Die Elbschifffahrtsakte von 1821


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Situation der Flussschifffahrt im Deutschen Reich um 1800

3. Die Regelung der Binnenschifffahrt auf dem Wiener Kongress

4. Die Dresdner Elbschifffahrtskommission von 1819
4.1 Die äußeren Umstände der Dresdner Verhandlungen
4.2 Das Ergebnis der Dresdner Elbschifffahrtskommission – Die Elbschifffahrtsakte
4.3 Der Nutzen der Elbschifffahrtsakte
4.3.1 Das Hauptproblem der Dresdner Verhandlungen – Die Zollfrage
4.3.2 Zentralverwaltung und Meliorationsarbeiten am Fahrwasser

5. Schlußbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich die Schifffahrt auf den großen deutschen Wasserstrassen in einem bedauernswerten Zustand. Nicht nur die natürlichen Hindernisse, die das verwahrloste Fahrwasser für Schiffe mit großem Tiefgang bereithielt, erschwerten den Verkehr auf den Flüssen sondern vor allem die unzähligen Abgaben und die Art ihrer Erhebung. Zahlungen, die in früherer Zeit von den Anrainern der Ströme als Geleitzölle erhoben wurden und den Schiffern eine sichere Fahrt auf den Wasserstrassen garantieren sollten, blieben auch noch weit bis in die Zeit bestehen, in der die Schifffahrt längst keines tatsächlichen Schutzes mehr bedurfte. Das Recht zur Erhebung von Schiffsabgaben wurde durch kaiserlichen Erlass an Fürsten, Städte und Kirchen verliehen, die von diesem lukrativen Recht profitierten und sich deshalb bemühten, dieses aufrecht zu erhalten. Des Weiteren verfügten ausgewählte Städte und Innungen über Monopole und diverse Privilegien wie beispielsweise Stapel- oder Umschlagsrechte, die fahrende Händler dazu zwangen, ihre Waren für eine bestimmte Zeit zum Verkauf anzubieten, diese in andere Fahrzeuge umzuladen oder wenigstens Abgaben dafür zu entrichten.[1]

Die Schifffahrt auf der Elbe war durch die vielen verschiedenen Herrschaftsgebiete, die sich entlang ihrer Ufer erstreckten, besonders von diesem Abgabensystem betroffen. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts existierten auf einer Stromlänge von ungefähr 725 Kilometern nicht weniger als 35 Zollämter, die die Abgaben der auf dem Fluss fahrenden Händler entgegennahmen. Diese Vielzahl von natürlichen und vor allem wirtschaftlichen Hindernissen hemmte die Schifffahrt auf der Elbe enorm und gefährdete ihre Bedeutung als natürliche Handelsroute aus der Mitte Europas zum offenen Meer.[2] Allerdings verlangten auch die zu der Zeit „auflebende Wirtschaft wie die verbreitete Idee des Liberalismus nach einer Lockerung der dem Verkehr auferlegten territorialen Bindungen. Dem trugen die Artikel 108 bis 117 der Wiener Schlussakte vom 9. Juni 1815 Rechnung und entwarfen ein Programm für die zukünftige Gestaltung des internationalen Binnenschiffahrtsrechts.“[3]

Für die zehn Anliegerstaaten der Elbe waren die Beschlüsse des Wiener Kongresses von allerhöchstem Interesse, wurden sie doch durch die Artikel der Schlussakte dazu angehalten, die Verhältnisse auf der Elbe so zu regeln, dass die Schifffahrt erleichtert und der Handel angeregt werde. Die „Kommission zur Organisierung der Elbschiffahrt“, die aus zehn Bevollmächtigten der Elbanliegerstaaten bestand, war im Jahre 1819 in Dresden mit dem Ziel zusammengetreten, die für die Schifffahrt auf der Elbe nötigen Bestimmungen in gemeinschaftlicher Übereinkunft zu treffen. Nach mehr als zweijähriger Verhandlungszeit konnten sich die Beteiligten auf einen Konsens einigen, der für die Zukunft den Schiffsverkehr auf der Elbe bestimmen sollte. Die am 23. Juni 1821 ratifizierte Elbschifffahrtsakte legte trotz ihrer bisweilen unzureichenden Veränderungen den Grundstein für Innovationen und Verbesserungen auf dem Gebiet der Elbschifffahrt und des Elbhandels.[4]

Wie nun der Weg von der Schlussakte des Wiener Kongresses zur Elbschifffahrtsakte führte, welche Schwierigkeiten sich für die Beteiligten bei der Ausarbeitung derselben ergaben und welchen Inhalt und Charakter das Ergebnis ihrer Verhandlungen besaß, ist Gegenstand dieser Arbeit. Dazu wird kurz die Situation der Handelsschifffahrt in Deutschland nach den napoleonischen Kriegen beleuchtet, um eine Grundlage für die Betrachtung der Beschlüsse des Wiener Kongresses in Bezug auf die Schifffahrt herzustellen. Die Ausgestaltung der Elbschifffahrtsakte und eine inhaltliche Betrachtung derselben bilden den Hauptteil der Arbeit.

Aufgrund der Natur des Themas werden bei der Bearbeitung zeitgenössische Quellen und Dokumente, wie beispielsweise die Akten des Wiener Kongresses oder die Elbschifffahrtsakte ebenso zu Rate gezogen werden, wie Abhandlungen, Betrachtungen und Überblickswerke sowohl aus der damaligen als auch aus der heutigen Zeit.

2. Die Situation der Flussschifffahrt im Deutschen Reich um 1800

„Zwischenstaatliche Vereinbarungen über Ströme, die mehrere Länder durchfließen, werden in allen Fällen erforderlich, wo für die Regelung gemeinsamer Interessen über die Hoheitsgrenzen eines Staates hinausgegriffen werden muß. Solche Abmachungen betrafen zunächst den Schutz der Anlieger vor den zerstörenden Wirkungen des Gewässers. Erst nachdem der wirtschaftliche Gesichtkreis sich über die territorialen Grenzen ausgeweitet hatte und der Fluß als die von der Natur der Güterbewegung zur Verfügung gestellte Straße erkannt worden war, regte sich das Bedürfnis nach einer Sicherung der Flußtransporte durch förmliche Vereinbarungen.“[5]

Der Anstoß, die im Deutschen Reich herrschenden Missstände auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt durch die Schaffung einer einheitlichen Verwaltung zu beseitigen, ging von Frankreich aus, das schon seit vielen Jahren eine einheitliche und gut funktionierende Verwaltung auf diesem Gebiet besaß. Natürlich war der Rhein das primäre Ziel der französischen Bestrebungen, stellte er doch die gemeinsame Grenze mit dem Deutschen Reich und gleichermaßen eine wichtige Handelsverbindung in Richtung Nordsee dar. Bereits auf dem Rastatter Kongress 1798 schlugen die französischen Gesandten Maßnahmen vor, welche die Freiheit der Rheinschifffahrt für beide Nationen gleichermaßen gewährleisten sollten. Dazu zählten unter anderem die Unterhaltung der Leinpfade entlang des Rheins durch die betreffenden Anrainerstaaten und die Aufhebung sämtlicher Zölle, die den Handel auf dem Fluss behinderten. Das Bestreben der Ausweitung dieser Maßnahmen auf alle Nebenflüsse des Rheins, sowie auf jede große und schiffbare Wasserstrasse im Deutschen Reich, wurde mit dem unermesslichen Vorteil begründet, den eine freie Schifffahrt mit sich bringen würde. Obwohl diese Maßnahmen bestens dazu geeignet gewesen wären, Ordnung und Einheitlichkeit in die Verwaltung der deutschen Wasserstrassen zu bringen, wurden sie aufgrund der Interessenvielfalt der einzelnen deutschen Staaten abgelehnt. Das Hauptargument gegen die Abschaffung der Zölle war die Befürchtung, dass ohne die Flusseinkünfte eine hinreichende Instandhaltung des Strombettes und der Ufergebiete nicht mehr gewährleistet werden könnte. Damit war der Versuch, die Verwaltung der Binnenschifffahrt im Deutschen Reich neu zu ordnen an der Uneinigkeit und dem mangelnden Weitblick der einzelnen Regierungen und Staatsmänner gescheitert. Ihnen fehlte noch das Verständnis für die wirtschaftliche Bedeutung und die rechtliche Begründung für eine freie Schifffahrt auf den Flüssen des Deutschen Reiches.[6]

Die französischen Interessen bezüglich des Rheins sollten jedoch nur wenige Jahre später von Napoleon I. durchgesetzt werden können. Aufgrund des 39. Artikels des Reichsdeputationshauptschlusses aus dem Jahre 1803 wurde ein Jahr später die so genannte Rheinoktroikonvention abgeschlossen und somit eine einheitliche Verwaltung des Rheins festgelegt. Diese Konvention bildete die Grundlage für die späteren Bestimmungen zur Flussschifffahrt auf den übrigen großen Wasserstrassen im Deutschen Reich. Mit der Rheinoktroikonvention wurde ein Großteil der bestehenden Rheinzölle aufgehoben und eine neutrale Behörde unter Aufsicht eines Generaldirektors der Rheinschifffahrt geschaffen. Die noch bestehenden Zölle wurden gemeinschaftlich erhoben und zur Deckung der Erhebungs-, Verwaltungs- und Polizeikosten sowie für die Unterhaltung der Leinpfade und für Uferarbeiten verwendet. Damit wurde zwar einerseits den Uferstaaten jedwede Verfügungsgewalt über die Nutzung des Stromes genommen, andererseits wurde dadurch aber auch die Möglichkeit geschaffen, alle den Rhein betreffenden Angelegenheiten systematisch und ordnungsgemäß von einer zentralen Behörde aus zu regeln, was in der Praxis allerdings nur gemäß der französischen Interessen geschah.[7]

Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft in Europa wurde die Behörde des Generaldirektors der Rheinschifffahrt wieder abgeschafft. Allerdings beschlossen die fünf Großmächte 1814 bei den Verhandlungen zum Pariser Frieden, die Geltung der Rheinoktroikonvention auf dem Wiener Kongress zu bestätigen. Bei den folgenden Verhandlungen in Wien sollte geprüft werden, inwieweit die für den Rhein geltenden Schifffahrtsbestimmungen auch auf alle weiteren schiffbaren Flüsse angewandt werden konnten. Mit der Unterscheidung der Wasserstrassen in so genannte konventionelle Ströme und rein territoriale Flüsse wurde ein neuer staats- bzw. völkerrechtlicher Begriff geschaffen. Da konventionelle Ströme im Gegensatz zu rein territorialen Flüssen mehrere Staaten durchflossen oder voneinander trennten, wurde die Regelung auf solchen Wasserstraßen fortan zum Gegenstand völkerrechtlicher Verhandlungen.[8]

3. Die Regelung der Binnenschifffahrt auf dem Wiener Kongress

Gemäß dem fünften offenen und dritten geheimen Artikel des Pariser Friedens wurde im Rahmen der Verhandlungen des Wiener Kongresses am 14. Dezember 1814 durch den Ausschuss der Acht eine Kommission einberufen, die sich mit der Regelung der Schifffahrt auf Rhein und Schelde befassen sollte. In diese Schifffahrtskommission durften diejenigen Staaten Mitglieder entsenden, denen „an der freien innern Schifffahrt am meisten liegen mußte, mit dem Vorbehalte, nachmals die Abgeordneten derjenigen Staaten beitreten zu lassen, welche, wie die Niederlande und die großen Handelsstaedte, besondere Gruende haben konnten, an den Berathungen Theil zu nehmen.“[9] So setzte sich die „Commission für die Freiheit der Flussschifffahrt“ aus den Abgeordneten Englands, Frankreichs, Preußens und Österreichs zusammen; hinzu kamen noch die Gesandten aus Holland, Bayern, Baden, Hessen-Darmstadt und Nassau. Die zwölf Tagungen der Kommission erfolgten im Zeitraum vom 2. Februar bis zum 24. März 1815. Ziel dieser Kommission war es, völkerrechtlich bindende Grundsätze für alle beteiligten Staaten aufzustellen und nicht nur zwischen diesen zu vermitteln. Dies gelang jedoch aufgrund der großen Interessenvielfalt und der daraus resultierenden Uneinigkeit der kleineren Teilnehmerstaaten nur für den Rhein. Für die übrigen großen deutschen Wasserstrassen konnten keine einschneidenden Ergebnisse erzielt werden.[10]

[...]


[1] Vgl. Kirchenpauer, G. H.: Die Freiheit der Elbeschifffahrt. Geschichtliche Erläuterungen

der staatsrechtlichen Sachlage, Hamburg, 1880, S. 4, vgl. auch o. V.: Die Elbzölle. Aktenstücke und

Nachweise 1814 – 1859, Leipzig, 1860, S. XIV.

[2] Vgl. Fischer, K.: Eine Studie über die Elbschiffahrt in den letzten 100 Jahren unter spezieller

Berücksichtigung der Frage der Erhebung von Schiffahrtsabgaben, in: Conrad, J. (Hrsg.):

Sammlung nationalökonomischer und statistischer Abhandlungen des staatswissenschaftlichen

Seminars zu Halle a.d.S., Bd. 58, 1907, S. 2.

[3] Vgl. Burmester, H.: Die Entwicklung der Elbschiffahrt in jüngster Zeit (1924-1927),

Magdeburg, 1927, S. 15.

[4] Vgl. Fischer: Elbschiffahrt, S. 5f.

[5] Vgl. Burmester: Entwicklung, S. 15.

[6] Vgl. Fischer: Elbschiffahrt, S. 2f, vgl. auch o. V.: Elbzölle, S. XIX-XXI.

[7] Vgl. Fischer: Elbschiffahrt, S. 3, vgl. auch Kriele, M.: Die Regulierung der Elbschiffahrt 1819-

1821, Strassburg, 1894, S. 10.

[8] Vgl. Kirchenpauer: Freiheit, S. 5, vgl. auch Fischer: Elbschiffahrt, S. 3f.

[9] Vgl. de Flassan, G.: Der Wiener Congress, Bd. 2, Leipzig 1830, S. 144.

[10] Vgl. Fischer: Elbschiffahrt, S. 4. Zu den Inhalten der Verhandlungen der Schifffahrtskommission

im Rahmen des Wiener Kongresses siehe Klüber, J. L.: Acten des Wiener Congresses in den Jahren

1814 und 1815, Bd. 3, Heft 9 und 10, Erlangen, 1815.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Elbschifffahrtsakte von 1821
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Sächsische Landesgeschichte)
Veranstaltung
Geschichte der Elbe. Leben am Fluß
Note
2,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V130265
ISBN (eBook)
9783640387595
ISBN (Buch)
9783640387496
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Elbschifffahrtsakte, Elbe, Schifffahrt
Arbeit zitieren
Thomas Eschner (Autor:in), 2004, Die Elbschifffahrtsakte von 1821, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130265

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