Stilleübungen im Religionsunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Stilleübungen
2.1 Definition und Bedeutung
2.2 Religionsunterricht

3 Praktische Vorschläge
3.1 Sinnesübungen
3.1.1 Hören
3.1.2 Sehen
3.1.3 Tasten
3.1.4 Riechen
3.1.5 Schmecken
3.2 Phantasiereisen
3.3 Meditation

4 Praktische Umsetzung
4.1 Beschreibung der Übung
4.2 Reflexion

5 Fazit
5.1 Zusammenfassung
5.2 Eigene Stellungnahme

6 Literatur

7 Anhang

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema der Stilleübungen im Religionsunterricht. Dass die Kinder im heutigen Zeitalter immer zappeliger, schwieriger und unkonzentrierte werden, ist inzwischen allgemein bekannt. Somit ist es die Aufgabe der Schule bzw. der Lehrer, diesen Defiziten bestmöglich entgegenzuwirken. Stilleübungen bieten dafür eine gute Gelegenheit und gerade im Religionsunterricht können diese in variierter Form sinnvoll eingesetzt werden.

Ich persönlich halte dieses Thema für enorm wichtig, da viele Kinder die wohltuende Wirkung der Stille nicht mehr kennen und sie womöglich bloß in der Schule diese Erfahrungen machen können.

Im zweiten Kapitel wird zunächst die Stilleübung definiert, ihre Bedeutung dargelegt und beschrieben, warum sie gerade im Religionsunterricht eingesetzt werden sollte. Dabei wird auch auf den aktuellen Lehrplan von 2008 Bezug genommen.

Im darauffolgenden Kapitel werden verschiedene Arten der Stilleübungen für den Unterricht vorgestellt, wie Sinnesübungen, Phantasiereisen oder Meditationen.

Das vierte Kapitel bildet den eigentlichen Kern der Arbeit. Hierbei findet die praktische Umsetzung des zuvor Beschriebenen statt. Eine Phantasiereise wird in einem vierten Schuljahr einer katholischen Grundschule erprobt. Zunächst wird die Unterrichtsstunde in ihrem Ablauf beschrieben und daraufhin dann reflektiert.

Zum Schluss folgt das Fazit sowie eine eigene Stellungnahme.

Aufgrund der besseren Lesbarkeit und Übersicht werden in dieser Arbeit ausschließlich männliche Termini verwendet. Gemeint sind natürlich stets beide Geschlechter. Ausnahmen dazu sind klar gekennzeichnet.

Zitate sind der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.

2 Stilleübungen

2.1 Definition und Bedeutung

Stilleübungen meinen wörtlich übersetzt die Übungen, in denen man ‚still’ ist. In gewöhnlichen Schulen, in denen diese Übungen nicht explizit ausgeführt werden, besagt Stille das ‚Aufhören des Lärms’, das Anhalten einer Reaktion oder das Unterdrücken einer Unart. Stille kann aber auch positiv erlebbar werden, indem den Schülern bewusst wird, dass man durch Stilleübungen von den äußeren Stimmen und den gewöhnlichen Geräuschen des Schulalltags Abstand nimmt und innere Erfahrungen machen kann.

Maria Montessori, eine berühmte Reformpädagogin, hat sich mit der Stille und ihrer Bedeutung für Schule und Erziehung beschäftigt. Zwei Aspekte bilden für sie die wichtigsten Grundlagen, wenn über den Einfluss der Stille in der Grundschule nachgedacht wird. Zum einen ist die Stille den Kindern kein fremder Zugang, sondern sie sind dazu fähig, weil sie die gemeinsame Stille wünschen und sie sie sogar für die Erweiterung ihrer Kräfte benötigen. Zum anderen wird die Stille zusammen geübt, bis sie immer besser funktioniert. Beide Aspekte rechtfertigen die Stille in der Grundschule, denn:

„Stille ist kein kindfremder Zugang.

Stille wird von den Kindern gewünscht und gebraucht.

Stille hilft den Kindern und stärkt sie.

Stille als wiederkehrender Teil des Schulalltags gelingt gemeinsam immer besser“ ( FAUST-SIEHL u.a. 1995, S. 10).

Wichtig zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Stilleübungen ohne Ergebniszwang auskommen. Die Schüler können sich von ihren Ängsten befreien und eine Befriedigung erfahren; ohne einen Konkurrenzdruck zu den anderen Schülern zu erleben. Sie erfahren Spaß am eigenen Können auf eine ganz andere Art als in den schulischen Leistungsbereichen. Diese Freude beschwingt und wünscht sich Wiederholungen. Diese Wiederholungen müssen nicht stereotyp sein, sondern können in verschiedenen Formen variiert werden, was in den weiteren Kapiteln näher erläutert wird (vgl., ebd. S. 51f).

2.2 Religionsunterricht

Im nun folgenden Teilkapitel soll erläutert werden, warum die Stilleübungen gerade im Religionsunterricht eingesetzt werden können und sollen.

Bauer (1997) beschreibt, dass sich der Religionsunterricht als Träger der schulischen Spiritualität verstehen sollte. Da Stilleübungen zwangsläufig mit spirituellen Erfahrungen verknüpft sind, kann die Argumentation von Bauer hier aufgegriffen werden. In der Bedeutung des lateinischen Wortes ‚Spiritus’, lässt sich die Grundlage von religiösem Lernen wiedererkennen. ‚Spiritus’ heißt Lufthauch/ Wind/ Lebensluft/ Atem/ Seufzer/ Geist/ Stimme/ Seele/ Mut usw. Hier findet man die gesamten Aspekte einer lebenszugewandten Religionsdidaktik wieder. Das Atmen und Atemholen ist beispielsweise eine religiöse Grundübung. „Religionsunterricht lässt Luft holen in der atemberaubenden Hetze des Schulalltags. Religion ist jene Lebensluft, die aufatmen lässt und mit neuer Kraft erfüllt“ (BAUER 1997, S. 280). Bauer zeigt anhand ihrer Ausführungen auf, dass der Religionsunterricht die Stille und Ruhe, um zu atmen und neue Kraft zu tanken und um zu sich selbst zu finden, als eine der wichtigsten Aufgaben erfüllen muss, da dies in der ‚Hetze des Schulalltags’ häufig vernachlässigt wird (vgl. ebd., S. 280f).

Auch im Lehrplan für den Religionsunterricht in Grundschulen für das Land NRW steht geschrieben: „Indem sie lernen, still zu werden und innezuhalten, können alltägliche Phänomene wieder staunenswert werden. So entdecken Schülerinnen und Schüler die Welt und die Dinge des Alltags neu und tiefer, und so können sie Zugänge zur Transzendenz und zu Gott gewinnen (MINISTERIUM FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN 2008, S.168).

Es wird deutlich, dass der Religionsunterricht die Stilleübungen nicht nur vollziehen sollte, weil dies in anderen Fächern vernachlässigt wird, sondern auch weil dies für die Schüler wichtig ist, um einen Zugang zu Gott zu erhalten.

3 Praktische Vorschläge

3.1 Sinnesübungen

Bei Sinnesübungen wird im Speziellen darauf geachtet, dass die von außen kommenden Umwelteinflüsse für die Kinder reduziert werden und hauptsächlich ein bestimmter Sinn angesprochen wird. Somit wird bei den Kindern ein bestimmtes Sinnesorgan geschult und begünstigt dadurch die Fähigkeit, die Umwelteindrücke wahrzunehmen. „Die Stille ist entweder notwendige Begleiterschienung der Aufgabe (z. B. bei den Hörübungen), oder sie entsteht in der Konzentration auf die Aufgabe von selbst“ (FAUST-SIEHL u.a. 1995, S. 82). Diese Aufgaben ermöglichen den Schülern sich selbst, die Stille und den Gegenstand oder Reiz intensiv wahrzunehmen und zu erleben.

Im Vordergrund sollten hierbei im Besonderen die Übungen zum Tasten, Riechen und Schmecken stehen. Da die Schule momentan ‚noch’ keine Schule der Sinne ist und die Sinneswahrnehmungen sich fast ausschließlich auf die visuellen und auditiven Wahrnehmungen beschränken, ist es wichtig gerade die selten angesprochenen Sinne in den Mittelpunkt zu setzen. Hugo Kükelhaus veranschaulicht (durch einen Asphalt- und Waldweg), „dass Reizarmut und Monotonie Erschöpfung begünstigen, während die Inanspruchnahme der Sinne und Fähigkeiten im Gegenteil als Erfrischung und Entspannung erlebt wird“ (ebd., S. 82). Somit könnte sich gerade der Religionsunterricht Zugänge zu den vernachlässigten Sinnen schaffen und den Kindern somit zu weiterreichenden Fähigkeiten verhelfen.

Im Folgenden werden verschiedene Übungen zu den einzelnen Sinnen vorgestellt. Sicherlich gibt es zahlreiche Übungen in verschiedensten Variationen, hier soll allerdings nur ein grober Überblick verschafft werden, so dass nur einige wenige Übungen vorgestellt werden.

3.1.1 Hören

Es gibt verschiedene Übungen, bei denen das Gehör der Kinder angesprochen wird. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass diese Übungen auch zu Aufgaben der Stille gehören, da sie ansonsten ihren eigentlichen Sinn verfehlen. Hierbei bieten sich rollende Kugeln an. Dabei werden Klangkugeln auf dem Boden gerollt und die Kinder sollen darauf hören, wie eine Kugel rollt und ausrollt. Wer nichts mehr hört, könnte beispielswei]se den Arm heben oder sich auf den Boden setzen (vgl. FAUST-SIEHL u.a. 1995, S. 83). Diese Übung eignet sich besonders wenn die Klasse Stilleübungen noch nicht ausreichend gut kennt. Die Schüler nehmen die Übung wahrscheinlich zunächst als eine Art Spiel wahr und sind noch nicht im Speziellen dazu aufgefordert sich selbst wahrzunehmen, wie beispielsweise bei einer Phantasiereise (siehe Kapitel 3.2). Es ist für die Kinder zu Beginn sicherlich einfacher sich auf diese Übung einzulassen als auf eine Phantasiereise.

Es bietet sich auch an, eine Stunde mit Stiller Zeit zu beginnen. Dabei fordert der Lehrer die Schüler dazu auf, intensiv auf die Geräusche außerhalb oder innerhalb des Klassenzimmers zu achten. Dafür gibt er den Schülern ein bis zwei Minuten Zeit. Danach werden die Geräusche der Stillen Zeit genannt (vgl. ebd., S. 83).

3.1.2 Sehen

Hierbei eignet sich das sogenannte Spinnennetz. Dabei sitzen alle Schüler in einem Stuhlkreis und der Lehrer singt oder liest das Lied: „Wenn wir sprechen, gehen Worte hin zu dir und her zu mir“ (siehe Anhang 1). In dem Lied werden verschiedene Arten beschrieben, wie Menschen liebenswürdig Kontakt aufnehmen können, wie z. B. sprechen, schreiben, grüßen, schenken usw. Mit der Klasse werden dann gemeinsam verschiedene Gesten zu den einzelnen Kontakten überlegt. Wenn dies geschehen ist, kann die eigentliche Stilleübung beginnen. Die Kinder werfen sich abwechselnd ein Wollknäuel zu, in dem Zettel mit den verschiedenen Arten des Kontakts versteckt sind. Jedes Kind hält seinen Faden fest und führt still die jeweilige Geste, passend zum Zettel, aus. So entsteht ein Spinnenetz, das alle Kinder miteinander verbindet. Im Anschluss an die Übung können die Kinder ihre Erfahrungen schildern (vgl. FAUST-SIEHL u.a. 1995, S. 84f). Diese Übung stellt hohe Ansprüche an eine Klasse, da es eine Herausforderung ist, alle Gesten in Stille auszuführen. Vielleicht muss eine solche Übung wiederholt angewendet werden bis sie bei den Schülern in Ernsthaftigkeit umgesetzt wird.

3.1.3 Tasten

Die bekannteste Art eine Sinnesübung speziell zum Tasten bzw. Fühlen durchzuführen, ist die des Krabbelsacks. Der Lehrer füllt einen Beutel mit verschiedenen Gegenständen; am besten eigenen sich dazu Naturmaterialien, wie Moos, Tannenzapfen, Rinde, Steine usw.. Die Schüler müssen nun in Stille die Gegenstände in dem Beutel erfühlen, wenn möglich erkennen und den Beutel weitergeben. Die Schüler haben dann die Möglichkeit die erfühlten Materialien aufzumalen (vgl. FAUST-SIEHL u.a. 1995, S. 85). Eine angenehme, wohltuende Atmosphäre kann durch meditative Musik, die nebenbei gespielt wird, geschaffen werden. Die Musik hilft den Kindern zudem, sich auf die Übung einzulassen und sie still auszuführen. Wie in Kapitel 2.2 beschrieben, können die Kinder durch die Stilleübungen Dinge aus dem Alltag neu und intensiver erleben. Gerade beim Tasten wird diese Forderung erfüllt, da Kinder die Gegenstände durch einen anderen Sinn aufnehmen und somit neu erleben.

Weiterhin eignet sich beim Tasten die Übung der Telefonkette. Es wird ein Stuhlkreis gebildet. Ein Kind denkt sich ein Wort aus und malt die einzelnen Buchstaben auf die Hand oder den Rücken des Nachbarkindes, welches die Augen geschlossen halten muss. Das Wort wird von Schüler zu Schüler weitergegeben und der letzte Schüler nennt das Wort (vgl. ebd., S. 86). Um eine direkte Verbindung zum Religionsunterricht herzustellen, können ausschließlich Wörter genommen werden, die im Religionsunterricht schon einmal besprochen worden sind. Um die Übung für die Kinder etwas ansprechender zu gestalten, können alle Kinder ihre Augen geschlossen halten und darauf warten, dass ihr Nachbarkind ihre Hand ergreift. Somit bekommt die Klasse zusätzlich ein intensiveres Gemeinschaftsgefühl.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Stilleübungen im Religionsunterricht
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V131322
ISBN (eBook)
9783640414567
ISBN (Buch)
9783640413294
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Stilleübungen, Religionsunterricht
Arbeit zitieren
Christina Schlicker (Autor:in), 2008, Stilleübungen im Religionsunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131322

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