Die Herrschaftslegitimation Diokletians im Konflikt mit der christlichen Religion


Seminararbeit, 2005

20 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zusammenhang zwischen Religion und Herrschaftslegitimation im Römischen Reich

3. Soziale und kulturelle Situation der Christen unmittelbar vor Diokletians Herrschaft

4. Diokletians Kulturpolitik vor Ausbruch der Christenverfolgung

5. Versuch religiöse Diskrepanzen zwischen Diokletian und den Christen bei Eusebios, Lactantius, Aurelianus Victor und Eutropius nachzuzeichnen
5.1 Lactantius über die Motive, die zum Ausbruch der Christenverfolgung geführt haben
5.2 Eusebios über die Motive der Christenverfolgung
5.3 Heidnische Autoren über den Kaiserkult

6. Aufschluß über den Herrscherkult in anderen Quellen
6.1 Münzprägung und Herrscherbild
6.2 Exklusivität der Herrscher bezeugt im ganzen Reich
6.3 Göttlicher Machtanspruch geäußert auf Bauwerken

7. Der Konflikt mit den Christen- Fazit

Quellen:

Literatur:

Bilder:

Anhang:

1. Einleitung

Mit dem Aufstieg eines Soldaten zum römischen Kaiser Gajus Aurelius Valerius Diocletianus, beginnt eine Neuordnung des Reiches, verbunden mit zahlreichen Reformen, die nach den Thronwirren des ausklingenden 3. Jahrhunderts erneut politische, soziale und wirtschaftliche Stabilität schaffen soll. Diokletian entwirft das Herrschaftsmodell der Tetrarchie, um durch Kompetenzenaufteilung politischen Umsturzversuchen und Krisen im Innern und von Außen energischer entgegen wirken zu können.

Militärischen und ökonomischen Umstrukturierungen folgen schließlich Kultur- und Sozialreformen. In altrömischer Tradition stehend, wendet sich der oberste Augustus zu Beginn des 4. Jahrhunderts religiösen Fragen zu, wohl wissend um das Zusammenspiel von religio und salus publicae. Am kontroversesten diskutiert in der Literatur der Antike bis heute ist dabei die um 303 n.Chr. organisiert einsetzende Christenverfolgung. Das Verfolgungsedikt[1] überdauert noch Diokletians Herrschaft und findet offiziell sein Ende im Toleranzedikt des Galerius 311n.Chr.

Uneinig sind sich antike Autoren wie auch moderne Historiker darüber, welche Beweggründe und Ursachen Diokletian zu einem derartigen Einschreiten nötigten und welche Rolle er überhaupt in diesem Zusammenhang übernimmt. Frank Kolb spricht sich in seinem Artikel „Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie“ dafür aus, dass Diokletians religiöse Herrschaftslegitimation und die christliche Lehre über den Sohn Gottes zwangsläufig ihre Monopolstellungen gegeneinander verteidigen und sich bekämpfen mussten.

In dieser Arbeit soll erörtert werden, weshalb der oberste Augustus die massive Verfolgung der Christen einleiten musste. Die Gründe, warum die neue Herrscherideologie Diokletians inakzeptabel für die Christen war, sollen aufgeschlüsselt werden. Quellen der christliche Zeitzeugen Lactatius und Eusebios von Caesarae, die eigene Spekulationen zu den Hintergründen angestellt haben und Einschätzungen der heidnischen Historiker Aurelius Victor und Eutropius über die Person Diokletians, sollen dabei miteinander verglichen, im Inhalt diskutiert und mit neueren Forschungsansätzen abgewogen werden.

Zunächst wird das Zusammenspiel von Religion und Herrschaftslegitimation im römischen Reich beleuchtet werden. Dann wird die kulturelle und soziale Rolle der Christen in der römischen Gesellschaft kurze Zeit vor Diokletians Herrschaft bis zu der Veröffentlichung des Ediktes dargelegt. In der Kulturpolitik vorhergehende Edikte Diokletians werden angeführt. Die Beschreibung Diokletians religiöser Ideologie folgt. Anhand Lactantius’ „De mortibus persecutorum“ wird versucht werden, religiöse Diskrepanzen zwischen den Christen und den Tetrarchen nachzuzeichnen und durch Aussagen von Eusebios zu ergänzen. Schließlich wird unter Einbeziehung der erarbeiteten Aspekte, über weitere historische Quellen und unter Zuhilfenahme von Forschungsliteratur, wie Karl-Heinz Schwartes Artikel „Diokletians Christengesetze“, versucht werden, die politische Notwendigkeit, die sich für Diokletian ergab, die Christen aus dem öffentlichen Leben zu entfernen und die ihn zu dem bald drastischen Einschreiten gegen die Christen geführt hat, deutlich aufzeigen.

2. Zusammenhang zwischen Religion und Herrschaftslegitimation im Römischen Reich

Mit den Anfängen des Römischen Reiches hatte sich bereits ein starkes Traditionsbewusstsein entwickelt, das sich durch überlieferte Erzählungen und Mythenbildung zeigte. Zu Machtanspruchsäußerungen wurde daher auf alte Familienbande und historische Figuren verwiesen, in deren Tradition sich der jeweilige Politiker sah. Mit Augustus, der sich als adoptierter Sohn des vergöttlichten Caesars und damit als Sohn eines Gottes sah, begann mit der Kaiserzeit die Princeps Divinisierung. Diese Adoption begründete nicht nur Oktavians (späterer Augustus) Machtanspruch, sondern verhalf ihm dazu, seine weniger noble Herkunft hinter sich zu lassen. Zunächst war es den Kaisern selbst aber nur möglich nach dem Tod die Ehre zu erringen, als Gott verehrt zu werden. Entsprechend Augustus’ Vorbild entstand ein Kaiserkult, bei dem der je neue Herrscher seinen Machtanspruch über vergöttlichte Vorgänger legitimierte und damit ihre Attribute und Kompetenzen auf sich vereinigte. Er sah sich also nicht länger nur als Mitglied einer alten Familie, sondern wertete diese durch die Mitgliedschaft in einer göttlichen Familie auf. Dadurch waren göttliche Schutzherren gefunden, denen es im Staatskult zu huldigen galt und deren Autorität auf den jeweiligen Nachfolger überging. Der Herrscher erreichte so Exklusivität und Distanz zu anderen Aristokraten.

Doch schon Caligula (12- 41 n.Chr.) waren diese Verweise auf Familienbande nicht mehr genug. Um seine Autorität und absolute Macht zu sichern, ließ er sich als Inkarnation Jupiters, also als Gottkaiser, verehren und sogar Tempel für sich errichten. Das Volk sollte ihm huldigen, wo es sonst u.a. durch Priester nur das Wohlwollen nicht- irdischer Götter zu erlangen versucht hatte und der Kaiser eine Mittlerfigur zwischen dem römischen Volk und den Göttern gewesen war. Nach dem unnatürlichen Tod des Herrschers wurde zunächst die hellenistische Verehrung des Kaisers wieder aufgegeben.

3. Soziale und kulturelle Situation der Christen unmittelbar vor Diokletians Herrschaft

Nach mehreren Verfolgungswellen kehrte mit dem Ende der Herrschaft Decius und Valerians für die Christen Ruhe ein, als Gallienus (253-268) die Aufhebung der Christenverfolgungen bekannt gab. Die Toleranz, die ihnen erlaubte Gottesdienste abzuhalten und ihre Kirchen wieder zu errichten, war aber nicht mit einer Anerkennung ihrer Religion zu verwechseln. Der christliche Gott wurde weder in den Staatskult noch in den Götter- Pantheon integriert. Dennoch breitete sich aufgrund der Missionierungsbestrebungen das Christentum im Römischen Reich aus. Vor allem in den ländlichen Gebieten wie Anatolien, Ägypten und Nordafrika bildeten sich neue Zentren des Christentums[2].

Eusebios von Caesarae äußert sich in seiner „Kirchengeschichte“ im VIII. Buch wie folgt: „Da infolge hiervon die alten Gebäude nicht mehr genügten, erbaute man in allen Städten ganz neue und geräumige Kirchen.“[3] Er berichtet sogar von Christen in hohen Staatsämtern, als Provinzverwalter, am Hof und im Heer. Auf Seite 361 heißt es: „Sie betrauten sie sogar mit der Leitung von Provinzen und entbanden sie dabei gemäß dem großen Wohlwollen, das sie für die Lehre hegten, von der ihre Gewissen beängstigenden Opferpflicht.“[4] Von den obersten Palastbeamten schreibt er wie folgt: „Diese ließen es zu, dass die Hofleute, Frauen, Kinder und Sklaven offen in Wort und Tat den Glauben bekannten, und gestatteten ihnen geradezu, sich ihrer Glaubensfreiheit zu rühmen.“[5] Es war demnach eine nachdrückliche Wahrnehmung im staatlichen und öffentlichen Leben erkennbar, nicht zu letzt, als eine Kirche in unmittelbarer Nähe des späteren diokletianischen Palastes in Nikomedien entstand. Vor allem aber übte der christliche Glaube Anziehungskraft auf ärmere Menschen, wie Handwerker[6], aus, da er sich in seinen Lehren ihnen annahm, ihre Wertigkeit in der Gesellschaft betonte und ihnen eine Perspektive für ein Leben nach dem Tod bot. Besonders Soldaten[7], die im Osten mit dem Christentum in Kontakt geraten waren, spielten eine maßgebliche Rolle in der Verbreitung des Glaubens. Sie alle blieben, wie von Eusebios beschrieben, von der Opferpflicht und sonstigen Kulthandlungen ausgenommen, was sich mit Diokletians Herrschaft allmählich ändern sollte.

4. Diokletians Kulturpolitik vor Ausbruch der Christenverfolgung

Diokletian, ausdrücklich in altrömischer Tradition stehend, begann um 300 Kulturreformen zu erlassen, nachdem Wirtschaftliche und Militärische vorangegangen waren.

Am 1. Mai 295 erließen die Tetrarchen ein Eheedikt, das u.a. Bigamie, Ehebruch und Inzest verbot, kurz um Zucht und Ordnung wieder herstellen sollte. Vor allem die pietas gegenüber den Göttern sollte für die römischen Bürger wieder in den Vordergrund treten. Dieses Edikt machte Diokletians Bestrebungen für Sittlichkeit, aber auch sein Augenmerk auf die wiederherzustellende Stabilität innerhalb der römischen Gesellschaft deutlich.

Ende März 296 folgte ein Gesetz gegen die Manichäer[8], in dessen Anfang es heißt: „Die alte Religion darf nicht von einer neuen getadelt werden [...] Es ist das größte Verbrechen, zu widerrufen, was einmal von den Alten bestimmt und festgesetzt ist und seinen sicheren Gang innehält.“[9] Es wurde sich ausdrücklich auf den Brauch der Vorfahren berufen, also auf die altrömische Tradition.[10] Zudem schien es schon hier, sieben Jahre vor Erlass des Verfolgungsediktes, nur eine Frage der Zeit zu sein, wann das Christentum an der Reihe ist. Immerhin verstand es sich auch als die einzig wahre Religion und lehnte ähnlich der Manichäer die Integration des eigenen Gottes in den Götter- Pantheon, sowie alle anderen Kulte und Religionen strikt ab.

[...]


[1] Obwohl im mancher Literatur (H.D. Stöver o. H.H. Fritzen) von etwa vier Edikten gegen die Christen bis zum Toleranzedikt des Galerius 311 ausgegangen wird, ist explizit bei Lactantius nur eines und bei Eusebius bis zu zwei Edikten (oder zumindest eine Verschärfung des Erlasses im Frühsommer 303) nachzulesen.

[2] Walsh, M.: Christen und Caesaren. Die Geschichte des frühen Christentums, Freiburg/ Würzburg 1988, S. 228.

[3] Eusebios von Caesarae: Kirchengeschichte, Buch VIII, 1.5, (Hrsg.) Kraft, H., 2. Aufl., München 1981, S.361.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Vgl. Stöver, H. D.: Christenverfolgung im römischen Reich. Ihre Hintergründe und Folgen, 1. Aufl., Düsseldorf/ Wien 1982, S.198ff: Zitat von Celsus: „Wir sehen aber jetzt auch, wie in den Häusern Textilhandwerker, Schuster, Walker, die ungebildetsten und unkultiviertesten Menschen […] alles mögliche Wunderbare erzählen.“

[7] Vgl. ebd S.203: Durch die Evangelien, in denen Jesus einem Unteroffizier helfe, die Aneckdote vom „Hauptmann am Kreuz“ berichtet werde und u.a. durch die Johannes- Apokalypse wäre eine große Fasizination ausgeübt worden.

[8] Der Manichäismus geht auf den Gründer Mani zurück, der sich als letzter Prophet sieht und in seiner Lehre u.a. Teile des Christentums und der Gnostik vereint. Der Kult, der einen strikten Dualismus von Gut und Böse propagiert, lehnt alle anderen Kulte und Glaubensrichtungen ab, womit er sich auch gegen die römischen Staatskulte und die diokletianische Herrscherverehrung stellt. Durch diese Ablehnung und dem damit verbundenen Beziehen einer oppositionellen Beziehung zum Römischen Reich, wird dieses gezwungen auf die Manichäer zu reagieren, sie als nichtintegrierbar und als Staatsfeinde zu betrachten. Frank Kolbs „Chronologie und Ideologie der Tetrarchie“ auf S.28 unterstreicht zudem, dass die Manichäer vornehmlich Perser gewesen seien und das Verbot damit im Kontext des Perserkrieges, der 299/300 sein Ende fand, zu sehen sei.

[9] Fritzen, H. H.: Methoden der diokletianischen Christenverfolgung. Nach der Schrift des Eusebius über die Märtyrer in Palästina, München 1962, S.222.

.

[10] Karl-Heinz Schwarte verweißt in seinem Aufsatz „Diokletians Christengesetze“ darauf, dass das Manichäeredikt als ein Reskript, aufgrund einer Anfrage des Proconsul von Afrika Iulianus über eine Rechtsunsicherheit veranlasst worden ist und damit nicht von Diokletian selbst angeregt wurde. Es kann demzufolge zwar über die religionspolitische Einstellung des Kaisers Aufschluss geben, nicht aber über die systematische Vorbereitung der einzuleitenden Christenverfolgung.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Herrschaftslegitimation Diokletians im Konflikt mit der christlichen Religion
Hochschule
Universität Potsdam  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Diokletian und die Tetrarchie
Note
2,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V133113
ISBN (eBook)
9783640399000
ISBN (Buch)
9783640398508
Dateigröße
1377 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Diocletian, Tetrarchie, Maximian, Galerius, Constantius Chlorus, Juppiter, Hercules, Kaisertum
Arbeit zitieren
Kati Neubauer (Autor:in), 2005, Die Herrschaftslegitimation Diokletians im Konflikt mit der christlichen Religion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133113

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