Postmoderne Merkmale in Julio Cortazars "Rayuela"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 2

Silke Strack (Autor:in)


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Die Postmoderne
II.1 Definition und Herkunft
II.2 Postmoderne Literatur

III. Merkmale des postmodernen Romans

IV. Postmoderne Merkmale in Rayuela

V. Schlussbetrachtung

VI. Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Sekundärliteratur

Internetquellen

I. Einleitung

Der in Argentinien geborene Julio Cortázar schrieb zu Lebzeiten ein vielschichtiges Werk, das sich aus Romanen, Erzählungen, Drehbüchern Theaterstücken bis hin zur Lyrik zusammensetzt. Seinen Ruhm jedoch verdankt er den beiden literarischen Gattungen Erzählung und Roman, wozu auch der 1963 erschienene Roman Rayuela gehört, der als einer der wichtigsten spanischsprachigen Romane des 20. Jahrhunderts betrachtet werden kann.

In der vorliegenden Arbeit soll nun ein Aspekt des Romans Rayuela behandelt werden, genauer gesagt seine postmodernen Merkmale. Ausgangspunkt ist eine Definition des Begriffes postmodern sowie dessen Herkunft. Anschließend wird die Postmoderne im Zusammenhang mit der Literatur betrachtet, was heißen soll, speziell im Kontext mit Lateinamerika und besonders dem lateinamerikanischen Roman. Hierbei wird auch näher auf die Wurzeln des postmodernen Romans eingegangen.

Im Folgenden werden Merkmale erläutert, die typisch für den postmodernen Roman sind und die im nächsten Teil direkt auf Cortázars Roman Rayuela angewendet werden sollen. Dabei ist es angesichts der Einschränkung dieser Arbeit nicht möglich, auf alle postmodernen Merkmale einzugehen. Stattdessen werden einige als wichtig empfundene postmoderne Merkmale aufgegriffen und näher betrachtet. Ein letzter Punkt der Arbeit widmet sich dann einer Schlussbetrachtung.

II. Die Postmoderne

II.1 Definition und Herkunft

Der Begriff Postmoderne bezeichnet eine kulturgeschichtliche Periode nach der Moderne mit unklarer zeitlicher Eingrenzung und Merkmalsbestimmung, anwendbar auf Gesellschaft, Kultur und Kunst. Ihren Ursprung hat die Postmoderne in den USA, wo sich in den 1960iger Jahren Umbrüche in den Bereichen Kunst, Politik und Medien vollzogen.[1] Dabei entstanden die wichtigsten Voraussetzungen für das Zeitalter der Postmoderne: Einerseits die Auflösung der Konformität der amerikanischen Gesellschaft mittels der Perspektive von am Rande der Gesellschaft lebenden Menschen, andererseits eine in den 1960iger Jahren aufkommende Gegenkultur, zu der ethnische Gruppen, politische Protestbewegung und Jugendrevolte gehörten.[2]

Die ungenaue Definition des Begriffes verdeutlicht gleichzeitig die damit verbundene Problematik, da es keine allgemein gültige Definition gibt, sondern lediglich unterschiedliche Bewertungen. So sehen manche Kritiker die Postmoderne als Rückkehr zu einem geschlossenen Weltbild und damit als eine Abkehr von der Moderne mit ihrem elitären Kunstverständnis und Wissensbegriff, wohingegen andere sie als Radikalisierung und Weiterentwicklung der Moderne, in der bereits Erkenntnisskepsis und Repräsentationskrise vorhanden waren, betrachten. Beiden oppositionellen Sichtweisen ist jedoch gemeinsam, dass sie mit dem Begriff Postmoderne ein Unbehagen an der Moderne und ihren Entwicklungen ausdrücken wollen und folglich Konsequenzen gezogen werden sollen.

Um 1870 wurde der Begriff Postmoderne erstmals verwendet um heterogene gesellschaftliche sowie kulturelle Entwicklungen zu erfassen, wie auch zu bewerten. Zum Beispiel charakterisierte im selben Jahr der englische Maler John Watkins Chapman in Abgrenzung an die französischen Impressionisten seinen Malstil als postmodern. Von der Kunst ausgehend weitete sich der Begriff auf die Bereiche Kulturgeschichte, Philosophie, Theologie und Literatur aus. Postmoderne Kennzeichen sind der Pluralismus von Wissensmodellen und Kunstformen basierend auf dem Verzicht auf eine einheitliche Sinngebung in Kunst, Philosophie und Wissenschaft und die Aufhebung der Grenze zwischen Hoch- und Populärliteratur.[3]

II.2 Postmoderne Literatur

Was die Postmoderne bezüglich der Literatur anbelangt, so kam die Bezeichnung postmoderne Literatur erstmals, in Verbindung mit Elite- und Massenkultur, ebenso im Kontext der USA auf: Genauer gesagt wurden US- amerikanische Texte der 1960iger Jahre damit bezeichnet.[4]

Angesichts der lateinamerikanischen Literatur der Postmoderne spricht man von einer Boom- Literatur, die im Lateinamerika der 1960iger Jahre aufkam. Unter Boom ist das Wunder einer unerwarteten internationalen Breitenrezeption zu verstehen, deren Gründe in externen sowie internen Voraussetzungen bestehen. Mit der kubanischen Revolution im Jahre 1959 unter Fidel Castro wurde die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit erstmals auf Lateinamerika gelenkt, dem zuvor nicht viel Interesse galt. Neben diesem externen Faktor politischer Art entstand ein Zusammengehörigkeitsgefühl der lateinamerikanischen Schriftsteller, deren Anliegen in der Gründung einer transnationalen lateinamerikanischen Schriftstellervereinigung bestand, was aber in Anbetracht der verschiedenen politischen Ansichten oftmals in Querelen endete.

Dessen ungeachtet kam es bei den lateinamerikanischen Autoren zu bedeutenden Innovationen hinsichtlich des Romans, wie zum Beispiel das Aufbrechen eines linearen Erzählens oder das Experimentieren mit Zeit. Somit kann in diesem Zusammenhang von einer „Nueva Novela gesprochen werden, deren Schreibweise uneinheitlich, diffus und vielschichtig ist. Die Entwicklungslinien dieses Romans sind jedoch so unterschiedlich, dass man sie nicht in eine gemeinsame Schule zusammenfassen kann. Folglich ist auch die Boom- Literatur nicht als homogene Literatur anzusehen.[5]

Die Wurzeln des postmodernen Romans sind vielfältig, die wichtigsten genannten seien die „Beat Generation“, die „Oulipiens“, Jorge Luis Borges und der moderne Roman. Die „Beat Generation“ ist eine Gruppe US-amerikanischer Literaten, die mit ihrer bohèmehaften, nonkonformistischen Lebensweise gegen die damalige Gesellschaft und Politik rebellierte. Dazu gehörten die Musik des Jazz, exzessiver Alkohol- und Drogenkonsum sowie das Ausleben freier Sexualität, was auch als Mittel der Bewusstseinserweiterung galt. Die verwendete Sprache dieser Gruppe kennzeichnet sich in ihren Werken aus durch provozierende Obszönität und Umgangssprache, die Texte durch Strukturlosigkeit als auch Improvisation.[6]

Eine weitere Gruppe, die Einfluss auf den postmodernen Roman ausübte, sind die „Oulipiens“, abgeleitet von „Oulipo“ (französisch für „ouvrir de littérature potentielle“; deutsch: Werkstatt für potentielle Literatur). Diese entstand 1960 in Paris und setzte sich vorwiegend aus französischen Autoren zusammen, die nach strengen formalen Regeln sprachliche Experimente durchführte.[7]

Neben diesen beiden Gruppen wäre noch der 1986 verstorbene argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borge zu nennen, der mittels Intertextualität eine neue Art von Text schuf, wobei seine wichtigsten Stilmittel Täuschung, das Spielen mit dem Leser und die Vermischung von Realität und Surrealität sind.

Wie die Bedeutung der Bezeichnung Postmoderne bereits aufweist, nämlich nach (für post) der Moderne, ist es ebenso für die Bestimmung des postmodernen Romans unablässig, vom modernen Roman auszugehen. Das Problem hierbei ist, dass die verschiedenen Nationalliteraturen von meist unterschiedlichen, entgegengesetzten Moderne - Begriffen ausgehen, was zudem Resultat von verschiedenen historischen Hintergründen ist. Nichtsdestoweniger lassen sich Konzepte des modernen Romans zusammenfassen und verallgemeinern, um als weiteren Ausgangspunkt zur Bestimmung des postmodernen Romans zu dienen.

Historischer Hintergrund des modernen Romans sind Sinnverlust, Industrialisierung, Krieg, Entfremdung und moderne Massen- und Mediengesellschaft, die das Individuum der damaligen Zeit prägten. Im Roman drückt sich dies mit dem Zweifel aus, dass Sprache nicht mehr angemessen ist um die Welt zu beschrieben und zu erschließen. Es kommt zur Forderung der unbedingten Neuheit, Authentizität und Originalität, was sich in erzähltechnischen Experimenten zur Erfassung der Welt widerspiegelt.

Charakteristisch für den modernen Roman sind Narrativität, Subjektivität und eine für verbindlich gehaltene Vorstellung von der Welt, basierend auf dem menschlichen Verstand und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Doch die permanente Selbstüberbietung führte zur Erschöpfung der literarischen Mittel und Kritik kam auf, dass es keinen richtigen Realitätsbezug mehr gab. Die Lösung des Problems war dann der postmoderne Roman, der aus dieser Krise führte und auf dem im Weiteren eingegangen werden soll.[8]

[...]


[1] Vgl. Anja Saupe. „Postmoderne“. Metzler Lexikon Literatur: Begriffe und Definitionen. Hg. Dieter Burdorf, Christoph Fasbender, Burkhard Moennighoff. (Stuttgart: J.B. Metzler, 2007) 602.

[2] Vgl. Alfred Hornung. „Postmoderne bis zur Gegenwart: Postmodernismus (60er und 70er Jahre)“. Amerikanische Literaturgeschichte. Hg. Hubert Zapf. (Stuttgart: J.B. Metzler, 2004) 328.

[3] Vgl. Saupe, „Postmoderne“, 602.

[4] Vgl. ebd., 603.

[5] Vgl. Dieter Ingenschay. „Haupttendenzen der hispanoamerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts: Boom Literatur“. Lateinamerikanische Literatur des 20. Jahrhunderts. (Stuttgart: Ernst Klett, 2005) 57.

[6] Vgl. Sikander Singh. „Beat-Generation“. Metzler Lexikon Literatur: Begriffe und Definitionen. Hg. Dieter Burdorf, Christoph Fasbender, Burkhard Moennighoff. (Stuttgart: J.B. Metzler, 2007) 73/ 74.

[7] Vgl. Jan Röhnert. „Oulipo“Metzler Lexikon Literatur: Begriffe und Definitionen. Hg. Dieter Burdorf, Christoph Fasbender, Burkhard Moennighoff. (Stuttgart: J.B. Metzler, 2007) 562.

[8] http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/postmoroman.htm

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Postmoderne Merkmale in Julio Cortazars "Rayuela"
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V129452
ISBN (eBook)
9783640383900
ISBN (Buch)
9783640384181
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Postmoderne, Merkmale, Julio, Cortazars, Rayuela
Arbeit zitieren
Silke Strack (Autor:in), 2008, Postmoderne Merkmale in Julio Cortazars "Rayuela", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129452

Kommentare

  • Dr. Paul Forssbohm am 18.3.2020

    Vergleicht man die Texte, die hier veröffentlicht werden, zu den Themen "Der Zauberberg" von Thomas Mann und "Rayuela" von Julio Cortázer, dann fällt auf, dass die hispanistischen Bachelor- und Hausarbeiten deutlich besser sind als die der Germanisten zu Thomas Mann. Bei den Hispanisten zu nennen zu wären die Arbeiten von Silke Strack, Postmoderne Merkmale, Oliver Kneip, Die Rolle der Städte Paris und Buenos Aires und z. B. Maria Dschaak, Cortázer im Labyrinth. Bei den Germanisten kann man fast jede Arbeit nehmen. Woran liegt das Gefälle? Spiegelt sich in den Arbeiten der Zustand der Germanistik?

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