Ist der Markt für Unternehmenskontrolle ein angemessener Disziplinmechanismus für Großunternehmen? Zur Bedeutung feindlicher Übernahmen


Hausarbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Zielkonflikte in Großunternehmen und Möglichkeiten zur „Disziplinierung“
2.1 Zur Trennung von Eigentum und Kontrolle in Großunternehmen
2.2 Die Principal-Agent-Beziehung in Publikumsgesellschaften
2.3 Interne und externe Kontroll- und Disziplinmechanismen

3 Der Markt für Unternehmenskontrolle
3.1 Bedeutung der Unternehmenskontrolle
3.2 Unternehmensübernahmen als Mittel zum Kontrollerwerb
3.3 Funktionsweise und Wirkung des Unternehmenskontrollmarktes

4 Kritische Betrachtung der Kontrollmarkttheorie und der Wirkung feindlicher Übernahmen
4.1 Probleme und Mängel der Kontrollmarkttheorie
4.2 Bedenkliche Motive und Effekte feindlicher Übernahmen
4.3 Anforderungen an die Regulierung von Unternehmensübernahmen

5 Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

1 Einführung

Feindliche Übernahmen sind eine gefährliche Angelegenheit für betroffene Un-ternehmen. Könnte man meinen. Aber sind feindliche Übernahmen tatsächlich so bedrohlich wie sie klingen? Wem sind sie gefährlich? Profitieren neben den Über-nehmern noch andere davon? Übernahmen können auch den Aktionären von Großunternehmen, insbesondere denen großer Publikumsgesellschaften, nützen, indem sie eine „disziplinierende“ Wirkung auf die Unternehmensleitung entfalten. Nun, warum müssen Manager überhaupt „diszipliniert“ werden? Und gibt es nicht bereits ausreichend Kontrollorgane innerhalb einer Gesellschaft?

Ziel dieser Arbeit ist es, unter anderem, diese Fragen zu klären. Dabei werden feindliche Übernahmen und der Markt für Unternehmenskontrolle, auf dem sich Übernahmen vollziehen, hinsichtlich ihrer Bedeutung als Kontrollmechanismus für Publikumsgesellschaften analysiert.

Der Verlauf der Arbeit orientiert sich an der Auflösung der Thematik, ob der Markt für Unternehmenskontrolle ein angemessener Disziplinmechanismus für Großunternehmen ist.

Im ersten Kapitel wird zunächst geklärt, warum vor allem Publikumsgesellschaf-ten einer Disziplinierung zu unterwerfen sind. Daraufhin werden Möglichkeiten zur Kontrolle der Unternehmensleitung vorgestellt.

Das zweite Kapitel befasst sich mit den Hintergründen und dem Wirkungsmecha-nismus des Marktes für Unternehmenskontrolle. In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der feindlichen Übernahmen als Disziplinmechanismus ver-deutlicht.

Das dritte Kapitel stellt die Grenzen der in Kapitel zwei beschriebenen Theorie der Unternehmenskontrollmarktes dar, betrachtet kritisch die Effizienzwirkung von Übernahmen und befasst sich zum Schluss kurz mit den Anforderungen, die an eine Regulierung von Übernahmen zu stellen sind.

Abschließend fasst ein kurzes Fazit die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zu-sammen.

2 Zielkonflikte in Großunternehmen und Möglichkeiten zur „Disziplinierung“

2.1 Zur Trennung von Eigentum und Kontrolle in Großunternehmen

Warum müssen Großunternehmen „diszipliniert“ werden? Die Gründe für die Notwendigkeit einer Disziplinierung liegen darin, dass in den meisten Großunter-nehmen die Eigentums- und Kontrollrechte personell getrennt sind.1 Diese Tren-nung ist aus ökonomischer Sicht eine effiziente Art der Arbeitsteilung und Spezia-lisierung. Der Eigentümer besitzt die Finanzierungsmöglichkeit, aber verfügt oft nicht über die für die Unternehmensleitung notwendigen Kenntnisse und Fähig-keiten. Die komplexen unternehmerischen Entscheidungen gibt er an eine anges-tellte Führung mit entsprechendem Know-how ab.

Über diese Art von Kontrollverhältnissen veröffentlichten Adolf A. Berle und Gardiner C. Means im Jahre 1932 eine bedeutende Studie.2 Bei fast der Hälfte der von ihnen untersuchten amerikanischen Unternehmen stellten sie eine sehr breite Streuung des Aktienkapitals fest. Diese Unternehmen, die im breiten Streubesitz liegen, sind als „Publikumsgesellschaften“ zu bezeichnen. Die Folge der Tren-nung von Eigentum und Kontrolle ist ein abnehmender Einfluss der Minderheits-aktionäre auf die Unternehmenspolitik, da die Aktionäre die Kosten der Kontrolle der Unternehmensleitung nur begrenzt auf sich nehmen und ihre Anteile bei sin-kender Rentabilität einfach verkaufen.3 Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass das Management den frei gewordenen Handlungsspielraum nutzt, um eigene Interesse zu verfolgen, sich verselbständigt und somit die Aktionärsinteressen vernachläs-sigt.4 Es entsteht eine „Herrschaft der Manager“.5 Die konfliktäre Beziehung zwi-schen den Aktionären, den Inhabern eines Unternehmens und den Managern ist Untersuchungsgegenstand der Agency-Theorie, die im Folgenden dargelegt wird.6

2.2 Die Principal-Agent-Beziehung in Publikumsgesellschaften

Die Principal-Agent-Beziehung ist ein vertragliches Verhältnis, bei dem der „Prinzipal“ (Auftraggeber) den „Agenten“(Auftragnehmer) beauftragt für ihn tätig zu werden (siehe Abbildung 1).7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Principal-Agent-Beziehung8

Dieses Verhältnis besteht unter anderem in Aktiengesellschaften: Manager (agents) leiten die Gesellschaft im Auftrag der Aktionäre (principals) und treffen die unternehmerischen Entscheidungen.9 Die Aktionäre, die das unternehmerische Kapital zur Verfügung stellen, tragen als Auftraggeber die wirtschaftlichen Kon-sequenzen und haften für die Aktionen des Managements. Ihr Nutzenniveau wird maßgeblich von der Leistung der angestellten Vertreter beeinflusst. Jedoch beab-sichtigen beide ihre eigenen Interessen durchzusetzen und ihren eigenen Nutzen zu maximieren.10 Während Aktionäre die Maximierung ihres Vermögenswertes bei geringem Risiko anstreben, besteht das Interesse der Manager darin, den Nut-zen ihres Arbeitsverhältnisses zu steigern (hoher Lohn, geringer Arbeitsauf-wand).11 Da die Aktionäre die Handlungen des Managements nur unzureichend beobachten können,12 erwachsen aus der Trennung von Eigentum und Kontrolle diskretionäre Handlungsspielräume, die opportunistisches Verhalten von Mana-gern begünstigen.13 Das bedeutet, dass der Auftragnehmer seinen Nutzen durch seine Kompetenz- und Informationsvorsprüngen (asymmetrische Informationsver- teilung) entgegen den Interessen seines Auftraggebers mehren kann,14 indem er beispielsweise weniger oder schlechter arbeitet, immaterielle Nebenleistungen auf Firmenkosten bezieht und Entscheidungen trifft, die seine persönlichen Interessen fördern.15 Um die Macht der Manager einzudämmen, den „Principal-Agent-Konflikt“ und die damit verbundenen Überwachungskosten (Agency-Kosten) zu reduzieren, ist ein angemessenes Kontrollinstrumentarium notwendig.

2.3 Interne und externe Kontroll- und Disziplinmechanismen

Das Stimmrecht der Aktionäre auf der Hauptversammlung stellt eine Möglichkeit der internen Kontrolle dar. Die Aktie ist mit Vermögensrechten und mit gesetzlich definierten Verwaltungsrechten16 an Aktiengesellschaften verbunden. Letztere ermöglichen grundsätzlich die Disziplinierung des Managements.17 Für eine wirk-same Überwachung ist allerdings eine hohe Kontrolltätigkeit18 des einzelnen Ak-tionärs erforderlich, die mit entsprechend hohen Kosten verbunden ist.19 Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Kontrolle für den Aktionär überhaupt lohnt. In großen Publikumsgesellschaften mit vielen Kleinaktionären ist der Anreiz näm-lich gering, da dem einzelnen Aktionär die potentiellen Vorteile relativ wenig nützen. Hinzu kommt, dass die Kontrollaktivität eines Aktionärs externe Effekte in Form von Kurssteigerungen produziert. 20 Davon profitieren alle Anteilseigner gleichermaßen. Dieser Sachverhalt wird als „Free-rider-Problem“ (Trittbrettfah-rerproblem) bezeichnet. Da jeder letztlich darauf vertraut, dass der andere die Kontrollfunktion übernimmt, nimmt jeder Aktionär eine Trittbrettfahrerposition ein, was zu keiner oder einer nur sehr geringen Überwachung führt. Aktionäre können aber ihr Stimmrecht auch auf Dritte übertragen und sie zur Ausübung ih-res Kontrollrechts bevollmächtigen.21 Beispiele hierfür sind das Depotstimm- recht22 und das „Proxy Voting“23. Allerdings entstehen mit der Beauftragung der Kontrolle durch einen Dritten wieder die Probleme einer Principal-Agent-Beziehung. Aufgrund der ungünstigen Anreizstruktur ist das Stimmrecht der Ak-tionäre auf der Hauptversammlung kein wirkungsvoller Disziplinmechanismus der Unternehmensleitung.

Zu den internen Kontrollorganen gehört auch der Aufsichtsrat. 24 Er ist die von der Hauptversammlung gewählte Interessenvertretung der Eigentümer. Er überwacht den Vorstand und soll durch seinen Einfluss auf die Entscheidungen der Unter-nehmensleitung Missmanagement verhindern. Aber auch hier treten die typischen Kontrollprobleme einer Principal-Agent-Beziehung auf. Nicht nur zwischen Vor-stand und Aufsichtsrat, dessen Kontrolleffektivität maßgeblich von der Informati-onspolitik des Vorstands bestimmt wird, sondern auch zwischen Aufsichtsrat und Aktionären. Denn der Wille der Aufsichtsräte sich tatsächlich für die Eigentümer-interessen einzusetzen, hängt vom Kosten-Nutzen-Verhältnis der Überwachungs-tätigkeit ab. Deshalb muss man auch dem Aufsichtsrat eine eher geringes Diszip-linierungspotenzial zuschreiben.25

Die externe Kontrolle erfolgt durch die Märkte wie zum Beispiel den Güter- und den Aktienmarkt. Die Wettbewerbskräfte auf den Gütermärkten können die disk-retionären Handlungsspielräume der Manager begrenzen, da die aus Missmana-gement resultierenden hohen Kosten letztendlich mit dem Marktausstieg des Un-ternehmens abgestraft werden.26 Die Disziplinierungswirkung der Gütermärkte ist jedoch stark von der Wettbewerbsintensität des jeweiligen Marktes, auf dem das Unternehmen agiert, abhängig. Vor allem müssen sich viele Großunternehmen keinem intensiven Wettbewerb stellen.27 Daher ist die Kontrolle der Gütermärkte nicht in allen Märkten und Branchen ausreichend.

[...]


1 Im Folgenden vgl. Lübbert (1992), S. 121 f.

2 Vgl. Berle/Means (1968): The Modern Corporation and Private Property, zit. nach: Höp-ner/Jackson (2003), S. 148 f., Noll/Volkert(2007), S.50 ff..

3 Vgl. Höpner/Jackson (2003), S.148.

4 Vgl. Lübbert (1992), S. 122; Höpner/Jackson (2001), S. 148.

5 Vgl. Noll/Volkert (2007), S. 51.

6 Vgl. Gerke (2001), S. 24.

7 Im Folgenden vgl. Kallfass (1992), S. 278.

8 Entnommen aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Prinzipal-Agent-Theorie.

9 Vgl. Kallfass (1992), S. 278.

10 Vgl. Gerke (2001), S. 25.

11 Vgl. Kallfass (1992), S. 279.

12 Vgl. Kallfass (1992), S. 279.

13 Vgl. Lohrer (2001), S. 39.

14 Vgl. Lohrer (2001), S. 39.

15 Vgl. Kallfass (1992), S. 280.

16 Beispielsweise entscheiden Aktionäre über die Wahl der Hälfte der Mitglieder der Aufsichtsräte, die Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand und Satzungsänderungen.

17 Vgl. Flassak (1995), S. 118 f.

18 Die Kontrolltätigkeit erfordert neben hohen Zeitaufwand, auch Sachverstand und unternehmeri-sche Kompetenz des Aktionärs, was bei den meisten nicht gegeben sein dürfte.

19 Im Folgenden vgl. Lohrer (2001), S. 40 f.

20 Im Folgenden vgl. Steiger (2002), S. 532.

21 Vgl. Flassak (1995), S. 121.

22 Das Depotstimmrecht in Deutschland wird hinsichtlich der Macht der Banken stark kritisiert. Näheres hierzu Seibert (2004).

23 Beim Proxy Voting wird das Stimmrecht vom Investor oder Bevollmächtigten über das Internet abgegeben. Näheres hierzu Konitzny/Vogt (2003).

24 Im Folgenden vgl. Flassak (1995), S. 126.

25 Kritisch zur Kontrollfunktion der Aufsichtsräte äußern sich Papendick/Student(2004).

26 Vgl. Flassak (1995) S. 131 f.

27 Vgl. Kallfass (1992), S. 281.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Ist der Markt für Unternehmenskontrolle ein angemessener Disziplinmechanismus für Großunternehmen? Zur Bedeutung feindlicher Übernahmen
Hochschule
Hochschule Pforzheim
Veranstaltung
Wirtschaftspolitisches Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V130024
ISBN (eBook)
9783640369546
ISBN (Buch)
9783640369515
Dateigröße
582 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaftspolitik, Corporate Governance, Feindliche Übernahme
Arbeit zitieren
Diana Pakatchi (Autor:in), 2008, Ist der Markt für Unternehmenskontrolle ein angemessener Disziplinmechanismus für Großunternehmen? Zur Bedeutung feindlicher Übernahmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130024

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