Neuseeland - Zwischen Regulierung und Globalisierung


Diplomarbeit, 2009

57 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Vorwort
1.2 Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Geschichte

2. Das Neuseeland - Experiment
2.1 Auslöser des Experiments und Ursachen der Krise
2.2 Bedeutende Reformen und ihre Auswirkungen

3. Die Lage nach dem Experiment
3.1 Fallbeispiel: Stromausfall in Auckland 1998
3.2 Folgen des Strukturwandels
3.3 Ursachen und Gründe für das Scheitern des Experiments
3.4 Akzeptanz in der Bevölkerung

4. Der Ausweg aus der Krise

5. Schlussbetrachtung

6. Quellenverzeichnisse
6.1 Literaturverzeichnis
6.2 Internetquellenverzeichnis

I. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2: Reales Wachstum des BIP – 1993 – 2007

Abbildung 3: Entwicklung der Arbeitslosenquote – 1993 – 2007

Tabelle 1: Reformereignisse im Überblick

1. Einleitung

1.1 Vorwort

1.2 Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Geschichte

„Neuseeland Experiment“, „Globalisierung eines Wohlstandstaates“, „Kiwi-Wunder“ oder die „Liberalisierung einer Marktwirtschaft“, all das sind Ausdrücke mit denen die Zeit seit 1984 von Neuseeland beschrieben wird. Doch was ist die Globalisierung? „Die Welt schrumpft“ hat John Pilger, ein australischer Journalist, einmal geschrieben. Es bedeutet, die Welt ist enger zusammen gerückt und zum Teil leben wir auch schon in der Globalisierung, „Die Kleidung, die wir tragen, ist wahrscheinlich in asiatischen Fabriken zusammengenäht worden, viele Lebensmittel in unseren Supermärkten stammen aus afrikanischem Anbau. Man kann Filme in Mali kaufen oder Romane aus Kolumbien lesen“. Auch sind Entscheidungen, die getroffen werden, nicht mehr nur regional in einem Land von Bedeutung. So kann es in der heutigen Zeit sein, dass eine Investitionsentscheidung in London zur Folge hat, dass in Tokio tausende Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren. Wiederum kann solch eine Entscheidung in Berlin tausenden Bürgern in Indien einen Arbeitsplatz beschaffen. Die Frage, die sich bei globalem Handeln, einem globalen Finanzwesen oder zusammengefasst der Liberalisierung und dem damit verbundenem Aufheben aller Grenzen und Hindernisse stellt, „Ist die Globalisierung eine Bereicherung oder eine Bedrohung?“ 1

Neuseeland hat die Schritte „Liberalisierung“ und „Globalsierung“ der Märkte und des Landes wie keine andere Industrienation dieser Welt vorangetrieben und durchgesetzt. Thema dieser Diplomarbeit wird es sein, die bedeutendsten Veränderungen in Neuseeland darzustellen, die diese Umwandlung bewirkt haben. Im Hauptteil wird auf wesentliche Reformen eingegangen, die in der Zeit vom 1984 bis 1994 in Neuseeland stattgefunden haben. Ziel soll es sein zu zeigen, ob der radikale Schnitt, der Wandel von einem Wohlfahrtstaat in eine freie und offene Marktwirtschaft, die Globalisierung von Neuseeland ein Erfolg für die Bürger und das Land darstellt und inwieweit so ein Reformprojekt übertragbar ist auf anderen Volkwirtschaften ist.

1. Einleitung

1.1 Vorwort

1.2 Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Geschichte

Die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung Neuseelands bildeten in der Geschichte vor allem Wolle, Fleisch sowie Milchprodukte. Auch wenn sie heute nicht mehr den gleichen Stellenwert darstellen, sind sie immer noch wichtige Einnahmequellen und Exportgüter für das Land. Mit Beginn des 20 Jahrhunderts wird die Kiwi, früher auch „chinesische Stachelbeere“ genannt, angebaut. Sie gilt seit ihren ersten Exportversuchen auf dem Weltmarkt 1940 zu den Exportschlagern von Neuseeland.2

Zusammen mit der Forstwirtschaft bilden die Agrargüter einen großen Posten in der Liste aller Exporte des Landes. Weiterhin zählen der Maschinenbau, Kraftfahrtzeugteile und Fahrzeuge sowie chemische Erzeugnisse und Papier zu den wichtigsten Exportgütern.3

Anfang der 1850er Jahre wurde Gold in Neuseeland gefunden und eine Jagd auf dieses begann. Bis 1980 gab es etwa 20 Firmen, die darauf spezialisiert waren, Gold zu finden. Heutzutage gibt es noch zwei große, aktive Minen in Neuseeland. Die „Macraes Mine“ und die „Martha Mine“. Zusammen produzieren sie 11,8 Tonnen Gold im Jahr. Auch wurde Mitte der 1980er Jahre der Tourismus auf Neuseeland als Einnahmequelle entdeckt.4

Gerade die Maori nutzen die abwechslungsreichen Landschaften und Tierarten als ihre Verdienstmöglichkeit. So ist es nicht verwunderlich, dass der Tourismus die größte Divisen-Einnahmequelle bildet.

Etwa 2 Millionen Besucher jedes Jahr bringen dem Staat rund NZ-$ 6 Mrd. ein. Für das Jahr 2009 rechnet Neuseeland mit einer Steigerung auf 3 Mio. Besucher. Vor allem nutzen die asiatischen Nachbarländer das nahegelegene Neuseeland als Urlaubsort.5

2. Das Neuseeland – Experiment

2.1 Auslöser des Experiments und Ursachen der Krise

2.2 Bedeutende Reformen und ihre Auswirkungen

Neuseeland zählte nach dem zweiten Weltkrieg zu einem der reichsten Länder der Welt. Der Wohlstand setzte sich hauptsächlich aus der Nutzung der Landwirtschaft und der Nutzung vorhandener Rohstoffe zusammen.6 Doch die konsequent durchgeführte Wohlstandspolitik unter den wechselnden Regierungen der Labour und National Partei führten dazu, dass Neuseeland im Ranking des OECD im Laufe der Jahre bis 1984 auf Platz 23 von damals 24 Mitgliedsstaaten abrutschte.7 Für neuseeländische Bürger und deren Produkte war Großbritannien eine Art „Lebensversicherung“. Aufgrund der engen Zusammenarbeit und den großen Abnahmemengen durch Großbritannien konnte die Regierung weiterhin ihre Wirtschaft vor der Weltmarktkonkurrenz schützen und schaffte so den Sprung unter die Top drei Wirtschaftsnationen.8

Ein großes Problem für die Wirtschaft Neuseelands wurde dann der Beitritt Großbritanniens in die Europäische Gemeinschaft 1973. Damit brach der Hauptabnehmer für neuseeländische Agrarprodukte weg. Produkte wie Wolle, Butter und Milch konnten nun von Großbritannien kostengünstiger aus den EG Ländern bezogen werden.9 Hierbei handelte es sich um 90 Prozent der neuseeländischen Butter, rund 80 Prozent des Käses und ca. 30 Prozent der gesamten Fleischproduktion, die nun nicht mehr den Weg nach Großbritannien fanden. Nahezu alle notwendigen Importe wurden durch die aus Exporten entstandenen Erlöse bezahlt. Schon 1971 warnte der Generalgouverneur von 1962 bis 1967, Sir Bernard Fergusson, vor den weit reichenden Folgen für sein Land. Er mahnte vor einem „ökonomischen und sozialen Abgrund“ falls Neuseeland die Handelsbeziehungen zu Großbritannien nicht festigen kann.

Wirtschaftländer wie die USA, Japan und die neugegründete Europäische Wirtschaftsgemeinschaft schützten ihre eigenen landwirtschaftlichen Wirtschaftszweige durch Subventionen und Einfuhrzölle bzw. mengenmäßige Importbeschränkungen. Dadurch wurde für Neuseeland der ausländische Markt unerreichbar. Produkte wie Wolle und Molkereiprodukte galten auf dem Weltmarkt nun als Überschussgüter und wurden zu Schleuderpreisen gehandelt. Durch die Agrarsubventionen der EU war es den Mitgliedsstaaten möglich ihre Butter im pazifischen Raum anzubieten. Und das zu einem günstigeren Preisen als Neuseeland.10

Die Barrieren für das exportorientierte Neuseeland wurden durch die Ende 1973 eintretende erste weltweite Ölkrise noch verschärft. Der Ölpreis stieg innerhalb eines Jahres um das Vierfache an.11 Neuseeländische Produkte verteuerten sich zunehmend und waren auf dem Weltmarkt nahezu nicht mehr handelbar. Die dramatische Lage spiegelt sich auch in den Zahlen wieder. Während die Arbeitslosenquote vor dem Experiment deutlich unter einem Prozent gelegen hatte, stieg diese nun bis zum Eintritt der Krise 1984 auf 4,9 Prozent an.12 Auch der Verlust Großbritanniens als wichtigster Handelspartner wurde deutlich spürbar. Während 1952 noch 65 Prozent der neuseeländischen Erzeugnisse nach Großbritannien exportiert wurden, so waren es 1982 gerade noch 14,7 Prozent.13 Der Agrarsektor hatte aufgrund der Subventions- und Protektionspolitik an Effektivität verloren. Durch den verhängten Lohn- und Preisstopp des damaligen Premierministers der National Partei Robert Muldoon am 22. Juni 1982, wurde die offizielle Inflationsrate nur geschönt.14 Sie kletterte zeitweise über 20 Prozent und wurde durch den diesen Eingriff nahezu halbiert.15

Als die Labour Partei im Jahre 1984 wieder die Regierungsmacht ergriff und den Stopp aufhob, wurde das ganze Ausmaß dieser Maßnahme sichtbar: Die Inflationsrate stieg innerhalb eines Jahres von 7,7 Prozent im Jahr 1984 auf 14,3 Prozent im Jahr 1985 und sogar auf 17,5 Prozent ein Jahr später.16

Die Ursache für die relativ niedrigen Arbeitslosenquoten ist vor allem darin bedingt, dass der öffentliche Sektor mit seinem Verwaltungsapparat als Beschäftigungsinstrument eingesetzt wurde. Mehr als 22 Prozent aller erwerbstätigen Neuseeländer waren Angestellte des öffentlichen Dienstes, sei es als Vollzeit- bzw. Teilzeitkräfte oder aufgrund staatlicher Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.17

Die sich durch Reformen veränderten Rahmenbedingungen für staatliche Unternehmen brachten eine hohe Anzahl an Entlassungen in den Betrieben mit sich, damit diese auch in der neuen Umgebung weiterhin wettbewerbsfähig sein konnten. So entließen zahlreiche öffentliche Unternehmen im Schnitt um die 50 Prozent ihrer Belegschaften. Bei der neuseeländischen Eisenbahn waren es sogar zwei Drittel und das bei gleichbleibenden Leistungen.18

Auch durch den subventionierten Agrarsektor und seinem Schutz vor dem Welthandel wurde die Zahl der Unterbeschäftigten in Neuseeland nur schwer einsehbar.19 Im Zuge der durchgeführten Reformen und der damit verbundenen Realisierungen der Quoten erreichte die Arbeitslosenquote ihren höchsten Stand im Jahre 1992 mit 10,4 Prozent.20

Die vorher genannten Reformen unter dem seit 1975 im Amt stehenden Premierminister Robert Muldoon wurden unter dem Begriff „Think Big“ zusammengefasst. Es sollte ein weitreichendes Industrialisierungsprogramm werden, um Neuseelands Abhängigkeit von Importen zu verringern. Die errichteten Schutzzölle für Güter betrugen damals 60 Prozent des Eigenwertes des Gutes. Auch für industrielle Fertiggüter wurden Subventionen in Höhe von 18 Prozent bezahlt.21 Diese staatlichen Eingriffe in die Preispolitik und Preisbildung von Gütern ließen im Endeffekt keinen Sektor des Landes unberührt und verschlimmerten die Lage zunehmend. Durch die Aufnahme von Auslandskrediten i. H. v. NZ-$ 5 Mrd. stieg das Wirtschaftswachstum von 1977 mit einem negativen Wachstum von -3,9 Prozent bis 1984 auf 4,9 Prozent an.22

Muldoon versuchte, die durch den Ölpreisschock verschlechterte defizitäre Lage der Leistungsbilanz auszugleichen. Durch die neuen Schulden stiegen auch die Zinszahlungen für Neuseeland, was zu einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes führte. Standard & Poor’s setzte Neuseeland im Zeitraum von 1983 bis 1991 um drei Stufen von AAA auf AA- herab. Die aufgenommenen Kredite sollten hauptsächlich in die Energiewirtschaft, sowie der Stahlindustrie zufließen. Dadurch sollten laut Muldoon 410.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Doch die finanziellen Verluste waren deutlich größer dem substanziellen Gegenwert der erschaffenen Leistungen.23 So stieg die öffentliche Verschuldung Neuseelands von NZ-$ 4 Mrd. 1975 auf NZ-$ 28 Mrd. 1984. Das hatte eine Erhöhung des Haushaltsdefizites auf 9 Prozent des BIP und eine Verschlechterung des Leistungsbilanzdefizites zur Folge. Letztere erreichte ihren Höhepunkt im Jahre 1984 mit 8,5 Prozent des BIP. Die genannten negativen Entwicklungen führten zum einem plötzlichen Stopp von Kreditausleihungen durch ausländische Kreditgeber.24

Auch gingen dem Land viele leistungsfähige und hochqualifizierte Bürger verloren. Mitte der 1970er bis Ende der 1980er Jahre wies die „Net Migration Rate“, der Abwanderungssaldo, einen negativen Saldo aus. Damit wies Neuseeland Ende der 1970er den mit Abstand höchsten Wert in diesem Bereich der OECD aus.25 Die angesprochene Wirtschaftspolitik Muldoon’s mit ihrem Schutzcharakter bildete den Grundstein für den damaligen Abstieg Neuseelands ökonomischer Lage.26

Weiterhin beschleunigte die Sozialpolitik der National Regierung den Abwärtstrend. Trotz eines klar erkennbaren Abschwungs führte sie die staatliche Altersrente wieder ein. Die Labour Regierung hatte noch versucht zwischen 1972 bis 1975 das Rentensystem auf ein beitragspflichtiges System umzustellen. Doch Muldoon musste seinem vollmundigen Wahlversprechen nachkommen. Er senkte zudem die Alterseintrittsgrenze für den Rentenbezug. Es war auch nicht mehr von Nöten gewesen eine Bedürftigkeit nachzuweisen.

Gleichzeitig stockte er die Rente auf, so dass zum Beispiel ein verheiratetes Ehepaar rund 80 Prozent ihrer Nettobezüge als Rente bekamen. Dies führte auch dazu, dass Anreize, um Ersparnisse im Bereich des Arbeitsmarktes und der beruflichen Weiterbildung zu bilden, wegfielen. So hatten im Jahr 1988 24 Prozent der neuseeländischen Arbeitnehmer keine weiterbildende Schule nach Beendigung ihrer Schulpflicht mit fünfzehn Jahren besucht. Und 45 Prozent der Arbeitskräfte konnten gar keinen Schulabschluss aufweisen.27

Die Bevölkerung sah die staatlichen Eingriffe als unabdingbar an, um ein Ungleichgewicht der Einkommen zu vermeiden und um ein stetiges Wirtschaftswachstum zu erreichen. Ein Wohlfahrtsstaat mit einer egalitären Gesellschaft. Doch auch die Bürger mussten im Juli 1984 erkennen, dass die bisher durch alle Parteien gebilligte und konsequent weitergeführte politische Linie in einer Katastrophe enden würde.28

Seit 1974 wies die neuseeländische Zahlungsbilanz einen negativen Saldo aus.29 Dieser Negativtrend gipfelte im Jahre 1984 in dem die Regierung unter Robert Muldoon zu einer Vorwahl aufrief und diese am 14. Juli 1984 gegen die Labour Partei klar verlor. Die Labour Partei unter David Russel Lange gewann die Wahl eindeutig mit 56 der 95 Sitze.30 So forderte der zukünftige Premierminister Lange Muldoon zu einer Abwertung des NZ-$ um zwanzig Prozent auf. Dies ging als ein Novum in der neuseeländischen Geschichte ein. Denn erst zehn Tage nach der Wahl wird der neue Premierminister in seinem Amt vereidigt. Doch Lange wollte schon vorher und schnellstmöglich dem Abwärtstrend entgegen wirken. Zusätzlich verstärkte sich der Druck der eigenen Partei auf Muldoon, der dann, drei Tage später, dem Druck nachgab. Bis dahin hatte die neuseeländische Nationalbank NZ-$ 746 Millionen ausgegeben, um den Wechselkurs aufrecht zu erhalten.31 Der Abzug vieler ausländischer Investoren und der damit eintretende Verfall der eigenen Währung, der Wirtschaftspolitik und die Aussicht auf eine deutliche Besserung erklären die Zurückhaltung der Öffentlichkeit gegen die nun folgenden Reformprozesse des Labour Regierung unter David Lange.

Er selbst war kein Ökonom, sondern ein studierter Rechtsanwalt. Ihm fehlte das notwendige Hintergrundwissen und somit übertrug er die Macht, Reformen auf den Weg zu bringen, an seinen Finanzminister Roger Douglas. Dieser veröffentlichte schon im Jahr 1980 ein Buch unter dem Titel „There has to be a better way“ und deutete damals schon an, wohin seine Gedanken gingen. Von einem „alternativen Haushalt“ schrieb er in seinem Buch. Doch in dieser Zeit passte er nicht in das Programm seiner Labour Partei und somit beachtete ihn niemand.32 Was dann nach der Wahl 1984 folgte, ging in die Geschichte unter dem Namen „Rogernomics“ ein. Ein harter Sparkurs und tief greifende Reformen haben Neuseeland zu einem Vorzeigeland für Ökonomen und Politiker gemacht. Das viel zitierte „Neuseeland - Experiment“ begann und das Labor für eine sich am Markt orientierende Wirtschaft war geschaffen.33

2. Das Neuseeland – Experiment

2.1 Auslöser des Experiments und Ursachen der Krise

2.2 Bedeutende Reformen und ihre Auswirkungen

(Fiskalpolitische Reformen)

Fiscal Responsibility Act 1994

Die Reformen in der Steuerpolitik Neuseelands lassen sich in drei Grundbereiche aufteilen. Auf der Einnahmenseite wurde, wie schon bereits erwähnt, eine Änderung im Bereich der Handelspolitik durchgeführt. Hierbei wurden die Importlizenzierungen abgeschafft und durch Einfuhrzölle ersetzt. Diese befanden sich danach auf einem deutlich niedrigeren Niveau als sie es vorher gewesen sind. Sie wurden zusätzlich im Laufe der Zeit an das GATT-Niveau angepasst. Zudem wurde durch den Abbau von Subventionen die Ausgabenseite entlastet. Ab 1990 setzte die National Partei als Regierungspartei diesen Schritt fort. Gleichzeitig achteten sie darauf, dass Sozialleistungen gezielter und nicht für jedermann in gleicher Höhe zugänglich waren. Ein dritter und wesentlicher Fakt im Zuge der Reformen war der durch das Parlament verabschiedete „Fiscal Responsibility Act 1994“. Es sollten durch diese Vereinbarung Regeln für das Handeln des Staates bei ihrer Finanzpolitik aufgestellt werden. Zudem musste die Regierung fort an auch Rechenschaft im Parlament und in der Öffentlichkeit für ihr Handeln ablegen.34

Die Labour Regierung leitete gleich zu Beginn ihrer Amtsperiode zahlreiche Änderungen in der Steuerpolitik ein. Eines ihrer Ziele war auf der Tatsache begründet, dass die Steuereinnahmen nicht ausgereicht haben, um die Staatsausgaben komplett zu decken. 1984 wurden nur 73 Prozent der Ausgaben über Steuereinnahmen gedeckt.35

2006 konnte Neuseeland schon ein deutliches Plus an Steuereinnahmen verzeichnen und deckte damit mehr als nur die Staatsausgaben selbst.36 Ihnen ist es jetzt möglich die über hohe Auslandskredite finanzierten Förderprogramme sukzessive zu tilgen. Ein weiteres Ziel ihrer Reformen sollte die Vereinfachung des Steuersystems sein. Es war zu einem undurchsichtigen und durch Ausnahmeregelungen geprägten Dschungel angewachsen. So wurden im Zeitraum von 1978 bis 1984 nur noch fünf Lohn- und Einkommensteuerklassen ausgewiesen anstatt, wie zuvor, 19! Die Reform in dem Abschnitt wurde soweit fortgeführt, dass es heutzutage in Neuseeland nur noch drei Lohn- und Einkommensteuerklassen gibt.37 Demzufolge sind bei einem Verdienst von bis zu NZ-$ 38.000, 19,5 Prozent zu zahlen, bis NZ-$ 60.000 sind 33 Prozent zu zahlen und alle Verdienste darüber sind mit einem Steuersatz von 39 Prozent zu berechnen.38

Dies führte dazu, dass die OECD jährlich, seit 1989, in ihrem Bericht über Neuseelands Steuersystem schreibt „now probably the least distorting in the OECD“.39 Was frei übersetzt soviel bedeutet wie „das wohl am wenigsten verzerrte (Steuersystem) im OECD.

Eine weitere Herabsetzung der Steuern gab es im Unternehmensbereich. So wurde die „Company Tax“, Körperschaftssteuer, am 01. Oktober 1988 von 45 Prozent auf 33 Prozent gesenkt.40 Zwischenzeitlich wurde die Steuer 1989 auf 29 Prozent herab gesetzt, dieses wurde später wieder aufgehoben. Die Labour Regierung unter Roger Douglas betrachtete nicht nur die direkten Steuern, sondern auch die indirekten Steuern. So gab es in Neuseeland die „Wholesale sales tax“. Diese Steuer hatte eine Spanne von null Prozent bei Lebensmitteln und Kleidung bis hinzu 50 Prozent bei Waren, die die Regierung als Luxusgüter ansah.41

[...]


1 http://zmag.de/artikel/Die-neuen-Herrscher-der-Welt, Stand: 11.05.2009

2 Vgl. http://www.br-online.de/kinder/fragen-verstehen/wissen/2006/01271/, Stand: 11.05.2009

3 Vgl. http://www.kooperation- international.de/neuseeland/themes/international/fub/laender/landesinformationen/?PHPSESSID=c33269f afb89cb7622d0c5cb8c6a7#subtyp73, Stand: 12.05.2009

4 Vgl. http://nzmint.com/nzmint.mv?page=gold_in_nz, Stand: 11.05.2009

5 Vgl. Käßner, Nicole, Referat: Neuseeland, 2003

6 Vgl. Knorr, Andreas, Das ordnungspolitische Modell Neuseelands – ein Vorbild für Deutschland?, 1997, S. 13

7 Vgl. http://stats.oecd.org/wbos/viewhtml.aspx?queryname=18164&querytype=view&lang=en, Stand: 06.01.2009

8 Vgl. Knorr, Andreas, 1997, S. 13

9 Durch die 1968 geschlossene Zollunion der Europäischen Wirtschaftsunion wurden alle Beschränkungen innerhalb der 1973 gegründeten EG aufgehoben. Den Mitgliedsländern war ein freies Handeln untereinander leichter gemacht worden. Für nicht EG-Mitglieder gab es weiterhin Einfuhrzölle um die Europäische Gemeinschaft als Wirtschaftszone zu schützen.

10 Der Spiegel, Kampf um die Butter, 7. Juni 1971, S. 109 - 110

11 Vgl. www.wiwi.uni-kl.de/dekanat/blank/Energieoekonomik/minraloelwirtschaft. pdf , Stand: 11.02.2009

12 Vgl. http://stats.oecd.org , Stand: 06.01.2009

13 Vgl. Fellmeth /Rohde, Der Abbau eines Wohlfahrtsstaates, 1999, S. 28

14 Vgl. Dalziel / Lattimore, The New Zealand Macroeconomy, 1996, 114ff.

15 Vgl. http://stats.oecd.org, Stand: 06.01.2009

16 Vgl. http://stats.oecd.org, Stand: 06.01.2009

17 Vgl. Knorr, Andreas, 1997, S. 13

18 Vgl. Knorr, Andreas, 1997, S. 13

19 Vgl. Knorr, Andreas, 1997, S. 13

20 Vgl. http://stats.oecd.org, Stand: 06.01.2009

21 Vgl. Fellmeth / Rohde, S. 28

22 Vgl. http://stats.oecd.org, Stand: 06.01.2009

23 Vgl. Knorr, Andreas, S. 14

24 Vgl. Fellmeth / Rodhe, S. 29

25 Vgl. http://stats.oecd.org, 1979 1. Neuseeland mit -13,21 Prozent, 2. Island -2,66 Prozent, Stand: 06.01.2009

26 Vgl. Knorr, Andreas, S. 15 ff

27 Vgl. Knorr, Andreas, S. 16

28 Vgl. Knorr, Andreas, S. 17

29 Vgl. http://keithrankin.com/rf12-bop_def.html, Stand: 11.02.2009

30 Vgl. http://www.elections.org.nz/record/resultsdata/fpp-seats-won.html, Stand: 11.02.2009

31 Vgl. Knorr, Andreas, S. 16

32 Vgl. http://homepages.caverock.net.nz/~bj/Economy.htm, Stand: 11.02.2009

33 Vgl. http://www.netzwerk-regenbogen.de/oekonomie110101.html, Stand: 16.04.2009

34 Vgl. Knorr, Andreas, S. 66

35 Vgl. Knorr, Andreas, S. 66

36 Vgl. http://stats.oecd.org, Stand: 06.01.2009

37 Vgl. Knorr, Andreas, S. 66 - 67

38 Vgl. http://www.nzvillage.com/newzealand/cms/front_content.php?idcat=156, Stand: 06.04.2009

39 Vgl. Knorr, Andreas, S. 67

40 Vgl. Knorr, Andreas, S. 68

41 Vgl. Knorr, Andreas, S. 69

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Neuseeland - Zwischen Regulierung und Globalisierung
Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Essen
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
57
Katalognummer
V133617
ISBN (eBook)
9783640401109
ISBN (Buch)
9783640400737
Dateigröße
775 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neuseeland, Globalisierung, Liberalisierung, reform, Marktwirtschaft, Phillipskurve, Arbeitslosigkeit, Experiment, Neuseeland-Experiment, Reformen, Richardson, Rogernomics, Roger Douglas, David Lange
Arbeit zitieren
Diplom Betriebswirt Lars Braun (Autor:in), 2009, Neuseeland - Zwischen Regulierung und Globalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133617

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