Armut - Wohnungslosigkeit in Deutschland


Seminararbeit, 2008

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Armutskonzepte
2.1 Armut als relative Armut
2.2 Armut als Sozialhilfebezug
2.3 Armut als absolute Armut
2.4. Armutskonzept nach Schönig
2.5 Zusammenfassung

3. Wohnungslosigkeit
3.1 Definitionen von Wohnungslosigkeit
3.2 Daten zu Wohnungslosen
3.2.1 Wohnungslosenzahlen in Deutschland
3.2.2 Wohnungslose – Wer ist das?
3.3 Ursachen von Wohnungslosigkeit
3.4 Soziale Arbeit in der Obdachlosenhilfe
3.5 Lösungsansätze

4. Schluss

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang

1. Einleitung

In einer Stadt wie Stuttgart taucht Wohnungslosigkeit täglich im Blickfeld auf. An öffentlichen Plätzen, in den U-Bahnhaltestellen und vor dem Supermarkt ist sie präsent. Wohnungslosigkeit ist dort kein Wort und auch keine Statistik sondern betrifft einen Mensch, auf den ich in meinem Alltag treffe und dessen Alltag sich zugleich vollkommen von meinem unterscheidet.

Zwangsläufig stellt sich mir die Frage nach dem Grund, welcher dazu geführt haben muss, dass dieser Mensch nun auf der Straße lebt. Ist es eine selbst gewählte Abgrenzung zur Gesellschaft? Gab es einen bestimmten Vorfall im Lebenslauf, der die Wohnungslosigkeit ausgelöst oder geschaffen hat? Oder ist es die Armut, die sich selbst begünstigt und schließlich in der absoluten Armut gipfelt?

Die Auseinandersetzung mit dieser Frage kann für die Soziale Arbeit von großer Bedeutung sein. Auch Maly meint, „Für die Entwicklung von Ansätzen der Obdachlosenhilfe, ist es unabdingbar, sich mit den Entstehungsmechanismen von Obdachlosigkeit auseinander zu setzen.“ (Maly 2005, S. 613)

Anders als zum Beispiel das Thema Kinderarmut taucht – ob beabsichtigt oder zufällig – Wohnungslosigkeit in der öffentlichen Berichterstattung nur äußerst selten auf. Es ist Aufgabe der Sozialen Arbeit, im Genaueren der Wohnungslosenhilfe, für diese Menschen eine Lobby zu bilden und die Zusammenhänge für die Entstehung dieser Form von absoluter Armut in unserer Gesellschaft aufzudecken.

Um die Frage nach den Ursachen von Wohnungslosigkeit zu beantworten, will ich deshalb zu anfangs auf unterschiedliche Armutsdefinitionen in der Wissenschaft eingehen. Darüber, was Armut ist, wo sie anfängt und wo sie aufhört, wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert.

Die Autoren Hanesch, Jacobs, Hauser und Schönig sowie Barlösius mit Ludwig-Mayerhofer und Kamensky mit Zenz haben sich mit der Thematik Armut eingehend beschäftigt. Ihre Arbeiten sollen hier eingebracht werden. Gillich und Nieslony haben sich in ihrem Buch „Armut und Wohnungslosigkeit“ eingehend mit dem Zusammenhang von Armut mit der Entstehung von Wohnungslosigkeit auseinandergesetzt. Außerdem haben sie versucht sich einen Überblick über Armut zu schaffen. Deshalb sollen mit ihren Ergebnissen hier besonders beachtet werden.

Ich werde mit dem Begriff der relativen Armut beginnen. Er wird in den Industrieländern häufig angewendet, um dort das Maß an gesellschaftlicher Teilhabe zu messen. Dazu wird mal das Einkommen, mal verschiedene Lebenslagen herangezogen.

Der Sozialstaat will Armut vermeiden und schuf deshalb mit der Sozialhilfe ein Instrument, mit dem er versucht eine minimale Existenzgrundlage zu sichern. Im Zusammenhang damit will ich den Begriff der bekämpften sowie der verdeckten Armut erläutern.

Des Weiteren gehe ich auf den Begriff der absoluten Armut ein. Zwar ist er im Vergleich zu dem der relativen Armut mit seiner Anlehnung an das physische Existenzminimum klarer definiert und somit weniger umstritten. Trotzdem wird die absolute Armut auf Grund der einseitigen Berichterstattung zusammen mit den Betroffenen aus dem Blickfeld der Industriegesellschaft gedrängt und lediglich im Zusammenhang mit Hungertoten in Entwicklungsländern beachtet.

Um mein Kapitel über Armut abzuschließen, stelle ich das Armutskonzept nach Schönig vor, der die Definitionen der relativen und der absoluten Armut etwas verändert betrachtet, und zum Schluss eine kleine Zusammenfassung geben.

In meinem zweiten Kapitel werde ich Wohnungslosigkeit genauer betrachten. Die Wissenschaftler Specht-Kittler und Maly haben sich diesem Thema gewidmet. Außer ihnen sollen erneut Gillich und Nieslony mit ihrem oben genannten Werk miteinbezogen werden.

Neben der Suche nach einer passenden Definition von Wohnungslosigkeit, will ich auch einen ausführlichen Überblick über die Zusammensetzung der Wohnungslosen geben. Dabei werde ich mich auf den aktuellen Statistikbericht 2004- 2006 der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V., beziehen. Er gibt nicht nur die Quantität der Wohnungslosen wieder, sondern versucht vielfältige Lebenslagen wie zum Beispiel den Familienstand oder die Erwerbstätigkeit aufzugreifen. Da es kein amtliches Datenmaterial, das die Anzahl der Wohnungslosen in der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert, gibt, füllt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. zudem mit ihren regelmäßigen Schätzungen in diesem Bereich seit Jahren eine Informationslücke aus und nimmt damit für die Berichterstattung zur Wohnungslosigkeit quasi eine Monopolstellung ein. (vgl. Gillich/Nieslony 2000, S. 63)

Anschließend will ich meinen Schwerpunkt auf die Ursachen von Wohnungslosigkeit setzen. Dabei sollen individuelle sowie strukturelle Erklärungsansätze angesprochen und diskutiert werden.

Am Ende meiner Arbeit will ich einen kleinen Einblick in die Wohnungslosenhilfe und deren Rechtsgrundlagen geben. Anschließend sollen kurz eventuelle Lösungsansätze zur Sprache kommen.

2. Armutskonzepte

Es konnte sich in der Bundesrepublik Deutschland noch keine einheitliche Definition von Armut durchsetzten, „da jede Definition von Armut letztlich auf einer politisch-normativen Entscheidung basiert“ (Hanesch 2005, S. 99) Gillich und Nieslony stellen deshalb fest, dass „Armut kein wissenschaftlicher, sondern ein politischer Begriff [ist]“ (Gillich/Nieslony 2000, S. 28) und „[davon abhängt] welchen Grad an Ungleichheit von Lebenschancen und Lebensbedingungen wir in unserer Gesellschaft als gegeben hinzunehmen bereit sind.“ (ebd., S. 28) Von den durch diese Diskussion entstandenen Armutskonzepten sollen im Folgenden die bedeutendsten vorgestellt werden.

2.1 Armut als relative Armut

Mit dem Begriff „der relativen Armut wird eine gesellschaftliche oder soziale Benachteiligung … in Relation zum bestehenden Durchschnitt … definiert.“ (Gillich/Nieslony 2000, S. 30) Die Festlegung des für die relative Armut ausschlaggebende, so genannte „ soziokulturelle Existenzminimum [entsteht] im öffentlichen Meinungsstreit“ (Hauser 2007, S. 66, Hervorhebung durch die Verfasserin)

„Die … am häufigsten verwendete Operationalisierung von Armut verwendet das Einkommen … [, da] es sehr einfach zu erheben ist.“ (Barlösius/Ludwig-Mayerhofer 2001, S. 20f.). „Grundlage ist stets das Haushaltseinkommen ... Dabei wird …nicht von einem .. Pro-Kopf-Einkommen ausgegangen … vielmehr [wird] angenommen, daß [sic!] … sogenannte [sic!] ‚Skalenerträge’ … möglich sind.“ (ebd., S. 21) Zum Beispiel „[ordnet] die … OECD-Skala .. dem ersten Erwachsenen eines Haushaltes ein Gewicht von 1,0, weiteren Personen über 14 Jahren Gewichte von 0,7 und jüngeren Kindern Gewichte von 0,5 zu“. (Hauser 2007, S. 66) Wendet man die Empfehlung der EU-Kommission an, gilt: „Relativ arm ist, wer als Person oder Haushalt weniger Geld besitzt als 50% des durchschnittlichen Nettoeinkommens“ (Kamensky/Zenz 2001, S. 36) seiner Gesellschaft.

Gillich und Nieslony meinen, der Begriff der relativen Armut müsse dahingehend kritisiert werden, dass hier auf der einen Seite die Verarmung bestimmter Bevölkerungsgruppen durch den finanziellen Zugewinn anderer Bevölkerungsgruppen verschleiert werde und auf der anderen Seite die Armut auch durch eine die gesamte Gesellschaft erfassende Verbesserung der Lebensbedingungen nicht beseitigt werden könne. (vgl. Gillich/Nieslony 2000, S. 31) Barlösius und Ludwig-Mayerhofer setzen ihre Kritik dagegen direkt an der Verwendung des Haushaltes als Einheit an. Sie stellen fest, dass „einzelne Haushaltsmitglieder unterdurchschnittlich am Einkommen partizipieren [und] umgekehrt“ (Barlösius/Ludwig-Mayerhofer 2001, S. 22).

Zudem kann so nicht ermittelt werden, in wie fern diese finanzielle Ausstattung den Personen ausreicht, um ihren Bedarf zu befriedigen - oder auch nicht. Hier kann der Lebenslagenansatz den tatsächlichen Lebensstandard der einzelnen Haushaltmitglieder besser verdeutlichen. (vgl. Hanesch 2005, S. 99) „[Es] bedarf der Auswahl relevanter Lebensbereiche wie etwa die Versorgung mit Bedarfsgütern, …Bildung, Arbeit, Wohnraum “ (Hanesch 2005, S. 100, Hervorhebung durch die Verfasserin) usw., deren Versorgung gemessen wird. Nun müssen auch hier „Unterversorgungsschwellen definiert werden.“ (ebd., S. 100) „Arm nach dem Lebenslagenkonzept sind Menschen dann, wenn sie in einem oder mehreren Lebensbereichen unterversorgt sind.“ (Kamenzky/Zenz 2001, S. 43) meinen Kamensky und Zenz, während Hanesch eine Unterversorgung in mehreren Lebensbereich voraussetzt. (vgl. Hanesch 2005, S. 100)

In keiner dieser Definitionsansätze für Armut wird der Zeitfaktor beachtet. Dabei ist gerade für die Auswirkung der relativen Armut auf die Betroffenen „die Dauer der Armutslage [von besonderer ... Bedeutung]“. (Hauser 2007, S. 66) Auch Hanesch schreibt „der zeitlichen Dimension eine wichtige Rolle zu“ (Hanesch 2005, S. 100), denn nur mit ihr, stellt er fest, „lassen sich … zum zeitlichen Verlaufsmuster der Armut Informationen über Armutsbiographien oder sog. Armutskarrieren entnehmen.“ (ebd., S. 100)

2.2 Armut als Sozialhilfebezug

Zur „Vermeidung von Armut … dienen [in der Bundesrepublik] Sozialleistungen, insbesondere die Sozialhilfe …, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie das Arbeitslosengeld II, die … jedem Bürger ein Mindesteinkommen garantieren, das aus Sicht der Regierung das sozio-kulturelle [sic!] Existenzminimum sichert.“ (Hauser 2007, S. 67)

Deshalb wird hier auch von „bekämpfte[r] Armut“ (ebd., S.67) gesprochen. „Tatsächlich wird ein Schutz vor Armut durch die Sozialhilfe nur sehr unzureichend realisiert“, (Hanesch 2005, S. 87) meint dagegen Hanesch. Auch Kamensky und Zenz führen an, dass aus den Erhebungen anhand des Lebenslagenkonzeptes hervorgehe, dass Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen ihre Lage lediglich innerhalb des Armutsspektrums verbessern können, sich jedoch nicht aus ihrer Armut befreien können. (vgl. Kamensky/Zenz 2001, S. 37)

Der Begriff der „verdeckten Armut“ bezeichnet den Fall, wenn Sozialhilfe trotz eines bestehenden Anspruchs aus verschiedenen Gründen nicht bezogen wird. (vgl. Gillich/Nieslony 2000, S. 37 oder Hauser 2007, S. 67) Dabei „[kommen] auf vier Sozialhilfeempfänger drei Sozialhilfeberechtigte, die ihre Ansprüche nicht realisieren“. (Hauser/Hübinger zitiert nach Jacobs 1995, S. 411)

2.3 Armut als absolute Armut

Der Begriff der absoluten Armut meint einen Mangel an lebensnotwenigen Gütern und eine damit einhergehende Bedrohung des Lebens. (vgl. Schönig 2008, S. 3 oder Hanesch 2005, S. 81) Als lebensnotwendig ordnet Hauser zum Beispiel Nahrung Kleidung und Obdach ein. (vgl. Hauser 2007, S. 66, Hervorhebung durch die Verfasserin) Doch auch die Festlegung eines solchen physischen Existenzminimums ist in seiner allgemeinen Gültigkeit anzuzweifeln.

Es herrsche ein Konsens, der besagt, absolute Armut sei nur in Entwicklungsländern anzutreffen und existiere in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr, stellt Kortmann fest. (vgl. Kortmann zitiert nach Kamensky/Zenz 2001, S. 35) Dem kann nicht zugestimmt werden, da diese Haltung die Problemlage der Wohnungslosen ausblendet.

2.4. Armutskonzept nach Schönig

Nach der Ansicht von Schönig, passten die Begriffe Armut und Absolutheit nicht zusammen. Er meint, Armut sei immer relativ, erst der Tod selbst sei absolut. Deshalb schlägt er für die absolute Armut den alternativen Begriff der akut-finalen Armut vor. (vgl. Schönig 2008, S. 3) Des Weiteren unterteilt er relative Armut in extreme sowie moderate Armut und macht deren Unterscheidung daran fest, ob die Armutslage von den Betroffenen aus eigener Kraft überwunden werden kann. (vgl. ebd., S. 4) Diese Differenzierung scheint sinnvoll, da das Spektrum relativer Armut in der Regel sehr weit gestreut ist und somit unterschiedliche Härtegrade von Armut keine Beachtung geschenkt bekommen. Hier ordnet Schönig Wohnungslosigkeit seiner Definition von extremer Armut zu. (vgl. Schönig 2008, S. 7)

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Armut - Wohnungslosigkeit in Deutschland
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart  (Sozialwesen)
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V130840
ISBN (eBook)
9783640399536
ISBN (Buch)
9783640399383
Dateigröße
945 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Armut, Wohnungslosigkeit, Deutschland
Arbeit zitieren
Franziska Gritzbach (Autor:in), 2008, Armut - Wohnungslosigkeit in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130840

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