Subjektivierung von Arbeit

Der Wandel vom Arbeitnehmer zum Arbeitskraftunternehmer als Chance für Frauen am Arbeitsmarkt


Seminararbeit, 2008

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Subjektivierung
Der Arbeitskraftunternehmer
Entgrenzung von Arbeit
Positive und negative Aspekte

Die Frau als Arbeitskraftunternehmer
Die Frau und ihre traditionelle Rolle
Arbeitskraftunternehmer – eine Chance?

Fazit

Quellen

Einleitung

In dieser Arbeit wird der Prozess der „Subjektivierung von Arbeit“ näher beleuchtet, besonders dahingehend, ob sich aus dieser Form der Arbeitsstruktur neue Chancen für Frauen ergeben können.

Herauszustellen ist, dass in dieser gesamten Arbeit bei der Ansicht des Prozesses der Subjektivierung von Arbeit, der Entgrenzung und der Arbeitskraftunternehmerthese ausschließlich von einem analytisch, theoretischen Ansatz ausgegangen wird.

Hierfür ist es nötig die Formulierung „Subjektivierung von Arbeit“ zunächst zu definieren. In Zusammenhang damit stehen Begriffe wie Entgrenzung und Arbeitskraftunternehmer, auch diese müssen zum Verständnis näher betrachtet werden. Nachdem diese Begrifflichkeiten geklärt und die damit verbundenen Prozesse betrachtet wurden geht diese Arbeit darauf ein, ob und in wie weit diese Entwicklung des Wandels des Arbeitsverhältnisses neue Wege und Chancen, insbesondere für Frauen, beinhaltet – oder auch nicht.

Daraus ergibt sich folgende Fragestellung:

Sind „Subjektivierung und Entgrenzung am Arbeitsplatz“ insgesamt als positive Entwicklung zu deuten?

Beinhaltet der Wandel zum „Arbeitskraftunternehmer“ im Zuge der Subjektivierung gerade und insbesondere auch für Frauen neue Chancen in der Arbeitswelt?

Im Fazit werden diese Fragen eingehend behandelt.

Subjektivierung

Traditionell besteht nach dem fordistischen Arbeitsmodell eine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, bzw. Privatleben. Arbeit ist in diesem Modell fremdbestimmt und „von oben eng kontrolliert“[1], was es in vielen Arbeitsverhältnissen unmöglich macht „sich selbst zu verwirklichen“ und selbstständig, sowie eigenverantwortlich zu arbeiten. Die Einbringung und Verwirklichung subjektiver Ideen außerhalb der vorgegebenen Normen ist hier grundsätzlich weder gefragt noch erwünscht[2]. Es besteht vielfach eine Grenze zwischen dem Arbeitsleben und der eigenen beruflichen Selbstverwirklichung. Arbeit kann hier als eine Einengung der Persönlichkeit ohne Entfaltungsmöglichkeiten des eigenen Leistungsvermögens und somit ohne Sinnhaftigkeit empfunden werden.

Durch diverse äußere Einflüsse, beispielsweise der Globalisierung, sich verändernde Wettkampfstrukturen am Markt oder höhere Flexibilitätserfordernisse[3], ist zunehmend eine Umstrukturierung von „Arbeit“ innerhalb vieler Unternehmen zu beobachten. Hinzu kommt, dass möglicherweise auch viele Beschäftigte ein „Mehr“ an Eigenverantwortung und Gestaltung am Arbeitsplatz begrüßen würden um ihrer Arbeit eine gewisse Sinnhaftigkeit zu verleihen und eine stärkere Identifizierung herzustellen. Beide Faktoren, der „Äußere“, wie auch der „Innere“, haben Einfluss auf die betriebliche Umgestaltung.

Dieser Wandlungsprozess innerhalb der Betriebe wird als

„Subjektivierung am Arbeitsplatz“ bezeichnet. Hierbei geht es um eine Aktivierung des arbeitenden Individuums und eine Hinführung zu höherer Involvierung und Identifizierung des Subjekts mit dem Arbeitsplatz. Dem arbeitenden Individuum soll mehr Freiraum und Gestaltungsspielraum gegeben werden als in dem bisherigen Arbeitsmodell. Der Arbeitnehmer soll nun autonomer und in Eigenverantwortung seiner Arbeit nachgehen[4]. Diese neuartigen betrieblichen Strategien der Organisation von Arbeit und Nutzung von Arbeitskraft sind hier also der Schlüsselpunkt[5]. Dabei fallen fremdgesetzte, arbeitsorganisatorische Zwänge und Kontrollmechanismen weg. Dafür bietet diese Wandlung eine Möglichkeit der Selbstverwirklichung im Beruf und das Arbeitsleben gewinnt durch die stärkere, individuelle Einbindung nun insgesamt an „Sinn“.

Somit finden auch persönliche Einstellungen, Kreativität, Spontanität, Emotionalität und ethisch-moralische Überlegungen[6] Einzug in das Arbeitsleben. Subjektivierung beschreibt also einen gesellschaftlichen Wandel der „ Ware“ Arbeitskraft. Durch den größeren Freiraum, die Flexibilisierung, das stärkere Einbinden des Arbeitnehmers werden neue Arbeitsstrukturen aufgestellt in denen die Arbeitenden eine steigende Verantwortlichkeit übernehmen.[7] Was bedeutet das Wegfallen von engen Strukturen, Fremdkontrolle und Fremdorganisation für den Arbeitnehmer? Der Arbeitnehmer muss nun weitgehend selbstorganisiert und selbsttätig handeln und sich eigenverantwortlich in seinem Berufsfeld bewähren[8]. Gleichzeitig darf jedoch nicht vergessen werden, dass es durchaus einen betrieblichen Rahmen für sein Handeln gibt und er „nur“ in diesem Handlungsrahmen „frei“ arbeiten kann. Enge Kontrollen fallen zwar weg, dennoch bestehen Zielaufgaben und Erwartungen an den Beschäftigten, die er erfüllen muss.

Die Folgen der Subjektivierung, also der Aktivierung des Arbeitnehmers sind für die Beschäftigten von hoher Bedeutung. So setzt mit dem Verwischen der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben und dem Einfordern der „ganzen Persönlichkeit“ ein Prozess der Entgrenzung ein. Die neuen beruflichen Ansprüche bleiben nicht allein auf den Arbeitsplatz bestehen, sondern greifen auch tief in den Alltag der Beschäftigten ein. Ein hohes Maß an Flexibilisierung ist gefordert. Der Arbeitnehmer kann seiner Verantwortlichkeit und Leistungszielen nur gerecht werden, wenn er auch privat ebenso flexibel ist und sich auf seinen Beruf voll konzentrieren kann. Diese Inanspruchnahme kann durchaus zu Konflikten führen, wenn der Beschäftigte privat nicht völlig unabhängig und flexibel ist, beispielsweise Kinder oder pflegebedürftige Verwandte hat, oder insgesamt andere Erwartungen an seine Handlungsräume hat[9].

Die „neue Selbstständigkeit“ der Arbeitskraft innerhalb des Betriebes ist also nicht unbedingt nur positiv zu sehen, da es unter bestimmten privaten Umständen schwierig sein kann diesen neuen Erwartungen vollkommen gerecht zu werden. Auf diese Problematik werde ich später noch im Detail eingehen.

Der Arbeitskraftunternehmer

Mit dem Prozess der Subjektivierung, der Umstrukturierung von Arbeit, wandeln sich die Aufgaben des Arbeitnehmers. Voß und

Pongratz[10] beschreiben daher einen neuen Typ von Arbeitnehmer, der sich aus der betrieblichen Umstrukturierung und dem damit verbundenen Prozess der Subjektivierung, entwickelt. Diesen nennen sie den Arbeitskraftunternehmer und gehen davon aus, dass der Arbeitnehmer seine Ware Arbeitskraft unternehmerisch verwaltet und einsetzt. Sie nennen drei Merkmale, die diesen neuen Typus Arbeitnehmer abheben: Selbst-Kontrolle, Selbst-Ökonomisierung und Selbst-Rationalisierung. Was aber bedeutet dies konkret für den Arbeitnehmer, bzw. den Arbeitskraftunternehmer? Hierbei ist zum einen gemeint, dass die Umsetzung von Arbeitsvermögen des Mitarbeiters in Arbeitsleistung nun nicht mehr dem Unternehmen obliegt, sondern der Arbeitnehmer selbst ist nun verantwortlich für die Umwandlung seines eigenen Kapitals „Arbeitsvermögen“ in konkrete Leistung. Der Arbeitskraftunternehmer untersteht also keinem anderen Kontrollorgan mehr, außer sich selbst. Mit der Selbst-Ökonomisierung meinen Pongratz und Voß, dass der Arbeitskraftunternehmer mit seiner Arbeitskraft unternehmerisch als Ware umgeht, sein Arbeitsvermögen also dauerhaft weiterentwickelt und gezielt vermarktet. Die dritte für den Arbeitskraftunternehmer charakteristische Eigenschaft ist die Selbst-Rationalisierung, wobei eine „Verbetrieblichung“ der alltäglichen Lebensführung[11] gemeint ist. Das heißt, dass die betriebliche Rationalisierung auch im Privatleben des Arbeitnehmers greift und Lebensführung und Betriebsführung sich annähern, wenn nicht gar ineinander verschmelzen. Denn um den neuen Anforderungen von Selbst-Kontrolle und Selbst-Ökonomisierung gerecht zu werden, muss der gesamte Lebenszusammenhang effizienzorientiert strukturiert werden[12]. Der Arbeitskraftunternehmer richtet seine alltägliche Lebensführung also auf „die Vermarktung seiner selbst“ aus.

[...]


[1] Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005, S. 7

[2] Kratzer, Nick. Arbeitskraft in Entgrenzung. Grenzenlose Anforderungen, erweiterte Spielräume, begrenzte Ressourcen. Edition Sigma. Berlin 2003. S.15

[3] Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005, S. 7 ff.

[4] Ebenda, S8

[5] Huchler, Norbert / Voß G.Günter / Weihrich Margit. Soziale Mechanismen im Betrieb. Rainer Hampp Verlag. München und Mering. 2007. S. 13

[6] Aulenbacher, Brigitte. Subjektivierung von Arbeit – ein hegemonialer Topos und was die feministische Arbeitsforschung und Gesellschaftsanalyse dazu zu sagen haben. IN: Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005

[7] Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005, S.9

[8] Voß,G.Günther / Weiß, Cornelia. Ist der Arbeitskraftunternehmer weiblich? IN: Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005, S. 67

[9] Lange, A.! Szymenderski P.! Klinkhammer N. Forcierte Ambivalenzen? IN: Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005, S. 101

[10] Pongratz, H.J. & Voß, G.G. (2003). Arbeitskraftunternehmer. Erwerbsorientierungen in entgrenzten Arbeitsformen. Edition sigma. Berlin 2003

[11] Aulenbacher, Brigitte. Subjektivierung von Arbeit – ein hegemonialer Topos und was die feministische Arbeitsforschung und Gesellschaftsanalyse dazu zu sagen haben. IN: Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005, S. 46

[12] Voß,G.Günther / Weiß, Cornelia. Ist der Arbeitskraftunternehmer weiblich? IN: Karin Lohr, Hildegard Maria Nickel (Hrsg.), Subjektivierung von Arbeit – Riskante Chancen. Westfälisches Dampfboot. Forum Frauenforschung, Band 18, Münster 2005, S. 70

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Subjektivierung von Arbeit
Untertitel
Der Wandel vom Arbeitnehmer zum Arbeitskraftunternehmer als Chance für Frauen am Arbeitsmarkt
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Grundlagen der Gesellschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Familie - Arbeit - Geschlecht - alles eine Frage der Organisation
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V132067
ISBN (eBook)
9783640379811
ISBN (Buch)
9783640379538
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Subjektivierung, Arbeitskraftunternehmer, Entgrenzung, Soziologie, Frau, Feminismus, Chancengleichheit, Arbeitsmarkt, Gesellschaftswissenschaft, Arbeitnehmer
Arbeit zitieren
Sara Herzlinger (Autor:in), 2008, Subjektivierung von Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132067

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Titel: Subjektivierung von Arbeit



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