Über Rhetorik und Philosophie im außermoralischen Sinn


Hausarbeit, 2001

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsangabe

1 Einleitung:
1.1 Nietzsches Philosophie in groben Zügen

2 Der Text „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn“

3. Die Frage an den Text: Was hat das eigentlich mit Rhetorik und Philosophie zu tun?
3.1 Die Rhetorik als Metaphernbildung
3.2 Nietzsche und die Metapher
3. 3 Über Wissenschaft und Kunst oder Suchen und Gestalten
3. 4 Über Vernunft und Intuition oder Philosophie und Rhetorik
3.5 Nietzsches Position

1 Einleitung:

Ich werde meine Hausarbeit mit einem kurzen Abriss der Philosophie Nietzsches beginnen, um dessen Hauptgedanken in groben Zügen nachzuzeichnen. Im Hauptteil werde ich nah an dem zu behandelnden Text: „Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn“ arbeiten, aber auch andere wichtige Schriften mit einbeziehen. Zum Schluss versuche ich, Nietzsche eine Position innerhalb der Rhetorik und Philosophie Debatte zu entlocken.

1.1 Nietzsches Philosophie in groben Zügen

Friedrich Nietzsche als Philosoph im herkömmlichen Sinn zu verstehen, wäre ein Fehler. Nietzsches Philosophie nicht als Philosophie ernst zu nehmen ein noch viel größerer. Als studierter Philologe war es eigentlich seine Profession sich mit altertümlichen Schriften zu befassen. Durch die ständige Konfrontation mit der Philosophie der Antike und den christlichen Schriften geriet er aber der Philosophie naturgemäß sehr nah. Erst die Schriften Schopenhauers weckten in ihm endgültig das Interesse für die Philosophie. Schopenhauer, selbst ein Außenseiter in der Welt der Philosophie, wurde zu einem Vorbild für Nietzsche. So kann man ihn zunächst als geistiges Kind Schopenhauers einordnen.[1] Zum anderen war aber auch der berühmte Komponist Richard Wagner eines seiner großen Vorbilder. Seine Musik und auch seine Persönlichkeit inspirierten Nietzsche zu vielen seiner Schriften. Er selbst gab den antiken Philosoph Heraklit als sein philosophisches Vorbild an. Alleine schon diese merkwürdige Herangehensweise an die strenge Wissenschaft der Philosophie ließ ihn unter den Philosophen zu einem Einzelkämpfer werden. So hält sich Nietzsche auch an keinerlei anerkannte philosophische Tradition. Dichtend und denkend rollt er seine Weltanschauungen ohne jeglichen wissenschaftlichen Charakter aus. Den Inhalt kann man nicht nur als sehr eigenständig und aus der Rolle fallend bezeichnen, er ist beinahe eine Antiphilosophie. Anti- ist überhaupt ein treffender Ausdruck um das Nietzsche Denken zu charakterisieren. Es richtet sich nicht nur gegen die Metaphysik der bekannten Philosophie, sondern auch gegen das Christentum, den Feminismus, den Sozialismus, die Demokratie, den Intellektualismus, den Nationalismus und den Pessimismus.[2] Kurzum: Gegen alle Werte, Normen und ethischen Grundbegriffe, auf denen die gesamte abendländische Kultur begründet ist. Er selbst sah sich auch als eine Art Werterevolutionär und sein Lebenswerk darin, alle Werte niederzureißen und auf ihren Ruinen neue, ehrlichere Werte zu erschaffen. Diese „Umwertung aller Werte[3]“ entsprang vor allem aus der Überlegung heraus, dass die sogenannte „Sklavenmoral“, die vom Menschen selbst geschaffen war, nur dazu diene, den Menschen einzuengen und seines wirklichen Willens zu berauben. Der Wille steht bei Nietzsche im Vordergrund seiner Theorien. Er begreift ihn als „Wille zur Macht“, der den Menschen als natürlicher Instinkt mitgegeben ist. Dieser Wille zur Macht ist in Nietzsches Augen der Hauptwesenszug des Menschen. Dieser aber kann sich nur gebührend entfalten, wenn er nicht den verlogenen und heuchlerischen Kräften der „Sklavenmoral“ ausgeliefert ist. Diese Überwindung der Moral erreicht der Mensch aus folgender Erkenntnis: “Gott ist tot.[4] “ Dieses meint, dass der Mensch erkennen soll, das es außer der uns sichtbaren und wahrnehmbaren Welt keine über, unter oder Nebenwelt gibt, an die er sich halten und klammern kann. Die Metaphysik, sei es in Form des Himmels des Christentums oder in Form der Welt der Ideale bei Platon, ist nach Nietzsche nur eine Verschleierung, ein verzweifelter Hoffnungsglaube der Schwachen an eine Metawelt, die als einzige die Wunden des Lebens auf der angeblich so grausamen irdischen Welt heilen kann. Diese Welt aus moralischen Restriktionen engt den menschlichen Horizont derart ein, dass er nicht mehr im Stande ist, außerhalb dieser Grenzen zu denken. Er selbst bemerkt diesen Tatbestand an sich selbst. So schreibt er an einen Freund: “Wenn ich nur den Muth hätte alles zu denken, was ich weiß...“.[5] Für Nietzsche gibt es nichts Absolutes und somit auch keine Absolution. Der Mensch soll also erkennen, dass es nichts gibt außer ihn selbst und der Welt in der er lebt. Er macht ihn für sein Schicksal somit eigenverantwortlich. Wenn der Mensch sich also aufgrund dieser Erkenntnis von der Moral befreit, so hat er die nächste Evolutionsstufe erklommen und ist vom Menschen zum „Übermenschen[6] geworden. Der Übermensch ist zum Menschen das, was der Mensch zum Affen ist. Er steht dann „jenseits von Gut und Böse[7], wie er auch eine seiner Hauptschriften genannt hat. Dieser Übermensch ist für Nietzsche die einzig wahre Lebensform. Der einfache Mensch ist sozusagen nur der Übergang, die Zwischenstufe vom Tier zum Übermenschen. Wenn Gott, der Schöpfer des Menschen, also tot ist, so ist es der Mensch selbst, der seinen Platz einnimmt. Nun ist der Mensch also befreit und kann als solch ein Übermensch seine Kräfte voll entfalten und trotzt auch der schlimmsten aller erschreckenden Erkenntnisse: „Die Ewige Wiederkunft[8]. Diese Theorie besagt, dass alle Geschichte immer nur aus Wiederholungen besteht. Der Mensch und auch die Menschheit durchlaufen immer wieder die gleichen Stadien. Seiner Meinung nach ist die Zeit unendlich, die Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten aller vorhandenen Atome ist es nicht. Deshalb schließt er daraus, dass sich die Zustände zwangsläufig wiederholen müssen. Ein weiterer wesentlicher Punkt seiner Philosophie ist die Notwendigkeit der Symbiose von A pollinische und Dionysische[9]. Diese Begriffe sind auf die beiden griechischen Götter Apoll und Dionysos zurückgeführt. Apoll seht in der griechischen Mythologie für die Weisheit, die Ästhetik, die Wissenschaft und die Kunst. Dionysos hingegen ist der aufbrausende, gefühlsgeleitete Gott. Er steht für das rauschhafte im Menschen. Nietzsche selbst versuchte selber immer diese beiden Gegensätze in seinen Texten zu vereinen.

2 Der Text „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn“

Zuerst befasst sich Nietzsche mit dem, seiner Meinung nach, unangemessenen Pathos des Menschen, welcher sich innerhalb der Natur als zu wichtig empfindet. Nietzsche meint, der Mensch und der menschliche Intellekt nehmen sich im Kontext der Weltgeschichte und der unendlichen Ausdehnung des Universums als so unbedeutend und kurzlebig aus, dass der Mensch kein recht habe, sich derart wichtig zu nehmen. Das menschliche Bewusstsein, das Erkennen ist Nietzsches Meinung zufolge auch der einzige Grund für den Hochmut der Menschen, weil es durch seine eigene Wertschätzung über seine tatsächliche Selbstbedeutung hinwegtäuscht. Diese Bedeutung aber zweifelt Nietzsche an. Er versucht im folgenden zu zeigen, wie weit es tatsächlich mit dem menschlichen Intellekt her ist.

Nach diesem radikalen Angriff auf die Bedeutung des Bewusstseins geht er nun zu dessen Begründung über. In diesem recht polemischen Absatz geht er auf die Begriffe Wahrheit und Lüge, aber vorerst im moralischen Sinn, ein. Der Mensch, so Nietzsche, benutzt seinen Intellekt, sein Erkennen vor allem zur Täuschung. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb heraus belügt und betrügt er, spielt Rollen, maskiert sich und ist fast nie ehrlich zu seinen Mitmenschen und schon gar nicht zu sich selbst. Dieser Trieb des Menschen zur Lüge lässt die berechtigte Frage aufkommen: “Woher in aller Welt, bei dieser Konstellation der Trieb zur Wahrheit![10]. Die banale Antwort kommt sogleich: „... weil aber der Mensch zugleich aus Not und Langeweile gesellschaftlich und herdenweise existieren will, braucht er einen Friedenschluß und trachtet danach, dass wenigstens das allergrößte Bellum omnium contra ommes [ Der Krieg jeder gegen jeden] aus seiner Welt verschwinde.“[11] Die Wahrheit, oder besser die Wahrhaftigkeit als gesellschaftliche Vorraussetzung. Es entsteht ein Zwang „eine gültige und verbindliche Bezeichnung der Dinge[12] zu finden, um in einer Gemeinschaft zu existieren. Hiermit lässt sich auch die moralische Definition des Lügners ableiten: Der Lügner ist ein Mensch, der die gültigen Bezeichnungen in einem falschen Zusammenhang gebraucht. Dieser, der offensichtlich die Menschen belügt, wird kein Vertrauen mehr in der Gemeinschaft finden und so zu einem Außenseiter. Hier aber differenziert der Mensch laut Nietzsche, denn der Mensch ahndet nur diejenigen Lügen, die ihm auch schaden. Der Lügner, der zum Beispiel zur Unterhaltung lügt, wie ein Schauspieler, wird natürlich nicht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.

Nun aber kommt der Punkt, an dem Nietzsche zur eigentlichen Fragestellung seiner Betrachtung gelangt:

Wie steht es eigentlich um die Konventionen der Sprache? Sind sie vielleicht Erzeugnisse der Erkenntnis, des Wahrheitssinnes, decken sich die Bezeichnungen und die Dinge? Ist die Sprache der adäquate Ausdruck aller Realität?[13]

Hier bezweifelt er die gängige Definition des Menschen von Wahrheit.

Was ist ein Wort?[14]“ fragt er und beantwortet es in einem Wissenschaftlichen: „Die Abbildung eines Nervenreizes in Lauten.“[15] Wir nehmen also die Welt in Form von Nervenreizen wahr, zum Beispiel von den visuellen Abbildungen eines Gegenstandes auf unserer Netzhaut und haben dafür eine verbindliche Form eines Lautes bestimmt. Der Nervenreiz ist aber immer subjektiv und somit eine unzureichende Bedingung, um ihn mit Berechtigung pauschalisieren zu können. Der Mensch „bezeichnet nur die Relationen der Dinge zum Menschen und nimmt zu deren Ausdruck die kühnsten Metaphern zur Hilfe“.[16] Vom Ding an sich haben wir also keine Vorstellung, wenn wir von Dingen reden, sondern benutzen immer nur Metaphern, die in ihrer Pauschalisierung nicht in der Lage sind, die eigentliche Wahrheit ausreichend zu beschreiben. Die einzelnen individuellen Unterschiede der gattungsgleichen Dinge werden durch das Wort unter den Tisch fallen gelassen. Damit verhöhnt Nietzsche sozusagen die platonische Metaphysik der Welt der Ideale[17]:

[...]


[1] Vgl.: Störig, Hans Joachim, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 364

[2] Vgl.: Störig, Hans Joachim, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 369

[3] Störig, Hans Joachim, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 364

[4] Störig, Hans Joachim, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 368

[5] Stegmeier, Werner; Nietzsches Genealogie der Moral, S. 1

[6] Nietzsche, Friedrich; Also sprach Zarathustra, S.10

[7] Störig, Hans Joachim, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 365

[8] Störig, Hans Joachim, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 370

[9] Störig, Hans Joachim, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 365

[10] Nietzsche, Friedrich; Werke in drei Bänden, Dritter Band, S. 311

[11] s.o.

[12] s.o.

[13] Nietzsche, Friedrich; Werke in drei Bänden, Dritter Band, S. 311

[14] Nietzsche, Friedrich; Werke in drei Bänden, Dritter Band, S. 312

[15] s.o.

[16] s.o.

[17] Vgl.: Höld,, Hans Gerald; Nietzsches frühe Sprachkritik, S. 93

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Über Rhetorik und Philosophie im außermoralischen Sinn
Hochschule
Universität Lüneburg  (Sprache und Kommunikation)
Veranstaltung
Rhetorik und Philosophie
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
19
Katalognummer
V13445
ISBN (eBook)
9783638191111
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine ganz gute Arbeit über Nietzsche im Sprachphilosophischen Kontext.
Schlagworte
Rhetorik, Philosophie, Sinn, Rhetorik, Philosophie
Arbeit zitieren
Michael Seemann (Autor:in), 2001, Über Rhetorik und Philosophie im außermoralischen Sinn, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13445

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