Die Zweiseitigkeit des Rekurses nach der Zivilverfahrensnovelle 2009


Seminararbeit, 2009

74 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

I. Einleitung - Problemstellung

II. Gesetzeslage bis zur Entscheidung des EGMR
A. Das Rekursverfahren
B. Die Ausgestaltung des Rekursverfahren
1. Das einseitige Rekursverfahren
2. Das zweiseitige Verfahren
C. Ausnahmen vom Grundsatz der Einseitigkeit
1. Gesetzliche Ausnahmen
2. Von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahmen
3. Die Zweiseitigkeit aus Sicht der Literatur
D. Kritik an der bisherigen Rechtslage

III. Die Entwicklung des Rekursverfahren nach der Entscheidung des EGMR
A. Anlass
1. Die Entscheidung des EGMR
2. Kritik an der Entscheidung des EGMR
B. Die gesetzgeberischen Zwischenschritte bis zur Zivilverfahrens-Novelle 2009
C. Reaktionen der Rechtsprechung
D. Lösungsansätze für die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens
1. Verfassungsrechtliche Ansätze
a) Art. 6 MRK
b) Gleichheitsgrundsatz
c) Inhalt des zu gewährenden rechtlichen Gehörs
2. § 521 a ZPO und Art. 6 MRK
3. Verfassungskonforme Auslegung des § 521 a ZPO
4. Grundzüge einer Neuregelung
a) Generelle Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens
b) Ausdrücklich normierte, aber enger gefasste Zweiseitigkeit
c) Vorschläge für eine Neuregelung
(1) Einführung eines § 521b ZPO (Kodek)
(2) Zweiseitigkeit des Rekurses auch bei a limine gefassten Beschlüssen wegen Zurückweisung (Ballon)
d) Zweiseitigkeit in Verfahren außerhalb der ZPO
E. Stellungnahme

IV. Die Auswirkungen der Zivilverfahrens-Novelle 2009 auf das
Rekursverfahren
A. Die gesetzlichen Regelungen der Zivilverfahrens-Novelle 2009 im Hinblick auf das Rekursverfahren
B. Die Bedeutung der Änderungen im Hinblick auf das Rekursverfahren
1. Vermeidung von Verfahrensverzögerungen
a) Änderung der Rekursfristen
b) Einschränkung des Grundsatzes der Zweiseitigkeit
2. Einführung der generellen Zweiseitigkeit
3. Prozessökonomie und generelle Zweiseitigkeit
4. Generelle Zweiseitigkeit nur bei Beschlüssen über Rechtsschutz- begehren
C. Zusammenfassung

V. Die Auswirkungen der Zivilverfahrens-Novelle 2009 auf andere
Gesetze
A. Die gesetzlichen Änderungen der Zivilverfahrens-Novelle 2009 im Bezug auf das Rekursverfahren in Verfahren außerhalb der ZPO
1. Die Konkursordnung
2. Die Exekutionsordnung
3. Sonstige Verfahrensvorschriften
B. Die Bedeutung der Änderungen im Hinblick auf das Rekursverfahren außerhalb der ZPO
1. Die Konkursordnung
a) Gesetzgeberische Begründung zur Neufassung
b) Allgemeines
(1) Das Konkursverfahren und der Art 6 MRK
(2) Konkurseröffnungsverfahren
(3) Kostenentscheidungen
c) Zusammenfassung
2. Die Exekutionsordnung
a) Gesetzgeberische Begründung zur Neufassung
b) Allgemeines
(1) Durchbrechung des Grundsatzes der Einseitigkeit
(2) Das Exekutionsverfahren und der Art 6 MRK
c) Zusammenfassung
3. Das Außerstreitverfahren
C. Zusammenfassung
D. Schlussfolgerungen

VI. Vergleich mit dem Beschwerdeverfahren in Deutschland
A. Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland
1. Definition der Begriffs „Beschwerde“
a) Allgemeines
b) Grundsatz des rechtlichen Gehörs und des neuen Tatsachenvortrags im Beschwerdeverfahren nach der dZPO
c) Grundsatz des fair trial in der dZPO
2. Insolvenzordnung
3. Einzelzwangsvollstreckung
B. Wertung

VII. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang 1: Zivilprozessordnung idF v 1. August 1895 (RGBl 1895/113)
Anhang 2: Zivilprozessordnung idF v 29. Dezember 1997 (BGBl I 1997/140)
Anhang 3: Relevante Vorschriften vor der Zivilverfahrens-Novelle 2009
Anhang 4: Konkursordnung
Anhang 5: Exekutionsordnung
Anhang 6: deutsche Zivilprozessordnung
Anhang 7: Insolvenzordnung
Anhang 8: Verwaltungsgerichtshofgesetz idF v 13. August 1997 (BGBl I 1997/88)
Anhang 9: Synopse

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Einleitung - Problemstellung

Mit der am 1. April 2009 in Kraft getreten Zivilverfahrens-Novelle 2009[1] führt Österreich nunmehr die grundsätzliche Zweiseitigkeit im Rekursverfahren ein, da ein rein einseitiges Verfahren wie es bisher größtenteils im Rekursverfahren galt, gegen den in Art 6 MRK niedergelegten Grundsatz des fairen Verfahrens (rechtlichen Gehörs) verstößt. Künftig ist damit für alle Rekurse (außer jenen a limine), die nicht bloß verfahrensleitend sind, die Rekursbeantwortung gemäß § 521a ZPO vorgesehen.

Die zentrale Bedeutung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs[2] für ein faires Verfahren ist, worauf Kodek[3] zu Recht hinweist, seit langen bekannt. Dieser Grundsatz findet seinen Ausdruck in der bekannten lateinischen Formel „audiatur et altera pars“[4]. Zufällig-treffend wurde das rechtliche Gehör auch einmal im Urteil der Regierung von Niederösterreich vom 25. August 1568[5] als „Grundrecht“ bezeichnet.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs war, wenn auch nur ausdrücklich für das streitige Verfahren, bereits in den §§ 477 Abs 1 Z 4 und 529 Abs 1 Z 2 der Stammfassung der ZPO vom 1. August 1895[6] verankert[7]. Dieser Grundsatz enthielt in Österreich vor der Erhebung der MRK[8] in den Verfassungsrang[9] keine verfassungsrechtliche Garantie[10], während in Deutschland der Art 103 Abs 1 GG[11] sowie die entsprechenden Bestimmungen der einzelnen Landesverfassungen[12] den Anspruch auf rechtliches Gehör als grundrechtsgleiches Recht garantieren[13]. Allerdings wurde diesem Grundsatz im österreichischen Recht durch einfachgesetzliche Regelungen, die jedoch nur in der 1. Instanz diesem Postulat vollumfänglich Rechnung trugen, entsprochen. Kodek[14] wies zu Recht darauf hin, dass gerade im Bereich des Rechtsmittelverfahrens Defizite bestünden. Sein Augenmerk galt dabei insbesondere dem Rekursverfahren, das im Hinblick auf die „typischerweise geringe Bedeutung der angefochtenen Entscheidung“[15] anfänglich einseitig ausgestaltet war. Auch wenn mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983[16] in einigen Fällen[17] die Zweiseitigkeit auch in das Rekursverfahren eingeführt wurde, so blieb es im übrigen trotz der geäußerten Kritik[18] beim einseitigen Rekursverfahren. Insbesondere von Ballon[19] erfolgte der zutreffende kritische Hinweis, dass die bedenkliche Rechtslage im Bereich des Außerstreit-, Insolvenz- und Exekutionsverfahrens damit aber nicht beseitigt wurde.

Ein Umdenken setzte mit der Entscheidung des EGMR vom 6. Februar 2001[20] ein[21], da, wie Kodek[22] es meines Erachtens zutreffend ausdrückt, der traditionelle Grundsatz der Einseitigkeit des Rekursverfahrens ins Wanken geriet.

Im folgenden sollen die Auswirkungen der Zivilverfahrens-Novelle 2009, die am 1. April 2009 in Kraft getreten ist[23], untersucht werden.

II. Gesetzeslage bis zur Entscheidung des EGMR

A. Das Rekursverfahren

Die Zivilprozessordnung in ihrer Stammfassung vom 1. August 1895 regelte in nur 16 Paragraphen[24][25], nämlich den §§ 514 bis 528 ZPO, das Rekursverfahren. Danach war der Rekurs, der ein möglichst einfach konstruiertes Rechtsmittel sein sollte[26], insbesondere[27] gegen Beschlüsse (Bescheide), „sofern das gegenwärtige Gesetz die Anfechtung derselben nicht ausschließt“[28] zulässig[29]. Bei Beschlüssen, durch welche der Ersatz der Kosten dem Gericht auferlegt wurde, konnten „die hiernach zum Kostenersatz verpflichteten richterlichen Beamten Recurs ergreifen“[30].

Die Entscheidung über den durch Einreichung eines Schriftsatzes[31] eingelegten Rekurs erfolgte ohne vorhergehende mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung durch Beschluss[32].

Ursprünglich sah das Rekursverfahren grundsätzlich nur die Einseitigkeit vor[33], was von Lehre[34] und Rechtsprechung[35] als unbedenklich angesehen wurde. Morscher[36] wies darauf hin, dass diese Einseitigkeit für die Partei zu einer nicht wettzumachenden Benachteiligung führe, da diese keine Möglichkeit habe, auf die Rekursausführungen einzugehen, um gegen diese substantiiert Stellung zu nehmen. Er sah daher in der Beseitigung der Einseitigkeit nicht nur ein rechtspolitisches Anliegen, sondern vielmehr ein Gebot des Verfassungsrechts. Auch wenn diese Kritik[37] anfänglich weder beim Gesetzgeber noch in der Rechtsprechung Gehör fand[38] kam es schließlich doch mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 im begrenzten Umfang zur Einführung des zweiseitiges Rekursverfahren. Diese Durchbrechung des Grundsatzes der Einseitigkeit betraf die Fälle, in denen die Einseitigkeit als besonders unerträglich empfunden wurde[39]. Seinen gesetzgeberischen Niederschlag hat dies im § 521a ZPO gefunden.

B. Die Ausgestaltung des Rekursverfahren

1. Das einseitige Rekursverfahren

Das Rekursverfahren war grundsätzlich ein einseitig gestaltetes Verfahren, in dem ohne mündliche Rekursverhandlung in nicht öffentlicher Sitzung nach Aktenlage[40] entschieden wurde. Der Rekurs wurde durch einen Schriftsatz eingeleitet. Außer im Besitzstörungsverfahren[41] bedurfte es keiner Anmeldung.

Die Konsequenz dieser Verfahrensweise ist, dass im Rekursverfahren grundsätzlich das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel nicht möglich ist[42]. Diese als „Neuerungsverbot“ bezeichnete Verfahrensweise, für die eine ausdrückliche Anordnung im Rekurs fehlt, gilt von einigen Ausnahmen abgesehen in allen Verfahrenstypen[43]. Begründet wird dies mit dem Zweck des Rekurses als rein kontrollierendem Rechtsmittel und der fehlenden mündlichen Verhandlung sowie der fehlenden Möglichkeit der Beweisaufnahme unter Zuziehung der Parteien[44]. Es wird hier also der Grundsatz verwirklicht, dass das österreichische Rechtsmittelverfahren nicht mehr neuerlich der geltend gemachte Anspruch, sondern nur noch die Richtigkeit der Entscheidung und des ihr vorangegangenen Verfahrens überprüft wird[45].

2. Das zweiseitige Verfahren

Ein zweiseitiges Rekursverfahren wird dann angenommen, wenn die Möglichkeit einer schriftlichen Rekursbeantwortung besteht[46]. Zweck dieses zweiseitigen Verfahrens ist es, dem Rechtsmittelgegner in betroffenen Angelegenheiten nach einem bereits in erster Instanz kontradiktorischen Verfahren auch im Rechtsmittelverfahren Gehör zu verschaffen[47].

C. Ausnahmen vom Grundsatz der Einseitigkeit

Auch wenn das Rekursverfahren grundsätzlich als einseitiges Verfahren ausgestaltet war, gab es von diesem Grundsatz Ausnahmen, die nachfolgend näher betrachtet werden sollen.

1. Gesetzliche Ausnahmen

Eine gesetzliche Durchbrechung des streng einseitiges Rekursverfahrens fand erst-malig im Außerstreitverfahren statt[48].

In der Folge hatte der Gesetzgeber dann in den vier im § 521a ZPO aF[49] geregelten Fällen sowie bei den einstweiligen Verfügungen gemäß § 402 EO den Grundsatz der Einseitigkeit des Rekurses im Zivilprozess durchbrochen und ein zweiseitiges Verfahren geschaffen. Es handelt sich hier um bestimmte grundlegende, im Gesetz erschöpfend aufgezählte prozessbeendende und verfahrensgestaltende Beschlüsse[50]. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingeführte Zweiseitigkeit jedoch nicht alle Bereiche erfasst wurden. Probleme bestanden weiterhin im Außerstreit-, Insolvenz- und Vollstreckungsverfahren, da hier nach wie vor nur ein einseitiges Rekursverfahren zur Verfügung stand[51].

2. Von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahmen

Nachdem die Rechtsprechung die durch die Einführung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingeführten Bestimmungen des § 521a ZPO über die Zweiseitigkeit des Rekurses in den ersten Jahren nach deren In-Kraft-Treten „als auf wenige Beschlüsse des Streitverfahrens“[52] beschränkt angesehen hatte[53] und diese Ansicht auch fortgeschrieben wurde[54] ging die neuere Rechtsprechung über die gesetzlichen Vorgaben hinaus und sah alle Rekursverfahren als zweiseitig an, die sich gegen Beschlüsse über Rechtsschutzanträge richteten[55]. Teilweise hat der OGH auch versucht, diese Gehörsdefizite dadurch zu umgehen, dass er „praeter legem eine Rekursbeantwor-tung oder eine Rekursverhandlung in jenen Fällen zuließ, in denen im Rekurs zulässige Neuerungen enthalten waren“[56].

Die Rechtsprechung hat – betrachtet man die ergangenen Entscheidungen – den Anwendungsbereich des § 521a Abs 1 Z 3 ZPO in sehr kasuistischer Weise im Wege der Gesetzesanalogie[57] erweitert[58]. Die Literatur[59] kritisierte diesen Weg, der sich auf die Rechtsähnlichkeit des jeweils zu beurteilenden Falles mit einem bestimmten gesetzlichen Tatbestandmerkmal stützte als nicht mehr zeitgemäß und hielt eine weiter reichende Grenzziehung für die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens auf einer höheren Abstraktionsebene für geboten.

3. Die Zweiseitigkeit aus Sicht der Literatur

In der Literatur[60] wurde die Ansicht vertreten, dass die Zweiseitigkeit des Rekurses die Ausnahme sei und eine Erweiterung auf andere, nicht in § 521a ZPO genannte Fälle nur dann möglich sei, wenn die Rekurse sich gegen Beschlüsse wenden, die in der Hauptsache entscheiden oder die Zulässigkeit des Verfahrens[61] absprechen. Aus diesem Grunde seien Rekurse gegen den Kostenausspruch eines Beschlusses, der an sich mit zweiseitigem Rekurs anfechtbar wäre, immer nur einseitig[62]. Ebenfalls nur einseitig seien auch Rekurse im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Erkenntnisse eines Börsenschiedsgerichts[63]. Das bedeutet, dass der zweiseitige Rekurs nur auf die „im Gesetz erschöpfend aufgezählte Beschlüsse“[64] beschränkt sein sollte[65].

Zechner[66], der wie oben bereits dargelegt „die kasuistische Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 521a ZPO kraft Gesetzesanalogie“ als nicht mehr zeitgemäß ablehnte, wollte zumindest nach meinem Verständnis die Zweiseitigkeit des Rekurs-verfahrens in konventionskonformer Anwendung verfahrensrechtlicher Bestimmungen bei allen Entscheidungen über materielle und prozessuale Rechtsschutzansprüche gewähren. Die vom OGH[67] vertretene Auffassung, der Art 6 MRK betreffe nicht die Ein- oder Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens ist überholt und kann nicht fortgeschrieben werden[68].

Die Literatur[69] zieht meines Erachtens aus der bereits erwähnten Urteil Beer gegen Österreich[70] die richtigen Schlussfolgerungen, wenn sie die Ansicht vertritt, dass jeder Partei Gelegenheit geboten werden müsse, „von abgegebenen Stellungnahmen der anderen Partei“ und von Beweisen, die Letztere beigebracht hat, Kenntnis zu erlangen und sich zu äußern.

D. Kritik an der bisherigen Rechtslage

Meines Erachtens zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass die im Restbereich bestehende Einseitigkeit des Rekursverfahrens aus rechtsstaatlicher Sicht und unter Aspekten der Waffengleichheit bzw. des rechtlichen Gehörs nicht mehr zu rechtfertigen sei[71]. Als Hauptargument für diese Sichtweise wurde angeführt, dass es nicht angehe, „dass nur eine Seite ihre Argumente an die Rechtsmittelinstanz herantragen kann und die Gegenseite keine Möglichkeit hat, dazu Stellung zu nehmen.“[72] Meines Erachtens wird richtiger Weise darauf hingewiesen[73], dass das Recht, zu den Argumenten der Gegenseite gehört zu werden, auch im Rechtsmittelverfahren über Verfahrensfragen einen elementaren Baustein des Rechtsstaates und des Gleichheitsgrundsatzes bildet.

Als weiteres Problem wurde durch die Literatur die teilweise bestehende Neuerungserlaubnis angesehen[74]. Das oben[75] angesprochene Neuerungsverbot kann in einem Rekursverfahren, worauf Fasching[76] zutreffend hinweist, zu größeren Härten führen als bei Berufung oder Revision, weil bei diesen der Rechtsmittelwerber stets vorher die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs sowie des eigenen Tatsachenvortrages hatte. Beschlüsse dagegen ergehen häufig ohne vorherige Anhörung des Rekurswerbers aufgrund einseitig vorgebrachter oder nur von Amts wegen ermittelter Grundlagen. Fasching kritisiert hier meines Erachtens zu Recht, dass Lehre und Rechtsprechung trotz der hier vorgetragenen Argumente auch dort am Neuerungsverbot festgehalten haben, wo der Rekurswerber vor Erlass des Beschlusses nicht gehört wurde[77]. Vor dem Hintergrund der nicht ausgeräumten Probleme wurde in der Literatur teilweise die Einführung der generellen Zweiseitigkeit des Rekurses gefordert[78], während Kritiker[79] eine solche generelle Zweiseitigkeit unter dem Aspekt der Prozessökonomie und Verfahrensdauer ablehnten.

III. Die Entwicklung des Rekursverfahren nach der Entscheidung des EGMR

A. Anlass

Der EGMR[80] stellte in seiner Entscheidung vom 6. Februar 2001 fest, dass das Rekursverfahren mit seiner grundsätzlichen Einseitigkeit gegen den Art 6 MRK verstoße. Dies war für den österreichischen Gesetzgeber unter anderem der Anlass[81] im Rahmen der Zivilverfahrens-Novelle 2009 das Rekursrecht zu ändern. Bis dahin bedurfte es jedoch noch einiger Zwischenschritte, die im folgenden kurz aufgezeigt werden sollen.

1. Die Entscheidung des EGMR

Der EGMR stellte in seinem Urteil vom 6. Februar 2001 fest, dass der aus Art 6 Abs 1 EMRK ableitbare Grundsatz der Waffengleichheit verlange, dass jeder Partei eine vernünftige Gelegenheit gegeben werde, ihren Fall unter vernünftigen Bedingungen darzulegen, die sie gegenüber der Gegenpartei nicht substantiell benachteiligen. Jeder Partei müsse demnach die Gelegenheit gegeben werden, von den Äußerungen der jeweils anderen Partei Kenntnis zu erlangen und gegebenenfalls darauf zu antworten. Auch wenn es verständlich sei, dass der nationale Gesetzgeber auf die Bedürfnisse von Effizienz und Wirtschaftlichkeit verstärkt bei untergeordneten Verfahren Rücksicht nehme, so könne er dennoch das Prinzip des kontradiktorischen Verfahrens nicht unbeachtet lassen. Es sei, so der EGMR, Sache der Parteien zu entscheiden, ob sie sich zu einem Vorbringen der Gegenseite äußere oder nicht. Da den Parteien im Rekursverfahren – im konkreten Fall handelte es sich um einen Kostenrekurs – die Möglichkeit einer Äußerung durch den Gesetzgeber nicht eingeräumt worden war, nahm der EGMR einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 EMRK an. Diese Entscheidung liegt auf der Linie, die der EGMR auch in seinem Urteil vom 18. Februar 1997[82] verfolgt hat. Auch hier hat der EGMR es als einen Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit gewertet, dass dem Kläger vor der Urteilsfällung die Stellungnahme des Schwyzer Kantongerichts zur anhängigen Berufung nicht übermittelt worden ist und er so keine Möglichkeit zur Gegenäußerung hatte[83].

2. Kritik an der Entscheidung des EGMR

Die Entscheidung des EGMR überrascht nach Ansicht von Kodek[84] . Er verweist in diesem Zusammenhang auf die innerstaatliche Diskussion über die Rechtsnatur des Kostenersatzanspruches[85] und die sich hieraus ergebende Problematik der Anwendbarkeit des Art 6 MRK. Um zu einer Anwendbarkeit des Art 6 MRK zu kommen musste der Kostenersatzanspruch durch den EGMR implizit als „civil right“ klassifiziert werden[86], was, so Kodek, in Anbetracht des weiten Zivilrechtsbegriffs als konsequent anzusehen ist[87]. Als befremdlich empfindet es Kodek jedoch, dass der EGMR ohne jegliche ansatzweise Erörterung von einer Reihe früherer Kommissionsentscheidungen, die die Anwendbarkeit der MRK auf Kostenentscheidungen verneinten[88], abgewichen ist. Ferner kritisiert er, dass in der Entscheidung nicht auf den mit dem EuGVÜ[89] (nunmehr EuGVVO[90] ) erörterten Begriff der Annexentscheidung, bei der die Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht in gleicher Weise erforderlich ist wie in er Hauptsache[91], eingegangen wurde.

B. Die gesetzgeberischen Zwischenschritte bis zur Zivilverfahrens-Novelle 2009

Eine erste Reaktion des Gesetzgebers auf diese Entscheidung des EGMR erfolgte im Art. 94 Z 20 lit c und d 1. Euro-Umstellungsgesetz-Bund[92], wo der § 521a Abs 1 ZPO um eine Ziffer 4 erweitert wurde und im vorletzten Satz des § 521a Abs 1 ZPO dem Rekursgegner in den Fällen des § 521a Abs 1 Z 1 bis 4 ZPO die Möglichkeit zur Rekursbeantwortung eingeräumt wurde.

Diese Lösung wurde als minimalistisch kritisiert, da sie erst auf den Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten des 1. Euro-Umstellungsgesetz-Bund anwendbar war und sie nicht das in Rechtsmittelverfahren gegen vor diesem Zeitpunkt gefällte Entscheidungen bestehende Gehörsdefizit beseitigte und auch nicht den weitergehenden Implikationen dieser Entscheidung Rechnung trägt[93].

Im Wege eines durch das Landgericht Eisenstadt eingeleiteten Normenprüfungsverfahren musste sich der VfGH mit der möglichen Verfassungswidrigkeit der noch auf Altfälle anzuwendenden früheren Regelung auseinandersetzen[94]. Der Antrag wurde jedoch wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch nach der Zivilverfahrens-Novelle 1983, dem 1. Euro-Umstellungsgesetz-Bund und der Zivilverfahrens-Novelle 2004[95], in der der Rekurs gegen Verfahrenshilfeentscheidungen für zweiseitig erklärt wurde[96], dort, wo nicht anderes angeordnet war, das Rekursverfahren nach wie vor einseitig ausgestaltet blieb[97].

C. Reaktionen der Rechtsprechung

Die Reaktionen der Rechtsprechung waren unterschiedlich.

Im Rückstellungsverfahren nach dem Dritten Rückstellungsgesetz[98] vertrat die ausschließlich aus Mitgliedern des OGH zusammengesetzte Oberste Rückstellungskommission die Auffassung[99], dass die mangelnde Anordnung der Zweiseitigkeit des Beschwerdeverfahrens gegen Entscheidungen über materielle und prozessuale Rechtsschutzansprüche auf einer durch den Art 6 MRK offengelegten, (seither) ungewollten und daher planwidrigen Gesetzeslücke, die durch eine Analogie zu § 521a ZPO zu schließen sei, beruhe[100]. Der ebenfalls von der Obersten Rückstellungskommission in dieser Entscheidung aufgestellte Grundsatz, dass der Wahrung der Zweiseitigkeit in letzter Instanz ein besonderes Gewicht zukomme, da der Rechtsmittelgegner eine ihn belastende endgültige Entscheidung nur noch durch den Versuch der Widerlegung der Rechtsmittelgründe in einer Rechtsmittelbeantwortung vermeiden könne, wurde in der Folge vom OGH übernommen[101].

Im Konkursverfahren, das ebenfalls nur ein einseitiges Rekursverfahren vorsah, ging der OGH von der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens aus. Der OGH begründete seine Auffassung damit, dass die EMRK die Anwendbarkeit des Art 6 MRK auf die Entscheidung über die Konkurseröffnung bejaht habe[102], was im Hinblick darauf, dass der Gemeinschuldner durch die Konkurseröffnung seine Verfügungsfähigkeit verliere, zutreffend sei. Daher müsse, so der OGH, im Wege der verfassungskonformen Auslegung im Verfahren über die Eröffnung des Konkurses dem Rechtsmittelgegner die Möglichkeit zur Widerlegung der Rechtsmittelgründe eingeräumt werden, um eine Entscheidung zu seinen Lasten durch die Überzeugungskraft seiner Gegenargumente zu verhindern. Der OGH[103] räumte daher dem Antragsteller die Möglichkeit ein, zum Revisionsrekurs Stellung zu nehmen[104].

Im Außerstreitverfahren hatte sich der OGH erstmals mit einem Verfahren zur Bestellung eines Heiratsgutes mit der Problematik der Zweiseitigkeit des Rekurses zu befassen. Der Rekurs im Verfahren außer Streitsachen war im Allgemeinen als einseitiges Rechtsmittel konzipiert und in der Rechtsprechung wurde eine Gegenäußerung nur in den Fällen für zulässig erachtet, in denen im Gesetz eine solche ausdrücklich angeordnet war[105]. Insoweit konsequent wurde daher früher auch für das Verfahren über Anträge auf Bestellung des Heiratsguts die Zweiseitigkeit des Rekurses durch den OGH verneint[106].

Auch für dieses Verfahren gab der OGH im Hinblick auf die Rechtsprechung zum Konkurseröffnungsverfahren und in Rückstellungsverfahren seine bisherige Rechtsprechung auf. In seiner Entscheidung vom 11. Juli 2002 formulierte der OGH, dass im Verfahren wegen Bestellung eines Heiratsgutes das Rekursverfahren im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK zweiseitig sei[107].

Keine eindeutige Haltung bezog der OGH meines Erachtens im Bereich des Exekutionsverfahrens. Grundsätzlich war man der Ansicht, dass der Rekurs im Exekutionsverfahren, sofern das Gesetz nichts anderes vorsah – insbesondere auch bei den Exekutionen nach § 355 EO – weiterhin einseitig sei, dass aber im Einzelfall aus besonderen Gründen die Herstellung der Waffengleichheit im Rekursverfahren geboten sein könne, so dass vom Rechtsmittelgericht – dem Rekursgegner die Rechtsmittelbeantwortung freigestellt werden könne[108]. Eine Anwendbarkeit des Art 6 MRK wurde im Exekutionsverfahren allerdings verneint, da darin nicht über die Hauptsache entschieden werde[109].

[...]


[1] Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009), BGBl I 2009/30.

[2] Der Grundsatz auf rechtliches Gehör besagt, dass einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen Stellung zu nehmen den Beteiligten Gelegenheit gegeben war. Er beinhaltet somit eine Mindestgarantie dahingehend, dass eine für die Beteiligten nachteilige Entscheidung nicht ohne deren vorherige Anhörung getroffen werden kann und er schützt sich auch vor der Überrumplung mit unbekannten Tatsachen und Beweisergebnissen; zur Definition des Begriffs vgl zB Creifelds, Rechtswörterbuch19 (2007) Stichwort: rechtliches Gehör; Köbler, Juristisches Wörterbuch14 (2007) Stichwort: Gehör.

[3] G. E. Kodek, Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, ÖJZ 2004, 534.

[4] Übersetzung: „Es werde auch der andere Teil gehört.“; zur Bedeutung des rechtlichen Gehörs im römischen Recht sowie im gemeinen Recht vgl den kurzen Überblick bei G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 FN 1 mwN sowie FN 2 mwN.

[5] Vgl Rechberger/Oberhammer, Das Recht auf Mitwirkung im österreichischen Zivilverfahren im Lichte des Art 6 EMRK, ZZP 1993, 347 FN1: „Wann solches beschehen / so stehet ihm sein unparteyisches Grundrecht nider zusetzen / eine eygne Sprüch / da er deen zu haben vermeint / vor demselben fürzubringen / auch alle Partheyen zuerfordern / und nach vernembung derselben habenden Gerechtigkeiten / was sich gebührt zu handeln / und erkennen zu lassen.“

[6] S u Anhang 1.

[7] Ballon, Die Beachtung des rechtlichen Gehörs iSd Art 6 MRK durch die Rechtsmittelgerichte, JBl 1995, 623 (624) [ Anm d Verf: Ballon meint hier wohl den § 529 Abs 1 Z 2 ZPO, da der § 529 ZPO in Abs 2 keine Z 2 enthält]; vgl Materialien zu den neuen österreichischen Civilproceßgesetzen I. Band (1897) 350 – 358, 367 – 371; Materialien zu den neuen österreichischen Civilproceßgesetzen II. Band (1897) 508 – 509, 527; Rechberger/Oberhammer, ZZP 1993, 347 (349 mwN) sehen in den in den §§ 477 Abs 1 Z 7 u 5, 529 Abs 1 Z 2 ZPO geregelten Sanktionen, dass dem Parteigehör von den österreichischen Zivilverfahrensgesetzen ein hoher Wert beigemessen wird.

[8] Sowie Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten samt Zusatzprotokoll, BGBl 1958/210.

[9] Bundesverfassungsgesetz vom 4. März 1964, mit dem Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgeset-zes in der Fassung von 1929 über Staatsverträge abgeändert und ergänzt werden, BGBl 1964/59.

[10] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534; vgl auch Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 (2007) Rz 1321, 1346, 1544; Öhlinger, Verfassungsrecht7 (2007) Rz 681 mwN, Rz 959 f, 963; Ballon, JBl 1995, 623 (624); Rechberger/Oberhammer, ZZP 1993, 347 verweisen zu Recht darauf, dass es seit jener zufälligen Bezeichnung des rechtlichen Gehörs als Grundrecht (s FN 5) noch einer Reihe von Verfassungswerken bedurfte, die am Problem des fair trial vorbeigingen und dass weder der noch heute geltende Grundrechtskatalog des Staatsgrundgesetzes 1867 noch das Bundes-Verfassungsgesetz einen verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör im zivilrechtlichen Verfahren enthält und erst die Transformation der EMRK hier Abhilfe brachte; Bajons, Der Wandel im Rechtsmittelsystem oder Von der ZVN 1983 zur WGN 1989, ÖJZ 1993, 145 (153): Der Anspruch auf Justizgewährung, zu dem als Voraussetzung auch der Anspruch auf rechtliches Gehör gehört, zählt zu den Grundrechten, die konventionsrechtlich abgesichert sind; OGH 1 Ob 14/85.

[11] Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v 23.5.1949, dBGBl 1949 S. 1.

[12] ZB Art 78 Abs 2 SächsVerf, SächsGVBl 1992 S 243 [(2) Vor Gericht hat jede Person Anspruch auf rechtliches Gehör]; Art 91 Abs 1 BV, BayGVBl 1998 S 991 [(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.]; anders die Hessische Verfassung in der das Grundrecht auf rechtliches Gehör nicht ausdrücklich erwähnt wird. Vielmehr folgt aus dem der Hessischen Verfassung zugrunde liegenden Rechtsstaatsprinzip jedoch als objektiver Verfahrensgrundsatz, dass der Betroffene vor Gericht Gehör finden muss. Eine solche Verfahrensposition ist für ein rechtstaatliches Gerichtsverfahren grundsätzlich unabdingbar. Das Gehörsrecht vor Gericht ist zugleich Bestandteil der durch Art. 3 HV für unantastbar erklärten Würde des Menschen und hat Grundrechtscharakter (ständige Rechtsprechung des StGH, vgl etwa Beschluss vom 13.1.1988 - P.St. 1039 -, StAnz 1988, S 1873; Urt v 5.4.2000 - P.St. 1302 -, StAnz 2000, S 1840), Staatsgerichtshof des Landes Hessen, Beschl v 9.8.2000, NJW 2000, 2891.

[13] Jarass in Pieroth/Jarass , GG10 (2009) Vorb vor Art 1 Rz 1 mwN; Pieroth in Pieroth/Jarass , GG10 Art 93 Rz 72, Art 103 Rz 1; Hömig in Hömig, Grundgesetz8 (2007) Art 103 Rz 2 mwN.

[14] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534.

[15] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534; ähnlich Rechberger/Oberhammer, ZZP 1993, 347 (349).

[16] Bundesgesetz vom 2. Feber 1983, mit dem Vorschriften über das zivilgerichtliche Verfahren geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 1983) BGBl 1983/135; im Einzelnen s u II C.

[17] Euphorischer Rechberger/Oberhammer, ZZP 1993, 347 (350), die einen Großteil der im Zusammenhang mit der Einseitigkeit des Rekursverfahrens bestehenden Probleme mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 als behoben betrachten.

[18] Vgl hierzu die Nachweise bei G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 20).

[19] Ballon, Verfassungswidrigkeit in der Zivilgerichtsbarkeit und ihre Anfechtung, ÖJZ 1983, 225 (229 f); vgl auch die weiteren Nachweise bei Rechberger/Oberhammer, ZZP 1993, 347 (350 FN 17).

[20] EGMR U 6.2.2001, Beer gegen Österreich, Nr. 30428/96 = ÖJZ 2001, 516.

[21] Vgl ErläuRV 89 BlgNR 24. GP 14 f.

[22] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534.

[23] Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009, BGBl I 2009/30.

[24] Fasching (Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozessrechts2 [1990] Rz 1961) definiert den Rekurs (§§ 514 ff ZPO) als das ordentliche aufsteigende, nicht aufschiebende, einseitige oder zweiseitige (Rechberger/Simotta, Grundriss des österreichischen Zivilprozessrechts7 (2009) Rz 1053) Rechts-mittel gegen Beschlüsse des Gerichts erster oder zweiter Instanz. Als angefochtene Entscheidung kommen dabei nicht nur prozessleitende, sondern auch verfahrensgestaltende (wie etwa die Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschlüsse der Rechtsmittelgerichte) sowie verfahrensbeendende Beschlüsse (Zurückweisungsbeschlüsse) in Frage; Sachentscheidungen in Beschlussform kommen im streitigen Verfahren nur ausnahmsweise vor (Endbeschluss im Besitzstörungsverfahren, § 459 ZPO), sind aber im Exekutions-, Insolvenz- und vor allem im Außerstreitverfahren der Regelfall (Rechberger/Oberhammer, ZZP 1993, 347 (349 FN 11). Der Rekurs ist ein selbständiges von Beschwerde und Revision unabhängiges Rechtsmittel, das gegen Entscheidungen von geringerer Bedeutung stattfindet (vgl ErläutRV 89 BlgNR 24. GP 14 sowie u VI A 1 mwN).

[25] Dies wird in der Literatur als sehr dürftige Regelung empfunden, vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 1961.

[26] Materialien zu den neuen österreichischen Civilproceßgesetzen I, 364.

[27] Weitere Fälle der Eröffnung des Rekurses regelten die §§ 515 – 519 ZPO.

[28] § 514 Abs 1 ZPO idF d Bek v 1. August 1895, RGBl 1895/113. Der Gesetzgeber hat bewusst „die durch Recurs anfechtbaren richterlichen Entscheidungen und Verfügungen im einzelnen oder nach Hauptkategorien aufzuzählen“, weil der Rekurs gegen alle Beschlüsse (Bescheide) zulässig sein soll, deren Anfechtbarkeit durch das Gesetz nicht ausdrücklich verneint oder suspendiert ist (Materialien zu den neuen österreichischen Civilproceßgesetzen I, 364).

[29] Vgl auch die Möglichkeit der Anfechtung von Beschlüssen im Wege des Rekurses in anderen Verfahrensgesetzen.

[30] § 514 Abs 4 ZPO idF d Bek v 1. August 1895.

[31] § 520 Abs 1 ZPO idF d Bek v 1. August 1895.

[32] § 526 Abs 1 ZPO idF d Bek v 1. August 1895.

[33] § 520 Abs 1 ZPO idF d Bek v 1. August 1895. Vgl in diesem Zusammenhang G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535), der darauf hinweist, dass die Einseitigkeit des Rekursverfahrens eine bewusste rechtspolitische Entscheidung war. Der Gesetzgeber meinte, so Kodek, dass in dem in der Regel nur Nebenpunkte betreffenden Rekursverfahren geringere Verfahrensgarantien ausreichend seien. Vgl hierzu insb auch die FN 10 bei G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535); Ballon, Einführung in das österreichische Zivilprozessrecht – Streitiges Verfahren12 (2009) Rz 398, 408 mwN, der im Zweifel dem zweiseitigen Rekurs den Vorzug geben will.

[34] So noch Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen IV1 (1971) 387 (in der 2. Aufl. wird zwischen ein- und zweiseitigen Rekursen differenziert (Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen IV/12 (2005) Vor §§ 514 ff Rz 124 ff); Matscher, Die Verfahrensgarantien der EMRK in Zivilrechtssachen, ZÖR 1980, 1 (25); Petrasch, Die Zivilverfahrensnovelle 1983 in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, Teil II, ÖJZ 1985, 291 (302): Der Rekurs ist grundsätzlich nur in den im Gesetz aufgeführten Fällen zweiseitig; Buchegger in Buchegger/Deixler-Hübner/Holzhammer, Praktisches Zivilprozeßrecht I6 (1998), 422; M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilrecht 474; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht2 (1976), 339; Dolinar/Holzhammer, Zivilprozeßrecht I7 (2006), 148; Ballon, Zivilprozessrecht12 Rz 398.

[35] Vgl OGH, 1 Ob 170/74 JBl. 1975, 379 = RZ 1975, 178 (krit Morscher); 1 Ob 222/75; 4 Ob 383/77; 8 Ob 143/79. Diese Entscheidungen führen aus, dass keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Einseitigkeit des Rekurses (…) bestehen, auch wenn rechtspolitisch die Zulassung einer Gegenschrift in Erwägung zu ziehen wäre und dass durch die gesetzmäßige Nichtbeteiligung des Gegners im Rekursverfahren nach § 519 Z 3 ZPO keine Nichtigkeit entstehe. Ferner kommt in diesen Entscheidungen zu Ausdruck, dass es nicht Sache der Rechtsprechung sei, unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern, sondern der Gesetzgebung. So auch noch der OHG in 10 ObS 146/02x. Auch zB in den Entscheidungen 6 Ob 138/74; 9 ObA 14/01a; 1 OB 2096/96h; 2 Ob 46/00d; 2 OB 60/95 geht der OGH von einer grundsätzlichen Einseitigkeit des Rekurses aus, außer es ist im Gesetz etwas anderes angeordnet.

[36] Morscher, RZ 1975, 178.

[37] Vgl auch die kritischen Anmerkungen bei Rechberger, Gehörsdefizite im österreichischen Rechtsmittelverfahren in: FS Matscher 373 mwN; Ballon, ÖJZ 1983, 225 (229); weitere Nachweise für kritische Äußerungen s Ballon, Zivilprozessrecht12 Rz 398 FN 136.

[38] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535); vgl zB OGH 1 Ob 14/85 mwN und 3 Ob 96/90: hier nahm der OGH an, dass zur Chancengleichheit und damit zu den Garantien des Art 6 Abs 1 MRK die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gehöre und dass ein Verstoß gegen diesen Grundsatz nicht nur dann vorliege, wenn einer Partei die Möglichkeit sich im Verfahren zu äußern überhaupt genommen werde, sondern auch dann, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich der Beteiligte nicht äußern konnte. So auch Rechberger/Oberhammer, ZZP 1993, 347 (349), die darauf hinweisen, dass die Verkürzung des rechtlichen Gehörs des Rekursgegners im Hinblick auf Art 6 EMRK und den in Art 7 BV-G verankerten Gleichheitsgrundsatz durch die Lehre mehr oder weniger erfolglos kritisiert wurde.

[39] ErläuRV 669 BlgNR 15. GP 59 f.

[40] Buchegger in Buchegger/Deixler-Hübner/Holzhammer, Zivilprozeßrecht I6, 428 („reines Aktenverfahren“); Klicka in Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren5 (2007) Rz 315; Fasching, Lehrbuch2 Rz 2002.

[41] Vgl § 518 Abs 1 ZPO.

[42] M. Bydlinski, 474 mwN; für das Kostenverfahren erachtet M. Bydlinski diese Einschränkung des rechtlichen Gehörs als von nur theoretischer Natur, da der Gegner zu den dem anderen entstandenen Kosten ohnehin nur selten ausreichende Informationen haben werde.

[43] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1989 mwN; s dort auch die Bsp für die oben angesprochenen Verfahrenstypen. Dieses Neuerungsverbot ist auch der Hauptangriffspunkt für alle, die mit dem österreichischen Zivilprozessrecht im allgemeinen und mit dem Rechtsmittelverfahren im besonderen nicht zufrieden sind [ Fasching, Die Entwicklung des zivilgerichtlichen Berufungsverfahrens in der Rechtsprechung, ÖJZ 1963, 533 (537)]; Ballon (Ballon, Zivilprozessrecht12 Rz 346, 405) hält neue Tatsachen und Beweise nur zur Dartuung der Rekursgründe für zulässig.

[44] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1989 mwN

[45] Fasching, ÖJZ 1963, 533 (537). Zur Problematik des Neuerungsverbotes vgl auch II D u Ballon, Zivilprozessrecht12 Rz 346 u 405 mwN.

[46] Klicka in Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren5 Rz 315; vgl auch E. Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO3 (2006) § 521a Rz 1; Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht7 Rz 1054.

[47] E. Kodek in Rechberger, Kommentar3 § 521a Rz 1 mwN; Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 § 521a Rz 3 mwN.

[48] Beispiele, in denen im Außerstreitverfahren eine Rekursbeantwortung zugelassen wurde s Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 1966 mwN sowie Buchegger in Buchegger/Deixler-Hübner/Holzhammer, Zivilprozeßrecht I6 , 423.

[49] Es handelt sich hierbei um die folgenden Fälle:

- Rekurs gegen einen Beschluss über die Klagszurückweisung nach Streitanhängigkeit (wozu auch Beschlüsse auf Verweisung ins Außerstreitverfahren gehören) [vgl Klicka in Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren5 Rz 315]

- Rekurs gegen einen Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO

- Rekurs gegen einen Endbeschluss im Besitzstörungsverfahren

- Rekurs gegen Kostenentscheidungen.

[50] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1966.

[51] G. E. Kodek,, ÖJZ 2004, 534 (535); für die Exekutionsordnung vgl zB Rosenmayr/Riehs, Die Exekutionsordnung idF der EO-Novelle 2000 (BGBl I 59/2000)2 (2001), §§ 65 ff und Breinl/A. Kodek, EO – Exekutionsordnung idF EO-Novelle 20083 (2008), §§ 65 ff; vgl auch die Aufzählung bei Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht7 Rz 1054 FN 176.

[52] vgl OGH 3 Ob 18/84.

[53] Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 § 521a Rz 1; Petrasch, ÖJZ 1985, 291 (302).

[54] Vgl zB OGH 9 OBA 14/01a; 2 Ob 46/00d; 2 OB 60/95 jeweils mwN; 1 Ob 2115/96b = JBl 1997, 326.

[55] Vgl zB OGH, 4 Ob 133/02s; 8 Ob 232/01b; 8 Ob 282/01f; 6 OB 281/01v; zur Unterscheidung der Beschlüsse in verfahrensleitende und solche mit Rechtsschutzanträgen s u IV B 3.

[56] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 19, 547) und 589 (596 FN 250); Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht7 Rz 1054 mwN.

[57] Zur Möglichkeit der Gesetzesanalogie im Verfahrensrecht s Fasching, Zur Auslegung der Zivilverfahrensgesetze, JBl 1990 749 (758 f), Fasching in Fasching/Konecny, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen I2 (2000) Einleitung Rz 1 u G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (543 mwN); aA Strigl, Die ZPO – ein Leitfaden zur Prozessverschleppung, AnwBl 1983, 239. Kodek [ G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (543 f)] weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Erweiterung des § 521a ZPO keiner Analogie bedürfe, sondern dass es lediglich erforderlich sei, „den bisher gezogenen Umkehrschluss in den betroffenen Fällen aufzugeben.“

[58] Vgl die zahlreichen bei Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 § 521a Rz 8 ff aufgeführten Bsp.

[59] Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/12 , § 521a Rz 2, 8.

[60] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1966 mwN.

[61] S zur Gegenmeinung Fasching, Lehrbuch2 Rz 1966.

[62] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1966 m Bsp; so auch Bydlinski 446 mwN.

[63] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1966 mwN.

[64] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1966.

[65] Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 § 521a Rz 2.

[66] Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 § 521a Rz 4.

[67] OGH 9 Ob 336/00b.

[68] Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 § 521a Rz 4.

[69] Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 Vor §§ 514 ff Rz 125.

[70] EGMR U 6.2.2001, Beer gegen Österreich, Nr. 30428/96 = ÖJZ 2001, 516.

[71] Klicka in Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren5 Rz 315.

[72] Klicka in Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren5 Rz 315.

[73] Klicka in Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren5 Rz 315.

[74] Vgl hierzu näher G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 18).

[75] Vgl II B 1.

[76] Fasching, Lehrbuch2 Rz 1989.

[77] Fasching, Lehrbuch2 Rz 5, 1989 mwN ; Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/ 1 § 521a Rz 2; G. E Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 18) sieht in diesen Äußerungen Faschings sogar die ausschließlichen Bedenken gegen die Einseitigkeit des Rekurses. AA noch Fasching in Fasching, Kommentar1 IV 387.

[78] Vgl hierzu die Nachweise bei Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht7 Rz 1054 FN 180.

[79] G. E Kodek, ÖJZ 2004, 589 (599 f).

[80] Vgl U EGMR 6.2.2001, Beer gegen Österreich, Nr. 30428/96 = ÖJZ 2001, 516.

[81] Vgl ErläuRV 89 BlgNR 24. GP 14 f.

[82] EGMR U 18.2.1997, Nideröst-Huber gegen Schweiz, Nr 104/1995/610/698.

[83] Vgl auch die Urteile des EGMR vom 20. Februar 1996 in den Rechtssachen Vermeulen gegen Belgien (EGMR U 20.2.1996, Vermeulen gegen Belgien, Nr 58/1994/505/587) und Lobo Machado gegen Portugal (EGMR U 20.2.1996, Lobo Machado gegen Portugal, Nr 21/1994/468/549) in denen es ebenfalls um die Problematik des unterlassenen rechtlichen Gehörs ging. Die Judikatur wurde gegen Österreich in der Entscheidung des EGMR vom 20. Dezember 2001 in der Rechtssache Buchberger gegen Österreich ( EGMR U 20.12.2001, Buchberger gegen Österreich, Nr 32899/96 = ÖJZ 2002, 395), fortgesetzt. S dazu näher G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 18). Vgl auch das Urteil des EGMR vom 31. Mai 2001 in der Rechtssache K. S. gegen Finnland (EGMR U 31.5.2001, K.S. gegen Finnland, Nr 29 346/95, ÖJZ 2002, 658).

[84] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 18).

[85] Zum Streitstand zwischen der Rechtsprechung, die vielfach von einem öffentlich-rechtlichen Anspruch ausgeht und der Lehre, die teilweise einen privatrechtlichen Anspruch annimmt, vgl die Nachweise bei G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 24).

[86] Vgl G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (536 FN 25).

[87] Ballon, JBl 1995, 623 (625 mwN) verweist darauf, dass die Konventionsorgane, beginnend mit dem österreichischen Fall Ringeisen (EGMR U 22.06.1972, Ringeisen gegen Österreich, Nr 2614/65, JBl 1972, 488), über die Fälle König ( EGMR U 28.06.2978 König gegen Deutschland, Nr 6232/73, EuGRZ 1978, 406 415 = NJW 1979, 477 = EGMR-E 1, 278), Le Compte (EGMR U 23.06.1981 Le Compte gegen Belgien, Nr 6878/75, EuGRZ 1981, 551 = EGMR-E 1, 537 ) „jedes Verfahren, dessen Ausgang für Rechte und Verpflichtungen privatrechtlicher Natur bestimmend ist,“ als Zivilrechtssache iSd Art 6 Abs 1 MRK qualifizieren. Zur Kritik dieser extensiven Interpretation vgl die Nachweise bei Ballon, JBl 1995, 623 (625 FN 22). Der Begriff zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen („civil rights and obligations“) wird durch den EGMR autonom und – gemessen am kontinental-europäischen Standard – sehr weit ausgelegt und auch auf verwaltungsbehördliche Verfahren erstreckt, deren Ausgang für zivile Rechte bestimmend sein könnte; Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 1524; Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht4 Art 6 EMRK Anm I mwN und Anm III 1: Die Anerkennung als „Anspruch“ muss im innerstaatlichen Recht zumindest vertretbar behauptet werden können; auch Anwartschaften oder Ansprüche auf rechtmäßige Ermessensausübung sind davon erfasst. Es kommt dabei nicht darauf an, ob über den Anspruch als solchen entschieden wird, vielmehr genügen Auswirkungen auf zivilrechtliche Positionen. Die innerstaatliche Zuordnung zur Materie des Zivilrechts ist nicht ausschlaggebend; ausschlaggebend ist der materielle Gehalt der Norm nach innerstaatlichem Recht, Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 1524 mwN u 1525 mwN; Öhlinger, Verfassungsrecht7 Rz 609 ff.

[88] Vgl hierzu die Nachweise bei G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 26).

[89] Europäisches Übereinkommen v 27. 9. 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BGBl III 1998/209.

[90] VO (EG) 2001/44 des Rates v 22. 12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, Abl L 2001/12, 1.

[91] Vgl hierzu die Nachweise bei G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (535 FN 27).

[92] 1. Euro-Umstellungsgesetz – Bund, BGBl I 2001/98 sowie RV 621 BlgNR 21. GP 66, 84 f: In der Zivilprozessordnung soll dem auf Grund zweier Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hervorgerufenen Bedarf nach einer raschen Änderung des Verfahrensrechts Rechnung getragen werden. Im Kostenrekurs soll der Grundsatz der Zweiseitigkeit des Verfahrens eingeführt werden (§§ 521 u 521a ZPO); durch die Zweiseitigkeit soll im Interesse der Waffengleichheit der Parteien in einem derartigen, der Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche nachgeordneten Verfahren über den Kostenersatzanspruch einer Partei die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werden.

[93] Vgl G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (537).

[94] VfGH G 198/01 VfSlg 17.237.

[95] Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Bundesgesetz zur Durchführung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Jänner 1977 über die Übermittlung von Anträgen auf Verfahrenshilfe, das Grundbuchsumstellungsgesetz, das Firmenbuchgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2004), BGBl I 2004/128.

[96] Vgl § 72 Abs 2 – 3 ZPO.

[97] Vgl RV 669 BlgNR 15. GP, 60 (61); RV 621 BlgNR 21. GP 84; E. Kodek in Rechberger, Kommentar3 § 521a Rz 2; Rechberger-Simotta, Zivilprozessrecht7 Rz 1054; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1966; Dolinar/Holzhammer, Zivilprozeßrecht I7,148; zu den bestehenden Problemfällen vgl Ballon, ÖJZ 1983, 225 (229).

[98] Vgl BG 6.2.1947 über die Nichtigkeit von Vermögensentziehungen, BGBl 1947/54; weitere Einzelheiten hierzu vgl G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (537 sowie 537 FN 32); Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 Vor §§ 514 ff Rz 127 mwN.

[99] OGH ORStK Rkv 1/01 (zust Bajons, Aktorische Kaution und gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot, ÖJZ 2002, 581 [595]).

[100] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (537 mwN); E. Kodek in Rechberger, Kommentar3 § 521a Rz 2; Zechner in Fasching/Konecny, Kommentar2 IV/1 § 521 Rz 10.

[101] OGH 1 Ob 189/02d; OGH 4 Ob 133/02s; OGH 8 Ob 281/01v = SZ 2002/93.

[102] G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (538 FN 37); E. Kodek in Rechberger, Koomentar3 § 521a Rz 2.

[103] OGH 8 Ob 282/01 f = JBl 2002, 737 = RdW 2002/549 = RZ 2002, 15 = ZIK 2002/191; G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (537 mwN); E. Kodek in Rechberger, Kommentar3 § 521a Rz 2.

[104] Für den umgekehrten Fall OGH 8 Ob 232/01b = RdW 2002/551; zur aktuellen Gesetzeslage s V B 1.

[105] Vgl OGH 19.5.1954 1 Ob 363/54: Das Außerstreitverfahren kennt im allgemeinen weder eine Zustellung des Rekurses an den Gegner noch eine Gegenschrift des letzteren und bestimmt auch keine Frist für die Vorlage einer solchen. Eine Gegenäußerung ist daher nur in den vom Gesetz selbst bestimmten Ausnahmefällen (…) zulässig. Ähnlich OGH 4 Ob 572/73: Der Rekurs im Verfahren außer Streitsachen ist grundsätzlich ein einseitiges Rechtsmittel. Der Rekurs ist daher nur in einfacher Ausfertigung einzubringen, eine Benachrichtigung der Gegenseite ist im Gesetz nicht vorgesehen; das Rekursge-richt hat ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, weshalb von Gesetzes wegen für die Rekurs-werberin keine Möglichkeit bestand, vor Gericht zu verhandeln. Von einer Nichtigkeit des Verfahrens kann daher keine Rede sein.

[106] Vgl OGH 4 Ob 545/87.

[107] OGH 6 Ob 281/01v = JBl 2003, 57 = ecolex 2002/342. Vgl hierzu auch die Ausführungen bei G. E. Kodek, ÖJZ 2004, 534 (538). Zur aktuellen Gesetzeslage, die die Zweiseitigkeit des Rekurses im Außerstreitverfahren festschreibt, vgl §§ 45 ff, insb § 48 AußStrG.

[108] E. Kodek in Rechberger, Kommentar3 § 521a Rz 2 mwN; zur aktuellen Gesetzeslage s u V B 2.

[109] Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 1524 mwN.

Ende der Leseprobe aus 74 Seiten

Details

Titel
Die Zweiseitigkeit des Rekurses nach der Zivilverfahrensnovelle 2009
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Institut für Zivilgerichtliches Verfahren)
Veranstaltung
Diplomanden- und Dissertantenseminar aus dem Zivilverfahrensrecht
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
74
Katalognummer
V132611
ISBN (eBook)
9783640388677
ISBN (Buch)
9783640388752
Dateigröße
762 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zweiseitigkeit, Rekurses, Zivilverfahrensnovelle
Arbeit zitieren
Holger Büttner (Autor:in), 2009, Die Zweiseitigkeit des Rekurses nach der Zivilverfahrensnovelle 2009, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132611

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