Romantische Liebe unter den Bedingungen des Kapitalismus


Hausarbeit, 2008

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Was ist Liebe?

2. Der Weg zur romantischen Liebe

3. Romantische Liebe 9

4. Romantische Liebe- Fortdauer oder Niedergang?

5. Zusammenfassung

0. Einleitung

Liebe ist überall. Jeder spricht darüber. Keiner will und kann ohne sie leben. Die Konsumsphäre zielt immer mehr auf das Thema Liebe ab. Fast alle Ausdrucksformen der Liebe sind mittlerweile käuflich[1]. Markt und Liebe sind also offensichtlich von einander abhängig. Doch diese Abhängigkeit mündet in der Moderne gleichzeitig in einem kulturellen Widerspruch zwischen emotionaler, romantischer Liebe und der rationalen Ökonomie des Kapitalismus. Die Frage die sich stellt ist, ob romantische Liebe in dem immer komplexer werdenden System des Kapitalismus weiterhin Bestand haben kann. Das Ziel dieser Hausarbeit soll es sein das Thema: "Romantische Liebe unter den Bedingungen des Kapitalismus" zu bearbeiten.

Dazu muss zunächst geklärt werden, was Liebe überhaupt ist? Diese Frage soll mit Hilfe des ersten Kapitels beantwortet werden. Zu Beginn wird die Wortherkunft untersucht. Daraufhin wird gezeigt welche Formen der Liebe man unterscheiden kann und welche Faktoren die Liebe beeinflussen.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Übergang von dem Ideal der romantischen Liebe zur gelebten romantischen Liebe. Es zeigt sich, dass am Anfang rationale Gründe eine Intimbeziehungen rechtfertigten und am Ende einzig die Liebe als eine unerklärliche Tatsache[2] die Voraussetzung für feste, romantische Zweierbeziehungen darstellt.

Das folgende Kapitel untersucht die Merkmale des romantischen Liebesideal und die Stellung der romantischen Liebe in der modernen Gesellschaft.

Abschließend soll dann die Frage beantwortet werden, ob das romantische Liebesideal in der modernen, kapitalistischen Gesellschaft weiterhin Bestand hat oder nicht.

Als Grundlage dieser Hausarbeit dienen die Werke von Niklas Luhmann "Liebe als Passion", Erich Fromm "Die Kunst des Liebens" und von Eva Illouz "Der Konsum der Romantik", auf die im Folgenden immer wieder Bezug genommen wird.

1. Was ist Liebe?

Wenn man wissenschaftlich über Liebe schreiben will, dann muss zunächst klären, was der Begriff Liebe überhaupt bedeutet. Das Thema Liebe ist sehr komplex und nicht unbedingt ein klares Spezifikum für Zweierbeziehungen, denn Liebe reicht weit über den Bereich der Zweierbeziehungen hinaus[3]. Deshalb findet man in der Literatur auch eine Vielzahl von facettenreichen Ansätzen, die die Bedeutung und den Ursprung des Begriffs der Liebe zu erklären versuchen. Viele sind sich jedoch darin einig, dass der Begriff der Liebe aus dem mittelalterlichen Wort "Minne" entsprungen sei[4]. Minne, die insbesondere in unserer heutigen Zeit durch die Minnesänger wie Walter von der Vogelweide bekannt ist, bedeutet zunächst eine Art Zuwendung beziehungsweise eine positive, mentale und emotionale Zuneigung, die man beispielsweise Gott oder anderen Menschen in Form von Liebe entgegenbringt. Es meint also vielmehr eine geistige, als eine geschlechtliche Zuneigung. Das Wort luibi war das zur Minne zugehörige Adjektiv, das heißt wenn ein Mensch einem Anderen Minne entgegenbrachte, dann war er ein Mensch liubi. Mit der Zeit wurde das Adjektiv zum Substantiv und verdrängte das Wort der Minne. Wahrscheinlich auch aufgrund des radikalen Bedeutungswandels, da der Begriff Minne besonders in der höfischen Kultur des Hochmittelalters auf die Thematisierung emotional- erotischer Beziehung zwischen den Geschlechtern beschränkt war.

Nach der Klärung des begriffliche Ursprungs von Liebe, kommt nun die Frage auf was Liebe eigentlich bedeutet?

Im allgemeinen Verständnis bedeutet Liebe ein Gefühl beziehungsweise eine innere Haltung, die auf eine positive, innere und tiefe Verbundenheit zu einer Person beruht. Die Liebe zu Tieren oder Dingen, wie Farben soll in dieser Hausarbeit nicht weiter ausgeführt werden. Es gibt Ansätze die Liebe als Antwort auf das Probleme der menschlichen Existenz sehen[5].

Wie schon angedeutet, ist Liebe aber kein Spezifikum für Zweierbeziehungen. Liebe kann auf viele verschiedene Formen persönlicher Beziehungen bezogen werden. Erich Fromm beispielsweise unterscheidet in seinem Buch "Die Kunst des Liebens" verschiedene Formen der Liebe, wie die Mutterliebe, Nächstenliebe, Selbstliebe oder Liebe zu Gott. Mutterliebe stellt dabei den Ursprung der Liebe dar. Den Mutterliebe ist die erste Liebe die jedem Menschen entgegengebracht wird. Nach Fromm ist Mutterliebe die bedingungslose Bejahung des Lebens und der Bedürfnisse des Kindes. Dem Kind wird dadurch Fürsorge und

Verantwortungsgefühl vermittelt, was für die Erhaltung des Kindes lebensnotwendig ist[6]. Also könnte man sagen, dass Liebe eine der ersten Emotion ist die einem jeden Menschen zuteil wird. Im Gegensatz zur Nächstenliebe oder zur Liebe zwischen Mann und Frau, die im großen und ganzen auf Gleichheit beruhen, ist die Mutterliebe eine ungleiche Beziehung zwischen Mutter und Kind, da das Kind, zumindest in den ersten Lebensjahren vollkommen von der Mutter abhängig ist. Auf Grund dieses altruistischen Charakters der Mutterliebe, gilt sie auch als höchste Form der Liebe, aber vielleicht auch deshalb als eine der schwierigsten[7].

Die Nächstenliebe beschreibt Fromm als fundamentalste Art der Liebe, die allen Formen der Liebe zugrunde liegt, da sie die Liebe zu allen menschlichen Wesen meint[8]. Häufig wird unter Nächstenliebe die Bereitschaft einer Person verstanden, Mitmenschen zu helfen und uneigennützige Opfer zu bringen[9]. Nächstenliebe wird in vielen Religion als moralischer Grundethos angenommen. Alle Menschen sind gleich. Doch auf Grund der zunehmenden Säkularisierung und das Fehlen von persönlichen Beziehung im Alltag, als Folge des Kapitalismus, scheint dieser Ethos immer weiter ins hinter Treffen zu geraten. Doch für Fromm und einige andere ist die Nächstenliebe überhaupt erst Voraussetzung um Liebe in Bezug auf einzelne Individuen, in Form von Zweierbeziehungen oder Mutterliebe, zu empfinden.

Nächstenliebe ist also Liebe zwischen Gleichen und Mutterliebe ist die Liebe zu Hilflosen. Trotzdem sich diese beiden Arten der Liebe stark voneinander unterscheiden, haben sie doch eins gemeinsam, nämlich dass sich die Liebe ihrem Wesen nach nicht auf eine einzige Person beschränkt. Anderes ist das im Falle der Liebe zwischen Mann und Frau. Fromm nennt diese Form der Liebe erotische Liebe. Dabei handelt es sich um ein Bedürfnis nach Einheit mit dem einem Anderen. Dieser Form der Liebe lässt sich mit Hilfe von drei Ebenen darstellen[10]. Die erste Ebene ist die Leidenschaft, sie meint Euphorie, erhöhten Herzschlag und sexuelle Begierde. Die Leidenschaft umfasst also stark positive Gefühle, die man insbesondere am Anfang einer Zweierbeziehung als "Verliebtheit" empfindet. Die Leidenschaft verbindet die Liebe mit der Sexualität. Die Intimität stellt die zweite Ebene dar. Unter Intimität versteht man im Allgemeinen Offenheit, Ehrlichkeit, Kommunikation und Vertrauen, die als Basis für eine dauerhafte Zweierbeziehung gewährleistet sein müssen. Die dritte Ebene ist die Bindung, was meint, dass die Interessen des Anderen, den eigenen vorangestellt werden. Man versteht unter der Bindung also die Loyalität mit der Bereitschaft Opfer für den Anderen zu bringen. Alle drei Ebenen sind Voraussetzung für das was in der Moderne unter romantische Liebe verstanden wird.

Die Frage die sich jetzt noch stellt ist, woher kommt Liebe? Ist sie instinktiv oder kulturell bedingt? Oder sind es sowohl instinktive als auch kulturelle Einflüsse, die Liebe hervorrufen? Um diese Frage zu beantworten muss man zunächst einen Blick auf die Tierwelt werfen, denn auch dort gibt es emotionale Empfindungen. Beispielsweise zeigt ein Hund Emotionen wie Freude oder Traurigkeit. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass Hunde mit einigen Hunden oder Menschen eher vertraut werden als mit anderen. Das lässt darauf schließen, dass Hunde emotional empfinden können. Allerdings sind diese emotionalen Empfindungen nicht unbedingt mit zwischenmenschlichen Emotionen vergleichbar, aber es zeigt, dass die Gefühlswelt des Menschen den Ursprung in der Tierwelt hat[11]. Aber für die Entwicklung einer solchen Gefühlswelt ist immer auch ein soziales Umfeld notwendig und das weißt darauf hin, dass Gefühle ebenso durch kulturelle Einflüsse bestimmt sind. Wenn der Ursprung der Liebe also Instinkte sind, dann ist Liebe zum Teil etwas körperliches, also eine physiologische Erregungen[12]. Wie wird nun aber aus solch einer physiologischen Erregung Liebe? Das, so zeigt sich, ist eben von den Umweltbedingungen abhängig. Denn wenn man davon ausgeht, dass Gefühle, durch undifferenzierte physiologische Erregungszustände hervorgerufen werden, dann können diese Erregungszustände je nach Umwelteinflüssen zu Angst oder Leidenschaft werden und so eben auch zu Liebe. Kulturelle Werte legen dabei fest inwiefern die Intensität der pysiologischen Erregung bewertet werden. Man kann annehmen, dass die Kultur den Rahmen darstellen in dem die Gefühle beziehungsweise Emotionen organisiert werden. So dass die Kultur die Gefühle bezeichnet und bestimmt und sie so mit den spezifischen Werten und Normen verbindet[13]. Der kulturelle Einfluss zeigt sich auch im unterschiedlichem Umgang mit der Liebe in der jeweiligen Kultur, also an dem Code der Liebessemantik der sich zwischen den Kulturen unterscheidet. Der Ursprung der Liebe sind also Instinkte die sich in Abhängigkeit von derjeweiligen Kultur weiterentwickeln.

2. Der Weg zur romantischen Liebe

Lange Zeit galt Liebe nicht als Voraussetzung fur eine Zweierbeziehung beziehungsweise fur ein dauerhaftes Zusammenleben von Mann und Frau in Form einer Ehe. Nach Meinung von Theodor Zeldin, waren Hochzeiten bis zum 20. Jahrhundert eine Art Austausch von Reichtum, der sich auf allen gesellschaftlichen Ebenen vollzog[14]. Die Hochzeit galt als die wichtigste Finanzoperation des Lebens, so Zeldin. Die moderne Vorstellung von Liebe, der romantischen Liebe, lief dieser Strategie der sozialen Reproduktion durch die Institution der Ehe[15] entgegen. Romantische Liebe stand fur Werte wie Interessenlosigkeit und Indifferenz gegenüber Reichtum. Was der Grund dafür war, dass sie wenig anerkannt und selten gelebt wurde, sie galt als Utopie, die den kulturellen Werten der Gesellschaft widersprach. Die Heiratsvorschriften der Vormoderne begrenzten zwar die Autonomie des Individuums, sicherten aber das Leben in finanzieller Hinsicht ab. Heiraten war also viel mehr ein rationaler, als ein emotionaler Akt. Doch wie kam es zum Wandel?

Luhmann zeigt in seinem Buch "Liebe als Passion" eindrucksvoll den Übergang vom Ideal der romantischen Liebe zur gelebten romantischen Liebe. Nach Luhmann steht am Anfang die höfische Liebe im Mittelalter. Höfische Liebe meint das Ideal der romantischen Liebe, des Unwahrscheinlichen, was insbesondere durch den Minnegesang zum Ausdruck gebracht wurde. Als Begründung der Liebe galt die Perfektionsidee[16], das heißt die Vollkommenheit des Gegegenstands, auf Grund dessen die emotionale- erotische Zuneigung hervorgerufen wird. Romantische Liebe war also ein Ideal, weil die Ehe eben unabhängig von Liebe, zur Sicherung der Finanzen geschlossen wurde und es auch keine beziehungsweise wenig unabhängigen Individuuen gab, die sich dagegen hätten wehren können, ohne von der Gesellschaft ausgegrenzt zu werden.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts veränderte sich diese Vorstellung. Die Menschen hatten nun mehr die Freiheit sich auf Liebe einzulassen und dafür eventuell die finanzielle Sicherung zu riskieren. Liebe galt als Passion, dass heißt dass sich Liebe außerhalb der rationalen Kontrolle vollzog[17]. Besonders Frankreich rückt dabei in den Bereich der Aufmerksamkeit. Denn insbesondere in Frankreich wird gegen Ende des 17. Jahrhunderts das Frauenbild verändert. Frauen bekommen zu dieser Zeit eine freiere gesellschaftliche Stellung eingeräumt und so auch die Möglichkeit der eigenen unabhängigen Entscheidung[18].

[...]


[1] http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/lesezeit/60893/index.html

[2] Luhmann, Niklas, 1994, Liebe als Passion, Baden- Baden

[3] Lenz, Karl, 2006, Soziologie der Zweierbeziehung, Wiesbaden, S. 218

[4] http://www.meridianerland.com/verhaltensforschung/das-wort-liebe.htm

[5] Fromm, Erich, 2008, Die Kunst des Liebens, Ulm, S. 17

[6] Fromm, Erich, 2008, Die Kunst des Liebens, Ulm, S.62

[7] Fromm, Erich, 2008, Die Kunst des Liebens, Ulm, S.63

[8] Fromm, Erich, 2008, Die Kunst des Liebens, Ulm, S. 59f

[9] Geade, Peter- Matthias(Hrsg.), 2007, GEO- Themenlexikon Philosophie, Mannheim, Stichwort Nächstenliebe

[10] Liebe aus sozialpsychologischer sicht bierhoff rohman

[11] http://www.meridianerland.com/verhaltensforschung/das-wort-liebe.htm

[12] Illouz, Eva, 2007, Der Konsum der Romantik, Sinzheim, S. 27

[13] Illouz, Eva, 2007, Der Konsum der Romantik, Sinzheim, S. 28f

[14] Illouz, Eva, 2007, Der Konsum der Romantik, Sinzheim, S. 36

[15] Illouz, Eva, 2007, Der Konsum der Romantik, Sinzheim, S. 36f

[16] Luhmann, Niklas, 1994, Liebe als Passion, Baden- Baden, S. 57

[17] Luhmann, Niklas, 1994, Liebe als Passion, Baden- Baden, S.76

[18] Luhmann, Niklas, 1994, Liebe als Passion, Baden- Baden, S. 59

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Romantische Liebe unter den Bedingungen des Kapitalismus
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziologie der Zweierbeziehung
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V132645
ISBN (eBook)
9783640388851
ISBN (Buch)
9783640388783
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
romantisch, Liebe, Kapitalismus
Arbeit zitieren
Carli Wiegand (Autor:in), 2008, Romantische Liebe unter den Bedingungen des Kapitalismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132645

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