Außensteuergesetz als pauschalierte Missbrauchsregelung

Cadbury Schweppes und Vorlage FG Münster


Seminararbeit, 2006

24 Seiten, Note: 9 Punkte

Dennis Kautz (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Vorwort

II. Problematik des AuBensteuerrechts

III. Die Rechtssache C-196/04 vor dem EuGH („Cadbury Schweppes")
1. Sachverhalt
2. Normative Rahmenbedingungen
a) Europaische Normen
aa) Art. 43 EG
bb) Art. 49 EG
cc) Art. 56 EG
dd) Zusammenfassung
b) Die britischen CFC-Regelungen
c) Ahnliche Regelungen anderer europaischer Langer
3. Argumentation der Klagerseite
4. Standpunkt der britischen Regierung
5. Rechtsprechungstradition des EuGH
6. Urteilsfindung

IV. Die Rechtssache C-298/05 vor dem EuGH („Columbus Container Services / Vorlage FG Munster")
1. Sachverhalt
2. Das deutsche AuBensteuergesetz
a) Hintergrund
b) Umstrittene Regelungen
3. Argumentation des FG Munster zur Vorlage an den EuGH
a) Entscheidung nach deutschem Recht
b) Grande fir die Verweisung an den EuGH
4. Problematik der Rechtssache C-298/05

V. Mögliche Konsequenzen fir das AuBensteuerrecht
1. Konsequenzen fur das deutsche AuBensteuergesetz
a) § 7 ff. AStG
b) § 20 Abs. 2 AStG
2. Konsequenzen fur Regelungen in anderen europaischen Landern

VI. Fazit

I. Vorwort

Solange im internationalen Vergleich Einkünfte unterschiedlich de-finiert und besteuert werden, besteht für den Steuerpflichtigen ein la-tenter Anreiz, dieses Steuergefälle durch Verlagerung von Einkünften und Vermögen ins niedrigbesteuernde Ausland auszunützen. Ublicher-weise wird dazu eine juristische Person, die sogenannte Basisgesell-schaft, im Ausland errichtet.1 Ziel ist die Besteuerung der im Ausland errichteten Gesellschaft zu den vor Ort herrschenden, günstigeren steuerlichen Bedingungen und somit eine Steuerminderung im Ver-gleich zu einer vollen Besteuerung zu den im Land des Unternehmenssitzes herrschenden Bedingungen. Versuche, von staatlicher Seite diesem Vorgehen entgegenzutreten, waren die Folge.

Die Anrechnung grenzüberschreitender ausländischer Einkünfte lässt sich zurückführen auf United States Code (USC) Title 26, § 957, wel­cher erstmals die Definition einer „Controlled Foreign Corporation" (CFC) enthält. Als CFC bezeichnet wird demnach jedes ausländische Unternehmen, dass zu mehr als 50% in den Händen von US-ame-rikanischen Anteilseignern liegt.

Weitere Staaten folgten dieser Idee und erlieBen eigene AuBen-steuergesetze, so z.B. die meisten Staaten der Europäischen Gemein-schaft (EG), unter anderem GroBbritannien2 und Deutschland. Diese Regelungen konvergieren in ihrem Ziel, in niedrig besteuerten auslän-dischen Tochtergesellschaften anfallende Einkünfte in die Besteuerung von Steuerinländern einzubeziehen3 und somit eine Flucht von Unter-nehmensteilen in Niedrigsteuerländer zu verhindern, bzw. hilfsweise zumindest eine finanzielle Teilhabe an deren dort erzielten Gewinnen zu erhalten.

II. Problematik des AuBensteuerrechts

Aufgrund ihrer internationalen Wirkung gestalten sich weite Teile des AuBensteuerrechts zunehmend problematisch. Handelt ein Unternehmen grenzüberschreitend, so hat sowohl der Staat, in dem dieses Unternehmen Einkünfte erziehlt, als auch der Staat, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, ein Interesse an der Besteuerung des erzielten Gewinns.4

Die Berechnung der Steuern sowohl im Herkunftland des besteuerten Unternehmens, als auch in den Ländern, in welchen dieses Unternehmen Tochterunernehmen besitzt, begründet die Gefahr einer Doppelbesteuerung, also die Erhebung von vergleichbaren Steuern durch Steuergewalten in zwei Staaten, die denselben Steuerpflichtigen wegen desselben Steuergegenstands gleichzeitig zu einer gleichen oder gleichartigen Steuer heranziehen.5

Um diese Gefahr, bzw. der durch ihr entstehenden zu hohen Belastungen zu vermeiden, gibt es die Möglichkeit des einseitigen Verzichts eines Staates auf seine Einnahmen einerseits, sowie den AbschluB eines Doppelbesteuerungsabkommen zwischen zwei oder mehreren Ländern.6

Im Rahmen der europäischen Integration stellt sich allerdings immer mehr die Frage, inwiefern nationale Normen den Gegebenheiten überhaut noch gerecht werden. Erhielten die Normen des primären Gemeinschaftsrechts der EU in der Vergangenheit wenig Beachtung bei der Gestaltung und Durchsetzung der nationalen Hinzurechnungsbesteuerungen, so änderte sich diese Situation aufgrund einiger aktueller Entscheidungen des EuGH spürbar. Nationale Unternehmenssteuerregelungen müssen sich nunmehr einer kritischen Prüfung an den Rahmenvorgaben der europäischen Grundfreiheiten stellen.7

Sichtbar wird dieser Zwiespalt derzeit im Rahmen zweier Verfahren vor dem EuGH, deren Ausgang über Sein oder Nichtsein weiter Teile der nationalen europaischen AuBensteuerregelungen entscheiden könnte. Denn stellt der EuGH im Einzelfall VerstöBe nationaler Steuernormen gegen Gemeinschaftsrecht fest, hat dies wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts zur Folge, dass die Anwendung der betreffenden Vorschrift aufgehoben wird.8

III. Die Rechtssache C-19 6/04 vor dem EuGH („Cadbury Schweppes")

Eines dieser Verfahren ist der Rechtsstreit zwischen „Cadbury Schweppes" und dem Königreich GroBbritannien. Nach einem Beschluss vom 29.4.2004 ersuchen die Special Commissioners of Inland Revenue des Königreichs GroBbritannien den EuGH, zu entscheiden, ob die Art. 43, 49 und 56 EG der britischen CFC-Gesetzgebung entgegenstehen.9

1. Sachverhalt

Hintergrund dieses Ersuchens ist der Rechtsstreit zwischen der britischen Firma „Cadbury Schweppes", sowie dem britischen Staat über die Anwendung der britischen CFC-Vorschriften. Durch eine Verlagerung ihrer Schokoladenproduktion nach Irland entging „Cadbury Schweppes" teilweise der britischen Steuergesetzgebung und unterlag nunmehr der dortigen, niedrigeren Besteuerung. Entsprechend der nationalen CFC-Regelungen erhob der britische Staat Steuern auf die in Irland anfallenden Gewinne der Firma, wogegen diese klagte. Die britischen Special Commissioners ersuchten schlieBlich den EuGH um Entscheidung, ob den britischen Regelungen europaisches Recht entgegenstünde. Dies ware der Fall, wenn sie rechtswidrig in den Schutzbereich eines europaischen Freiheitsrechts eingriffen.

2. Normative Rahmenbedingungen

Strittig ist die Vereinbarkeit von nationalem britischen Recht und den einschlägigen europäischen Freiheitsrechten betreffend die Freizügigkeit, sowie den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Diese sind Bestandteil des primären Gemeinschaftsrechts und in Titel III EG kodifiziert.

a) Europäische Normen

Als fir den Entscheidungsprozess im Fall „Cadbury Schweppes" relevante europarechtliche Vorschriften stellen sich die Art. 43, 49 und 56 EG dar.

aa) Art. 43 EG

Gemäß der Rechtsprechung des EuGH verbietet Art. 43 EG den Mitgliedsstaaten, die Niederlassung seiner Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedsstaat zu behindern.10 Untersagt ist ihnen mithin, anhand des Sitzes einer Tochergesellschaft innerhalb der Gemeinschaft eine unterschiedliche steuerliche Gestaltung zu bestimmen.11 Die Griindung, sowie der Unterhalt einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedsstaat der Gemeinschaft darf im Vergleich zur Griindung, bzw. dem Unterhalt in dem Land, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, nicht mit Nachteilen verbunden sein.

bb) Art. 49 EG

Art. 49 EG verbietet den Mitgliedsstaaten, den freien

Dienstleistungsverkehr fir Angehörige der Gemeinschaft einzuschränken. Unter Dienstleistung lassen sich alle Wertschaffungen oder Wertsteigerungen ohne Produktion eines materiellen Gutes zusammenfassen.12

cc) Art. 5 6 EG

Die in Art. 56 EG niedergelegte Kapitalverkehrsfreiheit garantiert den ungehinderten Transfer von Werten zwischen verschiedenen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft.13 Dies gilt für jede natürliche oder juristische Person, sowie unabhängig von der Natur des transferierten Wertes (beispielsweise Devisen oder Geld).

Nach der Rechtsprechung des EuGH statuiert die Kapitalverkehrsfreiheit das Verbot, den freien Kapitalverkehr durch nationale MaBnahmen zu beschränken, die geeignet sind, einen Gebietsansässigen davon abzuhalten, in einem anderen Mitgliedsstaat Darlehen aufzunehmen oder Anlagen zu tätigen.14

dd) Zusammenfassung

Die Grundfreiheiten verbieten die Diskriminierung grenzüberschrei-tender bzw. ausländischer Aktivitäten von Inländern im Vergleich zu rein inländischen Aktivitäten derselben Personen.15 Im Rahmen der EG stattfindende Aktivitäten eines Unternehmens dürfen somit von staatlicher Seite nicht anders beurteilt werden, als inländische Aktivi-täten.

b) Die britischen CFC-Regelungen

Fraglich ist nun, ob die entsprechenden britischen Regelungen den Schutzbereich der genannten europarechtlichen Freiheitsrechte verletzen. Diese finden sich in Art. 747 ff. des Income and Corporation Taxes Act. Demnach werden ausländische Betriebsstätten britischer Unternehmen nach Art. 747 Abs. 4 a) in der Differenz der Steuerhöhe zwischen dem Sitz ihres Tochterunternehmens und der britischen Steuer besteuert.

[...]


1 Mafibaum I Meyer-Scharnberg I Perlet, 175 (Bearbeiter: Baumg a rtel I Perlet).

2 Art. 747 ff. des Income and Corporation Taxes Act 1988, zuletzt geändert durch Statutory Instrument 2005 No. 185 / The Controlled Foreign Companies Regulations 2005.

3 Bliimich, Rz 3 (Bearbeiter: Menc, Thomas).

4 Mafiba u m I Meyer-Scharnberg I Perlet, 7 (Bearbeiter: Ballreich, Hilbert).

5 A.a.O.

6 A.a.O.

7 R u dder, DStR 2004, 1629 (1629).

8 Kessler / Spengel, 1.

9 Amtsblatt der Europaischen Union vom 26.6.2004; 3.

10 Rättig/Protzen; 557. EuGH vom 13.4.2000, C-251/98.

11 EuGH vom 16.7.1998, C-264/96.

12 Girschner, „Falsche Kategorien oder verkehrte Welt? Eine Kritik des Dienstleistungsbegriffs und der Außenhandelskategorien am Bei- spiel der Globalisierungsdiskussion".

13 Streinz, Rn. 763.

14 EuGH vom 26.9.2000, C-478/98.
EuGH vom 2.6.2005, C-174/04.

15 Beschluss des FG Münster vom 05.07.2005; 15 K 1114/99 F, EW; 20.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Außensteuergesetz als pauschalierte Missbrauchsregelung
Untertitel
Cadbury Schweppes und Vorlage FG Münster
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Veranstaltung
Europäisches Steuerrecht
Note
9 Punkte
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V133520
ISBN (eBook)
9783640400942
ISBN (Buch)
9783640400591
Dateigröße
498 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Breiter Korrekturrand.
Schlagworte
Außensteuergesetz, Europäisches Steuerrecht, Steuerrecht, Cadbury Schweppes, EuGH, Binnenmarkt, Außensteuerrecht, Doppelbesteuerung
Arbeit zitieren
Dennis Kautz (Autor:in), 2006, Außensteuergesetz als pauschalierte Missbrauchsregelung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133520

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