Geschichtswissenschaftliche Filminterpretation: Frank Beyer - Spur der Steine (DDR 1966)


Hausarbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Inhaltsangabe

2 Vorstel ung des Autors: Erik Neutsch

3 Vorstel ung des Regisseurs: Frank Beyer

4 Künstleri sch/technische Dimension des Films
4.1 Vorstel ung der Schauspieler
4 . 2 Darste lerische Merkmale und Anspielungen

5 Historisch/gesel schaftlicher Kontext der Filmentstehung
5 . 1 Vom Mauerbau zum Jugendkommuniqué
5 . 2 Wandel der Ku turpolitik in Folge des VI . Parteitages der SED
5 . 3 Einfluss des Machtwechsels in der Sowjetun i on
5 . 4 XI . Plenum des ZK der SED im Dezember 1965

6 Wirkungsgeschichte des Films

7 Fazit

8 Literatur - und Quellenverzeichnis

1 Inhaltsangabe

Der Film „Spur der Steine“ wurde 1966 unter der Regie von Frank Beyer im Auftrag der Deutschen Film AG (DEFA) basierend auf dem 1964 erschienenen, gleichnami-gen Bestseller-Roman von Erik Neutsch produziert und nach seiner Premiere abge-setzt. Er behandelt die Liebesbeziehung dreier Akteure auf einer Großbaustelle der DDR zum Ende der 1950er Jahre, die gegen Plansoll und Missstände ankämpfen und letztlich an moralischen Grundfesten der sozialistischen Republik scheitern.

In einer Rahmenhandlung erzählt der Film, unter Rückgriff auf Zeugenaussagen, die Entstehungsgeschichte und Ursachen eines laufenden SED-Parteiverfahrens auf der Großbaustelle der Industrieanlagen Schkona. Das Verfahren wird gegen den jungen, dynamischen Parteisekretär der Großbaustelle geführt, der wegen eines außereheli-chen Kindes des unmoralischen Verhaltens, Karrierismus und politisch-ideologischem Versagens bezichtigt wird.

Dieser erfolgreiche Parteifunktionär Werner Horrath wird als neuer Parteisekretär auf der prestigeträchtigen Großbaustelle von Industrieanlagen in der fiktiven Stadt Schkona eingesetzt und findet unter der Führung des überforderten Oberbauleiters Trutmann erhebliche Missstände vor, die in erster Linie aus der bedingungslosen Erfüllung des Plansolls trotz fehlender Baumaterialien und unausgereifter Baupläne resultieren. Dynamisch geht er Veränderungen an und wird schnell trotz wirksamer Maßnahmen von der Parteileitung aufgrund seines eigenmächtigen Vorgehens ge-rügt, was ihn nicht aufhalten lässt, das Mangelmanagement zu bekämpfen. Die be-dingungslos geforderte Unterordnung unter Parteibeschlüsse wird hier sehr früh und deutlich unterstrichen.

Inmitten dieser Umgebung agiert der derbe, draufgängerische Brigadier Hannes Bal-la mit anarchistischen Methoden, um sein planwirtschaftlich nachrangiges Baupro-jekt fortzuführen und seiner Brigade das Einkommen und Prämien zu sichern, wes-halb er in dieser höchste Anerkennung genießt. Dabei macht er auch nicht vor pirate-ristischen Akten halt, indem er Zulieferer besticht oder schlicht ihr Baumaterial raubt. Die Gefolgschaft seiner Brigade und der renitente Charakter des Zimmer-manns werden bereits zu Beginn des Films verdeutlicht, als er sich mit seiner Briga­de gegen den Menschenstrom der Arbeiter der Baustelle drängt, die sich an einem heißen Sommertag zu einer Parteikundgebung begeben, um die Zeit statt dessen lie-ber in der Dorfkneipe zu verbringen. Als die Truppe im alkoholisierten Zustand ent-blößt die Abkühlung im Dorfteich sucht, zeigt sich die Ablehnung der Staatsautorität deutlich darin, dass der herbeieilende Volkspolizist vor den Augen der Dorföffent-lichkeit nach seiner ausgesprochenen Ermahnung in den Teich gezogen wird. Zur gleichen Zeit tritt auch die junge, selbstbewusste Ingenieurin Kati Klee auf eigenen Wunsch ihren Dienst auf der Großbaustelle Schkona an. Ideologisch geprägt und von FDJ-Idealismus getragen, sucht sie die persönliche Herausforderung in der Männer-welt Großbaustelle und trifft auf offene Ablehnung und Vorbehalte, die ihr gleich bei Ankunft durch den Oberbauleiter Trutmann entgegen gebracht werden. Dem trotzi-gen Aktionismus der attraktiven Frau begegnet dieser mit ihrem Einsatz beim rauen, aufmüpfigen Brigadier und Frauenheld Balla, nicht zuletzt in der Hoffnung, dort die Arbeiten zu Gunsten des Wasserwerkes und somit des Plansolls zu bremsen. Ballas Methoden bezeichnet sie bei der ersten Begegnung treffend als „Wegelagerei“. Ne-ben diesen 3 Hauptakteuren sind weitere Akteure der, wie Balla und Kati Klee eben-falls am Rückkühlwerk eingesetzte, parteilose und resignierende Ingenieur Hessel-barth, der ideologietreue 2. Parteisekretär Bleibtreu sowie die väterliche Figur des 1. Sekretärs der Bezirksleitung Jansen, der die Verhandlung gegen Horrath vorbehaltlos leitet. Horrath, der vom Benehmen und der Arbeitswütigkeit der Ballas zuerst durch die Folgen des Schwimmens im Dorfteich erfährt, ist interessiert an der Brigade und sucht die erste Begegnung im strömenden Regen auf der Baustelle. Ablehnung, Spot und Distanz stellt er sich und lässt sich auf das Duell mit Balla im so genannten Zimmermannstanz ein. Als der physisch weit überlegene Brigadier, der Horrath re-spektlos „Blonder“ nennt, diesen dabei vom Schemel stößt, landet er direkt vor den Füßen der Ingenieurin Kati Klee. Diese zugespitzte Situation stellt zugleich die erste Zusammenkunft aller 3 Hauptprotagonisten dar. Die Fronten zwischen den starken Charakteren Balla und Horrath sind somit abgesteckt und der Konkurrenzkampf um die junge Ingenieurin entfacht, was die Rivalität der beiden Männer nur verstärkt. Kati Klee verliebt sich bald darauf in den verheirateten Familienvater Horrath - die Liebesaffäre wird aufgrund der Stellung des Parteisekretärs geheim gehalten. Fortan nimmt Kati Klee eine Vermittlerrolle zwischen den beiden buhlenden Männern wahr. Besonders deutlich dargestellt wird dies im Rahmen der Jahresabschlussfeier der Belegschaft: Im Verlauf einer hitzigen Diskussion beider Männer um Prämien, die Horrath den Ballas aufgrund Disziplinlosigkeit verwehrt, schlichtet Kati Klee bei drohender Eskalation elegant und diplomatisch durch die Aufforderung zum Tanz. Getragen von Zuneigung zu Kati Klee lässt Balla sich mehr und mehr auf Zuge-ständnisse gegenüber der Bauleitung ein und verliert zunehmend den Rückhalt seiner Brigade, die zu zerbrechen beginnt. Dies gipfelt in der plötzlichen Zustimmung Bal-las zur Einführung eines 3-Schichtensystems, das er zuvor stets deutlich ablehnte. Nun wandelt sich das zunehmend von mehr Respekt getragene Verhältnis zu Horrath und das Trio Horrath, Balla, Klee steht fortan für das produktivere 3-Schicht-System.

Dies geht soweit, dass Balla sich schließlich in Berlin vor dem Ministerium – den von ihm so genannten „Weltverbesserern“, „Aufpassern“ und „Bleistiftanspitzern“ - für das 3-Schicht-System ausspricht. Als dieses aufgrund mangelnder Baumaterialien und unzureichender Entlohnung zu scheitern droht, wird so auch Ballas Stellung ge-schwächt. Ein von ihm initiierter Streik verläuft mangels Rückhalt im Sande. Der zeitgleich erscheinende Zeitungsartikel von Kati Klee zu diesen Missständen auf der Baustelle trübt das Verhältnis der 3 Hauptdarsteller dann nachhaltig. Horrath ist ge-fordert, den verantwortlichen Oberbauleiter Trutmann abzulösen und Hesselbarth und Kati Klee in die Oberbauleitung zu berufen. Balla erfährt durch eine Verwechs-lung zunächst noch vor dem Vater Horrath von Kati Klees Schwangerschaft. Er ist schwer enttäuscht von ihm, da dieser sich zwar grundsätzlich Kati Klee gegenüber dafür ausspricht mit der Wahrheit ans Licht zu treten, ihre Absicht es weiter zu ver-heimlichen aber zu Gunsten seiner Familie und Karriere dankbar annimmt. Horraths Versprechungen, bald seine Frau zu verlassen, klingen stets unglaubwürdig. Die Angst vor den Konsequenzen, die seine Stellung als Parteisekretär dann unweigerlich mit sich bringen würde sowie sein tiefer Wunsch, weiter auf der Baustelle tätig sein zu dürfen sind deutlich spürbar. In einer eigens angesetzten Parteisitzung zur Vater-schaft des unehelichen Kindes schweigt sich Kati Klee weiter aus und Horrath ent-zieht sich der Verantwortung, indem er den Vorsitz der Sitzung an Bleibtreu abgibt. Nachdem sowohl seine Frau, als auch Kati Klee sich schließlich von ihm trennen, zerbricht Horrath an seinem moralischen Versagen und offenbart sich gegenüber der Parteileitung, die ihn daraufhin von seinem Posten ablöst und als einfachen Arbeiter in Ballas Brigade einsetzt. Was ihm bleibt ist eine gewachsene Freundschaft zu sei-nem ehemaligen Rivalen Balla, der im Verlauf der Handlung eine merkliche positive Wandlung vom rüden, gewalttätigen Raubein zum verantwortungsvollen, konfliktfä-higen Menschen durchlaufen hat. Schlussendlich verlässt Kati Klee nach einem Ab-schiedsbrief Schkona um einen Neuanfang zu wagen. Der Ausgang der Schicksale der Hauptcharaktere bleibt somit der Fantasie der Zuschauer vorbehalten.

Wolf Biermann fasst den Film in seinem schnell zensierten Prolog wie folgt zusam-men: „(...)Das Ding handelt vom Parteisekretär / und von Arbeitsmoral / und Schnaps im Lokal / Und Liebe im Mail mit Tränen dabei / Parteidisziplin / mit na-ckend Ausziehn / mit Plandiskussion / und Hochleistungslohn / Mit Lug und Betrug / Mit Manne Krug / Als Baubrigadier / Kübelt er Bier / Ein Volkspolizist / Fliegt in den Mist / Ein Bürokrat / Schadet dem Staat / Ein Anarchist / Wird Kommunist / Ne schöne Frau / Macht man zur Sau / Sie kriegt ein Kind / Man kriegt davon Wind / Ein Mann geht kaputt / in all dem Schutt / Ne Ehe zerbricht / Gekittet wird nicht / Hier ist nichts gelogen / Nichts grad gebogen / Hier wird nix frisiert und blank poliert / Hier ist das Leben krass und klar / Verrückt und wahr, verrückt und wahr.“1

2 Vorstellung des Autors: Erik Neutsch

Erik Neutsch wurde am 21. Juni 1931 als Sohn einer sozialdemokratischen Arbeiter-familie in Schönbeck/Elbe geboren. Nach dem Abitur 1949 trat er FDJ und SED bei und arbeitete nach erfolgreichem Studium der Philosophie, Publizistik und Gesell-schaftswissenschaften an der Universität Leipzig zunächst als Journalist für die Zei-tung „Die Freiheit“ in Halle/Saale, bevor er dort ab 1960 als Schriftsteller und freier Journalist tätig wurde. Als er 1964 den Stoff für seinem Roman „Spur der Steine“ verfasste, für den er mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet wurde, war er bereits Mitglied der SED-Bezirksleitung in Halle/Saale. Seine Treue zum Sozialis-mus wird nicht zuletzt durch seinen freiwilligen Einsatz als Politoffizier bei der NVA in den Jahren 1970/71 deutlich. Neutsch wurde mehrfach mit Literaturpreisen, dem Nationalpreis und der Verdienstmedaille der DDR ausgezeichnet. Nach der Wende 1989 trat er der SED-Nachfolgepartei PDS bei und ist noch heute parteipolitisch für Die Linke.PDS aktiv.2;3

3 Vorstellung des Regisseurs: Frank Beyer

Frank Paul Beyer wurde am 26. März 1932 in Nobitz / Thüringen als Sohn des städ-tischen Angestellten Paul Beyer und dessen Frau Charlotte geboren. Sein sozialde-mokratischer Vater wurde im doppelten Sinne Opfer der Nationalsozialisten, indem er zunächst nach deren Machtübernahme seine Anstellung verlor und 1943 an der Ostfront fiel. Während seiner Schulzeit bis zum Abitur 1950 fand Beyer bereits über die Antifa-Jugend zum Laienschauspiel und wurde Mitglied der FDJ. Statt seinen Wunsch des Geschichtsstudiums an der Universität Leipzig verwirklichen zu können wurde das SED-Mitglied zunächst als Kreissekretär in Altenburg mit der Leitung des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung beauftragt und sammelte in dieser Zeit Erfahrungen als Theaterkritiker. Als seine angestrebte Delegierung zum Studium an der Filmhochschule in Moskau scheiterte, zog es ihn im Herbst 1952 letztlich an die Filmhochschule in Prag, die er 1957 mit dem Diplom des Regisseurs abschloss um dann für die DEFA zu arbeiten. Nach beeindruckenden Erfolgen und Auszeichnun-gen, insbesondere für die Thematisierung jüngerer deutscher Geschichte und des Nationalsozialismus, musste Beyer nach dem Verbot von „Spur der Steine“ die DEFA verlassen und fand nach Anstellungen bei Theater und DDR-Fernsehen erst 1974 mit seinem größten Erfolg „Jacob der Lügner“, der für den Oscar nominiert wurde, zur DEFA zurück. Als er 1976 eine Protestresolution zur Ausbürgerung Wolf Biermanns unterschrieb, folgte die Ausschließung aus der SED. Durch die Genehmigung, bereits vor der Wende auch in der BRD arbeiten zu dürfen, konnte er nach 1989 schnell an alte Erfolge anknüpfen.

[...]


1 Zit. nach SCHENK, Ralf, 1995, Damit lebe ich bis heute: Ein Gespräch mit Frank Beyer, auf: URL : http://www.ivfk-thueringen.de/filmkatalog/eintrag.php?id=298 (Aufruf 24.07.08)

2 Vgl. Deutsches Historisches Museum, Eric Neutsch, auf: URL
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/NeutschErik/ (Aufruf 19.06.08)

3 Vgl.WIKIPEDIA, Eric Neutsch, auf: URL http://de.wikipedia.org/wiki/Erik_Neutsch, (Aufruf 22.06.08)

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Geschichtswissenschaftliche Filminterpretation: Frank Beyer - Spur der Steine (DDR 1966)
Hochschule
FernUniversität Hagen
Veranstaltung
Geschichte von Herrschaft, Staat und Politik
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V131149
ISBN (eBook)
9783640372324
ISBN (Buch)
9783640372010
Dateigröße
638 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Filminterpretation, Frank, Beyer, Spur der Steine, DDR, Manfred Krug
Arbeit zitieren
Kai Hoberg (Autor:in), 2008, Geschichtswissenschaftliche Filminterpretation: Frank Beyer - Spur der Steine (DDR 1966), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131149

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