Laudine - berechnende Königin oder liebende Ehefrau?


Seminararbeit, 2006

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zeitliche Einordnung

3 Die Frau im Mittelalter

4 Ist Laudines Trauer echt?

5 Die Eheabsicht Laudines

6 Ringübergabe und Herztausch

7 Ringrückforderung

8 Wiederbegegnung

9 Kniefall Laudines

10 Fazit

1 Einleitung

Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit Laudine, welche neben Iwein ebenfalls eine wichtige Rolle im Werk Hartmanns von Aue spielt. Was für eine Person ist sie? Entwickelt sie sich im Laufe der Handlung ebenso wie der Protagonist? Bewirkt Laudine sogar den Wandel ihres Ehemanns? Bei der Übertragung der französischen Vorlage Chretiens de Troyes hat Hartmann einige Veränderungen vorgenommen, so auch in Bezug auf die Laudine-Figur. Warum tat er das und welche Auswirkungen hat dies auf das Verständnis der Person Laudines? Der Kniefall am Ende des Iwein, welcher bei Chretien nicht existiert, spielt dabei eine bedeutende Rolle, denn er liefert viel Stoff zur Interpretation der Laudine-Figur und es ist nach wie vor strittig, ob dieser Schluss überhaupt von Hartmann stammt.

An ausgewählten Textstellen soll Laudine nun näher betrachtet werden.

2 Zeitliche Einordnung

Der Verfasser, Hartmann von Aue, ist urkundlich nicht erwähnt. Seine Lebensumstände können nur über eigene Äußerungen in seinen Werken und die Nennung durch andere Autoren rekonstruiert werden. Sein literarisches Schaffen kann mittels Querverbindungen zu anderen Werken eingegrenzt werden.1 Den Iwein siedelt man um 1200 an. 1205 muss er vorgelegen haben, da Wolfram von Eschenbach in seinem Parzival auf ihn Bezug nimmt. Als frühestes Entstehungsdatum nimmt man 1190 an. Der altfranzösische Roman Yvain von Chrétien de Troyes war Hartmanns unmittelbare Vorlage und wird einerseits auf 1177 datiert, andererseits auch auf die Zeit zwischen 1185 und 1188.2

3 Die Frau im Mittelalter

Im Mittelalter war die Frau dem Manne sowohl in rechtlicher, als auch in sozialer Hinsicht weit untergeordnet. Die Darstellung der Frau in der höfischen Literatur entspricht nur in sehr geringem Maße der Wirklichkeit. Die Verklärung des Frauenbildes in der Dichtung spiegelt „das dichterisch-klassische Streben“ nach Idealität wieder.3 Um sich ein Bild von der Frau im 12. Jahrhundert zu machen ist es daher weniger dienlich nur die Dichtung heranzuziehen. Darin wurde die Frau idealisiert und die Texte wurden meist von Männern für Männer geschrieben.

4 Ist Laudines Trauer echt?

Nachdem Ascalon von Iwein erschlagen wurde, fällt dessen Frau Laudine in eine tiefe Trauer.

waz sol ich, swenne ich dîn enbir?

waz sol mir guot unde lîp?

waz sol ich unsælic wîp?

ouwê daz ich ie wart geborn!

ouwê wie hân ich dich verlorn?

Ouwê, trûtgeselle.4

Hartmann betont hier, wie auch in den Versen 1312-1323, dass Laudines Trauer um ihren ersten Ehemann ehrlich ist. Ihr Kummer fehlt bei Chrétien, welcher in einer ironischen Art und Weise schildert, wie sie sich in kürzester Zeit entschließt den Mörder ihres Mannes zu heiraten. Er stellt Laudine als berechnende Königin dar, während ihr bei Hartmann eine Zweckehe fremd ist.5 Dort ist sie ihrem getöteten Mann Ascalon emotional verbunden. Allerdings ergibt sich aufgrund seines Todes ein Problem, da das Königreich Laudines schutzlos ist.

„[...]der weiz wol, ob mîn lant

mit mir bevridet wære,

daz ichs benamen enbære.[...]“6

Nun hat sie die Pflicht einen neuen Verteidiger für das Land zu finden. In politischer Hinsicht war die Stellung der adeligen Frau problematisch, denn im Allgemeinen war sie nicht lebensfähig. Die Definition des Lehens beinhaltet die Verpflichtung zum Waffendienst, welchen die Frau nicht leisten konnte.7 Damit hat Laudine keine andere Wahl, als sich erneut zu verheiraten, um die Sicherheit ihres Königreiches zu wahren, wobei sie ihre persönlichen Interessen zurückstellen muss. Lunete rät ihr Iwein zu ehelichen, da dieser Ascalon besiegt hat und somit noch stärker als dieser sein muss.

Laudines Trauer könnte durchaus echt sein, jedoch ist sie verpflichtet als Landesherrin (und nicht als Ehefrau) zu handeln.

5 Die Eheabsicht Laudines

Nach dem Tod ihres Ehemannes Ascalon braucht Laudine einen neuen König, der die Quelle und ihr Reich verteidigt. Zunächst möchte sie aber nicht heiraten, sondern wünscht sich einen Ritter, der ihr Königreich beschützt, ohne sie zu ehelichen.

sît ich ân einen vrumen man

mîn lant niht bevriden kan,

so gewinn ich gerne einen,

und anders deheinen,

den ich sô vrumen erkande

daz er mînem lande

guoten vride bære

und doch mîn man niht wære.8

Dennoch ist es Laudine bewusst, dass kein Mann ihr Land verteidigen wird, den sie nicht auch zum Ehemann nimmt. Zudem muss sie schnell handeln, denn König Artus ist mit seinem Gefolge im Anmarsch und in spätestens 12 Tagen da. Somit sind ihr Reich und ihre Quelle in Gefahr. Es muss ein tapferer Ritter gefunden werden, der den Frieden in ihrem Land wahren kann. „Und welcher Mann wäre geeigneter als Beschützer des Landes als der Sieger über ihren Mann?“9 Sie ist gezwungen aus politischen Gründen eine Vernunftehe einzugehen, obwohl ihr die Zweckehe grundsätzlich zuwider ist. Daher versucht sie den Mörder ihres Mannes ins beste Licht zu rücken, indem sie sich einredet, dass Iwein Ascalon aus Notwehr erschlagen hat.10 Indem sie in von jeglicher Schuld freispricht, kann sie ihn als edlen Ritter betrachten.

ouch stât unschulde dâ bî,

der ez rehte wil verstân:

er hât ez werende getân.

mîn herre wolt in hân erslagen:[...]11

Als Laudine schließlich den Namen Iweins hört, kennt sie ihn und preist sich glücklich. Zudem beginnt in den nächsten Versen Frau Minne auf Laudine einzuwirken, wodurch ihr Verhältnis zu Iwein versöhnlicher wird. Sie erkennt durch die Hilfe Lunetes, dass sie und Iwein von gleichem Stand sind, was für eine erneute Hochzeit sehr wichtig ist. Als Iwein zu Laudine gebracht wird, klärt sie ihn dennoch schonungslos über die Beweggründe einer erneuten Heirat auf. Diese beruhen nicht auf Gefühlen, sondern vielmehr auf dem Bedürfnis nach einem Beschützer des Reiches. Durch diese prekäre Lage wird Laudine gezwungen, um Iwein zu werben und dadurch die Minneregeln umzukehren.

ê ich iuwer enbære,

ich bræche ê der wîbe site:

swie selten wîp mannes bite,

ich bæte iuwer ê.12

Nach der ersten bestandenen Prüfung Iweins, freut sich Laudine, indem sie äußert, sie habe „wol gewelt“13, denn ihr zukünftiger Ehemann ist sogar in der Lage einen Artusritter zu besiegen. Zudem bringt ihr der Besuch Artus´ große Ehre, sie ist doppelt froh über ihre Wahl und sie nennt Iwein schließlich „geselle unde herre“14. Mertens sieht hier den Wandel Laudines zur „Herrscherin und Liebenden“.

Auch bei Chrétien ist Laudines Motivation nicht Liebe, sondern politisches Interesse, sie sucht einen Verteidiger für Quelle und Land.15 Nach Ihring ist auch Laudines Trauer um ihren getöteten Mann nicht echt.

„Et oseriiez vos anprandre

Por moi ma fontainne a deffandre ?“16

6 Ringübergabe und Herztausch

Sowohl bei Hartmann als auch bei Chrétien ist die Epsiode der Ringübergabe sehr kurz gehalten. Bei beiden Autoren erhält Iwein von Laudine einen Ring, der ihn (während des Turnierurlaubes) von allerlei Gefahren beschützen soll. Unterschiede werden aber bei den Absichten der jeweiligen Laudine-Figur ersichtlich. Die erste Differenz besteht darin, dass in Chrétiens Werk Laudine den gesamten Abschnitt spricht. In dieser Passage übergibt sie Yvain einen Ring, den sie noch nie einem Ritter überlassen hat. Dieser wirkt nur, wenn der Träger ein treuer und wahrer Liebender ist. Laudine möchte sich der Liebe Yvains sicher sein,deshalb fordert sie diese Bedingung für sich, wobei die Aufgabe der Landesverteidigungzurück tritt.

[...]


1 Internet: wikipedia.org/wiki/Hartmann_von_Aue. 25.07.2006.

2 Internet: wikipedia.org/wiki/Iwein. 25.07.2006.

3 Carne, Eva-Maria: Die Frauengestalten bei Hartmann von Aue. S. 2-5.

4 Hartmann von Aue: Iwein. V. 1466-1471.

5 Sparnaay, Hendricus: Hartmann von Aue. S. 53.

6 Hartmann von Aue: Iwein. V. 1904-1906.

7 Mertens, Volker: Laudine. S. 30.

8 Hartmann von Aue: Iwein. V. 1909-1916.

9 Schröder, Werner: Laudines Kniefall und der Schluß von Hartmanns Iwein. S. 11.

10 Hübner, Gert: Erzählform im höfischen Roman. S.186.

11 Hartmann von Aue: Iwein. V. 2042-2045.

12 Hartmann von Aue: Iwein. V. 2328-2331.

13 Ebd. V. 2682.

14 Ebd. V. 2665.

15 Ihring, Peter: Die überlistete Laudine. S. 153.

16 Chrestien de Troyes: Yvain. V. 2033-2034.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Laudine - berechnende Königin oder liebende Ehefrau?
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Seminar III: Iwein
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V135000
ISBN (eBook)
9783640427697
ISBN (Buch)
9783640424955
Dateigröße
656 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Laudine, Königin, Ehefrau
Arbeit zitieren
Daniela Kirchert (Autor:in), 2006, Laudine - berechnende Königin oder liebende Ehefrau?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135000

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