Gewalt ohne Ende

Grundlagen und Hintergründe der Gewalt im 3. Reich


Hausarbeit, 2008

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis :

1. Einleitung

2. Überlegungen zum Gewaltbegriff

3. Formen von Gewalt
3.1 Physische Gewalt
3.2 Psychische Gewalt
3.3 Strukturelle Gewalt
3.4 Kulturelle Gewalt

4. Gewalt in der NS-Zeit
4.1 Hitlers Weltanschauung
4.2 Hitlers politische Karriere
4.2.1 Propaganda und Gewaltrhetorik
4.3 Politischer Erfolg und seine Folgen
4.3.1 Gründe für den Erfolg der NSDAP
4.4 Sozialdarwinismus als Rechtfertigung physischer Gewalt
4.5 Erziehung und Ideologie

5. Judenverfolgung

6. Fazit

7. Quellen

Anlage 1:

1. Einleitung

Wenn man das Wort Gewalt hört, kommen einem sofort Bilder vor Augen, in denen Menschen anderen Menschen etwas zu Leide tun, Bilder von Terroranschlägen, Vergewaltigung, Mord und Totschlag bis hin zu Krieg.

Doch hat Gewalt immer etwas mit Verletzungen zu tun? Ist sie immer grausam und brutal oder ist sie vielleicht sogar notwendig, um Chaos zu vermeiden? Ist Unterdrückung und Ausgrenzung, Diffamierung und Denunziation, Ausschluss aus der Gesellschaft nicht auch Gewalt? Gibt es klare Grenzen? Eine eindeutige Definition von Gewalt ist praktisch unmöglich, denn wer kann sagen wo sie beginnt oder wo sie aufhört.

Am Beispiel des NS-Staates unter der Führung Adolf Hitlers soll diese Arbeit in einem geschichtlichen Zusammenschnitt den zielgerichteten Einsatz jeder zur Verfügung stehenden Gewaltform beleuchten, und ein Bild zeichnen, das den Wahnsinn des Führers und die grausamen Konsequenzen aufzeigt. Außerdem spielt an manchen Stellen die Biografie der Person Hitler eine wichtige Rolle, um die Hintergründe zu verstehen. Von allgemeinen Überlegungen zu Gewalt soll zu Beispielen konkreter Gewaltanwendung in unterschiedlichen Bereichen übergegangen werden, um das Ausmaß möglichst greifbar zu beschreiben. Natürlich kann nicht die gesamte Geschichte der NS-Herrschaft beleuchtet werden und daher liegt der geschichtliche Schwerpunkt auf den Jahren zwischen der Machtergreifung 1933 und dem Kriegsausbruch 1939 mit einigen Erwähnungen der Ereignisse aus der Folgezeit.

2. Überlegungen zum Gewaltbegriff

„Das ist das Wichtigste, das ist aber auch das Schwierigste auf der Welt: Macht zu haben ohne Gewaltanwendung.“ (Astrid Lindgren[1] )

Um Gewalt verstehen zu können, darf man „nicht nach irgendwelchen ‚Ursachen‘ jenseits der Gewalt“ suchen. Nur so ist laut Trutz von Trotha eine Gewaltanalyse möglich. (Vgl. Trotha 1997: 20) Dabei muss zuallererst das gewalttätige Handeln untersucht werden. Trotha schreibt weiter:

„Solange die Gewalt selbst eine unbekannte Erscheinung ist, gelangt man zum Verstehen der Gewalt nicht über die ‚Korrelation‘ von sozialen, ökonomischen, kulturellen […] ‚Bedingungen‘ mit der Gewalt. Der Kern des Verstehens der Gewalt liegt in dem, was die Gewalt selbst zum Ausdruck bringt, ermöglicht und vor allem in Gang setzt.“ (Ebd.)

Die Gewaltanalyse, die hier beschrieben wird, soll auch Kern dieser Arbeit sein, denn sie soll im weiteren Verlauf der Arbeit auf die Analyse der Hintergründe von Hitlers Politik und Gesellschaftsvorstellungen angewandt werden.

Ingeborg Gabriel definiert Gewalt als eine mehrdeutige Erscheinung: zum einen als Gewalt im wörtlichen Sinne (engl.: violence) als Anwendung physischer oder psychischer Kraft gegen andere Lebewesen, und zum anderen im Sinne von Kraft, Herrschaft oder Macht, wie z. B. Naturgewalten, Staatsgewalt, Gewaltenteilung etc. (Gabriel 1995: 40f).

Laut Gabriel ist Gewalt immer dort bemerkbar, wo es zwischenmenschliche Beziehungen gibt. Aus ethischer Sicht ist Gewalt ein „bewusster, zerstörerischer und ungerechtfertigter Gebrauch von Macht in sozialen Beziehungen, der den Anderen dem eigenen Willen unterwerfen will.“ (1995: 41) Gewalt ist demnach mit Machtausübung verbunden, wobei Macht an sich nichts Negatives impliziert, also weder gut noch schlecht ist. Es kommt auf den Blickwinkel und den Umgang damit an, wie auch Astrid Lindgren im obigen Zitat zu verstehen geben will.

Gewalt hat nicht immer etwas mit physischer Einwirkung auf andere Menschen zu tun, sondern geschieht oft auf psychischer, unterschwelliger Ebene und wird somit von Außenstehenden oft nicht sofort wahrgenommen. Hierunter fallen z. B. auch Mobbing, Erpressung, Intrigen, Verleumdung und dergleichen. Hier wird deutlich, dass Worte mehr Macht haben, als ihnen vielleicht zugeschrieben wird.

3. Formen von Gewalt

Wie in der Gewaltdefinition bereits angedeutet, erscheint es sinnvoll, den Begriff Gewalt wegen seiner vielen Erscheinungsformen zuerst einzugrenzen und zu strukturieren. Ziel dieser Vorgehensweise ist jedoch nicht die Festlegung auf einen bestimmten Bereich, sondern eine umfassende Darstellung der unterschiedlichen Formen. Gertrud Nunner-Winkler definiert in ihren Überlegungen zum Gewaltbegriff vier konkrete Formen, die im Folgenden erläutert werden. (Heitmeyer/Söffner 2004).

3.1 Physische Gewalt

Die physische Form der Gewalt ist immer gegen andere Menschen und deren Willen gerichtet. Sie ist eine Handlung die von außen kommt und eine direkte physische Einwirkung auf Personen und/oder deren Eigentum hat.

Physische Gewalt bedeutete ursprünglich „die Ausübung physischen Zwangs, um Widerstand zu brechen.“ (Heitmeyer/Söffner 2004: 21). Diese Form und das sozialwissenschaftliche Verständnis dafür haben sich aber „weiterentwickelt“ und legen den Schwerpunkt nicht mehr auf die Nutzung des Körpers des Täters und seine Bestrebungen zur Durchsetzung seines Willens, sondern vielmehr auf die körperliche Schädigung des Opfers. (Vgl. ebd.: 21). Durch Anwendung von Gewalt sollen demnach zielgerichtet andere Menschen geschädigt, verletzt, unterdrückt oder sogar getötet werden.

Jedoch ist physischer Schmerz des Opfers nicht von psychischem zu trennen. Allein durch die Vorstellung des drohenden Schmerzes kann das Opfer „schon seelisch vernichtet werden, bevor die Tortur selbst einsetzt. […] Schmerz durchdringt alle psychischen Erlebnisbereiche. Er umfasst alle Lebensbereiche und kann rasch alle Selbstbewusstheit erschüttern.“ (Trotha 1997: 28)

3.2 Psychische Gewalt

„Von allen zerstörerischen Waffen, die der Mensch erfunden hat, ist die schlimmste - und die feigste - das Wort.“ (Paulo Coelho[2] )

Bei der psychischen Gewalt wird das Opfer hauptsächlich durch Worte geschädigt, wie in den anfänglichen Überlegungen bereits angedeutet wurde. Das oder die Opfer werden beleidigt, beschimpft, bedroht, diskriminiert, belogen oder erpresst. Wie Coelho treffend schreibt, können die Schäden, die durch Worte zugefügt werden, schlimmere – seelische – Verletzungen hinterlassen als körperliche. Solch verbale Gewalt ist die Form der psychischen Gewalt, die am häufigsten zur Anwendung kommt.[3]

Psychische Gewalt ist oft ein Vorläufer von physischer Gewalt, denn in vielen Fällen kommt es zuerst zu Drohungen und Verleumdungen, und wenn diese nicht den gewünschten Effekt erzielen, dann wird „zugeschlagen“.

Ein weiterer Aspekt, der die psychische von der physischen Gewalt unterscheidet, ist der „Erfolgsfaktor“. Während Schläge u. ä. sehr einseitig sein können, vorausgesetzt der Täter ist erheblich stärker als das Opfer oder überrascht es, muss laut Heitmeyer/Söffner bei der physischen Gewalt das Opfer „mitspielen“. Eine Beleidigung kann ignoriert werden oder das Opfer kann schlagfertig den Spieß umdrehen, oder aber es fühlt sich gekränkt, gedemütigt und betroffen (vgl. 2004: 40-42), und dann hat der Täter sein Ziel erreicht. Vergleichbar damit ist das Loben. Wenn man einen Menschen lobt oder ihm ein Kompliment macht, ist der „Erfolg“ dafür auch maßgeblich vom Empfänger abhängig, denn unterschiedliche Gründe können diesen davon abhalten, das Lob als solches zu erkennen und anzunehmen.

Anders ist es jedoch, wenn psychische Gewalt nicht im Verborgenen und nicht von Einzeltätern verübt wird. Wenn sich eine Gruppe gegen einzelne Personen, Außenseiter oder Randgruppen verschwört, werden der Druck und die Gewalteinwirkung erheblich größer.

3.3 Strukturelle Gewalt

„Die politische Gewalt im eigentlichen Sinne ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer anderen.“ (Karl Marx[4] )

Nicht immer sind es Personen, die direkt Gewalt an anderen Personen ausüben. In ungleichen Machtverhältnissen z. B. äußert sich Gewalt ebenso, nur indirekt. Nach Heitmeyer/Söffner ist diese Form von struktureller Gewalt in ein System eingebaut und führt wie die physische und psychische Gewalt ebenfalls zur Schädigung Schwächerer (vgl. 2004: 23).

Doch wie kann ein solches System aussehen? Ein gutes Beispiel ist die Analphabetenrate in einer Gesellschaft: wenn das kognitive Potenzial nicht ausgeschöpft sondern unterdrückt wird, „wenn also kognitive Kompetenzen unzureichend gefördert werden oder fehlgeleitet werden, dann ist Gewalt im Spiel.“ (ebd.)

Oder wenn Teile der Bevölkerung an Hunger leiden oder sogar verhungern, weil sich die Machthaber nicht für eine ausreichende Lebensmittelversorgung einsetzen bzw. eine Unterversorgung vermeidbar wäre (ebd).

3.4 Kulturelle Gewalt

„Als kulturelle Gewalt wird jede Eigenschaft einer Kultur bezeichnet, mit deren Hilfe direkte oder strukturelle Gewalt legitimiert werden kann. Diese Form der Gewalt tötet nicht oder macht niemanden zum Krüppel, aber sie trägt zur ideologischen und kognitiven Rechtfertigung bei.

Die nationalsozialistische Ideologie von der rassischen Vorherrschaft der Arier, dem ‚Herrenvolk‘, ist ein solches Beispiel für kulturelle Gewaltherrschaft.“[5]

Diese Form der Gewalt definiert sich also aus Klassifikation. Das genannte Beispiel zeigt sehr deutlich, wie die Klassifikation im 3. Reich aussah. Durch Einschließen und Ausschließen sollte die Gesellschaft geordnet werden, die arische „Rasse“ vorherrschen und die jüdische „Rasse“ zuerst von der Gesellschaft ausgeschlossen, danach Schritt für Schritt aus der Gesellschaft entfernt werden, mit den brutalsten Methoden, wie es sich in der Geschichte Deutschlands gezeigt hat.

Ein anderes Erscheinungsbild der kulturellen Gewalt ist auch die Höherwertung des Mannes gegenüber der Frau, wie es in manchen Kulturen und Religionen der Fall ist. Davon ausgehend gestalten sich die Lebenschancen ungleich, d. h. die Frauen haben schlechtere Grundvoraussetzungen.

[...]


[1] Schwedische Schriftstellerin. URL: http://www.gutzitiert.de/zitat_autor_astrid_lindgren_thema_macht_zitat_

2307.html [Stand 08.01.08]

[2] Brasilianischer Schriftsteller. URL: http://www.blueprints.de/artikel/kommunikation/die-macht-der-worte-von-paul-coelho.html, [Stand 07.01.08]

[3] Vgl. Referat zu Aggression und Gewalt. URL: http://www.fundus.org/pdf.asp?ID=7576 [Stand 07.01.08]

[4] Philosoph und Ökonom. URL: http://www.gutzitiert.de/zitat_autor_karl_marx_923.html [Stand: 08.01.08]

[5] Institut für Friedenspädagogik. URL: http://www.friedenspaedagogik.de/themen/medien_gewalt_in_medien/

gewalt_in_den_medien_die_krise_als_dauernachricht/personale_strukturelle_und_kulturelle_gewalt [Stand: 08.01.08]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Gewalt ohne Ende
Untertitel
Grundlagen und Hintergründe der Gewalt im 3. Reich
Hochschule
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Veranstaltung
Der Nationalsozialismus und seine Aufarbeitung
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
24
Katalognummer
V130665
ISBN (eBook)
9783640362912
ISBN (Buch)
9783640363278
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewalt, Nationalsozialismus, Adolf Hitler, 3. Reich, Erziehung, Formen von Gewalt
Arbeit zitieren
Otto Zorn (Autor:in), 2008, Gewalt ohne Ende, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130665

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