Voice-Over als Verfahren filmischer Übersetzung


Hausarbeit, 2007

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Voice-Over

3. Vorgeschichte der Filmübersetzung

4. Die wichtigsten Kriterien einer Übersetzung

5. Verschiedene Verfahren der filmischen Übersetzung
5.1. Nachsynchronisation
5.2. Untertitelung
5.3. Voice-Over als filmische Übersetzung
5.3.1. Voice-Over-Übersetzung in den osteuropäischen Ländern
5.3.2. Typen der Voice-Over-Übersetzung
5.3.3. Auffallende Berührungspunkte

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

8. Filmographie

9. Internetquellen

1. Einleitung

Die Geschichte des Filmübersetzens hat eine lange Tradition, deren Ursprung in der Zeit liegt, in der die ersten Filme internationale Verbreitung fanden. Die Voice-Over-Übersetzung ist ein Verfahren der filmischen Übersetzung, das sich erst Jahre später als solches etablierte und bis heute in den medienwissenschaftlichen Diskursen kaum Beachtung findet. In dieser Arbeit wird ein Versuch unternommen, sich mit dem Verfahren der Voice-Over-Übersetzung auseinander zu setzen. Anhand einer Analyse ausgewählter Filmbeispiele soll dieses Verfahren näher beschrieben und strukturiert werden. Die Ergebnisse der Betrachtung sollen einen Anstoß für weitere Untersuchungen in diesem Bereich geben. Auf der Grundlage der Entstehungsgeschichte der filmischen Übersetzung und bereits existierender Verfahren wie der Nachsynchronisation und der Untertitelung, wird ein Vergleich zwischen den oben genannten Verfahren hergestellt, um bestimmte Merkmale für die Voice-Over-Übersetzung herauszufiltern und zu definieren.

Im ersten Teil der Arbeit wird der Begriff Voice-Over1 vorgestellt. Im Anschluss daran wird auf die Geschichte der filmischen Übersetzung Bezug genommen und ihre Entstehung und Etablierung kurz vorgestellt. Ferner wird die Frage der Bedeutung von Übersetzungen als solche thematisiert. Um über ein bestimmtes Verfahren zu sprechen, muss man dessen Ursprünge kennen. So führt das Verfahren filmischer Übersetzungen auf die Wissenschaft der Linguistik zurück, in deren Rahmen die Beschäftigung fällt, eine Sprache in eine andere mit minimalen Verlusten des Textsinns zu übertragen. In dieser Arbeit wird eine Grenze zwischen dem Voice-Over als Verfahren per se und dem Voice-Over als Verfahren der filmischen Übersetzung - der Voice-Over-Übersetzung - gezogen. Der letztere Begriff kommt aus dem technischen Bereich und bezieht sich auf eine Tonspur, die eine andere Tonspur überlagert. Als schwierig erweist sich die Ähnlichkeit der Begriffe Voice-Over und Voice-Over-Übersetzung für den Leser kenntlich zu machen und deren Rolle für das Ausführen dieses Themas zu erklären.

Im zweiten Teil der Arbeit werden verschiedene Verfahren der filmischen Übersetzung beschrieben und ihre Vor- und Nachteile für das Verstehen des Filmes auf verschiedenen Ebenen thematisiert. Zunächst wird die Nachsynchronisation und darauf folgend die Untertitelung vorgestellt. Beide haben sich bereits zu Beginn der audiovisuellen Übersetzungsgeschichte als Verfahren durchgesetzt. Zu beachten ist der gesamte Prozess der Bearbeitung sowie eine Kosten-Nutzen-Abwägung. Als Letztes wird die Voice-Over-

Übersetzung als Verfahren vorgestellt sowie ihre Etablierung in der filmischen Übersetzung behandelt. Als Literaturgrundlage werden in diesem Kontext Chion's The voice in cinema und Kozloff’s Invisible Storytellers. Voice-Over Narration in American Fiction Film verwendet. Diese Bücher können als Hauptquelle zum Thema Voice-Over betrachtet werden. Daraus wird in der vorliegenden Arbeit die Untersuchung von Voice-Over als Verfahren filmischer Übersetzung abgeleitet und anhand dessen Entstehungsgeschichte sowie einiger Filmbeispiele definiert und strukturiert.

Um eine umfassende Betrachtung der Thematik zu gewährleisten, wird zusätzliche Sekundärliteratur herangezogen, welche eine möglichst ausdifferenzierte Beschäftigung mit dem Thema bezwecken soll. Anschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst. Die Frage der Ästhetik der Voice-Over-Übersetzung für den Film und auch die Rezeption des Zuschauers auf dieses Verfahren werden kritisch betrachtet.

2. Voice-Over

Mit Voice-Over (franz. voix-off 3, dt. Off-Stimme) bezeichnet man nach Chion (1999: 49) „any acousmatic or bodiless voices in a film that tell stories, provide commentary, or evoke the past.“ Das Wort bodiless benutzt Chion für die Beschreibung von Stimmen im Film, deren körperliche Gegenwart aus bestimmten narrativen Gründen temporär im Bild nicht zu sehen ist. Diese Stimmen, so Chion (1999: 49), "know all, remember all, but quickly find themselves submerged by the visible and audible past they have called up". Chion stellt fest, dass das Kino Voice-Over nicht erfunden hat. In diesem Zusammenhang verweist er auf Jean Perriault's Buch "Mèmoires de l'ombre et du son", in dem dieser slide shows von unbewegten Bildern beschreibt. Diese slide shows wurden bei der Vorführung im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert von einer Person kommentiert. Genau dort sieht Chion die ersten Voice-Over Anfänge. Er geht noch weiter und vergleicht den Voice-Over -Sprecher mit den Stimmen von Mutter und Vater, die ihrem Kind seine ersten Geschichten erzählen.

Etwas ausführlicher setzt sich Sarah Kozloff mit diesem Thema in ihrem Buch „Invisible Storytellers: Voice-Over Narration in American Fiction Film“ auseinander. Sie beschreibt V oice-Over als „oral statements, conveying any portion of a narrative, spoken by an unseen speaker situated in a space and time other than that simultaneously being presented by the images on the screen” (1988: 5). Kozloff unterscheidet verschiedene Typen der Voice-Over -Narration und stellt fest, dass Narration ein “literarisches” Phänomen ist, das vom Radio und Fernseher und später auch vom Film adoptiert wurde (ebd., 39). Ähnlich dem Chion, sieht sie die Entstehung und Etablierung von Voice-Over in den ersten Filmvorführungen:

In a sense, movies started with voice-over narration. During the medium’s very beginning in the late 1890s, when films consisted of just one unbroken take, and programs were structured by stringing several of these little films together, exhibitors often employed „lecturers“ to provide running commentaries for the audience. (ebd., 23)

Zusammen mit den anderen Kritikern wie Edward Branigan, Tony Pipolo und Ellen Feldman ist Kozloff (1988: 44) davon überzeugt, dass Voice-Over-Narrator von einer anderen erzählenden Macht ergänzt wird. Diese Präsenz nennt sie einen narrativen Repräsentanten aller Filme, ob mit oder ohne Voice-Over, und nimmt mit ihrer Aussage Bezug auf Christian Metz:

The impression that someone is speaking is bound not to the empirical presence of a definite, known, or knowable speaker but to the listener’s spontaneous perception of the linguistic nature of the object to which he is listening; because it is speech, someone must be speaking4.

Die Geschichte des Filmes wird erzählt, also sollte es einen Erzähler geben. Chion (1999: 50) beschreibt V oice-Over als cinematic voice, die in einem Ort "removed from the image" zu sein scheint. Chion wie auch Kozloff, betrachten ihn jedoch nicht als ein Übersetzungsverfahren.

Die Voice-Over-Übersetzung trägt selbst nichts zur Narration des Filmes bei, sie dient lediglich dem Verständnis des Zuhörers. Diese vollzieht sich auf einer Meta-Ebene zwischen dem von Chion beschriebenen Voice-Over - Narrator und dem Zuhörer selbst.

Die von Chion beschriebene cinematic voice wird beim Voice-Over-Übersetzung-Verfahren zusammen mit den anderen Dialogen übersetzt. Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass die geschriebene Sprache, z.B. Zeit- und Ortseinblendungen, sowie auch Schilder des Originalfilmes bei der Übersetzung vorgelesen werden. Dadurch wird die Metaebene der Voice-Over-Übersetzung deutlich. Sie befindet sich außerhalb der filmischen Narration.

3. Vorgeschichte der Filmübersetzung

Mit der Einführung des Tons wird es schwierig, Filme einem breiteren, internationalen Publikum zugänglich zu machen. Der Grund liegt in der nun entstehenden Sprachbarriere. Aufgrund dessen können die Tonfilme nicht mehr international gezeigt werden, ihr wirtschaftlicher Wert sinkt erheblich. Gleichzeitig beansprucht die Produktion von bearbeiteten Tonfilmen längere Zeit und größere Herstellungskosten. Dies betrifft vor allem kleinere Länder, wie die Schweiz oder Dänemark, für die sogar kleine Filmproduktionen unrentabel waren.

Um das Problem zu lösen, versuchte man MLV-Filme (Multiple Language Version) zu produzieren. Es wurden gleichzeitig mehrere Versionen eines Filmes in zwei oder drei Sprachen gedreht. Ein positiver Aspekt des MLV-Verfahrens ist die Möglichkeit, sich die Filme in der Originalsprache anzusehen. Außerdem wurden die Hauptdarsteller oft mit Schauspielern des jeweiligen Landes ersetzt, um die akzentfreie Aussprache zu gewährleisten. Solche Filme schafften einen kulturbezogenen Hintergrund zum eigenen Land und wurden dementsprechend besser von den Zuschauern aufgenommen. Die Produktion von MLV's war allerdings zu kostenaufwendig und bot nach Garncarz (1999: 266) nicht die finanzielle Effizienz:

... the strategy of making MLVs simply as a form of cultural adaption was not suffieciently effective, because they often cost more than they could earn.

Die Alternative des Nachsynchronisierens wurde mit Abneigung vom Publikum aufgenommen. Dabei hat dieses Problem nach den Worten von Elisa Mutsaers (2005) nicht technische, sondern eher kulturelle Gründe:

In those early days of sound film the techniques to achieve lip synchronity were already sufficient as well. The most important reason why at that time the industry did not choose for the (cheaper) dubbing of foreign language versions had a cultural cause: the audiences abroad could not believe that the voices they heard actually belonged to the characters they saw on the silver screen.

Die Idee, Filme zu übersetzen, wurde allerdings nicht außer Acht gelassen. Durch verschiedene Verfahren, wie der Lippensynchronisation und der Anpassung der Sprechgeschwindigkeit, wurde versucht, die Übersetzung des Filmes so zu gestalten, dass sie kaum bemerkbar ist. Durch Anwendung der oben genannten Techniken wird der Inhalt des Filmes jedem zugänglich gemacht. Darüber hinaus spielt der Kostenfaktor bei der Produktion eine herausragende Rolle, die dazu führte, dass bereits im Jahre 1933 eine Gewöhnung und Akzeptanz von nachsynchronisierten Filmen beim Publikum eintrat.Gleichzeitig wurde das Verfahren der Untertitelung durchgesetzt, was zuerst nach Joseph Garncarz zu einer anderen Gegenreaktion des Publikums führte: „ In the case of subtitles, audiences of the period were not receptive to the idea of reading subtitles at the same time as they were trying to follow the pictures.” (1999: 256).

Ein anderer Faktor der geringen Akzeptanz von Untertitelung war die Verfremdung des Filmes durch das Hören der Originalstimmen. Auch wenn die Nachsynchronisation nicht eine bestimmte Authentizität bieten konnte, so klangen die Stimmen in der Sprache des Landes vertrauter und wurden leichter akzeptiert. Die Ausnahmen boten lediglich die bekannten Schauspieler, bei denen akzentfreie Kenntnisse einer Fremdsprache auszuschließen waren.

Mit der Zeit haben sich bestimmte Verfahren in verschiedenen Ländern durchgesetzt. So wird in Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien und Spanien weiterhin erfolgreich das Nachsynchronisationsverfahren angewendet. In den anderen europäischen Ländern wie Dänemark, Schweden, Norwegen oder Niederlande ist man mit Untertiteln bestens vertraut. In Norwegen werden mehr als 98 % der ausländischen Filme untertitelt. Das Nachsynchronisationsverfahren wird lediglich für Programme für Kinder unter sieben Jahren verwendet.5

In den osteuropäischen Ländern wie Polen, der Ukraine oder Russland sind Voice-Over-Übersetzungen nicht ungewöhnlich, wo bei der Übersetzung ein Sprecher alle Stimmen im Film übernimmt. Dieses Verfahren wird überwiegend für Spielfilme verwendet.

4. Die wichtigsten Kriterien einer Übersetzung

Aus der Vorgeschichte wird deutlich, wie wichtig die filmische Übersetzung als Verfahren ist. Ihre Qualität entscheidet schließlich über die Popularität eines Filmes auf internationaler Ebene. Dementsprechend ist es wichtig, die Prämissen einer qualitativ guten Übersetzung zu definieren und auf dieser Basis die drei verschiedenen Typen von Filmübersetzungen wie Nachsynchronisation, Untertitelung und Voice-Over-Übersetzung zu vergleichen und zu analysieren.

[...]


1 Begriffe, die in dieser Arbeit kursiv vorgemerkt sind, gehören zum ständigen Gebrauch in der Filmbranche und werden hier nicht ausführlich behandelt. Der Begriff Voice-Over stammt von Chion und bezieht sich lediglich auf das Voice-Over -Verfahren als solches. Die Voice-Over-Übersetzung ist daher ein von Chion abgeleiteter Begriff.

3 Dieser Begriff wird von Chion (1999: 49) mit Kritik aufgenommen: "..(as if any voice could be off)".

4 Siehe auch: Christian Metz: Film Language, trans. Michal Taylor (New York: Oxford Univ. Press, 1974), p.23

5 Vgl.u.a. Herbst (1994: 19)

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Voice-Over als Verfahren filmischer Übersetzung
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Institut für Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Das Sprechen des Spielfilms
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
21
Katalognummer
V132797
ISBN (eBook)
9783640395828
ISBN (Buch)
9783640396283
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Voice-Over, Verfahren
Arbeit zitieren
B.A. Anna Martynovych (Autor:in), 2007, Voice-Over als Verfahren filmischer Übersetzung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132797

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