorwiegend mit methodischen Mitteln.

„Methodische Differenzierung bezeichnet die differenzierenden Maßnahmen, die bei prinzipieller Wahrung der Einheitlichkeit des Klassenunterrichts anwendbar sind.“ (Söll, Wolfgang: Differenzierung im Sportunterricht : erster Teilband, Schorndorf: Hoffmann, 1979, S. 83)

Die methodische Differenzierung erfolgt in zwei Grundverfahrensweisen: die konvergente (annähernde) Differenzierung und die divergente (auseinanderstrebende) Differenzierung.

Konvergente Differenzierung

Wolfgang Söll bezeichnet diesen Zielaspekt mit Integration und versteht darunter, dass möglichst alle Schülerinnen und Schüler bestimmte Qualifikationen erwerben. Ihm geht es darum, dass alle Schülerinnen und Schüler – mit Hilfe von methodisch Maßnahmen - letztlich auf das gleiche Leistungsniveau gebracht werden sollen, um dann gemeinsame Bewegungsbeziehungen realisieren und erleben zu können. Die konvergente Differenzierung zielt demnach darauf ab, die Schüler von verschiedenen Ausgangsniveaus zum generell gleichen Ziel zu bringen. (z. B. wichtige Disziplinen, Techniken und Kernübungen einzelner Sportarten).

In der Regel werden sich in der Klasse drei Gruppen ergeben:

a) eine kleine Gruppe wird die Übung bereits können oder mit wenigen Versuchen direkt erlernen. b) Die Mehrzahl muss an die Übung durch Hilfe der Lehrkraft herangeführt werden. Mit methodischen Maßnahmen wird das Ziel über Zwischenstufen relativ schnell erreicht. c) Eine Minderheit von Schülern wird das Ziel nicht oder nicht ganz erreichen und auf einer Zwischenstufe stehen bleiben.[9]

Die konvergente Differenzierung ist also gekennzeichnet von Primärgruppen und bereits vorher bestehenden Leistungsunterschieden.

Leistungsschwächere Schüler kommen im normalen Übungsbetrieb mit, Probleme sind jedoch vorprogrammiert, so zum Beispiel könnten sie später ins Ziel kommen, eine geringere Wiederholungszahl haben, technisch „schlechtere“ Ausführung der Übung zeigen oder eine einfachere technischen Variante nutzen.

Leistungsstärkere Schüler könnten bei diesem System geistig oder körperlich unterfordert werden. Deshalb sind diesen Schülern Anreize zu bieten, sich trotzdem anzustrengen für

bessere Zeiten, höhere Wiederholungszahlen, bessere Bewegungsausführung oder zum Einsatz als Helfer (in der Mittelgruppe).

Das Problem dieses Systems ist, dass die Sonderprogramme soweit wie möglich in den allgemeinen Lehrweg integriert werden müssen, so dass der einheitliche Klassenunterricht beibehalten wird. Methoden und Maßnahmen könnten Prinzipien zur Erleichterung der Übung selbst und der Übungsbedingungen (z.B. Einsatz von Vorübungen, Hilfsübungen, Einsatz von Lernhilfen, Geländehilfen, Gerätehilfen) sein.[10]

[...]


[1] vgl. Brodtmann, 1984, S. 193

[2] vgl. Brodtmann, 1984, S. 193

[3] vgl. Brodtmann, 1984, S. 193 f.

[4] vgl. Söll, 1979, S. 134 f.

[5] vgl. Seybold, 1973, S. 56

[6] vgl. Söll, 1979

[7] Söll, 1979, S. 83

[8] http://www.sportpaedagogik-online.de/diffa2.gif

[9] Söll, 1979, S. 83 ff.

[10] Söll, 1979, S. 83 ff.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Grundformen, Ziele und Probleme einer Differenzierung im Sportunterricht
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Sportwissenschaft)
Note
2,2
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V135585
ISBN (eBook)
9783668299016
ISBN (Buch)
9783668299023
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sport, Didaktik, Unterricht, Sportunterricht, Differenzierung
Arbeit zitieren
Nicole Fürch (Autor:in), 2007, Grundformen, Ziele und Probleme einer Differenzierung im Sportunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135585

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