Kommunikationsfreiheiten, Medienethik und die Bedingungen ihrer globalen Wirksamkeit


Hausarbeit, 2008

21 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriff der Kommunikationsfreiheiten
2.1 Dimensionen des Begriffs
2.2 Kommunikationsfreiheit als Menschenrecht

3 Wozu Medienethik?

4 Kommunikationsfreiheiten und Medienethik – eine symbiotische Beziehung

5 Ungleichverteilung der Kommunikationsfreiheiten in der Welt

6 Medienethik, Kommunikationsfreiheiten und der Anspruch auf Freiheit
6.1 Medienethik ohne Medienfreiheit?
6.2 Freiheit als Leitwert der Medien und der Medienethik?

7 Konzepte einer globalen Medienethik

8 Schluss

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Garantie von Kommunikationsfreiheiten ist unbestritten konstituierend für Demokratien und etabliert als ein jedem Menschen zustehendes Grundrecht. Als solches fanden sie Eingang in nationale und internationale Rechtskodizes und Deklarationen. Die Medien sollen frei sein, um bestimmte ihnen zugedachte Funktionen erfüllen zu können. Diese Forderung bleibt nicht auf bestimmte Regionen der Welt beschränkt, in denen sie als Norm akzeptiert wird: Ausgehend von supranationalen Organisationen wie der UNO erhebt sie Gültigkeit für die ganze Welt.

Kommunikationsfreiheit bringt aber auch die Verantwortung mit sich, diese Freiheit angemessen zu gebrauchen. Die Freiheit der Kommunikation findet nur begrenzt Einschränkungen in der Gesetzgebung, um eben diese ihnen gewährte Freiheit nicht übermäßig zu beschränken. Konflikte sind abzusehen und der Punkt, an dem medienethische Überlegungen einsetzen. Aber auch Medienethik selbst ist nicht frei von Normen, die universelle Gültigkeit beanspruchen: Als grundlegendste Forderung formuliert sie, dass Medien die freiheitliche Gesellschaftsordnung fördern sollen. Aber eben jene Forderung nach einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist aus den Menschenrechten abzuleiten und damit Ausdruck einer spezifischen, kulturgebundenen Werteordnung.

In der vorliegenden Hausarbeit soll auf den Zusammenhang zwischen Kommunikationsfreiheiten und Medienethik in mehrfacher Hinsicht anhand folgender Fragestellungen eingegangen werden: Inwieweit bedingen sie sich? Inwieweit ist ein universaler Anspruch auf Kommunikationsfreiheiten gerechtfertigt und nicht selbst Teil eines spezifischen, ethisch argumentierenden Menschenbildes? Auf welchen Prämissen müsste eine global wirksame Medienethik beruhen, um Anspruch auf Berechtigung zu besitzen?

Um sich diesen Fragestellungen anzunähern, sollen in einem ersten Schritt die eingeführten Begriffe spezifiziert werden: Was versteht man unter Kommunikationsfreiheiten und woraus leiten sie sich ab? Welche Funktion hat Medienethik ?

In einem zweiten Schritt wird aufgezeigt, wie Medienethik erst durch Kommunikationsfreiheiten ermöglicht wird und inwiefern Kommunikationsfreiheiten weltweit reale Umsetzung erfahren. Mit den bis hier gewonnenen Grundlagen sollen dann folgende Fragen diskutiert werden: Kann der in den Menschenrechten verankerte universale Anspruch auf Kommunikationsfreiheiten wirklich so erhoben werden? Handelt es sich bei der Konzeption der Menschenrechte nicht um einen spezifischen Ausdruck von Moralvorstellungen, die auf andere Kulturen so nicht anwendbar sind? Und: Kann die Berichterstattung von Mediensystemen, die dem Wertekanon der Menschenrechte nicht zustimmen, überhaupt mit einer auf diesen Werten basierenden Medienethik kritisiert werden?

Die vorliegende Hausarbeit konnte viele der aufgeworfenen Fragen nicht abschließend klären, schon allein, weil die Positionen zu diesem Thema so zahlreich wie die Literatur zu sein scheinen und dennoch häufig in Paradoxien enden. Letztlich sind mehr Fragen entstanden, als geklärt werden konnten. Somit wird es auch als Ergebnis der vorliegenden Hausarbeit betrachtet, Fragestellungen für eine weitere Beschäftigung mit dem Themenbereich erarbeitet zu haben.

2 Begriff der Kommunikationsfreiheiten

2.1 Dimensionen des Begriffs

Kommunikationsfreiheiten sind im deutschen Grundgesetz verankert: garantiert werden die Freiheit der Meinungsäußerung und die Freiheit der Information. Beides gilt als eine der Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Demokratie und bedingt sich: nur der Bürger, der sich aus frei zugänglichen Quellen ungehindert informieren kann, ist in der Lage, sich anhand dieser Informationen eine auf Wissen basierende und begründbare Meinung zu bilden. Politik kann nicht im Stillen agieren, sondern hat die Pflicht, ihre Entscheidungen der Öffentlichkeit zur ungehinderten Information zur Verfügung zu stellen. Nur so kann politisches Handeln öffentlich beobachtet und durch Zustimmung oder Kritik begleitet werden. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist unverzichtbar für das Entstehen eines öffentlichen Diskurses, durch den sich Mehrheitsmeinungen bilden, welche sich dann in politischen Entscheidungen äußern können.

Aber Kommunikationsfreiheiten meinen noch mehr: soll die freie Verbreitung der Meinungen geschützt sein, bedürfen auch die Medien Schutz, die zu deren Verbreitung unerlässlich sind – Presse, Rundfunk und Film. Ihnen werden besondere Privilegien eingeräumt, damit sie die ihnen zugedachten gesellschaftlichen Funktionen (Information, Orientierung, Kontrolle) erfüllen zu können: das Zeugnisverweigerungsrecht, der Anspruch auf Auskunftserteilung durch Behörden, das Verbot einer Standesgerichtsbarkeit, die Zulassungsfreiheit von Medien, der freie Zugang zu Medienberufen. Jedwede Vorzensur ist explizit verboten.

Kommunikationsfreiheiten sind durch Gesetze ausgestaltete Freiheiten – was bedeutet, dass sie aufgrund von Gesetzen beschränkt werden können. Nach Breunig finden sich diese Einschränkungen entweder in den Verfassungen der jeweiligen Staaten selbst oder in speziellen Mediengesetzen.[1] Begründet werden Einschränkungen zum Einen mit dem Sicherheitsbedürfnis des Staates, wenn er sich also durch innere oder äußere Angriffe in seiner organisatorischen Existenz bedroht fühlt, zum Anderen mit den Rechten der Bürger, die es vor Eingriffen in die Privatsphäre, Verleumdung und Ähnlichem zu schützen gilt. Gründe für Einschränkungen können auch der Schutz der Justiz oder der Schutz der öffentlichen Moral sein, wozu der Jugendschutz zu zählen wäre und das Verbot der Verbreitung von kriegsverherrlichenden oder gewalttätige Auseinandersetzungen provozierenden Darstellungen.

Ein freies Mediensystem und das garantierte Recht, Meinungen im Rahmen der Gesetze ohne Androhung von Strafe äußern und verbreiten zu können, ermöglicht den „Kampf der Ideen und Interessen“[2] – ohne diesen kann eine Gesellschaft, die auf der öffentlichen Bearbeitung gesellschaftlicher Konflikte und der Idee der autonomen politischen Willensäußerung ihrer Mitglieder in Form von Wahlen basiert, nicht funktionieren. Doch das Recht auf kommunikative Selbstbestimmung und freie Meinungsverbreitung ist mehr als ein bloßes funktionales Erfordernis demokratischer Gesellschaften: es hat den Rang eines Menschenrechts. Ein Staat, der seinen Bürgern solch freie Kommunikation entweder gezielt verwehrt oder strukturelle Voraussetzungen nicht schafft, die ein solches freies Mediensystem ermöglichen, muss sich dem Vorwurf der Missachtung der Menschenrechte stellen.

2.2 Kommunikationsfreiheit als Menschenrecht

Wolfgang Hoffmann-Riem weist auf das Einhergehen der Freiheitsidee, so wie sie im Zuge der Aufklärung entwickelt wurde, und der Rechtsstaatsidee hin.[3] Die angestrebte Befreiung des Individuums aus ständischen, wirtschaftlichen und politischen Beschränkungen sollte mittels des Rechts garantiert werden. Dabei hatte das Gesetz einerseits die Aufgabe, die Macht des Adels einzuschränken, und andererseits eine Balance zu gewährleisten zwischen den individuellen Freiheitsrechten jedes Mitglieds der Gesellschaft: die Rechte des Einen dürfen die des Anderen nicht einschränken. Die neue Freiheit musste also gestaltet werden. Ausdruck dieser Bemühungen ist Artikel 5 im deutschen Grundgesetz: hier findet sich sowohl die Garantie der oben genannten Kommunikationsfreiheiten als auch deren Einschränkungsmöglichkeiten durch die allgemeinen Gesetze.

Doch die besondere Stellung der Kommunikationsfreiheit als nicht nur politisch-funktionales, sondern normatives Menschenrecht, abgeleitet aus dem Prinzip der Menschenwürde, dem Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit und dem daraus begründeten Recht auf kommunikative Selbstentfaltung, macht es notwendig, dieses auch auf internationaler Ebene zu verbürgen. Insbesondere nach dem 2. Weltkrieg erschien die Bezeugung einer weltweiten Gültigkeit der Menschenrechte dringend geboten. Entstanden aus der Naturrechtsidee in der englischen Philosophie des 17. Jahrhunderts – jedem Menschen kommen kraft seiner Geburt Rechte zu, die weder erst gewährt werden müssen noch entzogen werden können – erheben die Menschenrechte Anspruch auf eine universalistische, also weltweite Gültigkeit und fanden als solche Eingang in zahlreiche Rechtskodizes und Deklarationen. Auf Basis dieser Überzeugung ist das Agieren der Nichtregierungsorganisationen, welche die Menschenrechte in der Welt verbreiten und schützen helfen wollen, aber auch der supranationalen Organisationen zu verstehen. Wenn Menschenrechte für alle gelten, müssen sie auch für alle durchgesetzt werden. Als universelle Normen formuliert, bilden die Menschenrechte die Grundlage einer zeit- und kulturspezifischen Moral.

In diesem Kontext ist zunächst die 1948 verabschiedete „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen zu nennen. Die Freiheit der Meinungsäußerung, deren Verbreitung mittels Medien und die Informationsfreiheit haben in Artikel 19 Aufnahme gefunden. Allerdings hat die Deklaration keine juristisch bindende Kraft. Als Sonderorganisation der UNO mit Zuständigkeit für Erziehung, Wissenschaft und Kultur beschäftigt sich auch die UNESCO mit der Garantie von Kommunikationsfreiheiten. In ihrer Verfassung bekennt sie sich zur Förderung einer freiheitlichen Kommunikationsordnung in allen Mitgliedsstaaten.[4] 1978 verabschiedete die UNESCO ihre Mediendeklaration: darin werden Kommunikationsfreiheiten als Grundrechte ebenso anerkannt wie der freie Informationsfluss über Ländergrenzen hinweg. Auf internationaler Ebene angesetzt ist auch die OSZE, die im Jahr 1997 das Amt eines Beauftragten für die Freiheit der Medien geschaffen hat. Eingang gefunden haben die Kommunikationsfreiheiten mit der Begründung als Menschenrecht auch in regionale Menschenrechtsdeklarationen: Zu nennen sind hier die 1950 verabschiedete Europäische Menschenrechtskonvention des Europarats, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aus dem Jahr 2000, und die Afrikanische Menschenrechtskonvention.

[...]


[1] Breunig, Christian: Medienfreiheit auf dem Rückzug? In: Wunden, Wolfgang (Hrsg.): Freiheit und Medien. S.37.

[2] Boveter; Hermann: Pressefreiheit ist nicht grenzenlos. Bonn, 1989. S.27.

[3] Hoffmann-Riem, Wolfgang: Kommunikationsfreiheiten. S.31.

[4] Vgl. Verfassung der UNESCO auf www.unesco.de

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Details

Titel
Kommunikationsfreiheiten, Medienethik und die Bedingungen ihrer globalen Wirksamkeit
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Medienethik
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V128934
ISBN (eBook)
9783640350599
ISBN (Buch)
9783640350261
Dateigröße
446 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kommunikationsfreiheiten, Medienethik, Bedingungen, Wirksamkeit
Arbeit zitieren
Anja Riedeberger (Autor:in), 2008, Kommunikationsfreiheiten, Medienethik und die Bedingungen ihrer globalen Wirksamkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128934

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