Die Kritik an Theater und Radio bei Brecht in einer Gegenüberstellung zum ‚emanzipatorischen Mediengebrauch’ bei Enzensberger


Hausarbeit, 2009

29 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

1 – LEBEN BRECHT

2 – DAS EPISCHE THEATER BRECHTS

3 – DIE BRECHTSCHE THEORIE ZUM RADIO

4 – ERGEBNIS ZU BRECHT

5 – LEBEN ENZENSBERGER

6 – DIE KRITIK AN DEN ELEKTRONISCHEN MEDIEN

7 – BRECHT UND ENZENSBERGER

8 – BEIDE SOZIALISTEN BRECHT UND ENZENSBERGER

9 – AUSBLICK

LITERATURVERZEICHNIS

VORWORT

Als Abschluss der Veranstaltung ‚Klassiker der Medientheorie’ soll sich diese Arbeit mit dem Wirken von Brecht und Enzensberger beschäftigen.

Auf der Grundlage des Brecht’schen ‚epischen Theaters’ soll die These aufgestellt werden, dass die Radiotheorie Brechts und der von Enzensberger geforderte ‚emanzipatorische Mediengebrauch’ aus eben diesem hervorgeht. Das Brecht’sche Theater soll als Startpunkt einer Medienkritik von Brecht angesehen werden, die später auf den Rundfunk ausgeweitet werden kann.

Enzensberger soll auf Grund seines Diskurses in seiner Veröffentlichung „Baukasten zu einer Theorie der Medien“ mit in diese Überlegungen einbezogen werden und den dritten Schritt nach dem Theater und dem Radio auf dem Weg der Forderung zu einem kommunikationsbasierten Mediengebrauch bilden. Kommunikation soll dabei immer verstanden werden als beiderseitiger Austausch von Sender und Empfänger. Auch wenn Brecht und Enzensberger die Begriffe Sender und Empfänger leichtfertig verwenden ohne eine genaue Definition anzubieten, sollen diese Begriffe in der Arbeit verwendet werden. Jedoch unter dem Synonym, das Hyung-Ki Kim vorschlägt. Danach ist der Sender der Produzent und der Empfänger der Rezipient. Damit hat man zwei Begriffe, die den Gebrauch der Medien, über die gesprochen wird, besser fassen.

Ziel ist es herauszufinden, wie sich die Kritik gegenüber den elektronischen Medien darstellt und wie die Forderungen der Kritiker aussehen. Das Engagement der beiden Autoren an politischen Prozessen des Sozialismus und seiner Bedeutung für die Theorien Brecht und Enzensberger wird in die Argumentation einfließen.

1 – LEBEN BRECHT

Man kann das Leben Brechts in vier Abschnitte gliedern:

1) Kindheit und erstes Wirken

Bertolt Brecht wird als Eugen Berthold Friedrich Brecht am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. Obwohl er nach seinem Notabitur 1917 in München mit dem Studium der Medizin und der Naturwissenschaften beginnt, bleibt seine Vorliebe und seine Begeisterung bei der Literatur.

Als er 1918 als Lazarettsoldat eingezogen wird, schließt er sich dort dem Arbeiter- und Soldatenrat an. Dort ist bereits eine linke Tendenz zu erkennen, so dass am 29. September 1922 sein „kritisch-engagiertes, linksorientiertes Stück ‚Trommeln in der Nacht’ in München“[1] uraufgeführt wird.

2) Brecht in Berlin

Nachdem am 18. März 1924 das „Leben Eduards II. von England“ in München uraufgeführt wurde[2], siedelt Brecht nach Berlin um. Dort arbeitet er als Dramaturg am Deutschen Theater unter anderen mit dem Schriftsteller Carl Zuckmayer zusammen, für den Regisseur Max Reinhardt.

Ab 1926: „In sogenannten Lehrstücken erläutert Brecht, auf Grundlage des Marxismus gesellschaftliche Mißstände[!]. Obwohl er mit den revolutionären Zielen der Kommunisten sympathisiert, wird er nie Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)“.[3] Lehrstücke wird Brecht später auch die Stücke seines epischen Theaters nennen, die zum einen den Zuschauer zum Nachdenken und Überdenken bringen sollen, zum anderen ihn lehren, informieren sollen.

3) Brecht im Exil

1933 – einen Tag nach dem Brand im Reichstagsgebäude verlässt Brecht bis 1948 Deutschland. Über Wien, die Schweiz und Frankreich lässt er sich zunächst in Dänemark nieder. Von dort hat er viele seiner Werke veröffentlicht. Eines davon, die Dreigroschenoper, erschien 1934 in Amsterdam[4]. Seine deutsche Staatsbürgerschaft wurde ihm 1935 aberkannt.

Neben Stationen in Finnland und New York kommt Brecht nach Kalifornien. In den Vereinigten Staaten veröffentlicht er mehrere veränderte Fassungen des „Galileo Galilei“, die sich auf die geschichtlichen Ereignisse der Zeit (Atombombenabwurf zum Ende des zweiten Weltkrieges) beziehen. Hier stellt er Galilei als Menschen dar, dessen „Forschertum durch politisches Versagen zu einem rücksichtslosen Laster [wird], das nur den Machthabern dient. In der dritten, Berliner Fassung (1956) beklagt Galilei seine Verantwortungslosigkeit.“[5] Brecht formuliert hier eine Gesellschaftskritik gegenüber den Machthabern, die ihre Macht zu ihrem Nutzen ausbeuten und die Wissenschaft hieraus keinen eigenen Nutzen ziehen zu lassen. Dies könnte eine Bezugnahme auf die Kritik der westlichen Gesellschaftsordnungen sein, zu der ja auch die amerikanische, kapitalistische Gesellschaft gehört.

4) Brecht zurück in Deutschland.

Nachdem Brecht 1947 nach Europa (Paris) zurückkehrt, siedelt er 1948 wieder nach Berlin über, wo er die Aufführung der „Mutter Courage“ vorbereitet[6].

1949 gründet er das Berliner Ensemble, das 1954 im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin seinen ständigen Sitz findet. „Mitten in den Vorbereitungen zu „Leben des Galilei“ mit Ernst Busch stirbt er am 14. August 1956“[7].

Der Literaturwissenschaftler Volker Klotz fasst in seiner Veröffentlichung von 1957 die Arbeit von Brecht folgendermaßen zusammen:

„Für Brecht besteht das Netz der Bedingungen vornehmlich aus gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Machtfaktoren des Kapitalismus. Diese zu entlarven und den Zuschauer zu ihrer Änderung anzutreiben, ist seine Theorie vom ‚epischen Theater’ des ‚wissenschaftlichen Zeitalters’ gedacht. Für Brecht selbst ist episches Theater und Marxismus nicht zu trennen.

Zu trennen ist auch nicht, wie dies von bürgerlichen Kritikern gerne getan wird, der marxistische Politiker Brecht vom Dichter Brecht. Das ist eine Person. Aus seinem Werk läßt[!] sich die marxistische Weltsicht und ihre Methode nicht herauslösen mit der törichten Hoffnung, daß[!] dann ‚reine Dichtung’ übrig bleibe [...].“[8]

2 – DAS EPISCHE THEATER BRECHTS

Ansatzpunkt des Brecht’schen Theaters: Brechts Wirken kann „nur verstanden werden als Auflehnung gegen das Theater, das er um 1920 in Deutschland vorfand, und wie es heute noch in Deutschland und in anderen Teilen der Welt besteht: ein Theater, in dem hochtrabende aber innerlich tote Klassikeraufführungen abgelöst werden von ebenso leblosen, photographisch getreuen Abbildungen des Alltagslebens [...]. Dazu kam [...] die soziale Rolle des Theaters als einer gesellschaftlichen Verpflichtung, durch die ein Großteil des Publikums seinen Anspruch auf Bildung unter Beweis stellen zu können glaubt[e]“[9]. Brecht kritisiert die Selbstverständlichkeit des Theaters in der heuchlerischen Beweisführung von Bildung der Gesellschaft. Er kritisiert das Theater als einen Ort, der einem Ritual der gesellschaftlichen Anerkennung verfallen ist und sich in ihm das künstlerische nicht mehr abspielt, es nicht die Hauptrolle dieses Ortes spielt, sondern „einem leeren, äußerlichen Ritual, einer symbolischen Kulthandlung [innewohnt], deren innere Rechfertigung verloren gegangen ist“[10]. Interessant ist, dass die Form des Theaters, wie Brecht sie kritisiert, erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Bühnen bevölkerte. Bevor Gaslampen eine richtige Beleuchtung und historische Kostüme eine Illusion auf die Bühne bringen konnten, war jeder Moment „einer [solchen] Aufführung ein Verfremdungseffekt“[11]. Der „Verfremdungseffekt“, beziehungsweise der „V – Effekt“ steht im genauen Gegensatz zur Illusion. „Verfremdungseffekte sind alle Bühneneffekte, deren Zweck es ist, die Identifizierungsvorgänge zwischen Schauspielern und Zuhörern zu unterbinden.“[12]

‚Illusion’ kommt aus dem Französischen ‚illusion’ beziehungsweise dem Lateinischen ‚illusio’ was Täuschung oder irrige Vorstellung heißt[13]. Die Begriffe „Verfremdung“ und „Illusion“ sind für das Brecht’sche Theater stilprägend und werden im Laufe dieses Textes noch öfter von Bedeutung sein.

Das Illusionstheater kann man gleichsetzen mit der Definition der Malerei. „Ein Werk eines Malers [müsse] danach zu beurteilen [sein], wie vollständig er durch die Plastik der Darstellung, [...] die Illusion der Realität erzeugen konnte. Jahrhundertelang hatten sich Maler bemüht, die technischen Probleme zu lösen, die dieses Ziel ihnen aufgab.“[14] Jetzt, an dem Punkt, an dem der Durchbruch erreicht ist, bricht man mit den Zielen der Illusion. Auch im Theater, indem wie eben erwähnt im 19. Jahrhundert die entsprechende Technik einzieht, um ein Drama, ein Bühnenstück so realitätsnah wie möglich zu gestalten, distanziert man sich von dem erreichten Ziel und sieht neue Herausforderungen. Neben der Avantgarde in der Kunst, die die Illusionsmalerei und ihre Formen auflöst, ging es auf der Bühne „analog, um die Überwindung des Illusionstheaters, die Suche nach einer neuen, poetischen Dimension.“[15]

Neben dem Illusionstheater wendet sich Brecht auch vom aristotelischen Theater ab. Brecht bezeichnet sein episches Theater auch als „nicht aristotelisches Theater“ – dieser Begriff ist jedoch schlecht gewählt, da „die griechische Tragödie, mit der sich die Poetik des Aristoteles befaßt[!] [...] ein verfremdendes, episches Theater im Brechtschen Sinne“[16] war.

Zwar sieht man sich hier einem verfremdeten epischen Theater nach Brechts Vorstellungen gegenüber, wie oben bereits angerissen, doch kommt das Ziel dieser Inszenierungen Brecht als lehrlos daher. Sein Ziel erreicht das aristotelische Theater, „indem es vor den Augen der Zuschauer die Illusion ‚wirklicher’ Ereignisse erzeugt, wobei jedes Mitglied des Publikums in die Handlung hineingezogen wird, indem es gezwungen wird, sich mit dem Helden oder der Heldin des Dramas bis zur völligen Selbstaufgabe und Selbstvergessenheit zu identifizieren. Der magische Effekt der Bühnenillusion hypnotisiert die Zuschauer und versetzt sie in einen Trancezustand [...]“[17]. Der Effekt der Selbstvergessenheit und der völligen Hingabe des Zuschauers sollte „Furcht und Mitleid [erregen] und ihn so einer Reinigung, Katharsis, seiner Emotionen zu unterwerfen mit dem Ergebnis, daß[!] er das Theater erfrischt und seelisch geläutert verläßt[!]“[18].

Zwar korrelieren die Theater von Aristoteles und Brecht damit schon gegenüber der Illusion, die das „moderne“ Theater schafft. Dennoch sieht Brecht die Vollendung des Theaters nicht in dieser Erfrischung und Reinigung. Er argumentiert, dass das Theater „intellektuell nichts gelernt haben [wird] und daher moralisch unverbessert [sei].“[19] Dies wäre jedoch ein Theater, in dem der Zuschauer nur Konsument zu sein scheint und das sich damit doch nicht deutlich vom Illusionstheater, wie oben beschrieben abgrenzen kann. Ein zweiter Punkt ist die Modulhaftigkeit des epischen Theaters nach Brecht.

[...]


[1] Internetquelle I.

[2] Esslin, 341.

[3] Internetquelle I.

[4] Esslin, 342.

[5] Internetquelle I.

[6] Esslin, 342.

[7] Internetquelle II.

[8] Klotz, Volker, 128.

[9] Esslin, 166.

[10] Esslin, 166.

[11] Esslin, 167

[12] Esslin, 171.

[13] Duden

[14] Esslin, 168.

[15] Esslin, 168.

[16] Esslin, 169.

[17] Esslin, 169.

[18] Ebd.

[19] Esslin, 170.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Kritik an Theater und Radio bei Brecht in einer Gegenüberstellung zum ‚emanzipatorischen Mediengebrauch’ bei Enzensberger
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Künste und Medien)
Veranstaltung
Seminar Medientheorie
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
29
Katalognummer
V129572
ISBN (eBook)
9783640358526
ISBN (Buch)
9783640358069
Dateigröße
577 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kritik, Theater, Radio, Brecht, Gegenüberstellung, Mediengebrauch’, Enzensberger
Arbeit zitieren
André Bressel (Autor:in), 2009, Die Kritik an Theater und Radio bei Brecht in einer Gegenüberstellung zum ‚emanzipatorischen Mediengebrauch’ bei Enzensberger, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129572

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