Bildungs- und Kompetenzstandards in der Berufsausbildung II

Begleitende Ausführungen zur BIBB-Studie


Term Paper, 2009

17 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Kompetenzdiskurs und der Lösungsansatz des BIBB
2.1. Kompetenzdiskurs um den EQR, im internationalen Vergleich und in der Berufsbildung
2.1.1. Kompetenzdiskurs um den Europäischen Qualifikationsrahmen
2.1.2. Kompetenzdiskurs im internationalen Vergleich
2.1.3. Die Reform des BBiG von 2005
2.2. Kompetenzverständnis von Heinrich Roth
2.3. Aufgreifende Darstellung des modifizierten Kompetenzmodells des BIBB im Vergleich zum anfänglich geplanten Ansatz

3. Diagnostik und kompetenzbasierte Ausbildungsordnungen
3.1. Bedeutung der Diagnostik in der Berufsbildung
3.2. Übertragung auf Ausbildungsordnungen und die Erprobung am Beispiel viererAusbildungsberufe

4. Erste Auswertungsergebnisse und Ergebnisse aus der Erhebung
4.1. Schneidung von Handlungsfeldern
4.2. Bestimmung der Kompetenzen in den Handlungsfeldern
4.3. Vorschläge für die Gestaltung von kompetenzbasierten Ausbildungsordnungen

5. Ausblick und Fazit

Quellen

1.Einleitung

Gerade in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise zeigt sich die Bedeutung von beruflicher Handlungskompetenz. Seit Ende 2008 steht die Weltwirtschaft vor einem Desaster, das seinesgleichen sucht und lassen Kurzarbeit und Mitarbeiterfreisetzung auf die Tagesordnung von Unternehmungen treten. Arbeitslosenzahlen von 3,6 Millionen Menschen lassen auf Grund der unberücksichtigten Teilzeitarbeitnehmer nur erahnen, welche Wirkung die Krise auf den Arbeitsmarkt hat und umso erschreckender die Nachricht, dass die Anzahl der offiziell gemeldeten Arbeitslosen seit 1928 erstmals im Kalendermonat März wieder gestiegen ist.[1]

Sicherlich kann die Berufsbildungsforschung mit der Kompetenzforschung keine Linderung der gegenwärtigen Situation herbeiführen, aber sie kann dadurch sehr wohl die Weiterentwicklung des vormals gültigen Qualifikationsbegriffes begründen. Stand bisher die Verwertbarkeit der Mitarbeiterqualifikation für das Unternehmen im Vordergrund der Berufsausbildung, so steht nunmehr der subjektbezogene Kompetenzerwerbs im Fokus. Der Subjektbezug ermöglicht den Mitarbeitern einen Nachweis über ihre personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen – über die fachlichen Fähigkeiten hinaus –zu erhalten. Dies dient nicht nur der besseren Positionierung am nationalen Arbeitsmarkt, sondern soll auch einen Zutritt zum entgrenzten, internationalen Beschäftigungsmarkt gewährleisten, gleichwohl die Diskussion um den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) noch nicht abgeschlossen ist.

Im Rahmen des Moduls Gestaltung, Evaluation, Forschung und Innovation in der beruflichen Bildung beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit einem Ansatz die Kompetenztheorie im Kontext beruflichen Lernens umzusetzen. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erforscht seit Beginn 2007 Kompetenzstandards in der Berufsausbildung. Unter der Leitung von Frau Dr. Katrin Hensge werden ein Modell zur Kompetenzmessung in der Berufsausbildung und Gestaltungshinweise zur Erstellung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen erforscht. Aufbauend auf dem Forschungsantrag, Zeitschriftenartikeln und unveröffentlichten Dokumenten des BIBB wird sich die vorliegende Arbeit konzentrisch mit der Forschungshypothese des Projekts beschäftigen: „Berufliche Handlungsfähigkeit lässt sich in einem allgemeinen Modell von Kompetenzen hinreichend formalisieren und konkretisieren. Aus den beruflichen Handlungen lässt sich ein berufsspezifisches Anforderungsgefüge gewinnen, das in Aufgabenstellungen konkretisiert und überprüft werden kann.“[2]

Da dies die zweite Ausarbeitung zum Thema der Kompetenzstandards in der Berufsausbildung ist, richtet sich diese Arbeit mehr auf die Betrachtung der Hintergründe zum Forschungsablauf des Projekts. Am Beginn steht ein kurzer und prägnanter Exkurs in die Kompetenzdiskussion, woran sich das zugrunde liegende Kompetenzverständnis und wiederholend das entwickelte Kompetenzmodell anschließen. Im weiteren Verlauf wird die Bedeutung von diagnostischen Verfahren in der Berufsausbildung aufgezeigt, um die Übersetzung des Kompetenzmodells in Handlungsfelder und Kompetenzdimensionen exemplarisch darstellen zu können. Auf Grund der Tatsache, dass die Studie sich noch nicht am Ende befindet, werden abschließend ein weiterer Ausblick sowie ein Fazit die Ausarbeitung des Referats abrunden. Die Arbeit sollte nicht als alleinstehendes, eher als fortschreibendes Werk betrachtet werden, da auf die vorangegangenen Inhalte nicht erneut vertieft eingegangen wird.

2. Der Kompetenzdiskurs und der Lösungsansatz des BIBB

2.1. Kompetenzdiskurs um den EQR, im internationalen Vergleich und in der Berufsbildung

Wie in der Einleitung bereits erwähnt, bietet es sich zunächst an eine kurze Betrachtung der unterschiedlich geführten Kompetenzdiskurse vorzunehmen, um die Notwendigkeit eines einheitlichen Kompetenzverständnisses in der Berufsbildung aufzuzeigen. Die folgenden Ausführungen zeigen neben der Bedarfsklärung auch einen Überblick über ordnungspolitische Vorgaben auf, welche im Prozess der Entwicklung eines Kompetenzmodells zu berücksichtigen sind.

Beispielhaft werden hierzu der Diskurs um den Europäischen Qualifikationsrahmen, die internationalen Vergleichsstudien im allgemeinbildenden Bereich sowie der Kompetenzdiskurs in der Berufsbildung zweckdienlich dargestellt.

2.1.1. Kompetenzdiskurs um den Europäischen Qualifikationsrahmen

Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR), der 2004 vom Europäischen Rat beschlossen wurde, zielt auf die Entwicklung eines europäischen Bildungs- und Beschäftigungsraumes. Der geschaffene Metarahmen für unterschiedliche Bildungs- und Beschäftigungssysteme soll durch die jeweiligen Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) die Bildungsabschlüsse und Lernleistungen vergleichbar und transparent machen sowie die Mobilität im europäischen Bildungsraum fördern. Der EQR misst auf acht Niveaustufen erworbene Qualifikationen und angeeignete Kompetenzen. Die Kompetenzdefinition, die dem Europäischen Rat zugrunde liegt, gilt es in den Ländern der Europäischen Union entsprechend an ihrem Bildungs- und Beschäftigungssystem angepasst in einen NQR zu übersetzen.[3]

Um dies zu ermöglichen, bedarf es eines einheitlichen Kompetenzverständnisses in Deutschland und eines verlässlichen Instrumentariums, welches Kompetenzen in der Berufsbildung messen kann. In der weiteren Konsequenz bedeutet dies auch eine Anpassung der aktuellen Ausbildungsordnungen zu kompetenzbasierten Ausbildungsordnungen, so wie die Lehrpläne im allgemeinbildenden Bereich bereits durch die Klieme-Expertise ab 2003 modifiziert wurden.

2.1.2. Kompetenzdiskurs im internationalen Vergleich

Die Debatte um die Bildungsqualität in Deutschland, die durch die Ergebnisse der PISA-Studien entfacht wurde, zog die Einführung nationaler Bildungsstandards im allgemeinbildenden Bereich nach sich. Diese nunmehr evaluierbaren Bildungsstandards treffen allgemeine Aussagen zu Lerninhalten in Grund-, Haupt- und Mittelschule. Eine Konkretisierung der allgemein gehaltenen Bildungsstandards wird durch ausformulierte Kompetenzanforderungen, die als Mindestanforderung Kompetenzen beschreiben, welche ein Schüler bis zum Messzeitpunkt erworben haben sollte. Dieser Qualitätsindikator für den allgemeinbildenden Bereich findet sich heute in nahezu allen Fächern wieder.[4]

2.1.3. Die Reform des BBiG von 2005

Die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes von 2005 verfolgte die Herausstellung der beruflichen Handlungsfähigkeit, so wurde der erste Paragraph dahingehend geändert, dass diese berufliche Handlungsfähigkeit nun das Leitziel der Berufsausbildung sein muss. Im Fokus der Bearbeiter lag somit die Übertragbarkeit des erlernten Berufs auch über den ausbildenden Betrieb hinaus zu gewährleisten. Über berufliches Wissen und Fähigkeiten hinaus soll die Orientierungsfähigkeit am Arbeitsmarkt sowie die Weiterentwicklungsperspektive des Auszubildenden vermittelt werden, um somit eine berufliche Handlungskompetenz abzubilden.[5] Der Kompetenzbegriff unterscheidet sich vor allem durch seinen Subjektbezug vom Qualifikationsbegriff und verstärkt somit die Bedeutung der Befähigung zum selbstverantwortlichen Handeln.[6]

Die Kompetenzorientierung im europäischen Raum und im allgemeinbildenden Bereich wirkt sich somit auch auf den berufsbildenden Bereich aus und erfordert nun adäquate Wege und anschließend Instrumentarien, die Kompetenzen diagnostizieren und messbar machen. So bedient man sich zunächst gültiger Konzepte, um ein solches Kompetenzmessverfahren zu entwickeln. Bevor ein solcher Schritt erfolgen kann, gilt es zunächst einen Kompetenzbegriff zu definieren, der einem Modell zugrunde gelegt werden kann. Hierzu wird zunächst auf die Anthropologie von Heinrich Roth zurückgegriffen, welche nun im Folgenden näher vorgestellt wird bevor das Kompetenzstrukturmodell des BIBB in seiner nun variierten Form vorgestellt wird.[7]

2.2. Kompetenzverständnis von Heinrich Roth

Viele Kompetenzmodelle gehen auf die Anthropologie (1971) von Heinrich Roth zurück, denn er beschreibt mittels Entwicklungsstufen die menschliche Handlungsfähigkeit als Oberziel des Zusammenspiels von Erziehung und Entwicklung. Die höchste Innovationsstufe bildet dabei das freie, mündige, kritische und verantwortungsvolle Handeln eines Menschen.[8] So ist das Ziel des Lernens vorhandene Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster aufzulösen und neu zu formieren bis hin zur kritischen Kreativität. Weiterhin soll der Mensch lernen, wie und wofür er Wissen verantwortungsvoll einsetzen kann. Somit baut diese mündige moralische Entscheidungshandlung auf intellektueller sowie sozialer Mündigkeit auf und ist vergleichbar mit einer umfassenden beruflichen Handlungsfähigkeit. Heinrich Roth unterscheidet Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz, welche sich durch einen bereits realisierten Zustand (der Einsicht) bis hin zur Handlungsbefähigung (Kompetenz) entwickeln. Im Einzelnen bedeutet dies: Kognitive Lernprozesse bedingen die Entwicklung einer Sachkompetenz, soziale Lernprozesse die Sozialkompetenz, wobei beide Lernprozesse auch moralische Lernprozesse initiieren. Am Ende der Prozesse steht die Selbstkompetenz als Ergebnis der vorangegangenen Sach- und Sozialkompetenz. Roth stuft somit die Kompetenzen und stellt die moralische Mündigkeit zur Selbstbestimmung der Person (Selbstkompetenz) als Ergebnis heraus.[9]

Lothar Reetz transferiert 1984 den Ansatz in den beruflichen Bereich und beschreibt die Sach-, Sozial- und humane Selbstkompetenz als fachlich-funktionale, prozessabhängige Qualifikation, als humane, soziale, politische Qualifikation sowie als allgemeine, prozessunabhängige Qualifikation. Dabei wird die Sachkompetenz als Fähigkeit verstanden, sich über die Spezialität des Arbeitsplatzes hinaus durch Einsicht und Problemlösefähigkeit wechselnden Anforderungen gerecht zu werden. Sozialkompetenz beschreibt Reetz als die Fähigkeit, aus beruflichen Selbstbewusstsein und solidarischem Einverständnis handeln zu können, um schließlich als mündiger Mensch im Sinne der humanen Selbstkompetenz selbstbewusst und selbstverantwortlich zu handeln.[10]

Die vorgestellt beschriebenen Sachverhalte und bündigen Erklärungen dienten dem BIBB als Grundlage der Arbeit. Eine tiefergreifendere Darstellung ist an dieser Stelle nicht nötig, da die Studie lediglich auf diese grundlegenden Inhalte verweist und in ihrer Umsetzung diese nicht weiterverwendet. Dennoch sind die Ausführungen für das Gesamtverständnis notwendig, um nun im Anschluss die Änderungen am Projekt der Kompetenzstandards in der Berufsausbildung aufzuzeigen.

[...]


[1] Vgl. http://www.premiumpresse.de/arbeitslosenstatistik-maerz-2009-erstmals-seit-1928-stieg-die-zahl-der-arbeitslosen-in-einem-maerz-PR430949.html [22.04.2009]

[2] Vgl. Hensge (2008b), S.3

[3] Vgl. Lorig (2007), S. 1

[4] Vgl. Lorig (2007), S. 2

[5] Vgl. Lorig (2007), S. 3

[6] Vgl. Dehnbostel (2007), S. 31

[7] Zunächst beabsichtigte das BIBB ein Kompetenzentwicklungsmodell zu entwickeln, wovon nunmehr wieder abgesehen wird.

[8] Vgl. http://www.gramlinger.net/f_arbeit/publ/2000_Uefa_auf_Weg_zur_Lernfirma.pdf [24.04.2009], S. 75

[9] Vgl. http://www.gramlinger.net/f_arbeit/publ/2000_Uefa_auf_Weg_zur_Lernfirma.pdf [24.04.2009], S. 77

[10] Vgl. http://www.gramlinger.net/f_arbeit/publ/2000_Uefa_auf_Weg_zur_Lernfirma.pdf [24.04.2009], S. 87

Excerpt out of 17 pages

Details

Title
Bildungs- und Kompetenzstandards in der Berufsausbildung II
Subtitle
Begleitende Ausführungen zur BIBB-Studie
College
Helmut Schmidt University - University of the Federal Armed Forces Hamburg
Course
Veranstaltung: Kompetenztheorie im Kontext beruflichen Lernens
Grade
1,3
Author
Year
2009
Pages
17
Catalog Number
V131219
ISBN (eBook)
9783640367887
ISBN (Book)
9783640368181
File size
838 KB
Language
German
Keywords
Bildungs-, Kompetenzstandards, Berufsausbildung, Begleitende, Ausführungen, BIBB-Studie
Quote paper
David Wolf (Author), 2009, Bildungs- und Kompetenzstandards in der Berufsausbildung II, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131219

Comments

  • No comments yet.
Look inside the ebook
Title: Bildungs- und Kompetenzstandards in der Berufsausbildung II



Upload papers

Your term paper / thesis:

- Publication as eBook and book
- High royalties for the sales
- Completely free - with ISBN
- It only takes five minutes
- Every paper finds readers

Publish now - it's free