Die Lebensweise der Germanen

Siedlungsraum und Siedlungswesen


Referat (Ausarbeitung), 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

1. Siedlungsraum
1.1 Siedlungsgebiet
1.2 Landesnatur und die Siedlungsplätze

2. Siedlungswesen
2.1 Siedlungsform
2.2 Größe und Bevölkerungszahl
2.3 Höfe und Häuser

Anhang

Quellen- und Literaturverzeichnis

Einleitung

Im Rahmen des Referates zur „Lebensweise der Germanen“ liefert diese Arbeit eine schriftliche Wiedergabe und einen kurzen Überblick über die Subthemen „Siedlungsraum und Siedlungswesen der Germanen“ in der Römischen Kaiserzeit. Zudem liegen diesem Themenkomplex unterschiedliche Quellengattungen mit unterschiedlichen Ergebnissen und Befunden zu Grunde, die in dieser Arbeit vergleichend Berücksichtigung – unter geringerer Bezugnahme auf die sprachlichen Quellen - finden sollen. Gleichsam wirft die Quellenlage die Problematik eines eindeutig fassbaren Germanentums auf, die ebenso in dieser Arbeit behandelt werden soll.

1. Siedlungsraum

1.1 Siedlungsgebiet

Zur Erschließung des Siedlungsgebietes sind neben die historischen Quellen vor allem die sprachwissenschaftlichen Untersuchungen und die archäologischen Ergebnisse, die aus den Untersuchungen größerer Fundkomplexe (Gräberfelder, Siedlungen, Opferplätze und Heiligtümer) hervorgegangen sind, getreten, die zwar in der Frage des Siedlungsgebietes zu neuen und wichtigen Erkenntnissen geführt haben, in einem Vergleich aber kein einheitliches Bild liefern.

Die historischen Quellen gehen auf die Überlieferungen griechischer und römischer Schriftsteller bis 340 v. Chr. zurück. Doch erst Poseidonius (etwa 135-51 v. Chr.) bezeichnete einen rechtsrheinischen Stamm als Germanen, die er von den Kelten schied. Besondere Erwähnung verdient aber Cäsars Werk ‚De bello Gallico‘, dessen umfassendere Auslegung des Germanen-Begriffs und eine deutlichere geographische Abgrenzung der Germanen das römische Germanenbild prägte und auch die Vorstellung von ihrem Siedlungsgebiet festlegte. Hiernach war Germanien der Raum zwischen dem Rhein im Westen, der Donau oder den Alpen im Süden, der Nord- und Ostsee im Norden und der Weichsel im Osten.[1] Hieran wird deutlich, dass die Bezeichnung von einem Stamm auf ein ganzes Volk übertragen wurde und dass es sich um eine Fremdbestimmung von römischer Seite handelte, die eine tatsächliche ethnische Zusammengehörigkeit oder ein germanisches Identitätsbewusstsein entbehrte und es sind Zweifel angebracht, ob die Stämme, die die Römer für Germanen hielten, tatsächlich Germanen waren.

Auch die Archäologie kann nicht von sich aus bestimmen, was als Germanisch einzustufen ist oder nicht, sie kann nur verschiedene Kulturgruppen (siehe Anhang Abb. 1) scheiden, die sich anhand ihrer Kulturerzeugnisse ähneln oder unterscheiden und so bestimmte Gebiete festlegen, die mehr oder minder unter keltisch-illyrischen, slawischen oder germanischen Einflüssen standen. So zeigen archäologische Befunde entgegen der historischen Überlieferung tatsächlich, dass man im rechtsrheinischen Germanien eher einen keltischen Süden von einem germanischen Norden scheiden muss und die Grenzzone der Mittelgebirge von einer Mischkultur besiedelt war. Für die germanische Forschung ist die Jastorf-Kultur interessant, die sich im niedersächsisch-holsteinischen Elbgebiet ausbreitete und „deren Ausläufer im Norden bis nach Jütland und Südskandinavien, im Osten bis nach Mecklenburg und in Prignitzgebiet und im Süden bis in den Elster-Mulde-Saale-Raum reichten.“[2] Da in diesem Gebiet und auch in der verwandten Harpstedt-Nienburger Kultur eine grundsätzliche Kulturkontinuität in vorchristlicher Zeit und auch zur Zeitenwende zu beobachten ist, geht man heute davon aus, dass die Jastorf-Kultur bereits germanisch gewesen sein könnte. Demnach wären Germanen in Südskandinavien, Dänemark, an der deutschen Nord- und Ostseeküste und im Elbgebiet angesiedelt gewesen. Inwieweit aber auch die Randgebiete (besonders Nordwestdeutschland) als germanisch anzusehen sind, bleibt strittig, „aber durchaus möglich, da man heute kaum mehr von einem einheitlichen Ursprung aller Germanen ausgeht.“[3] Auch von sprachgeschichtlicher Warte aus, scheint eine klare Abgrenzung des Germanischen nicht möglich. Die auch historisch überlieferten Wanderbewegungen führten dann zu einer Ausbreitung dieser Kulturgruppe und auch zu einer Vermischung mit anderen Volks- bzw. Kulturgruppen, so dass man zwar davon sprechen kann, dass diese Gebiete unter germanischen Einfluss standen, aber nicht mehr davon, dass sie von einer einheitlichen und abgrenzbaren Volksgruppe besiedelt wurden. Das im Anhang mitgeführte Schaubild (siehe Anhang Abb. 2) zeigt die im 1. und 2 Jahrhundert n. Chr. als hauptsächlich germanisch anzusehenden Kulturgruppen und veranschaulicht die Gebiete der Jastorf-Kultur. Diese Fundgruppen zeigen zwar Übereinstimmungen mit historischen Stämmen auf, können aber nicht mit diesen gleichgesetzt werden.[4] Ging man bis in die jüngste Vergangenheit davon aus, dass Kulturprovinzen deckungsgleich mit ganz bestimmten ethnischen Einheiten seien, kann diese These heute nicht mehr aufrecht erhalten werden. Auch wenn räumliche Berührungspunkte vorhanden sind, lassen sich die historische Überlieferung des Germanengebietes, die sprachwissenschaftlichen Zuordnungen zu einem germanischen Sprachraum und die archäologischen räumlichen Einteilungen in germanische Kulturgruppen nicht in Einklang bringen, so dass sich ein eindeutiges ethnisch fassbares Germanentum nicht aufzeigen lässt. Nennt die historische Überlieferung ethnisch-politische Gebilde, die Stämme, so sind durch regional unterschiedliche archäologische Bodenfunde Kulturgruppen erkennbar. Man kann die Stämme zwar den Kulturgruppen räumlich zuordnen, beide aber nicht miteinander identifizieren, wie das in der Vergangenheit vielfach versucht wurde. Alle sprachlich, religiös oder ethnisch definierten Gruppen, und so auch die Germanen, können nur als Teile solcher Kulturgruppen aufgefasst, nicht aber mit ihnen gleichgesetzt werden. Es lassen sich aber eindeutig Kulturgruppen im nord- und mitteleuropäischen Raum von umliegenden Kulturgruppen, deren Träger eher zu den keltisch-illyrischen oder slawischen Bevölkerungsgruppen gezählt werden, abgrenzen, so dass man innerhalb dieses Raumes das Siedlungsgebiet der Germanen - aber ebenso neben anderen ethnischen Gruppen - annehmen kann.[5]

Der antike Germanenbegriff stimmt also weder mit der von der Sprache geprägten Auffassung, noch mit der archäologischen Definition überein, die ihrerseits aber ebenso wenig eine ethnische Demarkation liefern können. Die Frage nach einem eindeutig abgrenzbaren germanischen Siedlungsraum ist also leider nicht zu beantworten, nur in unscharfen Umrissen nachzuzeichnen.

1.2 Landesnatur und die Siedlungsplätze

„Obwohl das Land in seinem Aussehen erheblich unterschiedlich gestaltet ist, ist sein Anblick insgesamt doch entweder häßlich [sic!] durch seine Wälder oder gräßlich [sic!] durch seine Sümpfe, gegen Gallien hin ist es feuchter; gegen Noricum und Pannonien hin windiger; es bringt genügend Ertrag, trägt keine Obstbäume und ist reich an meist jedoch kleinwüchsigem Vieh.“ (Tac. Germ. 5. 1)[6]

Lange Zeit war die Vorstellung der Landesnatur Germaniens durch diese knappe Darstellung des Tacitus bestimmt. Erst seit ein paar Jahrzehnten ermöglichen naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse die Landesnatur zur Zeit der älteren römischen Kaiserzeit annähernd zu rekonstruieren. In der Tat war das Siedlungsgebiet der Germanen ein natürliches Waldland mit Mooren und Sümpfen, das aber, entgegen der unwirtlichen Schilderung Tacitus, den Germanen eine Lebensgrundlage war. Man hat sich also die Germania vorwiegend als Waldland mit urwaldartigem Charakter vorzustellen, in dem waldfreie Siedlungsinseln in größere lichter bewaldete Siedlungsgebiete eingestreut waren. Die Karte im Anhang (siehe Anhang Abb. 3) zeigt eine Darstellung der bekannten kaiserzeitlichen Siedlungen und Gräberfelder, wobei hier anzumerken ist, dass nicht gewährleistet ist, dass alle Ansiedlungen gleichzeitig bestanden haben, da sich der erfasste Zeitraum über mehrere Generationen erstreckt und bekanntermaßen Siedlungsplätze oftmals kurzfristig wechseln konnten.[7] Man erkennt dichter besiedelte Siedlungsräume, die durch unbesiedelte und wohl mit Wald bedeckte Räume voneinander getrennt waren. Und weiterhin, dass die Siedlungen deutlich an das Gewässernetz gebunden waren. Zum einen konnte so der Wasserbedarf von Mensch und Tier gedeckt werden und zum anderen dienten die Wasserläufe wohl auch als Verkehrswege. Vor allem war das Flachland besiedelt. Mittelgebirge, ihr Randgebiet und selbst verhältnismäßig niedrige Hügellandschaften blieben unbesiedelt. Häufig wurden fruchtbare Böden bevorzugt.[8] Der Wirtschaftsraum einer Siedlung bestand aus der Ansiedlung selbst, dem Friedhof, den Ackerflächen, ggf. den Werkplätzen zur Rohstoffgewinnung und –verarbeitung und der Waldweide. Die Größe betrug ohne Waldweide einige hundert Meter und mit Waldweide kaum mehr als 1 km.

„Daß [sic!] die Völker der Germanen keine Städte bewohnen und daß [sic!] sie nicht einmal miteinander verbundene Siedlungen dulden, ist genügend bekannt. Sie wohnen abgesondert und einzeln, wie ihnen eine Quelle, ein Feld, ein Wald zusagt.“ (Tac. Germ. 16. 1)[9]

Es ist genügend bekannt, dass Germanen keine Städte bewohnten und tatsächlich lagen die Siedlungen relativ weit auseinander und nur selten teilten sich mehrere Siedlungen einen Wirtschaftsraum. Für die Wahl des Siedlungsplatzes mussten allerdings bestimmte Grundvoraussetzungen gegeben sein. Da die Viehhaltung eine große Bedeutung hatte (vgl. Tac. Germ. 5. 1), mussten Viehweiden, Möglichkeiten der Futtergewinnung und Wasserversorgung vorhanden sein. Leicht bebaubares Land war für den Ackerbau und Rohstoffressourcen in unmittelbarer Nähe waren für die Eisenerzgewinnung notwendig.[10]

[...]


[1] Vgl. Goetz, Hans-Werner/ Welwei, Karl-Wilhelm: Altes Germanien. Auszüge aus den Antiken Quellen über die Germanen und ihre Beziehungen zum Römischen Reich. Quellen der alten Geschichte bis zum Jahre 238 n. Chr. Erster Teil (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 1a). Darmstadt 1995, S. 4 f.; vgl. Mildenberger, Gerhard: Sozial- und Kulturgeschichte der Germanen. Von den Anfängen bis zur Völkerwanderung. Stuttgart et. al. 1972, S. 12 f.

[2] Goetz 1995 (wie Anm. 1), S. 7.

[3] Ebd.

[4] Vgl. ebd., S. 6 ff.

[5] Vgl. Steuer, Heiko: Germanen, Germania, Germanische Altertumskunde; III. Archäologie; § 21-34; B. Ursprung und Ausbreitung der Germanen; C Wirtschafts- und Sozialgeschichte. In: Hoops, Johannes: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Hrsg. von Heinrich Beck et. al., 2., völlig neu bearb. und stark erw. Aufl. (Gemeinde – Geto-dakische Kultur und Kunst, Bd. 11), Berlin 1998, S. 327 ff.; vgl. Goetz 1995 (wie Anm. 1), S. 6 ff.

[6] Nach: Goetz 1995 (wie Anm. 1), S. 131.

[7] Vgl. Jankuhn, Herbert: Siedlung, Wirtschaft und Gesellschaftsordnung der germanischen Stämme in der Zeit der römischen Angriffskriege. In: Temporini, Hildegard/ Haase, Wolfgang: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neueren Forschung. (Teil II, Bd. 5.1). Berlin/ New York 1976, S. 67 ff.; vgl. Much, Rudolf: Die Germania des Tacitus. Hrsg. v. Wolfgang Lange. 3., beträchtlich erw. Aufl., unter Mitarbeit von Herbert Jankuhn. Heidelberg 1967, S. 107 ff.; vgl. Mildenberger 1972 (wie Anm. 1), S. 20 ff.

[8] Vgl. Mildenberger 1972 (wie Anm. 1), S. 21.

[9] Nach: Goetz 1995 (wie Anm. 1), S. 141.

[10] Vgl. Jankuhn 1976 (wie Anm. 7), S. 82 ff.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Lebensweise der Germanen
Untertitel
Siedlungsraum und Siedlungswesen
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Rom und die Germanen
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V131666
ISBN (eBook)
9783640414925
ISBN (Buch)
9783640413560
Dateigröße
3899 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lebensweise, Germanen, Siedlungsraum, Siedlungswesen
Arbeit zitieren
Annika Singelmann (Autor:in), 2008, Die Lebensweise der Germanen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131666

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