Die Rechtsprechungsentwicklung bei kreditfinanzierten Immobilienfonds


Diplomarbeit, 2007

77 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II. Einleitung/Problemstellung

III. Abhandlung
1. Allgemeines zu Immobilienfonds
1.1. Immobilienfonds
1.2. Geschlossene Fonds
1.3. Geschlossene Immobilienfonds
1.3.1. Konzeption und Initiierung
1.3.2. Rechtsform
1.3.3. Modelle .
1.3.4. Beteiligung der Anleger an der Fondsgesellschaft
1.3.5. Beteiligung von Banken an Immobilienfonds
1.3.6. Anlageobjekte
1.3.7. Steuerliche Behandlung geschlossener Immobilienfonds
1.3.8. Unterscheidungskriterien v. geschlossenen Immobilienfonds
1.3.9. Abgrenzung zu offenen Immobilienfonds
1.3.10. Vertragliche Gestaltungen
2. Haustürwiderrufsgesetz
2.1. Rechtsgrundlagen
2.1.1. Allgemeines
2.1.2. Anwendungsbereich
2.1.3. Begriffe
2.1.4. Widerrufsrecht
2.2. Rechtsprechung
2.2.1. Rechtsprechung des BGH
2.2.1.1. Widerrufsrecht nach § 1 HWiG
2.2.1.2. Zurechenbarkeit der Haustürsituation
Widerrufsbelehrung nach § 2 HWiG
2.2.1.4. Rechtsfolgen des Widerrufs nach § 3 HWiG
Umgehungsverbot/Unabdingbarkeit nach § 5 HWiG
2.2.1.6. Vertretung bei Abschluss des Darlehensvertrags
2.2.2. Rechtsprechung des EuGH
2.2.2.1. Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EG
2.2.2.2. Heininger-Entscheidung
2.2.2.3. Schulte ./. Badenia
2.2.2.4. Conrads u. a. ./. Crailsheimer Volksbank
2.3. Fazit
3. Verbraucherkreditgesetz
3 3.1. Rechtsgrundlagen
3.1.1. Allgemeines
3.1.2. Anwendungsbereich
3 3.1.3. Begriffe
3.1.4. Mindestbestimmungen in Kreditverträgen
3.1.5. Rechtsfolgen v. Formmängeln o. unvollständigen Angaben
3.1.6. Widerrufsrecht
3.1.7. Verbundene Geschäfte
3.1.8. Einwendungsdurchgriff
3.2. Rechtsprechung
3.2.1. Anwendungsbereich nach §§ 1, 3 VerbrKrG
3.2.2. Schriftform / erforderliche Angaben nach § 4 VerbrKrG
3.2.3. Rechtsfolgen von Formmängeln nach § 6 VerbrKrG
3.2.4. Folgen des Widerrufs nach §§ 7, 9 VerbrKrG
3.2.5. Verbundene Geschäfte nach § 9 VerbrKrG
3.2.6. Rückforderungsdurchgriff nach § 9 Abs. 2 VerbrKrG
3.2.7. Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG
3.3. Fazit
4. Rechtsberatungsgesetz
4.1. Rechtsgrundlagen
4.1.1. Allgemeines
4.1.2. Begriff der Rechtsberatung
4.1.3. Abgrenzung Rechtsberatung / kaufmännische Hilfeleistung
4.2. Rechtsprechung
4.3. Fazit
5. Sonstige Ansprüche des Anlegers
5.1. Allgemeines
5.2. Rechtsprechung
5.2.1. Gesellschaftsvertragliche Nachschusspflichten
5.2.2. Änderung des Gesellschaftsvertrags
5.2.3. Haftungsbeschränkung bei Immobilienfonds
5.3. Fazit

IV. Zusammenfassung

V. Literaturverzeichnis

VI. Abbildungsverzeichnis

VII. Abkürzungsverzeichnis

II. Einleitung / Problemstellung

In den 90er Jahren erwarben infolge des durch die deutsche Wiedervereinigung ausgelösten Immobilienbooms zahlreiche Anleger Immobilien und Beteiligungen an Immobilienfonds als Kapitalanlagemodelle. Unterstützt durch steuerliche Anreize wie die Sonder-Afa Ost1, der staatlichen Euphorie über blühende Landschaften im Osten2 und einer vermeintlich risikolosen und rentablen Kapitalanlage in Immobilien, ließen sich viele Investoren von der damaligen Stimmung anstecken. Etwaigen Bedenken der Investoren hinsichtlich der Lagen, der Gebäude, der erzielbaren Renditen und der Nachhaltigkeit der Investitionen begegneten Bauträger, Fondsinitiatoren und der Vertrieb mit Hochglanzprospekten, Mietgarantien und weiteren Scheinargumenten. Letzte Zweifel der Anleger wurden meist dadurch ausgeräumt, dass den Anlegern, welche oft in sogenannten Haustürsituationen geworben wurden, vom Vertrieb neben den Fondsanteilen, Angebote namhafter Kreditinstitute zur Fremdfinanzierung des Fondsbeitritts, als auch Treuhandverträge mitvermittelt wurden. Die Treuhänder sollten den Fondsbeitritt, den Abschluss der Darlehensverträge und die Verwaltung der Fondsanteile im Namen und für Rechnung der Anleger durchführen, während sich die Aufgabe der Anleger darauf beschränken sollte, die erforderlichen Unterschriften zu leisten, Willenserklärungen abzugeben und einer positiven Entwicklung ihres Immobilienengagements zuzusehen.

Die Realität sah meist anders aus. Die finanziellen Erwartungen der Anleger gingen größtenteils nicht in Erfüllung. Ein großer Teil der Anlagegelder war nicht in die Immobilien geflossen, sondern von den Initiatoren vereinnahmt worden. Die angekündigten Mieten erwiesen sich als unrealistisch und wurden nicht annähernd erreicht. Die Mietgarantien stellten sich als wertlos heraus, weil die kapitalschwachen Mietgaranten in Konkurs fielen. Wollten die geprellten Anleger ihre wertlosen Immobilienengagements und die damit verbundenen Darlehensverträge rückabwickeln, sahen sie sich häufig mit der Situation konfrontiert, dass Fondsinitiatoren, Vermittler und Prospektverantwortliche nicht mehr greifbar oder bereits insolvent waren. Daraufhin stellten die Anleger ihre Tilgungs- und Zinszahlungen an die Banken ein und verlangten Rückzahlung der bereits geleisteten Zahlungen.

Die Banken dagegen bestanden auf der weiteren Erfüllung der Kreditverträge und lehnten jegliche Verantwortung für die von den Anlegern eingegangenen Verpflichtungen ab. Sie vertraten den Standpunkt, dass sie lediglich die Finanzierung der Fondsbeitritte übernommen, mit den Immobilienfonds und etwaigen Täuschungen der Anleger durch die Vermittler oder Fondsinitiatoren selbst jedoch nichts zu tun hätten. Wurden die Willenserklärungen zum Abschluss der Darlehensverträge von den Anlegern widerrufen, forderten die Kreditinstitute, gestärkt durch die bankenfreundliche Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom April 2002 zu sog.

„Schrottimmobilien3“, die umgehende, vollständige Rückzahlung der Darlehensvaluta und die marktübliche Verzinsung der zur Verfügung gestellten Darlehen. In den nachfolgenden Rechtsstreitigkeiten gaben die Oberlandesgerichte meist den Banken Recht. Die Revisionsverfahren vor dem BGH führten zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Zivilsenaten des BGH als auch den Instanzgerichten. Eine unterschiedliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts bei der Rechtsprechung durch die Instanzgerichte und den Bundesgerichtshof erforderte, dass im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren gem. Art. 234 EG die deutsche Rechtsprechung zu kapitalfinanzierten geschlossenen Immobilienfonds vom EuGH hinsichtlich ihrer Konformität mit dem europäischen Recht überprüft wurde.

Auf Grundlage der Rechtsprechung des BGH und der Vorabentscheidungsverfahren des EuGH soll im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit untersucht werden, wie sich die deutsche Rechtsprechung zu kapitalfinanzierten geschlossenen Immobilienfonds seit dem Jahr 2000 entwickelt hat. Der Fokus liegt hierbei auf der Rechtsprechung des BGH, als höchstem deutschen Zivilgericht und dessen Auslegungen der nationalen Gesetze (Haustürwiderrufsgesetz, Verbraucherkreditgesetz und Rechtsberatungsgesetz) als auch des Gemeinschaftsrechts (Haustürgeschäfterichtlinie, Verbraucherkreditrichtlinie). Aufgrund ihrer Bedeutung für die deutsche Rechtsprechung werden die Vorabentscheidungsverfahren des EuGH vom 13.12.2001 und 25.10.2005 aufgegriffen. Es soll untersucht werden, welche Möglichkeiten einem Kapitalanleger in Deutschland zur Verfügung stehen, sich von einem notleidenden Investment in geschlossene Immobilienfonds und den damit verbundenen

Kreditverhältnissen zu trennen und welche Folgen dies für den Kapitalanleger, die Fondsgesellschaft und den Kreditgeber hat.

III. Abhandlung

1. Allgemeineszu Immobilienfonds

1.1. Immobilienfonds

Unter Immobilienfonds versteht man gesellschaftsrechtliche Konstruktionen, welche die Voraussetzungen für eine Finanzierung von Immobiliengeschäften schaffen sollen.

Immobilienfonds sind gleichzeitig Kapitalanlagemodelle. Mit den Fonds sollen Gewinne erwirtschaftet werden, von denen die Anleger profitieren.4 Immobilienfonds werden als offene und geschlossene Fonds angeboten.

1.2. Geschlossene Fonds

Die Gruppe der geschlossenen Fonds umfasst neben Immobilienfonds, Schiffsfonds, Fonds für Zweitmarkt-Kapitallebensversicherungen, Private-Equity-Fonds5 und

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Medienfonds6. Bei geschlossenen Fonds werden die Fondsanteile über einen bestimmten Zeitraum7 zum Verkauf angeboten. Ist die geplante Eigen-kapitalquote erreicht, wird der Fonds geschlossen.

Mit dem eingesammelten Eigenkapital (Einlage der Anleger) und ggf. der Aufnahme von Fremdkapital (Kredite) werden die Kosten für die Emission und den Erwerb bzw. Errichtung der Anlagegüter bestritten. Die Anleger beteiligen sich mit einem vom

Fondsinitiator vorgegebenen festen Betrag (Einlage) langfristig an der Fondsgesellschaft. Ein Börsenhandel oder eine tägliche Preisfeststellung, mit einer damit verbundenen Möglichkeit zur Rückgabe des Fondsanteils an den Initiator, gibt es bei geschlossenen Fonds, im Gegensatz zu Investmentfonds nicht.

1.3. Geschlossene Immobilienfonds

Geschlossene Immobilienfonds sind Kapitalanlagegesellschaften, deren Geschäftszweck auf die Errichtung, den Erwerb und die Verwaltung eines oder mehrerer Immobilienobjekte mit einem im Voraus feststehenden Investitionsvolumen

ausgerichtet ist und die, sobald das Eigenkapital platziert ist, mit einem festen Kreis von Anlegern geschlossen werden.8 Sie dienen primär als Kapitalsammelstelle für solche Immobilienobjekte, deren Finanzierung die Kapitalkraft eines einzelnen Investors übersteigt oder für die aus Gesichtspunkten der Risikostreuung ein einzelner Kapitalanleger nicht gefunden werden kann. So werden geschlossene Immobilienfonds regelmäßig zum Erwerb bzw. Errichtung und zur anschließenden Vermietung und

Verpachtung eines bestimmten Großbauprojektes (z. B. Gewerbepark, Supermarkt, Klinik, Wohn- und Geschäftshaus) aufgelegt. Das Investitionsvolumen ist grundsätzlich auf das für die Anschaffung bzw. Herstellung des Immobilienvorhabens benötigte Kapital zzgl. einer evtl. Liquiditätsreserve begrenzt.

1.3.1. Konzeption und Initiierung

Der Initiator, d. h. die Person oder Gesellschaft, die einen geschlossenen Immobilienfonds auflegt und am Kapitalmarkt anbietet, ist Urheber des Anlagekonzepts. Von den Fondsinitiatoren, welche regelmäßig die Geschäftsführung der Fondsgesellschaft ausüben, werden der Gesellschaftsvertrag sowie die sonstige rechtliche Konzeption des Immobilienfonds festgelegt. Die Fondsinitiatoren sind auch zuständig für die Auswahl der Immobilienobjekte und damit die Festlegung der Höhe des Finanzierungsbedarfs sowie die Höhe des Emissionskapitals (Eigenkapitals). Hiermit geben sie gleichzeitig das Investitionsvolumen und den Investitionsplan vor.

1.3.2. Rechtsform

Im Gegensatz zu offenen Immobilienfonds ist die Rechtsform geschlossener Immobilienfonds gesetzlich nicht geregelt. In der Praxis kommen überwiegend die Kommanditgesellschaft (KG), die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder die Bruchteilsgemeinschaft9 zum Einsatz. Während KG-Fonds eher renditeorientiert sind, haben GbR-Fonds i. d. R. eine steuerorientierte Ausrichtung.

1.3.3. Modelle

Abhängig von der Person, die den Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsbeitritts unterzeichnet, unterscheidet man bei geschlossenen Immobilienfonds das Erwerbermodell und das Treuhandmodell. Während beim Erwerbermodell der Darlehensnehmer selbst unterzeichnet, erfolgt die Unterschrift beim Treuhandmodell durch einen bevollmächtigten Treuhänder.

1.3.4. Beteiligung der Anleger an der Fondsgesellschaft

Zur Ansammlung des benötigten Kapitals wird eine Vielzahl von Anlegern aufgenommen, die in der Regel weder untereinander noch zur Geschäftsführung persönliche Beziehungen haben. Die Anleger, welche sich mit einem festen Betrag langfristig an der Fondsgesellschaft beteiligen, bringen durch ihr Engagement die Eigenmittel auf, die die Gesellschaft zur Finanzierung ihrer Immobilieninvestition benötigt.

Die Anleger werden abhängig von der Unternehmensform als Kommanditisten (KG) bzw. Gesellschafter (GbR) an der Fondsgesellschaft beteiligt. Wirtschaftlich und steuerlich werden die Anleger wie Immobilieneigentümer behandelt.

Aus Sicht des Investors stellt der Erwerb der Fondsbeteiligung eine reine Kapitalanlage dar, durch die er mit einem gewissen, aber überschaubaren Risiko an zukünftigen Gewinnen und Wertsteigerungen des Anlagevermögens der Fondsgesellschaft teilnimmt. Eine entsprechende Entwicklung des Fonds vorausgesetzt, erhält er laufende Ausschüttungen bzw. steigt der Vermögenswert seines Anteils durch die Entschuldung entsprechend an. Langfristig gesehen erwirtschaften Immobilien eine höhere Rendite als andere Anlageformen. Da diese aber i. d. R. hochpreisig sind, stellt die Beteiligung an einem Immobilienfonds eine kostengünstige und zeitsparende Alternative zum Erwerb einer Immobilie als Kapitalanlage dar. Da der Anleger mit seinem Investment in einen geschlossenen Immobilienfonds keinen zusätzlichen Arbeits- und Zeitaufwand anstrebt, überträgt er die Wahrnehmung seiner Gesellschaftsrechte, die Kontrolle usw. oftmals einem Treuhänder oder Beirat.

1.3.5. Beteiligung von Banken an Immobilienfonds

Bei vielen Immobilienfondsmodellen gewährt die Bank nicht nur der Fondsgesellschaft Kredite für den Erwerb oder die Errichtung der Fondsobjekte (Objektfinanzierung), sondern finanziert auch den Fondsbeitritt der Anleger (Eigenkapitalfinanzierung).

1.3.6. Anlageobjekte

Bei den Anlageobjekten kann es sich um unbebaute Grundstücke handeln, die von dem Immobilienfonds bebaut werden. Ebenso können vom Fonds bebaute Grundstücke erworben werden. Heute kommen als Investitionsobjekte zumeist gewerblich genutzte Gebäude, z. B. Gewerbeparks, Geschäftscenter, Supermärkte, Bürohäuser, Lagerhallen oder Ärztehäuser in Frage. Nur noch in Ausnahmefällen wird heute ein Wohnobjekt von einem Immobilienfonds errichtet bzw. erworben. Die Immobilienobjekte werden nach

Anschaffung bzw. Fertigstellung vermietet bzw. verpachtet.10

1.3.7. Steuerliche Behandlung geschlossener Immobilienfonds

Investitionen in geschlossene Immobilienfonds zählen zu den steuerorientierten Anlageformen. Der Gesellschafter eines Immobilienfonds erzielt einkommensteuerlich, wie bei jeder anderen Immobilieninvestition auch, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung11. Die Zuordnung zu dieser Einkunftsart hat gegenüber einer Einstufung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb12 wesentliche Vorteile. So werden bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Werbungskosten steuerlich nach dem Abflussprinzip

berücksichtigt, d. h. die Ausgaben werden in dem Jahr steuerlich erfasst, in dem sie auch tatsächlich geleistet wurden. Analog zum Abflussprinzip gilt das Zuflussprinzip. Hiernach gelten Einnahmen erst dann als zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann.13 Dadurch können bei Immobilienfonds zumindest in der Investitionsphase erhebliche Steuervorteile, insbesondere im Bereich der Einkommensteuer, für den Anleger entstehen, da den Aufwendungen für die Beteiligung am Immobilienfonds (noch) keine entsprechenden Einnahmen aus Mieten

und Pachten gegenüberstehen. Die ihm aus seinem Immobilienengagement anteilig zugewiesenen Verluste aus Vermietung und Verpachtung kann der Anleger grundsätzlich mit anderen positiven Einkünften aus den anderen Einkunftsarten verrechnen. Auf diese Weise reduziert er seine Einkommensteuerbelastung.

Aufgrund der Klassifikation als reine Vermögensverwaltung14 löst das Investment in geschlossene Immobilienfonds keine Gewerbesteuer aus und die Gewinne aus der Veräußerung des Immobilienvermögens bzw. der Fondsanteile bleiben einkommensteuerlich unberücksichtigt.

Weiterhin kann bei der Investition in geschlossene Immobilienfonds der Anleger den sog. Leverage-Effekt, d. h. die Hebelwirkung der Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverzinsung ausnutzen. Diese Hebelwirkung tritt dann ein, wenn es für den Anleger günstiger ist, den Fondsbeitritt durch die Aufnahme von Krediten fremd zu finanzieren, als Eigenkapital einzusetzen. Das dadurch eingesparte Eigenkapital kann der Anleger stattdessen anderweitig höherverzinslich anlegen, um aus

der Rendite die Kosten für die Fremdfinanzierung zu bezahlen und zusätzlich einen Gewinn zu erzielen. Der Leverage-Effekt kann zu Verlustzuweisungen15 von über 100% führen, da die gesamten steuerlichen Verluste der Fondsgesellschaft ausschließlich den Eigenkapitalgebern (Fondsanlegern) zugerechnet werden.

1.3.8. Unterscheidungskriterien von geschlossenen Immobilienfonds

Geschlossene Immobilienfonds weisen entsprechend ihrer jeweiligen Konzeption erhebliche Unterscheidungsmerkmale auf. Sie lassen sich u. a. nach der Höhe der Verlustzuweisungsquote in der Investitionsphase, dem Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital16bei der Finanzierung des Immobilienobjekts, sowie der Höhe der Ausschüttungen unterscheiden.

1.3.9. Abgrenzung zu offenen Immobilienfonds

Von ihrer Funktion her stehen geschlossene Immobilienfonds den offenen Immobilienfonds am nächsten. Beide erfüllen eine Kapitalsammel- und damit Finanzierungsfunktion. Im Gegensatz zu geschlossenen Fonds sind jedoch bei offenen Fonds das Fondskapital und die Anzahl der Gesellschafter nicht begrenzt, d. h. durch Ausgabe neuer Anteilsscheine können laufend neue Gesellschafter aufgenommen und neue Immobilienobjekte finanziert werden.

Offene Immobilienfonds stellen Sondervermögen1718 dar, die von einer Kapitalanlagegesellschaft (Investmentgesellschaft)19 aufgelegt und verwaltet, von einer Depotbank20 verwahrt und von einem Sachverständigengremium laufend bewertet werden.

Das Sondervermögen umfasst die erworbenen Immobilien, die als Anlage- und Liquiditätsreserve gehaltenen Mittel und die sich im Rahmen der Verwaltung des Vermögens ergebenden Forderungen. Für den Gegenwert des Sondervermögens gibt die Fondsverwaltung Anteilsscheine aus, die als Inhaberpapiere in Umlauf gebracht werden und frei handelbar sind. Das Sondervermögen steht den Anteilskäufern (Zertifikatsinhabern) im Verhältnis des Anteilsbesitzes zu. Kapitalanlagegesellschaften dürfen nur in der Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG) oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt werden. Sie gelten als Kreditinstitute und unterliegen den Bestimmungen des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) sowie des Kreditwesens (KWG). Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wird von der Bundesagentur für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt.

1.3.10. Vertragliche Gestaltungen

Die vertragliche Gestaltung geschlossener Immobilienfonds hängt in starkem Maß von den Zielsetzungen ab, die die Initiatoren mit ihrem Engagement verfolgen und davon, welche Anlegergruppe sie mit dem Fonds ansprechen wollen.21

Um die von der Gesellschaft erzielten steuerlichen Verluste und Gewinne unmittelbar den einzelnen Anlegern zurechnen zu können, werden geschlossene Immobilienfonds grundsätzlich nur in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der Kommanditgesellschaft (KG) oder der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) angeboten. Steuerliche Zielsetzungen bestimmen auch die Feinabstimmung bei der Rechtsformgestaltung, so z. B. die Höhe der angestrebten Verluste während der Investitionsphase.

Die Wahl der Rechtsform wird weiterhin beeinflusst von der Höhe der vorgesehenen laufenden Einnahmen bzw. Ausschüttungen. Die Besonderheit der Vertragsgestaltung besteht darin, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Berücksichtigung der

Anlegerinteressen einerseits und der nötigen Flexibilität bei der Vertretung einer Vielzahl von Gesellschaftern mit unterschiedlichen Interessen andererseits zu finden.

2. Haustürwiderrufsgesetz (HWiG)

2.1.Rechtsgrundlagen

2.1.1.Allgemeines

Durch das Haustürwiderrufsgesetz vom 01.05.1986 wurde die Richtlinie 85/577/EWG (sog. „Haustürgeschäfterichtlinie“)2223 in deutsches Recht umgesetzt. Das Haustürwiderrufsgesetz hatte als Nebengesetz des BGB das Ziel, den wirtschaftlich schwächer gestellten Kunden vor Überrumpelungen oder anderweitigen unlauteren Beeinflussungen durch unseriöse Gewerbetreibende in sog. Haustürsituationen zu schützen. Die Gefahr einer Beeinträchtigung der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit, die von der verkürzten Überlegungsmöglichkeit bei Haustürgeschäften für den Kunden ausgeht, sollte durch Einräumung eines befristeten Widerrufsrechts nach dem Muster des Abzahlungsgesetzes reduziert werden.24 Im

Rahmen der Schuldrechtsreform25 wurde das Haustürwiderrufsgesetz zum 01.01.2002

zusammen mit dem AGB-Gesetz26, dem Fernabsatzgesetz27, dem Teilzeit- Wohnrechtegesetz28 und dem Verbraucherkreditgesetz29 aufgehoben und dem Inhalt nach in das Bürgerliche Gesetzbuchs (BGB)30 aufgenommen.

2.1.2. Anwendungsbereich

Unter den Anwendungsbereich des Haustürwiderrufsgesetzes fallen Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer, die eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand haben und zu denen der Verbraucher in einer „Haustürsituation“ bestimmt worden ist (sog. Haustürgeschäfte).31

Das Haustürwiderrufsgesetz ist nicht anwendbar auf Versicherungsverträge.32

Bei Haustürgeschäften, die gleichzeitig die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz, nach § 11 des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer

Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen, nach § 23 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften oder nach

§ 4 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht erfüllen, sind nach dem Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“ vorrangig die Vorschriften dieser Gesetze anzuwenden.33 Hinsichtlich Darlehensverträgen wurde in § 5 Abs. 2 HWiG festgelegt, dass das Haustürwiderrufsgesetz keine Anwendung auf in Haustürsituationen abgeschlossene Darlehensverträge findet.

2.1.3. Begriffe

Verbraucher34 i. S. d. Haustürwiderrufsgesetzes sind nur natürliche Personen, sofern sie den Vertrag nicht in Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit abschließen. Unter Unternehmern35 versteht das Haustürwiderrufsgesetz natürliche und juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln.

Zu den „Haustürsituationen“ zählt das Haustürwiderrufsgesetz mündliche Verhand- lungen am Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung, anlässlich einer von der anderen Vertragspartei oder von einem Dritten zumindest auch in ihrem Interesse durchgeführten Freizeitveranstaltung oder im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen.36

2.1.4. Widerrufsrecht

Um den Kunden vor Überrumpelungen oder anderweitigen unlauteren Beeinflussungen in Haustürsituationen und den daraus resultierenden Folgen zu schützen, sieht das Haustürwiderrufsgesetz ein befristetes Widerrufsrecht3738 des Verbrauchers für in Haustürsituationen abgegebene Willenserklärungen zum Abschluss von Verträgen über entgeltliche Leistungen vor. So wird die auf Abschluss eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung gerichtete Willenserklärung, zu der ein Verbraucher in einer Haustürsituation bestimmt worden ist, erst wirksam, wenn der Verbraucher sie nicht

[...]


1 Im Zuge der Wiedervereinigung wurde die Sonder-AfA Ost eingeführt, die Immobilienkäufern eine 50-prozentige Abschreibung des Kaufpreises inklusive Nebenkosten, frei verteilbar innerhalb von 5 Jahren ermöglichte

2 Helmut Kohl, 21.06.1990, bei der Debatte im Bundestag um den Staatsvertrag

3 Unter dem Begriff „Schrottimmobilien“ versteht man fehlgeschlagene Kapitalanlagen in Immobilien und Beteiligungen an Immobilienfonds, die aus Steuerspargründen fremdfinanziert wurden

4 Bönker/Lailach, Praxisleitfaden Immobilienrecht, Verlag C. H. Beck München, 2006, S. 32, Rn. 120

5 Unternehmensbeteiligungen

6 Fonds mit denen Film- und Fernsehproduktionen finanziert werden

7 sog. Platzierungszeitraum

8 BGH, Urt. v. 21.01.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1; unter Bezugnahme auf King, Real Estate Investment Trusts, Offene und geschlossene deutsche Immobilienfonds, Dissertation 1999, S. 144

9 §§ 741 ff. BGB

10 Kurth/Grass, Der geschlossene Immobilienfonds – Handbuch für Anleger und Berater, 2. Auflage 1990, Rudolf Haufe Verlag, Freiburg im Breisgau, S. 21-23

11 § 21 EStG

12 § 15 EStG

13 http://www.steuerlexikon-online.de/Abflussprinzip.html

14 § 23 EStG

15 Verhältnis von Verlusten zu eingesetztem Eigenkapital

16 sog. Verschuldungsgrad

17 Kurth/Grass, Der geschlossene Immobilienfonds – Handbuch für Anleger und Berater, 2. Auflage 1990, Rudolf Haufe Verlag, Freiburg im Breisgau, S. 23-25

18 das von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltete Vermögen eines bestimmten Investmentfonds

19 Unternehmen, das Kapital von mehreren Anlegern (Anteilinhaber) sammelt und dieses dann in bestimmten Märkten (Wertpapiere, Immobilien) investiert

20 Kreditinstitut, das zur Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren berechtigt ist

21 Kurth/Grass, Der geschlossene Immobilienfonds – Handbuch für Anleger und Berater, 2. Auflage 1990, Rudolf Haufe Verlag, Freiburg im Breisgau, S. 27

22 Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HWiG) vom 16.01.1986, BGBl. I, S. 122

23 Richtlinie 85/577/EWG vom 20.12.1985 des Europäischen Rates betreffend des Verbraucherschutzes im Fall von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. L 372, S. 31

24 Gesetzentwurf des Deutschen Bundestags vom 15.02.1985, Drucksache 10/2876

25 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl. I Seite 3138

26 zum 31.12.2001 aufgehoben und inhaltlich in §§ 305 – 310 BGB übernommen

27 zum 31.12.2001 aufgehoben und inhaltlich in §§ 312b – 312d BGB übernommen

28 zum 31.12.2001 aufgehoben und inhaltlich in §§ 481 – 487 BGB übernommen

29 zum 31.12.2001 aufgehoben und inhaltlich in §§ 491 – 507 BGB übernommen

30 jetzt geregelt in §§ 312, 312 a BGB

31 § 1 Abs. 1 HWiG; jetzt geregelt in § 312 Abs. 1 BGB

32 § 6 HWiG; jetzt geregelt in § 312 Abs. 2 BGB

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Die Rechtsprechungsentwicklung bei kreditfinanzierten Immobilienfonds
Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale
Veranstaltung
Immobilienrecht
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
77
Katalognummer
V131110
ISBN (eBook)
9783640916290
ISBN (Buch)
9783640916283
Dateigröße
706 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kreditfinanzierte Immobilienfonds, Rechtsprechungsentwicklung
Arbeit zitieren
Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) Marc Oliver Cleiss (Autor:in), 2007, Die Rechtsprechungsentwicklung bei kreditfinanzierten Immobilienfonds, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131110

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