Die Natursprache von Jakob Böhme


Hausarbeit, 2007

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Natursprache von Jakob Böhme

2. Am Anfang war das Wort: Die Beziehung zwischen menschlichem und göttlichem Wort
2.1 Das Nachschaffen der Dinge im Wort: Die Signaturenlehre und die Rolle der Qualitäten
2.2 Die Bedeutung der Muttersprache

3. Die Deutung einzelner Worte: „BARMHERTZIG“ & „WASSER“
3.1 Die Auslegung des Wortes „BARMHERTZIG“
3.2 Die eigenständige Interpretation des Wortes „WASSER“

4. Resumée der gewonnenen Erkenntnisse

1. Die Natursprache von Jakob Böhme

Im 15. und 16. Jahrhundert treten neue Faktoren auf, die eine mystische Theorie der Sprache bedingen, denn nun werden auch Aspekte der Naturphilosophie miteingebunden. Hierdurch wandelt sich die Betrachtungsweise der Beziehung zwischen Sprache und Natur, die insbesondere von Paracelsus beeinflusst wurde.[1] Auch für Jakob Böhme nimmt die Sprache einen besonderen Stellenwert ein, da er sie als ein Kommunikationsmittel zwischen Gott und dem Menschen betrachtet. Auch wenn die Erläuterung seiner Natursprache anhand von Beispielen wie der Natur oder am Menschen erfolgt, gilt sein Interesse insbesondere der Theologie bzw. Theosophie.[2] Als Basis der Analyse der Natursprache gilt für Jakob Böhme das Christentum, wobei er sich insbesondere mit dessen Menschenbild und Gottesgedanken identifiziert. Folglich entfernt er sich trotz seiner eigenen Interpretation der Rolle der Natursprache nicht von dem Christentum an sich. Wie wichtig die Rolle Gottes für Jakob Böhme insgesamt ist, wird bereits in der Vorrede von „Aurora, Morgenröte im Aufgang“ deutlich.

„Die innige allwurckende Weisheit GOttes / die da ist das Hauchen der Gottlichen Krafft und der glantz des ewigen Liechts / gebe sich in des Lesers Seele / und mache jhn zum Freunde Gottes/ Amen! Sap.7.“[3]

Für Böhme sind zwei Aspekte für seine Sprache maßgebend. Da zum einen der Mensch das Abbild Gottes darstellt und zum anderen der Mensch die Aufgabe besitzt als Offenbarer Gottes zu fungieren. „In der Personhaftigkeit seiner Gestalt und in dem Dreiklang von Leib-Seele- Geist, der diese Gestalt zu einer lebendigen Einheit zusammenfasst, erscheint also abbildhaft die Dreieinigkeit der Person Gottes. Das bedeutet: die Geburt des menschlichen Wortes im menschlichen Geist(in der menschlichen Person) ist ein Bild der Geburt des göttlichen Wortes in Gott.“[4] Nach Ernst Benz ist es möglich diese Überlegung in zweierlei Hinsicht darzustellen. Auf der einen Seite wird hierbei das Sprechen als das wesenhafte des Menschen beschrieben, da auch Gott, diesen Akt als erstes vollzog. Deshalb gibt das Sprechen dem Menschen die Möglichkeit sich selbst zu entfalten.

Auf den anderen Seite hebt Benz hervor, dass das Sprechen des Menschen sich auch auf das Sprechen Gottes bezieht, da Böhme, wie erläutert, von dem Menschen als einem Abbild Gottes ausgeht. Aus diesem Grund setzt Böhme, um seine Sprache zu erläutern, an der Schöpfungsgeschichte an.[5] Auch in dieser Arbeit wird zur Darstellung der Natursprache Böhmes bei der Rolle des Wortes im Rahmen der Schöpfung begonnen. Darauffolgend wird Böhmes Lehre der Signaturen, der Einfluss der Qualitäten und die Bedeutung der Muttersprache erläutert. Abschließend wird versucht Wörter „barmherzig“ und „Wasser“aus Böhmes Werken zu deuten.

2. Am Anfang war das Wort: Die Beziehung zwischen menschlichem und göttlichem Wort

„Dieses ist nun was Johannes saget: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bey GOtt, und GOtt war das Wort, dasselbe war im Anfang bey GOtt. Joh, 1: 1.2. Das Wort Ihm ist der Wille des Urgrundes: Anfang ist das Fassen des Willens, da er sich selber fasset, und in einen ewigen Anfang einführet. Das Wort ist nun das Gefassete, das im Willen ein Nichts ist, und mit dem Fassen eine Gebärung wird, das war im Anfang beym Willen und im Willen.“[6]

Bereits zu Beginn seiner Schrift Mysterium Magnum thematisiert Böhme die Rolle des Wortes am Anfang der Schöpfung und seinem Bezug zu Gott. „Der Schöpfungstheologie gemäß hat Gott die Welt durch sein Schöpfungswort erschaffen- er sprach und es war (1 Mose 1) – und ohne Gottes ewiges Sprechen würde sie nicht weiterhin bestehen können.“[7]

Das sogenannte Schöpfungswort FIAT hat für Böhme einen wichtigen Stellenwert. Denn das Sprechen durch Gott stellt die Basis der Natursprache dar, da das FIAT die Welt erschuf und den einzelnen Dingen Leben einhauchte, weshalb Böhme die Sprache als einen schöpferischen Akt versteht.[8] „Das Schöpfungswort FIAT wird verstanden als das „Aushauchen des ewigen Einen“, mit folgender Präzisierung: „Welches Aushauchen das ewige Wort der unergründlichen Gottheit ist, als ein Aussprechen des Ungrundes in Grund, des Unwesentlichen in ein Wesentliches. Durch solches Aussprechen oder Aushauchen Gottes formt sich das ewige Wort zur Gestalt, analog aber auch das menschliche Wort.“[9] Diese Annahme resultiert daraus, dass Böhme davon ausgeht, wie oben erläutert, dass der Mensch ein Abbild oder eher kreatürliches Gleichnis Gottes ist.

„Und Johannes saget weiter: Durch dasselbe sind alle Dinge gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In Ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Alhier, Mensch, nim nun dasselbe Lebens-Licht, das im Wort war, und ewig ist, und beschaue das Wesen aller Wesen, und sonderlich dich selber, dieweil du des urgründlichen Gottes Bilde, Leben und Wesen bist, und ein Gleichnis nach Ihme.“[10]

Dem gemäß sieht Böhme einen besonderen Zusammenhang zwischen dem Schöpfungswort Gottes und dem menschlichen Sprechen bzw. Benennen der Dinge. Böhme spricht in diesem Absatz den Menschen direkt an, „..beschaue..., sonderlich dich selber“, wie er auch darauf hinweist, dass der Mensch ein Abbild Gottes ist, „...dieweil du des urgründlichen Gottes Bilde, Leben und Wesen bist, und ein Gleichnis nach Ihme.“ Allerdings zieht er nicht den Schluss, dass der Mensch ein tatsächliches Abbild des sprachlichen Aktes Gottes ist, sondern der Mensch wird als ein „kreatürliches Gleichnis“ betrachtet.[11]

Für Böhme besteht der Zusammenhang zwischen dem menschlichen Sprechen und dem Schöpfungswort darin, dass Gott durch sein Aussprechen die Schöpfung vollzogen hat und aus diesem Grund das göttliche Wort in den Dingen der Welt sozusagen weiter existiert. Nach Böhme offenbarte sich Gott durch sein Schöpfungswort in der Natur und in den Dingen.

„Also hat nun der Menschen die Gewalt von dem unsichtbaren Worte Gottes empfangen zum Widersausprechen, daß er das verborgenen Göttlichen Scientz wieder in Formungen und Schiedlichkeit ausspricht, auf Art der zeitlichen Creaturen.“[12]

Folglich ist der Unterschied zwischen Gott und dem Menschen, dass die Aufgabe Gottes in der Erschaffung der Dinge liegt, welche durch das Wort vollzogen wird. Auch der Mensch wurde durch das göttliche Wort geschaffen bzw. ins Leben gerufen. Im Gegensatz dazu kommt dem Menschen die Aufgabe des Benennens der Dinge zu, das heißt der Mensch erschafft nicht wie Gott, sondern er spricht, wie Böhme formuliert, die unsichtbaren Worte Gottes in den Dingen wieder aus. Wobei der Mensch dadurch, dass er fähig ist zu sprechen und die Dinge benennen darf, eine gesonderte Stellung gegenüber den anderen Lebewesen erhält. Denn nur dem Menschen als kreatürliches Gleichnis Gottes wird diese Aufgabe zu teil.[13]

Der Mensch hat durch seinen Auftrag, die Dinge zu benennen auch indirekt an der Schöpfung teil.

Doch ging nach Böhme die Natursprache, die sogenannte Sprache des Ursprungs verloren. Denn neben ihm selbst, nach seiner Erleuchtung, sei nur Adam der Sprache mächtig gewesen, solange er sich im Paradies befunden habe. Deshalb spricht Böhme auch häufig von der adamischen Sprache „Adams Namengebung war keine willkürliche. Sie erfolgte aus der Kenntnis der Gleichursprünglichkeit von Natur und Sprache.“[14]

„Dan als Adam erstlich geredet hat/ so hat er allen Creaturen / nach ihren qualitäten und instehenden wirkungen / den namen gegeben. Vnd ist eben die Sprache der gantzen Natur/ aber es kann sie nicht ein jeder / das es ist ein geheymnys mysterium welches mir von Gnaden Gottes ist mitgeteilt worden von dem Geiste / der lust zu mir hatt.“[15]

Folglich war Adam im Paradies noch fähig dazu Gottes Wort, welches noch identisch mit der Wesenheit eines Gegenstandes oder Dinges war, auszusprechen.[16]

Doch stellt sich einem diesbezüglich die Frage, wie es für Adam möglich war oder für den Menschen allgemein möglich sein soll, die Namen der verschiedenen Dinge zu erkennen?

Zur Beantwortung dieser Frage verwendet Böhme seine Lehre von den sieben Qualitäten bzw. Quellgeistern, die jedem bzw. allem innewohnen. Wenn es einem möglich ist, die jeweiligen Qualitäten in einem anderen durch die Signaturen zu erkennen, ist man fähig dazu diesem einen Namen zu geben.

„Jn GOtt dem Vater ist alle krafft/ und er ist aller kraeffte Quellbrun in seiner tieffe/ in ihm ist liecht und finsternis/ lufft und wasser/ hitze und kälte/ hart und weich/ dick und dünne/ schall und thon/ süß und sauer/ bitter und herbe/ und das ich nicht erzählen kann: allein an meinem leibe nehmen ich’s abe/ dan der ist anfänglich von Adam her auß allen kräfften und nach dem bilde GOttes gemacht.“[17]

[...]


[1] Vgl. Haferland, Harald: Mystische Theorie der Sprache bei Jacob Böhme, in: Theorien vom Ursprung der Sprache, Gessinger, Joachim/ Rahden, Wolfert von(Hrsg.), 1989, S.89

[2] Vgl. Ingen, Ferdinand van: Jacob Böhme und die Natursprache. Eine Idee und ihre Wirkung, in: Erkenntnis und Wissenschaft- Jacob Böhme (1575-1624), Weeks, Andrew(Hrsg.), 2000, S.115

[3] Böhme, Jakob: Morgenröte im Aufgang, in: Bibliothek der Frühen Neuzeit, 1997, S.13

[4] Benz, Ernst: Die schöpferische Bedeutung des Wortes bei Jacob Boehme, in: Eranos Volume 39, 1970, S.13

[5] vgl. ebd.

[6] Böhme, Jacob: Mysterium Magnum, XVII. Cap.2., 1958, S.8

[7] Ingen, Ferdinand van: Jacob Böhme und die Natursprache. Eine Idee und ihre Wirkung, in: Erkenntnis und Wissenschaft- Jacob Böhme (1575-1624), Weeks, Andrew(Hrsg.), 2000, S.120

[8] vgl. ebd.

[9] Ingen, Ferdinand van: Jacob Böhme und die Natursprache. Eine Idee und ihre Wirkung, in: Erkenntnis und Wissenschaft- Jacob Böhme (1575-1624), Weeks, Andrew(Hrsg.), 2000, S.120

[10] Böhme, Jacob: Mysterium Magnum, XVII. Cap.2., 1958, S.8

[11] vgl. Stockinger, Hermann E.: Sprachmystik, in: Die hermetisch- esoterischer Tradition. Unter besonderer Berücksichtigung der Einflüsse auf das Denken Johann Chistian Edelmanns(1689-1767), 2004, S.740

[12] Böhme, Jacob: Mysterium Magnum, XVII. Vorrede 6., 1958

[13] vgl. Benz, Ernst: Die schöpferische Bedeutung des Wortes bei Jacob Boehme, in: Eranos Volume 39, 1970

[14] Haferland, Harald: Mystische Theorie der Sprache bei Jacob Böhme, in: Theorien vom Ursprung der Sprache, Gessinger, Joachim/ Rahden, Wolfert von(Hrsg.), 1989, S.114

[15] Böhme, Jacob: Morgenröte im Aufgang, in: Bibliothek der Frühen Neuzeit, 1997, S.373

[16] vgl. Hankamer, Paul: Mystik und Naturphilosophie, in: Die Sprache. Ihr Begriff und ihre Deutung im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert, 1965

[17] Böhme, Jacob: : Morgenröte im Aufgang, in: Bibliothek der Frühen Neuzeit, 1997, S.118

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Natursprache von Jakob Böhme
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (German Literature)
Veranstaltung
Spiritualismus
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V130469
ISBN (eBook)
9783640391721
ISBN (Buch)
9783640391806
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Natursprache, Jakob, Böhme
Arbeit zitieren
Felicia Brandt (Autor:in), 2007, Die Natursprache von Jakob Böhme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130469

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