Der Kampf um Reichsunmittelbarkeit im Würzburg des 13. Jahrhunderts – diskutiert an Hand der Urkunden von 1261 und 1265


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

18 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Urkundendiskussion
a) Aussteller und Adressaten – ein Überblick über die beteiligten Parteien und ihre Verhältnisse zueinander
b) Die Entwicklung des Rates
c) Der Handel und die Zünfte – ihre Rollen im Machtkampf und ihre Beeinflussung durch die Urkunden
d) Steuerabgaben und sonstige zu leistende Dienste

3. Würzburger Stadtgeschichte im Überblick und im Vergleich mit anderen Bischofsstädten
a) Die Entwicklung des Rates
b) Der Kampf um die Selbstständigkeit und dessen Ausgang – Gründe für Gelingen oder Scheitern

4. Schlusswort

Literatur– und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Der Kampf um Reichsunmittelbarkeit in Würzburg im 13. Jahrhundert – dies ist ein Thema an dem die Forschung bisher leider kein allzu großes Interesse bekundet hat. Besonders für den Zeitraum der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, aus dem die beiden hier behandelten Urkunden stammen, gibt es leider so gut wie gar keine Forschungsergebnisse. Dies mag unter anderem an der ebenfalls mageren Quellenlage liegen. Für die Zeit bis zum 14. Jahrhundert sind weder Regestenwerke noch Urkundenbücher der Stadt Würzburg erhalten, nur einzelne Urkunden oder Hinweise auf besondere Geschehnisse in das Ereignis nicht direkt betreffenden Diplomata überliefert. Auch ist, u.a. durch W.Füßlein[1] nachgewiesen, dass im 15. und 16. Jahrhundert eine planmäßige, massive Verzerrung, Unterdrückung oder Beseitigung der Geschichtsquellen der Stadt Würzburg stattgefunden hat. Ziel war die Bereinigung des Geschichtsbildes der Bischofsstadt von internen Auseinandersetzungen und vor allem die Machtstärkung des Bischofs als Stadtherren. Diese Bereinigung scheint bis heute ganz gut funktioniert zu haben, denn die meiste Forschungsliteratur vertritt eher eine Darstellung der Bürger als aufständische Querulanten, denn als um Selbstständigkeit ringende Bürger.

Als wichtigste Forschungsliteratur, die sich, wenn auch nicht konkret, so jedenfalls indirekt mit der Zeit und Problematik dieser Arbeit auseinandersetzt, ist hier zu nennen: Wagners „Geschichte der Stadt Würzburg“, ebenso Oeggs „Entwicklungsgeschichte der Stadt Würzburg“. Sie liefern in ihren Arbeiten einen allgemeinen Überblick über die fragliche Zeit und einige nützliche Quellenbelege. Des Weiteren das Werk von Hoffman[2], der sich hauptsächlich mit Handel und Gewerbe in Würzburg auseinandersetzt, Schich[3] für Informationen zur Bevölkerungsstruktur und Topographie und Trüdinger[4], der sich hauptsächlich mit der Beziehung zwischen Kirche und Stadt im späten Mittelalter beschäftigt hat, allerdings zwecks umfassender Darstellung auch ein Kapitel der Zeit zwischen 12. und 14. Jh. widmet. Engels[5] Werk „Die Stadt Würzburg und die Kurie – Aus dem mittelalterlichen Verfassungskampf einer deutschen Bischofsstadt“; Füßleins „Das Ringen um die bürgerliche Freiheit im mittelalterlichen Würzburg des 13. Jahrhunderts“ und „Zwei Jahrzehnte würzburger Stifts-, Stadt- und Landesgeschichte (1254-1257)“[6], und zuletzt Jäger[7] mit einer sehr alten und ausgesprochen pro-bischöflichen, jedoch nichtsdestoweniger aktuellsten Edition dieser Urkunden.

Die Fragestellungen dieser Arbeit lauten: Wie war die Rechteverteilung in Würzburg zu dieser Zeit gelagert? Ist an Hand des Erlasses der beiden Urkunden eine Änderung in der Verteilung der Rechte zwischen Bürgern und Bischof abzusehen? Wenn ja, welche wäre das? Was waren die Gründe für eine solche Veränderung? Und: War diese Entwicklung typisch für eine Bischofsstadt dieser Zeit? Diese Fragen sollen anhand der Vertragsbedingungen der beiden Urkunden und der geschichtlichen Entwicklung, die zwischen 1261 und 1265 stattfand im speziellen, und durch eine darauf folgende Einbettung in einem gröberen historischen Zusammenhang, sowohl in Würzburg als auch in einen allgemeinen Überblick über die Entwicklungslage in anderen Bischofsstädten zu dieser Zeit beantwortet werden.

2. Urkundendiskussion

a) Aussteller und Adressaten – ein Überblick über die beteiligten Parteien und ihre Verhältnisse zueinander

In der ersten Urkunde von 1261 sind im engeren Sinne die Aussteller die Grafen Heinrich und Hermann von Henneberg, der Adressat der würzburger Bischof Iring samt seiner Kirche und die gesamte Bürgerschaft, wobei beachtet werden sollte, dass dieser Vergleich auf Betreiben des Bischofs überhaupt erst zustande kam, er deshalb im weiteren Sinne auch zu den Ausstellern zu rechnen ist. Sowohl Bischof und Bürgerschaft – wobei auch hier der Bischof die treibende Kraft hinter den Verhandlungen war - stellen auch in der zweiten Urkunde von 1265 die Adressaten dar, die Aussteller hier jedoch sind Ludwig, Graf von Reineck und Heinrich von Bruneck.

Für das Verständnis der Urkunden stellen sich also zuerst folgende Fragen: Wer genau waren diese Personen, in welchen Rechts- und Herrschaftsverhältnissen standen sie zueinander und wer ist unter „universitas civium herbipolesium“, der würzburger Bürgerschaft, zu verstehen?

Beginnen wir mit der letzten Frage: Allgemein sind unter „universitas civium herbipolesium“ alle vollwertigen Bürger[8] zu verstehen. Doch zielten die Sanktionen des Bischofs vielfach auf die Handlungsfähigen, d.h. die Oberschicht, konzentriert im Stadtrat, die sich für diese Zeit bereits hauptsächlich aus Nicht-ministerialen zusammensetzte, und die in Zünften organisierten Handwerkern, die in zunehmendem Maße eine Rolle für die Stadtentwicklung auch auf politischer Ebene spielten. Die Ministerialen, ebenso wie die Juden und Kleriker, zählten hingegen nicht zu den Bürgern, sondern galten als direkt dem Bischof unterstellt[9]. Allerdings ist zu beachten, dass nichtsdestotrotz Ministeriale, zumindest noch im 12. Jh., Partei gegen den Bischof ergriffen und auch die Kleriker, die ja oft, wie im übrigen auch Iring selbst, aus den würzburger Adels- und Patriziergeschlechtern stammten, in ihren Interessen nicht immer voll auf bischöflicher Seite standen. Er lässt sich also, obwohl die Beteiligten dieses Konfliktes sich grob in Bürger und Klerus einteilen lassen, mitnichten eine klare Trennlinie ziehen zwischen den einzelnen Parteien.

Ebenfalls zu beachten ist die große Anzahl von nicht-vollwertigen Bürgern, die jedoch für die diversen Aufstände als „ausführende Masse“ immer wieder eine große Rolle spielten. Es ergibt sich also hiermit keine einige „Partei der Bürger“, vielmehr besteht diese aus verschiedenen hochrangigen Interessengruppen, die sich aus verschiedenen Motiven heraus, zusammenschließt[10] und keineswegs die gesamte Bevölkerung vertritt .

Die nächste Partei neben den Bürgern bilden im Groben der würzburger Bischof Iring, Stadtherr von Würzburg und die Schicht der Geistlichen, teilweise inklusive des bischöflichen und klerikalen Hausgesindes, den sog. „Brotlingen“. Schon die Wahl Irings zum Bischof 1254 fand gegen den Willen der Bürger Würzburgs statt. Diese hatten durch ein Privileg von Papst Innozenz IV. den Speyerer Bischof Heinrich zum würzburger Bischof küren lassen, während Iring seinen Anspruch auf die erfolgte Kapitelwahl in Würzburg selbst begründete. Die Gründe für die strikte Ablehnung Irings durch die Bürger liegen u.a. in deren Streben nach Reichsunmittelbarkeit, für das Speyer damals ein glänzendes Vorbild darstellte. Schon mit diesem Auftakt war der Grundstein für die weitere Feindschaft zwischen Iring, der sich letzten Endes als Bischof gegen Heinrich durchsetzte[11], und den nach Freiheit strebenden würzburger Bürgern gelegt.

Die dritte Partei, die der Aussteller der Urkunden und Vermittler im Streit zwischen Bischof und Bürgern, stammten sämtlich aus den alten Adels- und Grafenfamilien Frankens. So z.B. die Grafen Heinrich und Hermann von Henneberg, die wie der Name bereits besagt dem Geschlecht der Grafen von Henneberg, das zu der damaligen Zeit – neben den würzburger Bischöfen - einen der Hauptgrundherren in Franken darstellte, angehörten. Die Hennebergs waren lange Zeit Stadtgrafen und hielten so Blutgerichtsbarkeit und Kirchenvogtei in Händen. Sie sind nur als Aussteller der ersten Urkunde, nicht jedoch der zweiten genannt, was einerseits am Tode Heinrichs von Hennebergs im Jahre 1262 liegen mag, andererseits aber Zeichen der sich vermehrenden Auseinandersetzungen zwischen den Hennebergs und dem Bischof von Würzburg ist, die schon über Jahre hinweg schwelten. Die Formulierung „[…] si requisiti fuerimus, omni gracia, odio et captione postpositis […]“ der Urkunde vom Jahre 1261 kann so zwar durchaus als allgemeine Formel zu verstehen sein, mit der den übrigen Vertragspartnern ein faires und objektives Handeln zugesichert werden soll. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass sie nicht nur als Standardformel verwendet wurde – so ist sie oder eine ähnliche Ausdrucksweise z.B. in der Urkunde von 1265 nicht gebraucht, sondern sich auf konkrete Streitigkeiten zwischen den Beteiligten bezieht, deren es in den davor liegenden Jahren einige gegeben hat[12].

Die Vermittler der Urkunde von 1265 sind Ludwig, Graf von Reineck und Heinrich von Bruneck. Auch sie standen, wie bereits die von Hennebergs, dem Bischof in seinem Streit mit der Stadt Würzburg nicht aus freundnachbarlicher Hilfe beiseite, sondern ließen sich ihre Dienste in der Vermittlung vom Bischof reichlich entlohnen[13].

Und auch unter den „medians domini“, den „vermittelnden Herren“, wie sie 1265 genannt werden und zu denen u.a. auch würzburger Kanoniker, Hermann von Kastell, Albrecht von Trimberg Hermann von Sterenberch, die Grafen Berthold von Henneberg, Ludwig von Reineck, Albrecht, Konrad von Hohenlohe, und einige andere Adelige zählten, herrschte keineswegs Einigkeit.

Man sieht also schon an Hand dieser Verflechtungen und Beziehungen unter den Mächtigen, dass der Bischof als Stadtherr alleine keineswegs durchsetzungsfähig genug war die Auseinandersetzungen mit den Bürgern zu meistern.

[...]


[1] Füßlein, Wilhelm: „Zwei Jahrzehnte würzburger Stifts-, Stadt- und Landesgeschichte (1254-1257)“, Meiningen 1926;

[2] Hoffmann, Hermann „Würzburger Handel und Gewerbe im Mittelalter“ Diss. Würzburg 1940

[3] Schich, Winfried „Würzburg im Mittelalter“ (1997) Köln, Wien

[4] Trüdinger, Karl „Stadt und Kirche im spätmittelalterlichen Würzburg“ (1978) 1. Aufl. Stuttgart

[5] Engel, Wilhelm: Die Stadt Würzburg und die Kurie – Aus dem mittelalterlichen Verfassungskampf einer deutschen Bischofsstadt in: ZRG, Kan.Abt. 37 (1951), S.303-359

[6] Füßlein, Wilhelm: Zwei Jahrzehnte würzburger Stifts-, Stadt- und Landesgeschichte (1254-1257), 1926 Meiningen

[7] Jäger, Fran Anton: Geschichte Frankenlands / 3 1808

[8] für Angaben zur Bevölkerungszahl im 13. Jh. s. Schich S. 208 ff.

[9] die Juden wurden unter Heinrich Raspe 1247 dem Bischof Hermann auf Lebenszeit verpfändet (M.B. 37, Nr. 291 S. 327). Diese Verpfändung scheint auch unter Bischof Iring gegolten zu haben (s. Dettelbacher 1974 S. 50) Erst 1281 machte Kg. Rudolf Revindikationsansprüche geltend, die sich auf einen jährlich zu zahlenden Betrag von 400 Pfd. Hellern beliefen, woraufhin der würzburger Bischof seine Steuern auf 600 Heller senkte. (s. Füßlein: „Das Ringen um … S. 282 f.)

[10] So ist z.B. bekannt, dass einige Ministeriale, nicht jedoch alle, sich während den Feindlichkeiten Mitte des 12. Jh.s von der bürgerlichen Bewegung abwandten, um den Bischof zu unterstützen s. Schich 1977 S. 176

[11] dieser soll nach Jäger dem speyerer Heinrich 3000 Silbermark für dessen Rücktritt bezahlt haben

[12] so zwang beispielsweise 1258 Bischof Iring die Henneberger Heinrich und Hermann, die bei Schweinfurt errichtete Burg Schönhard auf Grund von Territorialstreitigkeiten einzureißen und 1259, die Stadt Schweinfurt, welche in den Fehden der Henneberger mit dem Geschlecht der Hohenloher verhehrt wurde, wieder aufzubauen (s. Jäger S. 268 ff.); für 1247 sind uns ebenfalls Auseinandersetzungen zwischen Bischof Hermann und Her. V. Henneberg überliefert (s. Jäger S. 209 ff.)

[13] So nahm nach Wagner Bischof Iring gegen hohe Zahlungen den Grafen Berthold V. von Henneberg, Konrad von Trimberg und Konrad von Hohenlohe zur Unterstützung in seine Dienste (S. Wagner 2001 S. 98)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Der Kampf um Reichsunmittelbarkeit im Würzburg des 13. Jahrhunderts – diskutiert an Hand der Urkunden von 1261 und 1265
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Mittelalterliche Geschichte)
Veranstaltung
Die Stadt im Mittelalter
Note
2.0
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V131401
ISBN (eBook)
9783640414642
ISBN (Buch)
9783640412679
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kampf, Reichsunmittelbarkeit, Würzburg, Jahrhunderts, Hand, Urkunden
Arbeit zitieren
M.A. Hannah Kronenberger (Autor:in), 2007, Der Kampf um Reichsunmittelbarkeit im Würzburg des 13. Jahrhunderts – diskutiert an Hand der Urkunden von 1261 und 1265, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131401

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