Zwischen Tradition, Ohnmacht und Mitschuld

Eine Figurencharakterisierung des Millers aus Friedrich Schillers Drama 'Kabale und Liebe'


Hausarbeit, 2008

15 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Charakterisierung der Figur Miller
2.1. Miller als Repräsentant des altständischen Bürgertums
2.2. Miller in seiner Rolle als Patriarch
2.3. Millers Verhältnis zum Adel
2.3.1 Zwischen Stolz und Furcht
2.3.2 Gemeinsamkeiten mit dem Präsidenten
2.3.3. Der Konflikt mit dem Präsidenten
2.4. Millers Verhältnis zu Luise
2.4.1. „Liebe“ im Sinne Millers
2.4.2. Miller als Verfechter der freien Gattenwahl
2.4.3. Luises Verzicht zugunsten des Vaters
2.4.4. Millers Mitschuld an Luises Untergang
2.4.5. Miller verliert sein Ständebewusstsein

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung:

Das Drama Kabale und Liebe von Friedrich Schiller gehört zu den meistgelesenen und am häufigsten aufgeführten Dramen der deutschen Literaturgeschichte. Vor allem ist das dem Hauptkonflikt des Dramas, einer Liebe, die die Standesschranken des 18. Jahrhunderts überwinden will, geschuldet. Auch heute noch fällt es dem Besucher leicht, sich in die Situation der beiden Liebenden Ferdinand und Luise hineinzuversetzen.

In der vorliegenden Hausarbeit soll jedoch eine andere Figur des Stücks eingehender untersucht werden, die des Millers, Stadtmusikant und Vater der Luise.

Anhand einer Personencharakterisierung soll es vor allem darum gehen, die verschiedenen Konfliktsituationen dieses Mannes darzulegen und im Zuge dessen die unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Verhaltensweisen herauszuarbeiten. In dieser Arbeit soll vor allem deutlich werden, inwiefern Miller seinem traditionellen ständischen und religiösen Denken verhaftet ist. Darüber hinaus soll aber ebenso die Ohnmacht und Machtlosigkeit, mit welcher er sowohl dem Adel als auch dem aufkommenden liberalen Bürgertum gegenübersteht, aufgezeigt werden. Auch die Frage nach der Mitschuld Millers an Luises Untergang wird anhand dieser Personencharakterisierung beantwortet.

Um sich der Figur angemessen nähern zu können, wird Miller zunächst in seiner Rolle als Repräsentant des altständischen Bürgertums und als Patriarch innerhalb seiner Familie beleuchtet.

In einem weiterführenden Schritt soll sein Verhältnis zum Adel dargestellt werden, indem sowohl auf das ambivalente Verhältnis zwischen Furcht und Stolz gegenüber den Machthabern als auch auf seine Beziehung mit dem Präsidenten eingegangen wird. Hierbei werden sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede mit dem Vater Ferdinands in den Fokus gerückt.

Millers Verbindung zu seiner Tochter Luise stellt einen zentralen Konflikt des Dramas dar und ist dementsprechend außerordentlich bedeutend für die Charakterisierung Millers. So wird zunächst das Liebesverständnis des Vaters geprüft, bevor Miller als Verfechter der freien Gattenwahl vorgestellt wird. Schließlich folgt eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Verzicht Luises zugunsten ihres Vaters, nach der geklärt werden soll, inwieweit Miller für den Untergang seiner Tochter mitverantwortlich ist.

Schlussendlich wird veranschaulicht, inwiefern Miller seiner Gier nach dem Geld erliegt und sein Ständebewusstsein aufgibt. Im abschließenden Fazit werden die wesentlichen Aspekte noch einmal zusammengefasst und auf weiterführende Ansätze zur Erschließung der Person Miller verwiesen, die in dieser Arbeit nicht erfolgen konnten.

2. Charakterisierung der Figur Miller:

2.1. Miller als Repräsentant des altständischen Bürgertums

In dem Personenverzeichnis zu Beginn wird Miller als Stadtmusikant oder Musikpfeifer beschrieben, eine im 18. Jahrhunderts ausschließlich dem Bürgertum zugehörige vorbehaltene Tätigkeit. Aus seinen Äußerungen lässt sich schließen, dass er die Meisterprüfung abgelegt haben muss[1]. Es ist nicht jedoch nicht nur der Beruf, welcher Miller als Angehörigen des ständischen Bürgertums ausweist. So wird seine Betonung der traditionellen, ständischen Gedanken schon in der ersten Szene des Stückes deutlich: „Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geschrei. Mein Haus wird verrufen“(1/I, S.5). Miller befürchtet also durch die adeligen Einflüsse einen Ehrverlust seiner Familie, für die er sich als Mann in seiner patriarchalischen Funktion verantwortlich sieht und setzt aus diesem Grunde alles daran die Beziehung zwischen Luise und Ferdinand zu verhindern. Ebenfalls typisch ständisch ist sein Wunsch nach einem „[…] wackern, ehrbaren Schwiegersohn[…]“(1/I, S.7), der sich in seine „[…]Kundschaft[…]“(ebd.) hätte einheiraten sollen.

Millers Verhalten ist eingebettet in den moralischen Vorstellungen des bürgerlichen 18. Jahrhunderts und in seiner tiefen Religiosität. Diese feste ständische Ordnung jedoch wird von verschieden Seiten bedroht. So wehrt er sich zum einen gegen die aufkommende neue Literatur, die Luise durch Ferdinand kennen und schätzen lernt. Die „[…]Bellatristen[…]“(1/I, S.7) würden durch ihre „[…] überhimmlische Alfanzereien[…]“(ebd.) sowohl die ständische als auch die religiöse Ordnung, „[…] die Handvoll Christentum noch gar[…]“(ebd.) durcheinander bringen. Miller dagegen will seine Luise in der „[…]Heimat[…]“(ebd.), also in seinem Bewusstsein von Moral, Religiosität und ständischem Bewusstsein, halten. Er befürchtet, dass Luise durch die neue Literatur diese Heimat vergessen und sich darüber hinaus für den Beruf des Vaters schämen würde: „[…] über all dem Herumschwänzen in der Schlaraffenwelt findet’s zuletzt seine Heimat nicht mehr, vergisst, schämt sich, dass sein Vater Miller der Geiger ist[…]“(ebd.).

Auch die Genussmittel Tabak und Kaffee entsprechen nicht seinem altständischen Bild eines genügsamen Lebensstils: „Stell den vermaledeiten Kaffee ein, und das Tobakschnupfen, so brauchst du deiner Tochter Gesicht nicht zu Markt treiben“(ebd.)

2.2.Miller in seiner Rolle als Patriarch

Miller ist das Oberhaupt der Kleinfamilie in Kabale und Liebe. Seine Autorität ist unerschütterlich und aus der Rolle des Geldverdieners begründet, aus „[…]der die Abhängigkeit der Frau und Tochter vom Familienvater resultiert“[2]. In dieser Funktion ist es ihm eine Pflicht, Luise vor dem Major Ferdinand zu schützen, dem er lediglich verführerische Absichten unterstellt. Allein schon für das beginnende Verhältnis zwischen den beiden Liebenden, fühlt er sich schuldig: So macht er sich in der 1. Szene Vorwürfe, dass er seine Pflichten als Vater nicht wahrgenommen habe und nicht entschlossen genug gegen den Adel aufgetreten sei: „Ich war Herr im Haus. Ich hätte meine Tochter mehr koram nehmen sollen. Ich hätt dem Major besser auftrumpfen sollen[…]“(1/I, S.5).

Seine autoritäre Rolle innerhalb der Familie wird zusätzlich in seinem Verhalten gegenüber seiner Frau deutlich, welche er mehrfach widerspruchslos beleidigen und demütigen darf: „Willst du dein Maul halten? Willst du das Violoncello am Hirnkasten wissen?“(2/I, S.9). Diese Unterordnung ist in gewisser Weise auch im Verhältnis zwischen Miller und Luise zu erkennen, denn schlussendlich erkennt Luise die ihr von ihrem Vater diktierten sozialen Regeln an.

2.3. Millers Verhältnis zum Adel

2.3.1.Zwischen Stolz und Furcht

Miller begreift die Standesgrenzen dieser Zeit als unumstößlich, von daher kommt es für ihn gar nicht in Betracht, dass Ferdinand tatsächlich ehrenvolle Absichten hegen könnte. Miller versteht sich als Gegenpol zum unsittlichen, intriganten Adel und stellt sein bürgerliches Selbstbewusstsein besonders zu Beginn des Stückes öffentlich zur Schau, etwa wenn er voller Stolz seinen Gang zu Ferdinand ankündigt, um ihn aus seinem Haus werfen zu wollen: „[…]ja ja, dem Major will ich weisen, wo Meister Zimmermann das Loch gemacht hat“(1/I,S. 7). Noch deutlicher wird seine kraftvolle Überzeugung am Ende der 1. Szene:

Ich werde sprechen zu Seiner Exzellenz: Dero Herr Sohn haben ein auf meine Tochter; meine Tochter ist zu schlecht zu Dero Herrn Sohnes Frau, aber zu Dero Herrn Sohnes Hure ist meine Tochter zu kostbar, und damit basta! - Ich heiße Miller. (1/I, S.8)

Selbstbewusst stellt er sich gegen Hof und Adel, obwohl auch hier wieder erkennbar wird, wie sehr er die festgelegten Standesschranken akzeptiert, wenn er einräumt, dass seine Tochter „[…]zu schlecht[…]“(ebd.) für Ferdinand sei. Dieses bürgerliche Bewusstsein tritt auch in der direkten Auseinandersetzung mit dem Präsidenten in den Szenen 6 und 7 des zweiten zu Tage:

[...]


[1] vgl. Friedrich Schiller, Kabale und Liebe, Reclam Nr.33, 2001, S.7( Im Folgenden beziehe ich mich auf diese Ausgabe unter Angabe von Szene, Akt und Seitenzahl).

[2] Janz, Rolf- Peter: Schillers „Kabale und Liebe“ als bürgerliches Trauerspiel. In: Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft. Hrsg. von Bernhard Zeller, Fritz Martini u. Walter Müller- Seidel. 20. Jahrgang. Stuttgart: Alfred Kröner Verlag 1976. S. 213.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Zwischen Tradition, Ohnmacht und Mitschuld
Untertitel
Eine Figurencharakterisierung des Millers aus Friedrich Schillers Drama 'Kabale und Liebe'
Hochschule
Universität Münster  (Germanistisches Institut)
Veranstaltung
Seminar
Note
2,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V132217
ISBN (eBook)
9783640381142
ISBN (Buch)
9783640380817
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zwischen, Tradition, Ohnmacht, Mitschuld, Eine, Figurencharakterisierung, Millers, Friedrich, Schillers, Drama, Kabale, Liebe
Arbeit zitieren
Christopher Deeken (Autor:in), 2008, Zwischen Tradition, Ohnmacht und Mitschuld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132217

Kommentare

  • Christopher Deeken am 2.4.2011

    Die Note wäre besser ausgefallen, wenn ich nicht immer falsch zitiert hätte. Hat der Dozent gesagt, glaubt mir :-)

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