Grundlagen der kommunalen Finanzverfassung nach dem Grundgesetz


Hausarbeit, 2008

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

A. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie
I. Anspruch der Gemeinden auf eine angemessene Finanzausstattung
1. Finanzielle Mindestausstattung im Verteidigungsfall
2. Verpflichtungsadressat des Anspruches der Gemeinden auf finanzielle Mindestausstattung
II. Kommunaler Finanzausgleich
1. Ziele des kommunalen Finanzausgleichs
III. Gemeindliche Steuer- und Abgabenhoheit
IV. Haushaltsrecht der Gemeinden
1. Schranken der Befugnis zur Regelung des kommunalen Haushaltes

B. Die Finanznot der Gemeinden
I. Aufgabenübertragung und Lastentragung
1. Striktes Konnexitätsprinzip in Art. 78 III LVerf NRW
2. Probleme des Art. 78 III LVerf NRW
II. Durchgriff des Bundes auf die kommunale Ebene
1. Änderung des Art. 84 I GG durch die Föderalismusreform I
2. Fortbestand bestehender Aufgabenübertragungen nach Art 125 I S. 1 GG
3. Bewertung der Änderung der Art. 84 I S 7 GG und Art. 85 I S. 2 GG
III. Die Notwendigkeit einer Föderalismusreform II
1. Lastenverteilungsregeln zwischen Bund und Ländern
2. Lösungsvorschläge der Föderalismusreform II
3. Zuweisung neuer Steuerquellen an die Gemeinden

Schlussbetrachtung

Einleitung

Das Anliegen dieser Arbeit ist es die verfassungsrechtlichen Vor-gaben für die kommunale Finanzverfassung darzustellen. Insbe-sondere soll auf die Bedeutung der verfassungsrechtlich garantier-ten kommunalen Selbstverwaltung für die kommunale Finanzver-fassung aufmerksam gemacht werden. Neben den Bestimmungen des Grundgesetzes werden ebenfalls die Vorgaben der Landesver-fassung NRW in die Betrachtung miteinbezogen. Die Regelungen der Landesverfassung NRW stehen hierbei als Konkretisierung des Grundgesetzes exemplarisch für ähnliche Bestimmungen in ande-ren Landesverfassungen der Bundesrepublik.

Im zweiten Teil der Arbeit soll die aktuelle Finanznot und Aufga-benüberlastung vieler Gemeinden beleuchtet werden. Es soll unter-sucht werden, welche finanzpolitisch relevanten verfassungsrecht-lichen Vorschriften zu dieser prekären Situation geführt haben und wie dieser Situation finanzverfassungsrechtlich begegnet werden kann. Hierbei soll insbesondere auf die Einführung des strikten Konnexitätsprinzips in die Landesverfassung NRW im Jahre 2004 und die Änderungen durch die Föderalismusreform I vom 01.09.2006 eingegangen werden. Abschließend sollen Lösungsan-sätze einer möglichen Föderalismusreform II diskutiert werden.

A. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie

Die Gemeinden sind als Gebietskörperschaften juristische Personen des öffentlichen Rechts. Sie gehören der mittelbaren Staatsverwal-tung an. Im Wege der mittelbaren Staatsverfassung erfüllt der Staat seine Verwaltungsaufgaben nicht selber, sondern bedient sich rechtlich selbständiger Organisationen. Die Gemeinden bilden ne- ben dem Bund und den Ländern keine dritte Staatsebene. Sie sind staatsorganisationsrechtlich den Ländern eingegliedert.1 Die Grün-de für die Einrichtung von Körperschaften sind die Prinzipien der Selbstverwaltung, der Dezentralisation sowie der demokratischen Legitimation. Im Falle der Gemeinden soll eine Aktivierung der Bürger für ihre eigenen Angelegenheiten erfolgen, sowie die Sach-und Ortskenntnis der Bürger genutzt werden.2 Maurer definiert Körperschaften des öffentlichen Rechts als „durch staatlichen Ho-heitsakt geschaffene, rechtsfähige, mitgliedschaftlich verfasste Or-ganisationen des öffentlichen Rechts, die Aufgaben mit i.d.R. ho-heitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnehmen.“3 Die Ermächtigung zur kommunalen Selbstverwaltung ergibt sich direkt aus dem Grundgesetz durch Art. 28 II S.1 GG und wird ebenfalls durch Art. 78 LVerf NRW gewährleistet. Die Gemeinden sollen die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwor-tung regeln. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nach dem BVerfG „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinde wurzeln oder [...] das Zusammenleben und – wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen.“4 Die eigenver-antwortliche Erfüllung dieser Aufgaben ist aber nur möglich mit einer eigenen und angemessenen Finanzausstattung der Gemein-den. Es besteht ein untrennbarer „Zusammenhang von finanzieller Eigenverantwortung und substanzhafter Selbstverwaltung“.5 Die Gemeinden müssen sowohl über die Einnahmen- als über die Aus-gabenseite ihrer Finanzen entscheiden können, um die eigenständi-ge Selbstv]erwaltung zu gewährleisten. Daraus folgt die Garantie der kommunalen Finanzhoheit. Im Folgenden soll die verfassungs-rechtliche Garantie der Gemeinden auf eine angemessene Finanz-ausstattung, die Garantie der gemeindlichen Steuer- und Abgaben- hoheit sowie die Garantie für die eigenverantwortliche Haushalts-wirtschaft der Gemeinden untersucht werden.

I. Anspruch der Gemeinden auf eine angemessene Finanzaus-stattung

Die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 II S. 1 GG setzt, um effektiv zu sein, einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden voraus. Diese Finanzausstattung muss notwendigerweise mit dem Umfang der zu erfüllenden Aufgaben korrespondieren. Art. 28 II S. 3 GG unterstreicht noch einmal den Anspruch der Gemeinden auf finanzielle Eigenverantwortung.6 Die Gemeinden sollen ihre Auf-gaben in eigener Verantwortung regeln können. Daraus folgt, dass die finanzielle Ausstattung der Gemeinden nicht nur hinreichend für die Erfüllung der den Gemeinden zugewiesenen Pflichtaufga-ben sein muss, sondern, dass die Gemeinden ebenfalls dazu im Stande sein müssen, freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahr-zunehmen.7 Würden die Gemeinden nur die ihnen zugewiesenen Pflichtaufgaben wahrnehmen, so würden sie zum reinen Zwecker-füller degradiert werden. Die Garantie der kommunalen Finanzho-heit erfordert aber, dass den Gemeinden Entscheidungsspielräume belassen werden, wie sie ihre finanziellen Mittel verwenden. Zu einer angemessenen Finanzausstattung gehören folglich auch Geldmittel, die dies gewährleisten. Wie hoch der Anteil der Fi-nanzmittel, die auf freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben verwand werden kann sein muss, ist umstritten. Es wird von fünf bis zehn von Hundert an den insgesamt zur Verfügung stehenden gemeind-lichen Finanzmitteln ausgegangen.8

1. Finanzielle Mindestausstattung im Verteidigungsfall

Ebenfalls ein Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden ergibt sich aus Art. 115c III GG. Hier wird festgelegt, dass im Verteidigungsfall die Lebensfähigkeit der Länder und Ge-meinden zu wahren ist. Insbesondere wird hier auf das Überleben der Gemeinden in finanzieller Hinsicht verwiesen. Der Verteidi-gungsfall stellt einen Ausnahmefall dar. Im Umkehrschluss ergibt sich damit für den Normalfall, dass die finanzielle Mindestausstat-tung der Gemeinden mehr umfassen muss, als ausschließlich über-lebenssichernde Elemente.9 Art. 28 II S. 1 GG ist demzufolge auch im Lichte des Art. 115c III GG auszulegen.

2. Verpflichtungsadressat des Anspruches der Gemeinden auf fi-nanzielle Mindestausstattung

Wie bereits festgestellt sind die Gemeinden staatsorganisations-rechtlich den Ländern eingegliedert. Die bundesstaatliche Finanz-verfassung ist zweistufig aufgebaut. Sie unterscheidet zwischen Bund und Ländern.10 Art. 106 IX GG rechnet die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden explizit den Ländern zu. Direkte finanz-rechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden sollen vermieden werden. Der Art. 106 VIII GG stellt hiervon eine geson-derte Ausnahme dar, die im X. Abschnitt des Grundgesetzes iso-liert steht. Auswirkung hiervon ist, dass es keinen Anspruch der Gemeinden auf eine finanzielle Mindestausstattung gegenüber dem Bund gibt.11 Vielmehr richtet sich der Anspruch der Gemeinden auf ihre Finanzausstattung und die finanzielle Mindestausstattung ge-gen die Länder. Somit sind die Länder Verpflichtungsadressat.

II. Kommunaler Finanzausgleich

Durch den kommunalen Finanzausgleich wird das aus Art. 28 II GG abgeleitete Recht auf Finanzautonomie und eine angemessene Finanzausstattung konkretisiert.12 Gegenstand des kommunalen Finanzausgleichs ist die Sicherstellung eines angemessenen Aus-gleichs der unterschiedlichen Finanzkraft der einzelnen Gemein-den.13 Verfassungsrechtlich normiert ist der kommunale Finanz-ausgleich zwischen Ländern und Gemeinden in Art. 106 VII GG und Art. 79 LVerf NRW. Der kommunale Finanzausgleich fällt in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder. Gemäß Art. 106 VII S. 1 GG steht den Gemeinden ein Anteil an den Ge-meinschaftssteuern zu. Die Gemeinschaftssteuern umfassen nach Art. 106 III GG das Aufkommen der Einkommenssteuer, der Kör-perschaftssteuer und der Umsatzsteuer, soweit das Aufkommen den Gemeinden nicht unmittelbar nach Art. 106 V, Va GG zugewiesen ist. Fakultativ kann das Bundesland nach dem zweiten Halbsatz des Art. 106 VII GG die Finanzmasse des Finanzausgleichs durch das Aufkommen der Landessteuern aufstocken. Die gesamte dem kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung stehende Finanzmas-se wird als Verbundsquote14 bezeichnet. Die Länder können die Höhe der Verbundsquote bestimmen. Folglich gibt es zwischen den einzelnen Bundesländer erhebliche Abweichungen. Es ist aber nicht möglich anhand der Höhe der Verbundsquote auf die Ge-meindefreundlichkeit des jeweiligen Landesgesetzgebers zu schlie-ßen.15 Konkretisiert wird verfassungsrechtliche Vorgabe des kom-munalen Finanzausgleiches in Nordrein-Westfalen durch das Ge-meindefinanzierungsgesetz GFG16.

[...]


1 Pünder/Waldhoff, Kommunales Finanzrecht in der Verfassungsordnung von Bund und Ländern, S. 3, in: Henneke (Hg), Recht der Kommunalfinanzen.

2 Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, S. 117.

3 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 605.

4 BVerfG, 2 BvR 1176/99 vom 18.7.2001, Absatz-Nr. (1 - 14), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20010718 2bvr117699.html

5 Pünder/ Waldhoff, Kommunales Finanzrecht in der Verfassungsordnung von Bund und Ländern, S. 5, in: Henneke (Hg), Recht der Kommunalfinanzen.

6 Henneke, Art.28, Verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern, S. 813, in: Schmidt-Bleibtreu (Hg), Grundgesetz Kommentar.

7 Vogelgesang, Kommunale Selbstverwaltung, S. 265.

8 Henneke, Art.28, Verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern, S. 814, in: Schmidt-Bleibtreu (Hg), Grundgesetz Kommentar.

9 Ebenda.

10 Pünder/ Waldhoff, Kommunales Finanzrecht in der Verfassungsordnung von Bund und Ländern, S. 3, in: Henneke (Hg), Recht der Kommunalfinanzen.

11 Henneke, Art.28, Verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern, S. 815, in: Schmidt-Bleibtreu (Hg), Grundgesetz Kommentar.

12 Henneke, Recht der Kommunalfinanzen, S. 499f.

13 Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, S. 37.

14 Henneke, Recht der Kommunalfinanzen, S. 501.

15 Näher hierzu: Henneke, Recht der Kommunalfinanzen, S. 501.

16 GFG 2008 NRW, http://www.im.nrw.de/gfg/GFG2008.htm

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Grundlagen der kommunalen Finanzverfassung nach dem Grundgesetz
Hochschule
Universität Münster
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V129907
ISBN (eBook)
9783640358717
ISBN (Buch)
9783640358250
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundlagen, Finanzverfassung, Grundgesetz
Arbeit zitieren
Felix Hadwiger (Autor:in), 2008, Grundlagen der kommunalen Finanzverfassung nach dem Grundgesetz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129907

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