Mobilitätserziehung in der Sekundarstufe I. Projektorientiertes Lernen bei der Essener Verkehrs-AG


Examensarbeit, 2009

102 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Die Menschen des antiken Griechenlands hatten basierend auf den Erzählungen von Homer, Orpheus und Hesiod eine gewisse Vorstellung von dem Göttlichen, den dazugehörigen Kommunikationsmöglichkeiten und dem Konzept der Seele. Auch wenn Werke, wie die Odysee, sich nicht auf einen Wahrheitsanspruch beriefen oder religiöse Regeln etablierten, dienten sie als Grundlage der Bildung und der Religion.

Die Existenz von Göttern und Dämonen war für die antiken Griechen genauso selbstverständlich, und für die Mehrheit der Bevölkerung ohne Erklärungsbedarf, wie Regenbögen und andere Naturschauspiele auch einfach hingenommen wurden, nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Erfahrungen von überwältigenden Kräften, die dem Übermenschlichen zugeschrieben wurden. Selbst der materialistische Denker Epikur stellte das Göttliche beziehungsweise Dämonische als Verursacher dieser extremen Erfahrungen nicht in Frage.

Es wurde zwischen äußeren Kräften, wie extremen Wetterverhältnissen, und aktiv in den Menschen eindringenden Kräften unterschieden. Bei beiden Versionen ging man von einer beseelten Kraft aus. In der Odysee gerät Odysseus auf dem Heimweg von der Dämonin Kalypso in einen starken Sturm, der von Poseidon aufgrund seines Zornes auf Odysseus ausgelöst wurde1. Dieser Sturm ist eines der Beispiele für eine beseelte Kraft, die von außen auf Menschen einwirkt, und in diesem Fall hat ein Gott diese ausgelöst, um Odysseus zu schaden.

Wenn man nun spezifisch auf die Vorstellung der Kommunikation zwischen dem Menschlichen und dem Übermenschlichen schaut, fällt auf, dass dies auf verschiedene Arten geschehen konnte, denn die Kommunikation ging sowohl von der göttlichen Seite, als auch von der menschlichen Seite aus.

Wollten die göttlichen Gestalten Kontakt zu den Menschen aufnehmen, standen ihnen viele Möglichkeiten offen, sich zu offenbaren2. „What did ancient man see when they saw a god? Sometimes he saw a god, sometimes a human shape, sometimes a phantom, sometimes an animal form, sometimes he had an hallucination of light or a vision of bliss and sometimes he did not see anything at all but but was none the less aware oft the divine presence which is too overwhelming to be described.“3. Versnel zählt hier einige der häufigsten Erscheinungsformen des Göttlichen auf.

Besonders wenn Götter in Menschengestalt auftraten, verkörperten sie häufig die äußerlichen Idealvorstellungen und strahlten darüber hinaus übermenschliche Macht aus, weshalb die Menschen sich nicht trauten, ihnen in die Augen zu schauen, wie es beispielsweise in den Argonautika beschrieben wird4. Diese Form der Epiphanie hatte den großen Vorteil, dass die Gottheit in Menschengestalt auch die menschliche Sprache benutzen konnte, was die Kommunikation stark vereinfachte.

Die Götter konnten auch hinterlistige Botschaften senden, mit denen sie den Empfänger beeinflussen und täuschen wollten, so auch als Agamemnon, der Anführer der Griechen im trojanischen Krieg, im Traum eine Botschaft von Zeus erhält, durch die er getäuscht wird5.

Nicht selten gab es Schwierigkeiten bei der Entschlüsselung göttlicher Botschaften, es war jedoch die moralische Verpflichtung der Menschen, die erhaltene Botschaft zu entschlüsseln und zu befolgen und wenn es ihm nicht gelang oder er es erst gar nicht versuchte, drohten ihm Strafen. So wird der thebanische König Pentheus brutal getötet, nachdem er dem Willen des in Menschengestalt auftretenden Gottes Dionysos nicht nachkommt, da er die göttliche Anwesenheit nicht spürt, und diesen sogar fesseln lässt, weshalb ihn Dionysos für gottlos hält6. Hier tritt Dionysos nicht nur als Mensch, sondern später auch noch als donnernde Stimme aus dem Himmel, was die schnell wandelbare Gestalt der Götter aufzeigt.

Im Gegensatz zu Pentheus legt König Kroisos alles daran, seine Kriegshandlungen von den Göttern legitimieren zu lassen und wollte die göttlichen Botschaften durch ein Orakel erhalten, weshalb er mit Hilfe eines Orakeltests das Apollonheiligtum von Delphi als zuverlässigstes Orakel einstuft und dieses nun verwendet, um mit den Göttern zu kommunizieren7. Kroisos war so auf einen Krieg versessen, dass er die doppeldeutige allgemein formulierte Botschaft des Orakels, ein großes Reich würde zerstört werden, für seine Zwecke interpretierte, als Bestätigung seines Sieges8. Und obwohl Apollon ihm noch weitere Zeichen zukommen ließ, um Kroisos vor seiner Niederlage zu warnen, wie die schlangenfressenden Pferde9, die auch von Zeichenlesern richtig interpretiert wurden, führte er den Krieg weiter und musste sein Reich an die Perser abgeben.

In diesem Fall wurde ein Orakel benutzt, bei dem Priesterinnen in Trance mit ihrem Medium Kontakt zu dem Göttlichen aufnahmen, um die Botschaften eines Gottes zu empfangen. Da die Orakelbotschaften oft unverständlich formuliert oder rätselhaft waren, spezialisierten sich einige Menschen auf die Entschlüsselung, bei Kroisos waren es „die Telmesser“ aus der lykischen Stadt Telmessos, denen es gelang die Botschaft korrekt zu entschlüsseln. Neben den Telmessos und anderen ethnischen Gruppen, hatten sich ebenfalls Priester und privat agierende Mantiker der Entschlüsselung göttlicher Botschaften angenommen.

Eine weitere Form der Kommunikation ist das Einfahren eines Gottes in einen Menschen, sodass dieser sich nicht mehr beherrschen kann und der Gott die vollständige Kontrolle über das Handeln, die Gedanken und das äußere Erscheinungsbild der besessenen Person hat. Ein Beispiel dafür lässt sich ebenfalls in der Erzählung von Euripides über Kroisos finden. Hier sorgt die Gottheit für das lebendige Zerreißen des Pentheus, durch seine eigene Mutter, die ihn aufgrund der Beeinflussung durch den Gott für einen Löwen hält, den sie töten will10.

In Vergils Schilderung findet sich ein weiteres Beispiel. Dort ruft eine erfahrene Prophetin den Gott Apollon herbei und als er zu ihr kommt, verändern sich sowohl ihre Stimme als auch ihr gesamtes Äußeres und sie schreit vor Schmerzen, während sie versucht, den Gott loszuwerden. Zwischen ihren Schreien hört man die Botschaft des Gottes, die er mit Hilfe ihres Mundes mit seiner göttlichen Stimme aussprechen lässt und sich so den Menschen mitteilt11. Die Gottesbotschaften mussten trotzdem noch von den damaligen Experten entschlüsselt werden, denn aus den Mündern der Besessenen kamen häufig nur unverständliche Sätze. Diese besonders brutale Form der Gottespräsenz, die der Gott unteranderem zur Demonstration seiner Macht benutzte, war selbst für die Prophetin ein sehr schmerzhaftes Erlebnis und kam nicht sehr häufig vor.

[...]


1 Vgl. Homer, Odyssee 5,291-298

2 Ich verzichte auf eine Wiedergabe der beschriebenen Ereignisse und Zusammenhänge in indirekter Rede, um besser in die antike griechische Sicht auf das Göttliche eintauchen zu können und den Lesefluss zu verbessern. Dies soll jedoch nicht den Eindruck erwecken, dass sich die Götter den Menschen tatsächlich in der Realität mitgeteilt und die Ereignisse genauso stattgefunden hätten.

3 H. S. Versnel , What Did Ancient Man See When He Saw A God?, in: Dirk van der Plas, Effigies Dei, Leiden 1987, S. 43-55, hier: S. 53

4 Vgl. Apollonios Rhodios, Argonautika 2,674-682

5 Vgl. Homer, Ilias 2, 1-34

6 Vgl. Euripides, Bacchen 497-518

7 Vgl. Herodot, Historien 1,47f.

8 Vgl. Herodot, Historien 1,53

9 Vgl. Herodot, Historien 1,78

10 Vgl. Euripides, Bacchen 1124-1214

11 Vgl. Vergil, Aeneis 6,46-51

Ende der Leseprobe aus 102 Seiten

Details

Titel
Mobilitätserziehung in der Sekundarstufe I. Projektorientiertes Lernen bei der Essener Verkehrs-AG
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
102
Katalognummer
V129232
ISBN (eBook)
9783668199620
ISBN (Buch)
9783668199637
Dateigröße
1507 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mobilitätserziehung, sekundarstufe, projektorientiertes, lernen, essener, verkehrs-ag
Arbeit zitieren
Vanessa Kleppel (Autor:in), 2009, Mobilitätserziehung in der Sekundarstufe I. Projektorientiertes Lernen bei der Essener Verkehrs-AG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129232

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