„Trägerkapital“ im Entwurf des neuen Sparkassengesetzes: Der erste Schritt zur Privatisierung?


Seminararbeit, 2009

26 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Ausarbeitung

A). Einführung

B). Grundlagen
I). Erläuterung des Begriffs im Zusammenhang mit der Sparkassengesetzesänderung in NRW
II). Vom Gesetzgeber initiierte Verbesserung der Möglichkeiten

C). Perspektiven
I). Mögliche Auswirkungen von Trägerkapital und Trägerschaft – eine Einschätzung
1) Trägerkapital
2) Trägerschaft
a) Wer darf Träger sein?
b) Vermittelt Trägerschaft Eigentum?
II). Realistische Entwicklungsmöglichkeiten mit der vom Gesetzgeber gegebenen Struktur

D). Marktkonsolidierung

E). Fusion

F). Verkauf
I). Share-Deal
II). Asset-Deal

G). Fazit

Ausarbeitung

A). Einführung.

Transparenz bezeichnet in der Politik Vorgänge und Entscheidungen, die von außen nachvollziehbar sind. Dies ist das Merkmal, vor dessen Hintergrund sich die Landesregierung für die Einführung des Trägerkapitals, im neuen „Gesetz zur Änderung aufsichtsrechtlicher, insbesondere sparkassenrechtlicher Vorschriften“

vom 18. November 2008 unter § 7 genannt, entschieden hat. Im Zuge der umfassenden Liberalisierung und Neustrukturierung des Bankensystems, sowie durch die Fehler der Finanzkrise ehrgeizig angetrieben, finden nun auch in Deutschland sichtbare Veränderungen statt. Dass diese Veränderungen auch auf das Konservativste des Dreisäulensystems durchschlägt, nämlich die Sparkassen, ist mit Blick auf die bereits erfolgten Reformen der europäischen Nachbarländer eine logische Konsequenz. Innerhalb der EU, aber auch innerhalb der Eurozone, differieren für Finanzintermediäre zentral rechtliche Rahmenbedingungen erheblich.[1] Im Vergleich zu den erfolgten Veränderungen in Italien, Frankreich oder Spanien sind im deutschen Sparkassensektor noch viele Reformen möglich.

In Italien wurden Stiftungen gebildet und die Sparkassen privatisiert.

In Frankreich wurden diese Sparkassen in Genossenschaften umgewandelt und in Spanien haben Sparkassen nach wie vor eine große Bedeutung, da auch hier die Rechtsform wie in Deutschland einer Non-Profit-Organisation ähnelt. Diese nichtgewinnorientierten Organisationen oder Unternehmen bilden heute neben Staat/Politik und Privatwirtschaft die Dritte wichtige gesellschaftliche Kraft.[2]

Allerdings haben alle drei EU-Länder in der Konsolidierung des Sparkassensektors eines gemeinsam, und zwar die Abschaffung des Regionalprinzips. Das Regionalprinzip ist in Deutschland bislang noch vorherrschend, d.h. ein Träger gründet eine Sparkasse, weil hierdurch die Daseinsvorsorge in dem jeweiligen kommunalen Raum abgesichert werden soll.[3] Es ist Ausdruck der verfassungsrechtlichen Bindungen der staatlichen Träger. Es steht nicht zur Disposition des Gesetzgebers und verstößt daher auch nicht gegen das europäische Kartellrecht.[4]

Durch die Abschaffung beschränkt sich das Geschäftsgebiet der Sparkassen nicht mehr auf das jeweilige Gebiet des Trägers. Die Tatsache, dass sich bereits jetzt in Deutschland faktisch viele Sparkassen nicht mehr daran halten[5] und Kunden auch überregional nach für sie attraktiven Angeboten Ausschau halten, fließt in die Darstellung des Trägerkapitals und seiner Bedeutung für die deutsche Sparkassenlandschaft mit ein.

B). Grundlagen.

I). Erläuterung des Begriffs im Zusammenhang mit der Sparkassengesetzesänderung in NRW.

Wenn im § 7 Abs. 1 Satz 1 des Sparkassengesetzes NRW von Trägerkapital die Rede ist, so ist hier die Bildung von Stammkapital im weiteren Sinne gemeint. Da der Begriff Stammkapital auf die Gründung einer GmbH nach § 5 Abs. 1 GmbHG hinweist, ist die Wahl des Begriffs Trägerkapital insoweit bezeichnender, als es sich hierbei nicht um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handelt. Das Trägerkapital bzw. Eigenkapital bezeichnet somit nicht fungible Kapitalanteile.

Es handelt sich um eine bestimmte Summe, die entweder von dem jeweiligen Träger in das Eigenkapital der Sparkasse als Einlage eingezahlt wird, oder als Umwandlung von Teilen der Sicherheitsrücklage explizit als dem Träger zugehöriges Kapital ausgewiesen wird.[6] Es bedarf bei beiden Möglichkeiten jedoch der Zustimmung des Verwaltungsrates der Sparkasse und der vorherigen Zustimmung durch den Träger. Wichtig ist bei der Ausweisung von Trägerkapital, dass dies allein in der Obliegenheit des jeweiligen Verwaltungsrates des Instituts liegt, also keine Sparkasse gezwungen werden kann, Trägerkapital auszuweisen.

II). Vom Gesetzgeber initiierte Verbesserung der Möglichkeiten.

Die mit dem „Gesetz zur Änderung aufsichtsrechtlicher, insbesondere sparkassenrechtlicher Vorschriften“ vom 18. November 2008 in Kraft getretenen Änderungen des Sparkassenwesens in NRW enthalten Änderungen, die die Sparkassen in der Struktur gezielt fördern und sie auch in die Lage versetzen sollen ihre Aufgaben auch in Zukunft unter verschärften Wettbewerbsbedingungen erfolgreich und bürgernah wahrnehmen zu können. Das Hauptaugenmerk soll hier auf die Einführung des Trägerkapitals gelegt werden.

Die Landesregierung beabsichtigt hiermit eine stärkere Betonung der Verbundenheit zwischen den Sparkassen und den kommunalen Trägern. Es wird mithin den Trägern ermöglicht, Teile der Sicherheitsrücklage oder auch neu eingebrachte Einlagen als Trägerkapital zu deklarieren und dieses in der Bilanz der Sparkasse dann auszuweisen. Den Trägern soll so ein zusätzliches Steuerungsinstrument eingeräumt werden, welches als Bemessungsgrundlage für die Aufgaben und Zwecke des Trägers dienen soll. Ferner wird es dadurch dem Träger möglich, an diesem Steuerungsinstrument Ertrags- und Ausschüttungsziele zu bemessen.[7]

Inwiefern dies in der Praxis Anklang findet und von den betroffenen Stellen umgesetzt werden kann, wird im Folgenden noch erörtert.

C). Perspektiven.

I). Mögliche Auswirkungen von Trägerkapital und Trägerschaft – eine Einschätzung.

1) Trägerkapital.

Aufgrund der großen Skepsis und vor Allem Unsicherheit gegenüber der Einführung des Trägerkapitals in NRW, standen einige Vertreter der Sparkassen- und Giroverbände diesem Schritt kritisch, bzw. ablehnend gegenüber. Nach ihrer Einschätzung[8] sei es als Zugehörigkeitsmerkmal gegenüber dem Träger, sowie auch als Steuerungsinstrument ungeeignet.

Die Überwachung der Verwaltungsräte geschehe bereits durch die dort anwesenden Vertreter der Träger. Die Zugehörigkeit werde weiterhin durch die Klarstellung in §1, sowie die Ausschüttungsregelung in §25 ausreichend stark gekennzeichnet. Die mangelnde Bekanntheit des Begriffs Trägerkapital und die zu geringe Konkretisierung im neuen Sparkassengesetz hinterlassen Unsicherheit über die Folgen. Das Trägerkapital als nicht bestimmbare Größe ohne ökonomische Anhaltspunkte und Vergleichsmöglichkeiten wird daher nicht als geeigneter Faktor zur Bestimmung der Ertrags- und Ausschüttungsziele angesehen. Die von der Landesregierung beabsichtigte Transparenz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Eigenkapitalausstattung einer Sparkasse geht der Ansicht nach also in eine mangelnde Vergleichbarkeit über.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auf die Sachverständigen, die hierin auch eine Gefährdung der Stellung der Kommunen sehen und möglicherweise eine Vertikalisierung, die zu einer Privatisierung der Sparkassen führen kann. Die Gefahr, dass eine Veräußerungsmöglichkeit auch an Private erfolgen kann, rührt von dem EG-Vertrag her, der durch die Einführung von Trägerkapital auch im Zuge dessen eine Diskussion über die Handelbarkeit entfachen könnte.

Eine Gefahr, dass durch die Auslegung des europäischen Rechts das nicht fungible Trägerkapital doch fungibel werden könnte, ist jedoch gering. Nordrhein-Westfalen hat die Fungibilität ausgeschlossen. Dieser Entscheidung zuträglich ist die Gesetzeslage in Hessen und Rheinland-Pfalz. Denn dort gibt es bereits eine explizite Ausweisung von Stammkapital, gegen die sich aber bis jetzt keine europarechtlichen Bedenken manifestiert haben. Das liegt an der Beschränkung der Fungibilität auf den öffentlichen Sektor. Der Erwerb durch Private wird hier somit per Gesetz ausgeschlossen. Durch den Verzicht auf die Fungibilität der Trägerkapitalanteile ist man europarechtlich in Nordrhein-Westfalen damit erst recht auf der sicheren Seite. Als Grund ist der EG-Vertrag zu nennen, speziell Artikel 295 (Schutz nationaler Eigentumsordnungen). Danach besteht eine europarechtliche Eingriffskompetenz erst in dem Moment, in dem ein Mitgliedsstaat sich für die Vornahme von Privatisierungen entscheidet (das "ob"). In diesem Fall bestünde die Kompetenz der Kommission und ggf. des EuGH über die Art und Weise der Privatisierung zu befinden (das "wie"). Hier sei auch insbesondere die Berücksichtigung der Nichtdiskriminierung von möglichen Kaufinteressenten aus anderen EU-Staaten erwähnt.[9] Da das Sparkassengesetz bereits auf der ersten Stufe ausdrücklich eine Entscheidung gegen Privatisierungen beinhaltet (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 3 SpkGNRW), besteht schon in erster Instanz keine europarechtliche Eingriffkompetenz.

[...]


[1] Engerer, Schrooten, Gutachten BFI, S. 2.

[2] Priller/Zimmer, Der Dritte Sektor: Wachstum und Wandel, S. 2.

[3] Gerlach, Zukunftsaufgaben der Sparkassen in raueren Zeiten, S. 354.

[4] Thiemann, Rechtsprobleme der Marke Sparkasse, S. 23.

[5] Schalast/ Sassenberg, Sparkassenreformen, S. 499.

[6] Claussen, Bank und Börsenrecht, (Bearb.), S. (), Rn.().

[7] Breuer/Gerlach/Rosenke/Tillmann, Eildienst LKT NRW Nr.10, S. 330.

[8] Breuer/Gerlach/Rosenke/Tillmann, Eildienst LKT NRW Nr.10, S. 330.

[9] Schalast/ Sassenberg, Sparkassenreformen, S. 498.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
„Trägerkapital“ im Entwurf des neuen Sparkassengesetzes: Der erste Schritt zur Privatisierung?
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Veranstaltung
Sparkassenrechtliches Seminar
Note
gut
Autor
Jahr
2009
Seiten
26
Katalognummer
V133417
ISBN (eBook)
9783640400843
ISBN (Buch)
9783640401314
Dateigröße
843 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwurf, Sparkassengesetzes, Schritt, Privatisierung
Arbeit zitieren
Robin Klömich (Autor:in), 2009, „Trägerkapital“ im Entwurf des neuen Sparkassengesetzes: Der erste Schritt zur Privatisierung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133417

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