Die unmittelbare Rolle des Wernerius de Bologna im Investiturstreit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 Wernerius de Bologna
2.1 Herkunft und erster Lebensabschnitt
2.2 Werk und Wirkung

3 Die Markgräfin Mathilde von Tuscien
3.1 causidicus Wernerius
3.2 ... auf Bitten der Gräfin Mathilde

4 Wernerius und die Universität Bologna
4.1 Wernerius, Warnerius, Uuarnerius und Guarnerius
4.2 magister in artibus
4.3 Die Rezeption des römischen Rechts

5 Wernerius und Heinrich V
5.1 Die Wahl des Gegenpapstes Gregor III
5.2 Die Einführung des usus fructus in das Lehnsrecht
5.3 Das Privileg für Bologna
5.4 Das Wormser Konkordat

6 Schlussbemerkung

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In dieser Seminararbeit sollen anhand von ausgewählten Aufsätzen und Ab-handlungen verschiedener Autoren, wie Johannes FRIED und Hermann LANGE, Werk und Wirkung des Gelehrten WERNERIUS näher betrachtet werden. Neben einem kurzen Lebenslauf soll der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der unmittelbaren Rolle des WERNERIUS im Investiturstreit gelegt werden. Ein Hauptaugenmerk wird dabei der Fragestellung gewidmet sein, in wie weit man heute noch in Bezug auf die Ent-stehung der Universität Bologna zwischen Mythos und Wirklichkeit des WERNERIUS unterscheiden kann. Im Speziellen soll dabei ein grundsätzlicher Blick auf die Aus-sagekraft der überlieferten Quellen geworfen werden, indem auch der Frage nachge-gangen werden soll, ob und wie weit die vertieften Kenntnisse der justinianischen Kodifikation des antiken römischen Rechts des WERNERIUS erst für die Gräfin MATHILDE und dann später auch für den Kaiser HEINRICH V. im Investiturstreit von Bedeutung waren und welche Nachwirkung damit erzielt wurde.

Als wissenschaftliche Grundlagen zur Klärung dieser Fragen dienen unter ande-rem die mit WERNERIUS in Verbindung stehenden überlieferten Urkunden aus dem Werk „ Wernerius Bononiensis Iudex. La figura storica d´Irnerio“ des Autors Enrico SPAGNESI sowie „ Die Chronik des Propstes Burchard von Ursberg“ die von Oswald HOLDER EGGER und Bernhard VON SIMSON editiert wurde. Neben Aufsätzen wie „... auf Bitten der Gräfin Mathilde". Werner von Bologna und Irnerius“ von Johan­nes FRIED und „Irnerius als Rechtsberater der Mathilde. Seine Rolle und seine Be-deutung im Investiturstreit“ von Wulf Eckart VOSS wird auch Sekundärliteratur, wie die Monographie Hermann LANGEs „Römisches Recht im Mittelalter. Die Glossato-ren“ hierfür herangezogen, um auch die Untersuchungen anderer Fachleute sowie den Forschungsstand mit einzubeziehen.

2 Wernerius de Bologna

2.1 Herkunft und erster Lebensabschnitt

Über den ersten Lebensabschnitt des Menschen WERNERIUS weiß man so gut wie nichts. Man kennt weder die Familie, aus der er hervorging, noch sein genaues Ge-burtsjahr. Selbst hinsichtlich seines Geburtsortes bestehen in der Forschung bis heute noch große Unsicherheiten. Zu Lebzeiten ist er immerhin in 14 Urkunden bezeugt, von denen zehn im Original erhalten blieben.1 In fünf Urkunden von 1112 bis 1116, die mit ihn in Verbindung stehen, wird ihm des Öfteren die Herkunftsbezeichnung bononiensis bzw. de Bononia hinzugefügt.2 Aus diesem Grunde taucht in der Fachli-teratur der Begriff Wernerius de Bologna sehr häufig auf, welches ihn zum einen als Bologneser anspricht und zum anderen aber auch als Ort seiner Tätigkeit verstanden werden kann. Gesicherte Kenntnisse diesbezüglich gibt es jedoch bis heute nicht.

Obwohl der Name WERNERIUS germanisch klingt und eine in München befindli-che Handschrift einer kanonistischen Summa Quaestionum ihm den Beinamen teuto-nicus zuschreibt3, ist seine Nationalität nicht mit Sicherheit zu bestimmen, denn germanisch klingende Namen haben im 11. und 12. Jh. in Oberitalien viele Persön-lichkeiten getragen, deren Abstammung aus einer italienischen Familie zweifelsfrei feststeht und den Beinamen teutonicus kann WERNERIUS auch wegen seiner engen Bindung zum deutschen Kaiser HEINRICH V. erhalten haben.4 Somit spricht mit großer Wahrscheinlichkeit vieles für die geographische Verortung der Herkunft des WERNERIUS in der näheren Umgebung von Bologna, denn wenn es sich um einen Fremden gehandelt hätte, wären für Hermann LANGE sicherlich deutlichere Hinweise in Bezug auf seine Herkunft gemacht worden.5

Diese räumliche oder inhaltliche Differenzierung durch die Belegung mit dieser Herkunftsbezeichnung lässt sich somit ebenfalls nicht ganz ei]ndeutig klären, jedoch macht dieser Befund zumindest deutlich, dass WERNERIUS zu Bologna einen engeren biographischen Bezug als zu anderen Städten hatte und er schon seit seinem ersten Auftreten als zu Bologna gehörig wahrgenommen wurde. Diese These wird auch von Gundula GREBNER gestützt, die in seinen Unterschriften einige paläographische Merkmale erkennt, die in ihrer Kombination auf einen bestimmten Bezug des WERNERIUS zur zeitgenössischen Bologneser Schriftlichkeit sowie einigen Gewohn-heiten des Bologneser Notariats schließen lassen.6

2.2 Werk und Wirkung

Im Bezug auf sein literarisches Erbe hat sich WERNERIUS auf die literarische Form der indirekten Lehre, der sogenannten Glosse, konzentriert. Die von ihm über-lieferten Handschriften weisen mehrere tausend von ihm stammenden Anmerkungen im fast gesamten Corpus Iuris aus, von denen bislang nur wenige gedruckt sind.7 Allerdings sind ins Detail gehende Urteile bisher schwer möglich, da hinsichtlich der Sigle des WERNERIUS in der Forschung immer noch große Unsicherheiten bestehen. Jedoch lässt sich feststellen, dass durch WERNERIUS, der die Literaturform der Glosse zwar nicht erfunden hat, das Glossenmaterial aber durchaus an Bedeutung gewonnen hat, denn seine Glossen zeugen von einem gründlichen Verständnis der justiniani-schen Rechtsquellen, welches in seinem Umfang den Grundstock der gesamten Rechtswissenschaft der Glossatoren ausmachte.8

Darüber hinaus hat WERNERIUS Wesentliches geleistet, indem er von der in seiner Zeit aufgefundenen Novellensammlung – des Authenticum – Auszüge angefertigt und diese den Partien des Codex angefügt hat, die durch die Novellen ergänzt oder abgeändert wurden. Da nach aller Wahrscheinlichkeit keine Vorarbeit dazu erbracht worden ist, gilt WERNERIUS als Schöpfer der über 200 Authentiken die ACCURSIUS in die Glossa ordinaria aufgenommen hat und die in den folgenden Jahrhunderten als gesetzes-gleiche Bestandteile des Corpus iuris angesehen werden.9 Ob er noch ande-re Schriften als die Authentiken und die Glossen hinterlassen hat, ist ungewiss und zudem auch nicht sehr wahrscheinlich.

Allerdings sind in Bezug auf die Jahre 1118 bis 1125 keine Dokumente bekannt, die weitere Auskunft über das Leben des WERNERIUS geben könnten. Er wird erst wieder – und zugleich letztmalig – anlässlich eines Schiedsspruches vom 10. Dezember 1125 erwähnt.10 Sein Todesjahr ist ebenfalls wie sein Geburtsjahr ungewiss, jedoch könnte WERNERIUS vor 1129 gestorben sein, da in diesem Jahr urkundlich Erben, heredes Guarnerii , Erwähnung fanden.11

3 Die Markgräfin Mathilde von Tuscien

3.1 causidicus Wernerius

Außer Frage steht hingegen die praktische Tätigkeit des WERNERIUS im Um-kreis der Markgräfin MATHILDE von Tuscien, einer einflussreichen Frau des Investi-turstreites, die ausreichend Stoff für kontroverse Diskussionen bietet.12 Sie war, wenn man ihr ländliches Eigentum und das ihr vom Kaiser übertragene Lehen zu-sammennimmt, Herrin über fast ganz Oberitalien.13 Zudem war sie durch ihr mütter-liches Erbe auch sehr stark in Lothringen präsent. Im Investiturstreit hatte sie auf Canossa, der Stammburg ihrer väterlichen Linie, bekanntlich zwischen dem Salier HEINRICH IV. und dem Papst GREGOR VII. vermittelt und eine – wenn auch nicht lang andauernde – Verständigung herbeigeführt.14 Selbst nachdem sie ihr Eigentum als Sondervermögen dem Stuhl Petri geschenkt hatte, verwaltete sie ihr ehemaliges Eigentum nach wie vor selbstständig und nahm weiterhin Belehnungen sowie Schenkungen vor.

Diesbezüglich erscheint WERNERIUS im Umfeld der MATHILDE als causidicus in einem im Mai des Jahres 1113 verfassten Placitum von Baviana – wahrscheinlich in der Nähe von Modena, und als solcher ist er auch in einem weiteren am 28. Juni 1112 abgefassten Placitum von Cornacervina in der Toscana, dem ältesten gesicher-ten Dokument, welches es über ihn gibt, bezeichnet.15 Der Titel des causidicus ist eine zeitgenössische Bezeichnung für den Sachverwalter und den Berater sowohl innerhalb als auch außerhalb von Rechtsstreitigkeiten, kann aber auch als ein Gehilfe von Richtern und Urteilern verstanden werden.16 Dabei fällt auf, dass WERNERIUS in den von ihm überlieferten 14 Urkunden stets unter den Ranggleichen an prominenter, sogar meist an erster Stelle genannt wird, wenn die Dokumente mehrere Mitwirken-de anführen, welches auf ein besonderes Ansehen bereits zu dieser Zeit schließen lässt.

[...]


1 Vgl. SPAGNESI, Enrico: Wernerius Bononiensis Iudex . La figura storica d´Irnerio, Firenze 1970, S. 28 – 106, der in dieser Edition diese Urkunden gesammelt und mit reichhaltigen Erläuterungen sowie Abbildungen versehenen hat. Sie werden im folgenden als sp1 – sp14 zitiert.

2 Vgl. SPAGNESI, Enrico: Bononiensis in sp1, sp6 und sp8 durch die beiden Richter Teuzo und Obertus, de bononia in sp2 (Schreiber unbekannt) und sp5 durch den sacri palacii notarius Dominicus.

3 Vgl. NÖRR, Wolfgang Knut: Zur Herkunft des Irnerius, ZSS. 82, o.O. 1965, S. 327 ff. Und zudem PACE, Giacomo: Garnerius Theutonicus , RIDC 2, o.O. 1991, S. 24 f..

4 Vgl. FRIED, Johannes: ... "auf Bitten der Gräfin Mathilde". Werner von Bologna und Irnerius. In: HERBERS, K. (Hg.), Europa an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert. Beiträge zu Ehren von Werner Goez, Stuttgart 2001, S. 187. Er hält diese Be-zeichnung eher als Schimpfname für einen Mann, der zu lange mit dem deutsch-römischen Kaiser kollaboriert hatte.

5 Vgl. LANGE, Hermann: Römisches Recht im Mittelalter. Die Glossatoren, Bd. 1, München 1997, S.155.

6 Vgl. GREBNER, Gundula: Die urkundlichen Erwähnungen des Wernerius In: HERBERS, K. (Hg.), Europa an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert. Beiträge zu Ehren von Werner Goez, Stuttgart 2001, S. 202 ff..

7 Eine vollständige Edition der mit WERNERIUS zusammenhängenden Quellen ist zurzeit nicht verfügbar. SPAGNESI, Enrico: Wernerius Bononiensis Iudex , beschäftigt sich nahezu ausschließlich mit den Urkunden; für die Zeugnisse aus Glossen ist man auf die Werke von SAVIGNY, Friedrich Carl von: Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter, 8 Bde., Darmstadt 1960, S. 426 ff. angewiesen.

8 Vgl. LANGE, Hermann: Römisches Recht im Mittelalter, S.160.

9 Ebd., S. 161.

10 Vgl. SPAGNESI, Enrico: Wernerius Bononiensis Iudex , sp14, S. 100 ff..

11 Vgl. GREBNER, Gundula: Wandel der notariellen Kultur und Wechsel der Generationen in der Entstehung von Schulen und Kommune in Bologna 1050 – 1150, o.O. 1999.

12 Vgl. DONIZO: Vita der Mathilde von Canossa aus dem Codex Vaticanus Latinus 4922. In: Belser-Faksimile-Editionen aus der Bibliotheca Apostolica Vaticana, 1984, fol. 49. Das bekannte Bild aus der Mathildenvita stellt als zeitgenössische Quel-le MATHILDEs unmittelbarer Rolle im Investiturstreit dar.

13 Vgl. GOEZ, Werner: Lebensbilder aus dem Mittelalter. Die Zeit der Ottonen, Salier und Staufer, 2. Aufl., Darmstadt 1998, S.254.

14 Vgl. VOSS, Wulf Eckart: Irnerius als Rechtsberater der Mathilde, S.74.

15 Vgl. SPAGNESI, Enrico: sp1 und sp2, S. 36 ff.. Placitum ist im weitesten Sinne jede Versammlung, in der beraten wird und Beschlüsse gefasst werden.

16 Vgl. LANGE, Hermann: Römisches Recht im Mittelalter, S.155.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die unmittelbare Rolle des Wernerius de Bologna im Investiturstreit
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte )
Veranstaltung
Die Macht des mittelalterlichen Papsttums
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V131227
ISBN (eBook)
9783640414444
ISBN (Buch)
9783640408528
Dateigröße
589 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Investiturstreit, Wernerius, Irnerius, Werner von Bologna, Wernerius Bononiensi, Wernerius de Bologna, Glossatoren, Glosse, Authenticum, Mathilde von Tuscien, usus fructus, Rechtsgeschichte, Lehnsrecht, Privileg für Bologna, Wormser Konkordat
Arbeit zitieren
André Schmidt (Autor:in), 2006, Die unmittelbare Rolle des Wernerius de Bologna im Investiturstreit , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131227

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