Das Speiseopfer im altertümlichen Griechenland

Ein Vergleich zwischen den verschiedenen Epochen und Sonderformen


Hausarbeit, 2000

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Speiseopfer im altertümlichen Griechenland. Ein Vergleich zwischen den verschiedenen Epochen und Sonderformen
2.1. Allgemeiner Ablauf des Speiseopfers
2.2. Unterschiede zwischen homerischer und nachhomerischer Zeit
2.3. Fortentwicklungen innerhalb einer Epoche
2.4. Sonderformen, Alternativen und Abarten des Speiseopfers

3. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Speiseopfer war fester Bestandteil der Religion im altertümlichen Griechenland. Neben dem Haaropfer, dem Eidopfer und vielen anderen war das Speiseopfer zwar eines von vielen Arten der Opferdarbringung, doch war es dasjenige Opfer, welches am häufigsten praktiziert wurde. Außerdem wurde es nach einem festen und komplizierten Ritual verrichtet, welches für die Darbringung von Opfern innerhalb der griechischen Religion höchstcharakteristisch war.[1] Somit galt das Speiseopfer als höchster Ritus der griechischen Religion.[2]

Dieses Ritual des Speiseopfers lief zwar prinzipiell nach einem gleichbleibenden Schema ab, doch ergeben sich bei genauer Betrachtung dennoch Unterschiede. So gab es beim Ablauf und der Form des Speiseopfers bedeutende Abweichungen sowohl in zeitlicher als auch regionsspezifischer Dimension. Zum Ausdruck kommt die Unterschiedlichkeit besonders, wenn man die im späten achten oder frühen siebten vorchristlichen Jahrhundert entstandenen Ilias und Odyssee von Homer mit den Berichten der nachhomerischen Zeit vergleicht. Unter Umständen ist hier sogar eine Entwicklung von der homerischen zur nachhomerischen Zeit auszumachen.[3] Ebenso gewichtig waren die regionalen Ausdifferenzierungen der Opferdarbringung.[4]

Wenn auch die homerische Zeit nicht mit der ältesten Zeit gleichzusetzen ist[5] und somit sich auch zwischen diesen Unterschiede ergeben können, so sind die Darstellungen Homers dennoch oftmals symptomatisch für die ursprüngliche Form des Speiseopfers. Im Mittelpunkt der folgenden Untersuchung soll daher der Vergleich zwischen den Beschreibungen des Speiseopfers in den homerischen Epen mit denen aus nachhomerischer Zeit stehen. Hierbei sollen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Ablauf und in der Form des Speiseopfers in den jeweiligen Zeitepochen herausgestellt werden.

2. Das Speiseopfer im altertümlichen Griechenland. Ein Vergleich zwischen den verschiedenen Epochen und Sonderformen

2.1. Allgemeiner Ablauf des Speiseopfers

Das Speiseopfer lief zu jedem Zeitpunkt des griechischen Altertums nach einem sehr ähnlichen, festgelegten Ritual ab. Es diente dazu, die Götter freundlich zu stimmen, während man beim Unterlassen von Opfern glaubte, den Ärger der Götter zu schüren und diesen durch sehr aufwendige Opfer wettmachen zu müssen.[6] Auch wenn es zahlreiche Opfernde gab, bei denen die gute Gesinnung beim Opfern im Vordergrund stand und nicht der erhoffte Dank der Götter, so waren es wohl doch die meisten, die Wert darauf legten, möglichst reichhaltige Opfer darzubringen, um möglichst viel Nutzen daraus zu ziehen.[7]

Zwar war das Speiseopfer eine festliche Veranstaltung einer Gemeinschaft,[8] doch ist unumstritten, dass jedes Teilopfer zunächst von einem Priester oder seinem Vertreter vorgenommen wurde. Dieser Priester stand vor einem Altar, welcher sich im Freien gegenüber dem Tempeleingang befand.[9] Die anderen Teilnehmer versammelten sich in einem Kreis um den Altar[10] und vollzogen die Handlungen des Priesters weitgehendst nach.[11]

Dem Speiseopfer wurde noch vor Sonnenuntergang vorgenommen[12] und ihm ging zunächst eine Phase voraus, in der das Opfer vorbereitet wurde und in der sich die Anwesenden einstimmten. Erst danach kam es zur eigentlichen Darbringung des Opferstieres, welches im Normalfall ein gezüchtetes Tier war. Zumeist wurden Schafe, Ziegen, Schweine oder Rinder geopfert, ferner auch Hühner.[13] Esel sollten den Göttern nicht geopfert werden,[14] Wild oder Fisch kamen eigentlich nicht in Betracht und bilden daher Ausnahmen, da diese Tiere beim Fang zumeist Verletzungen davon trugen. Dies hätte allerdings gegen das Ziel verstoßen, dass die Tiere unbedingt unversehrt geopfert werden sollten.[15] Außerdem sollte keine kranken Tiere geopfert werden.[16] Bevorzugt wurden zudem hellfarbige Tiere, wobei es auch Ausnahmen geben konnte.[17]

Die Vorbereitung und die Begleitzeremonie standen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Opferdarbringung selbst, sind im Grunde auch Teil der eigentlichen Kulthandlung[18] und somit untrennbar von der Opferdarbringung.[19] Am Anfang der Vorbereitung des Speiseopfers stand sowohl in homerischer als auch in späterer Zeit die Reinigung, um der Heiligkeit des Speiseopfers zu entsprechen. Hierbei ist aber weniger die Befreiung von Schmutz gemeint, sondern eher ein inneres Freimachen und Loslösen von Schuld und Sünde.

Dennoch badete oder wusch man sich am Tag der Opferung[20] und legte frische Kleider an, was einen großen Gegensatz zum Alltag darstellte.[21] Zumeist trugen sowohl die Opfernden als auch der Priester weiße Kleider, da bunte als unrein galten.[22] Hinzu kamen Bestimmungen, keine Ringe, Gürtel und Schuhe zu tragen, da diese einen zu sehr bindenden Charakter hatten und somit das Opferung nicht vollkommen frei vonstatten gehen konnte. Ebenso sollten die Haare offen und nicht zusammengebunden getragen werden.[23]

Großen Wert legte man aber vor allem auf das Waschen der Hände direkt vor der Opferdarbringung. Man wollte mit lustrierten, also kultisch reinen, Händen beten.[24] Dieses Händewaschen hatte also eher kathartische Funktion[25] und ist vielleicht am ehesten zu vergleichen mit dem heutigen Ritual der Katholiken, beim Betreten und Verlassen der Kirche die Hände in Weihwasser zu tauchen.[26] Neben den Opfernden wurde auch das an Stricken herbeigeführte[27] Opfertier gesäubert. Sowohl der Altar als auch das Opfertier wurden zu Beginn der Zeremonie mit Weihwasser aus einem bereitstehenden Becken besprengt.[28]

Ebenfalls die Funktion innerer Reinigung[29] hatte neben dem Wasser die Gerste. Diese wurde in einem meist silbernen oder manchmal auch goldenen[30] Korb mit hornartigen emporstehenden Spitzen aufbewahrt, der ebenfalls heilig und geweiht war. Die Herrichtung des Korbes leitete die heilige Handlung überhaupt erst ein.[31] Hierbei wurde ein Opfermesser in den Korb gelegt, welches von den ungeschroteten Gerstenkörnern bedeckt wurde und entweder dadurch gereinigt wurde[32] oder bereits durch die Berührung mit dem Opferkorb.[33] In der Regel trug ein Mädchen den Korb mit der Gerste an den Altar heran.[34] Danach wurde die Gerste von den am Opfer beteiligten Menschen in die Hände genommen,[35] was ebenfalls reinigende Funktion hatte und wodurch die Opfernden, die Opfergeräte und das Opfertier von einer profanen in eine heilige Sphäre überführt[36] und somit praktisch eingesegnet wurden.[37]

Hiermit war die kultische Vorbereitung beendet und man war bereit, sich im Gebet an die Götter zu wenden. Das Beten stellte den Höhe- und Mittelpunkt des Opferritus dar und diente als Ruflied, durch das die Götter zum Opfermahl eingeladen wurden. Zudem wurden im Gebet Anliegen vorgebracht, durch die erklärt wurde, weswegen das Tier geopfert wurde. Man hoffte, dass die Götter das Gebet erhörten[38] und glaubte, dass die Gemeinschaft zwischen Mensch und Gott beim Mahl alles heilig machte, was zum Opfer gehörte.[39]

Während des Gebetes kam es zu einem heiligen Schweigen, zu der alle Anwesenden vom Priester – oder bei großen Massenspeisungen von einem Herold mit kräftiger Stimme – aufgefordert wurden.[40] Man kniete nicht nieder, sondern hob stehend die Hände mit aufwärts gewandten Handflächen gen Himmel.[41] Der Priester war mit einer seiner Hände zumeist mit etwas anderem – beispielweise dem Wasser oder der Gerste – beschäftigt.[42] Alle Opfernden blieben allerdings nach dem Gebet des Priesters nicht stumm, sondern fielen vielmehr mit ein.[43] Wollte ein Privatmann opfern, so durfte es dies als Familienoberhaupt ohne weiteres tun.[44] Oft trat jedoch ein Priester oder ein Vertreter von diesem an, da üblicherweise nur diese mit den notwendigen Kenntnissen über das Gebet und die Opferdarbringung ausgestattet waren.

Ebenfalls fester Bestandteil des Speiseopfers war das Ritual, dem Opfertier die Haare abzuschneiden. Hierbei war es nicht gleichgültig, an welcher Stelle dem Tier die Haare abgeschnitten wurden und so wählte man die Stirnhaare, da dort die Haare besonders lang waren und die Stirn am besten das Haupt und letztlich den gesamten Körper des Opfers vertrat.[45] Das Abschneiden wurde durch den Priester allein vorgenommen[46] und hatte wiederum die Funktion der Heiligung und Weihung des Opfertieres,[47] da die Haare zunächst auf die heiligste Stätte, den Altar, gelegt und letztlich in das Altarfeuer geworfen wurden.[48]

[...]


[1] Nilsson 1955, S. 142.

[2] Nilsson 1955, S. 150.

[3] Nilsson 1955, S. 145.

[4] Eitrem 1977, S. 1.

[5] Ziehen 1939, Sp. 617.

[6] Muth 1988, S. 71.

[7] Stengel 1898, S. 87.

[8] Burkert 1977, S. 101.

[9] Burkert 1977, S. 108.

[10] Eitrem 1977, S. 55.

[11] Ziehen 1939, Sp. 604.

[12] Stengel 1898, S. 133.

[13] Burkert 1977, S. 101.

[14] Stengel 1898, S. 108.

[15] Ziehen 1939, Sp. 589 - 590.

[16] Stengel 1898, S. 107.

[17] Stengel 1898, S. 134.

[18] Ziehen 1939, Sp. 599.

[19] Nilsson 1955, S. 142. Dennoch wurde sowohl von Stengel als auch von Eitrem angedacht, die Begleitzeremonie könnte einst als eigenständiges Ritual existiert haben und dem Speiseopfer irgendwann angegliedert worden sein. Nilsson steht dem skeptisch gegenüber. Vgl. Nilsson 1955, S. 147.

[20] Ziehen 1939, Sp. 599.

[21] Burkert 1977, S. 101.

[22] Wächter 1910, S. 16-18.

[23] Wächter 1910, S. 21.

[24] Simon 1998, S. 129.

[25] Nilsson 1955, S. 147.

[26] Ziehen 1939, Sp. 601.

[27] Stengel 1898, S. 99.

[28] Ziehen 1939, Sp. 599 – 600.

[29] Nilsson 1955, S. 150.

[30] Stengel 1898, S. 98.

[31] Eitrem 1977, S. 295 – 296.

[32] Ziehen 1939, Sp. 600.

[33] Eitrem 1977, S. 302.

[34] Burkert 1977, S. 101.

[35] Nilsson 1955, S. 142.

[36] Nilsson 1955, S. 147.

[37] Nilsson 1955, S. 150.

[38] Ziehen 1939, Sp. 604.

[39] Nilsson 1955, S. 145.

[40] Ziehen 1939, Sp. 606.

[41] Burkert 1977, S. 128.

[42] Ziehen 1939, Sp. 609.

[43] Ziehen 1939, Sp. 607.

[44] Stengel 1898, S. 31.

[45] Eitrem 1977, S. 407.

[46] Ziehen 1939, Sp. 604.

[47] Nilsson 1955, S. 137.

[48] Nilsson 1955, S. 150.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Speiseopfer im altertümlichen Griechenland
Untertitel
Ein Vergleich zwischen den verschiedenen Epochen und Sonderformen
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Seminar für Alte Geschichte)
Veranstaltung
Einführung in die Geschichte Griechenlands
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V134858
ISBN (eBook)
9783640429714
ISBN (Buch)
9783640430024
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Speiseopfer, Griechenland, Vergleich, Epochen, Sonderformen
Arbeit zitieren
Dirk Wippert (Autor:in), 2000, Das Speiseopfer im altertümlichen Griechenland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134858

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