Die funktionale Kategorie IP in der spanischen Kindersprache: Vollständige Kompetenz oder Strukturentwicklung ?


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

32 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. - Einleitung

2. - Grundzüge der ausgewählten Positionen
2.1. - Guilfoyle & Noonan (1992)
2.2. - Poeppel & Wexler (1993)

3. - Diskussion der Ansätze
3.1. - Lernbarkeitsprobleme der „Structure Building Hypothesis“ und der „Full Competence Hypothesis“
3.1.1. - Lernbarkeitsprobleme der „Structure Building Hypothesis“
3.1.1.1. - Borer & Wexlers (1987) „Triggering Problem“
3.1.1.2. - Roeper & Weissenborns (1990) „Unique Trigger Solution“
3.1.1.3. - Das „Pendulum Problem“ und „Parameter-Resetting“
3.1.2. - Lernbarkeitsprobleme der „Full Competence Hypothesis“
3.1.2.1. - Die frühe Verfügbarkeit einer vollen erwachsenen Kompetenz
3.1.2.2. - Beobachtbare Erwerbssequenzen während der „Zweiwortstufe“ .
3.1.2.3. - Das Setzen von Parametern
3.2. - Die funktionale Kategorie IP in der spanischen Kindersprache
3.2.1. - Mahlau (1994)
3.2.1.1. - Die Position der Subjekte und die Kongruenz
3.2.1.2. - Die Position der Objekte
3.2.2. - Larrañaga
3.2.2.1. - Der Nominativ
3.2.2.2. - Der Akkusativ
3.2.2.3. - Der präpositionale Kasus
3.2.3. - Fernández Martínez (1994)
3.2.3.1. - Das Erlernen des Verballexems ohne morphologische Variation
3.2.3.2. - Das Erlernen der morphosyntaktischen Variationen des Verbes
3.3. - Eine erste Evaluation der „Structure Building Hypothe- sis“ und der „Full Competence Hypothesis“
3.4. - Eine Analyse des kindlichen Erstspracherwerbes durch die „Structure Building Hypothesis“ und die „Full Com- petence Hypothesis“
3.4.1. - Die Aufzeichnung M (2;01,337)
3.4.1.1. - Eine Analyse der Aufzeichnung M (2;01,337) durch die „Structure Building Hypothesis“
3.4.1.2. - Eine Analyse der Aufzeichnung M (2;01,337) durch die „Full Competence Hypothesis“
3.4.2. - Die Aufzeichnung M (1;11,14)
3.4.2.1. - Eine Analyse der Aufzeichnung M (1;11,14) durch die „Struture Building Hypothesis“
3.4.2.2. - Eine Analyse der Aufzeichnung M (1;11,14) durch die „Full Competence Hypothesis“

4. - Ergebnisse

5. - Bibiliographie

1. Einleitung

Ich werde zunächst die konkurrierenden Erklärungsansätze der „Structure Building Hy-

pothesis“ und der „Full Competence Hypothesis“ gegenüberstellen und die Argumente

analysieren, auf welche sich beide Theorien stützen. Hier soll insbesondere auf die un-

terschiedlichen Ausgangspositionen beider Hypothesen eingegangen werden. Guilfoyle

& Noonans (1992) Strukturbildungshypothese stützt sich grundsätzlich auf das Prinzip

der biologischen Reifung kognitiver Mechanismen. Einer Annahme der „Structure Buil-

ding Hypothesis“ zufolge werden Parameterwerte durch „Trigger“ im sprachlichen Input

des Kindes ausgelöst. Dadurch wird die Entwicklung einer vollen sprachlichen Kompe-

tenz unterstützt. Poeppel & Wexlers (1993) „Full Competence Hypothesis“ geht von ei-

ner prinzipiell voll entwickelten sprachlichen Kompetenz des Kindes aus. Die Idee ei-

ner biologischen Reifung von kognitiven Mechanismen wird grundsätzlich abgelehnt.

Durch die Gegenüberstellung beider Ansätze sollen sowohl die Vor- wie auch die Nach-

teile der zwei Theorien hervorgehoben werden. Dieser erste Schritt soll bereits einige empirische Grundlagen zur Bewertung beider Theorien als Erklärungsansätze für den kindlichen Erstspracherwerb liefern. Desweiteren soll Chomskys (1989) „Functional Parameterization Hypothesis“, wonach sich Parametrisierung ausschließlich auf funk-

tionale Kategorien beschränkt, berücksichtig werden. So soll die Analyse des kindlichen

Erstspracherwerbes durch die „Structure Building Hypothesis“ und die „Full Compe-

tence Hypothesis“ mittels einer Überprüfung an sprachlichen Daten des Spanischen

dargestellt und nachvollziehbar gemacht werden. Bei dieser Darstellung soll die funk-

tionale Kategorie IP im Vordergrund stehen. Ich werde bei der Analyse von sprachli-

chen Daten des Spanischen auf den Erwerb der funktionalen Kategorie IP sowie den

Erwerb von damit verbundenen grammatischen Prozessen eingehen. So soll der Erwerb

von grammatischen Prozessen wie NP-Bewegung und Kongruenzmarkierung durch

das Hervortreten von IP-Systemen in der kindlichen Grammatik erklärt werden. Von

speziellem Interesse sollen die Erklärungsansätze der „Structure Building Hypothesis“

und der „Full Competence Hypothesis“ für den Erwerb der funktionalen Kategorie IP

sein. Anhand dieses weiteren Schrittes hoffe ich, zusätzliche empirische Argumente

zur Bewertung beider Hypothesen als Erklärungsansätze für den kindlichen Erstsprach-

erwerb liefern zu können. Die Auswertung aller Analysen soll es abschließend ermög-

lichen, die „Structure Building Hypothesis“ und die „Full Competence Hypothesis“

gegeneinander abzuwägen und somit die Überlegenheit einer Theorie gegenüber der

anderen bezüglich der Erklärungskraft für den kindlichen Erstspracherwerb zu ermit-

teln.

2. Grundzüge der ausgewählten Positionen

2.1. Guilfoyle & Noonan (1992)

Guilfoyle Noonan (1992) vertreten in der „Structure Building Hypothesis“ die Annah-

me, daß grammatische Strukturen im Verlaufe des Erstspracherwerbes kognitiv reifen.

Da universalgrammatische Prinzipien allerdings keinem biologisch determinierten Rei-

fungszeitplan unterliegen und bereits auf der frühesten Erwerbsstufe operieren, wird

die Universalgrammatik von der sich entwickelnden kindlichen Grammatik „auf kei-

ner Zwischenstufe der Erwerbssequenz verletzt“ (Guilfolye & Noonan,1993;S.6). Guil-

foyle & Noonan nehmen an, daß sich kindliche Grammatiken von ausgereiften erwach-

senen Grammatiken durch die Art der verfügbaren grammatischen Kategorien unter-

scheiden. Somit besteht eine kindliche Grammatik „auf den frühesten Erwerbsstufen

aus den lexikalischen Kategorien N, V, A und P“ (Guilfoyle & Noonan,1993;S.6). Die

funktionalen Kategorien IP, CP und DP fehlen zu diesem Zeitpunkt vollständig. Guil-

foyle & Noonan gehen davon aus, daß funktionale Kategorien zeitlich nach lexikali-

schen Kategorien auf einer späteren Erwerbsstufe in der kindlichen Grammatik hervor-

treten. Somit erlangt ein Kind erst zu einem späteren Zeitpunkt Zugang zu funktiona-

len Kategorien sowie zu damit assoziierten syntaktischen Prozessen. Radford (1995;

484 ff.), welcher ebenfalls den Erklärungsansatz der „Structure Building Hypothesis“

vertritt, bezeichnet in seiner Analyse des „Early Child English“ eine frühe kindliche

Grammatik als „lexikalisch-nonthematische Stufe“ des kindlichen Erstspracherwerbes.

Zu diesem Zeitpunkt besteht in den kindlichen Äußerungen eine „rein thematische Be-

ziehung zwischen Schwesterkonsituenten“ (Radford,1995;S.483/484). Eine ausgereif-

te erwachsene Grammatik, welche sowohl lexikalische wie auch funktionale Katego-

rien beinhaltet, zeichnet sich durch „thematische und nonthematische Beziehungen

zwischen Schwesterkonstituenten“ aus (Radford,1995;S.483). Eine erwachsene Gram-

matik stellt somit die „lexikalisch-nonthematische Stufe der kindlichen Entwicklung“

dar (Radford,1995;S.494). Ich werde fortan Radfords Terminologie zur Unterschei-

dung einer frühen kindlichen und einer ausgereiften erwachsenen Grammatik benut-

zen. Augrund des Fehlens von funktionalen Kategorien besteht die Struktur einer frü-

hen kindlichen Grammatik lediglich aus „lexikalisch-thematischen VP´s ohne weite-

re funktionale Projektionen der VP in eine IP“ (Radford,1995;S.484 ff.). Vor dem Er-

werb der funktionalen Kategorie IP „verbleibt das Subjekt in seiner basisgenerierten

Position“ innerhalb der VP (Guilfoyle & Noonan,1992;S.16). Das Verb ist auf der le-

xikalisch-nonthematischen Stufe in seiner basisgenerierten Position „noch nicht für

das Merkmal „Tempus“ flektiert und kongruiert noch nicht mit dem Subjekt“ (Guil-

foyle & Noonan,1993;S.16). Universalgrammatische Prinzipien, welche für vom Kind

noch nicht erworbene Strukturen, für funktionale Kategorien oder deren Projektionen

relevant sind, „operieren leer auf frühen Erwerbsstufen“ (Guilfoyle & Noonan,1992;

S.6). Bereits auf der lexikalisch-nonthematischen Stufe des Erstspracherwerbes „er-

fordert das „Extended Projection Principle“, daß alle IP´s mit einem Subjekt besetzt

sein müssen“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.6). Da die IP noch nicht erworben und

noch kein Auslöser für Verbbewegung vorhanden ist, „operiert das Prinzip für obliga-

torische Verbbewegung leer“ auf der lexikalisch-nonthematischen Stufe (Guilfoyle

& Noonan,1992;S.7). Somit „paßt sich die kindliche Grammatik auf jeder Stufe uni-

versalgrammatischen Prinzipien an, entspricht aber nicht notwendigerweise der er-

wachsenen Grammatik dieser Sprache“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.6) Hinsichtlich

der linearen Reihenfolge von grammatischer Struktur ist die lexikalisch-nonthemati-

sche Stufe des Erstspracherwerbes mit einer ausgereiften erwachsenen Grammatik

identisch. Eine frühe kindliche Grammatik stellt aus der Sicht der „Structure Building

Hypothesis“ somit eine „Untermenge der erwachsenen Grammatik dar“ (Guilfoyle

& Noonan,1992;S.7). Aufgrund von Evidenz aus Erwerbssequenzen nehmen Guil-

foyle & Noonan an, daß „die DP vor der IP erworben wird“, wohingegen „die CP

nach der IP erworben wird“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.17). Die Reihenfolge, in

welcher diese funktionalen Kategorien in der kindlichen Grammatik hervortreten,

korreliert mit einer von Guilfoyle & Noonan beobachteten Erwerbssequenz von mit

diesen funktionalen Kategorien assoziierten grammatischen Prozessen. Somit ver-

fügt das Kind mit dem Erwerb der IP über die Fähigkeit von „NP-Bewegung, Modal-, Tempus- und Kongruenzmarkierung“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.18). Der nachfol-

gende Erwerb der CP befähigt das Kind zur Wh-Bewegung. Das Hervortreten von

funktionalen Kategorien veranlaßt das Kind somit, seine heranreifende Grammatik

entsprechend einer komplexeren erwachsenen Grammatik zu restrukturieren. Dieser

Anpassungsprozeß basiert nach der „Structure Building Hypothesis“ auf dem durch

das Hervorteten von funktionalen Kategorien bedingtem Erwerb komplexerer gram-

matischer Prozesse. Dabei stehen zwei Faktoren zur Diskussion, welche als Auslöser

für das Hervortreten von funktionalen Kategorien in der kindlichen Grammatik fungie-

ren können. Eine „Deduktive Hypothese“ führt den Erwerb funktionaler Kategorien

auf Reifungsfaktoren zurück. Danach tritt grammatische Struktur nach einem biologi-

schen Reifungszeitplan hervor. Ab einem „bestimmten Zeitpunkt werden dem Kind funktionale Kategorien verfügbar, wodurch es für bisher ignorierten sprachlichen In-

put sensibilisiert wird“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.47). Funktionale Kategorien tre-

ten somit abhängig von sprachlichem Input hervor. Eine heranreifende grammatische

Struktur befähigt das Kind zu einer differenzierteren Wahrnehmung des sprachlichen

Inputs, wonach es seine Grammatik restrukturiert. Als weitere Alternative diskutie-

ren Guilfoyle & Noonan eine „Induktive Hypothese“. Nach dieser Idee „verursachen

extralinguistische Faktoren wie das Wachstum des Gedächtnisses Änderungen in der

kindlichen Wahrnehmung“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.49). Dabei beachtet das Kind

auch „weniger auffällige Elemente, welche es auf früheren Stufen ignorierte“ (Guil-

foyle & Noonan,1992;S.49). Solche Auslöser („Trigger“) im sprachlichen Input veran-

lassen das Kind dazu, „eine Grammatik zu konstruieren, welche mit den wahrgenom-

menen Daten im Einklang steht“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.49). Funktionale Kate-

gorien und komplexere grammatische Strukturen treten somit abhängig von Auslösern

(„Triggern“) im sprachlichen Input hervor. Guilfoyle & Noonan kombinieren Aspekte

der „Deduktiven“ wie auch der „Induktiven Hypothese“, um das Hervortreten von funk-

tionalen Kategorien zu erklären. Beide Autoren vertreten die Ansicht, daß „eine heran-

reifende Grammatik zunehmend funktionale Kategorien beinhaltet und diese durch Da-

ten des sprachlichen Inputs aktiviert („triggered“) werden“ (Guilfoyle & Noonan,1992;

S.51).

2.2. Poeppel & Wexler (1993)

Der von Poeppel & Wexler (1993) vertretene Erklärungsansatz für den kindlichen Erst-

spracherwerb basiert im Gegensatz zu Guilfoyle & Noonans (1992) Strukturbildungshy-

pothese grundsätzlich nicht auf dem Prinzip einer biologisch determinierten Reifung

von Kognition. Poeppel & Wexler gehen in ihrem Alternativmodell der „Full Compe-

tence Hypothesis“ von einer vollen erwachsenen Kompetenz des Kindes aus. Insbeson-

dere zeichnet sich eine kindliche Grammatik durch das Vorhandensein der funktionalen

Kategorien IP und CP aus. Desweiteren nehmen Poeppel & Wexler an, daß dem Kind

„die mit Finitheit assoziierten morphosyntaktischen Prozesse, welche der Verfügbarkeit

von funktionalen Kategorien zuzuschreiben sind“, bereits auf der frühesten Erwerbsstu-

fe zugänglich sind (Poeppel & Wexler,1993;S.2). Außerdem „unterscheiden Kinder in

einer systematischen und konsistenten Weise finite und nonfinite Sätze“ (Poeppel & Wex-

ler,1992;S.2). Poeppel & Wexler (1993) versuchen in ihrer Analyse des „Early German

die Annahme einer vollen erwachsenen Kompetenz des Kindes zu untermauern. Hin-

sichtlich der grammatischen Eigenschaft von Finitheit stellen Poeppel & Wexler fest,

daß die „Form des Verbes mit dessen Position im Satz korreliert“ (Poeppel & Wexler,

1993;S.5). Bereits in der kindlichen Grammatik besteht „eine Abhängigkeit zwischen

der Position des Verbes und dessen flexionalem Status“ (Poeppel & Wexler,1993;S.5).

Finite Formen stehen systematisch in V2-Position. Poeppel & Wexler aus ihrer Analy-

se den Schluß, daß „die Finitheitsunterscheidung auf der frühesten Stufe der grammati-

schen Entwicklung korrekt gemacht wird“ (Poeppel & Wexler,1993;S.6/7). Bezüglich

der grammatischen Eigenschaft von Subjekt-Verb-Inversion ergibt Poeppel & Wexlers Analyse, daß dem untersuchten Kind „das Kongruenzsystem grundlegend bekannt ist“ (Poeppel & Wexler,1993;S.9). Auch ist „das Singular-Kongruenzsystem schon früh vor-handen“ (Poeppel & Wexler,1993;S.10). Die Ergebnisse der Analyse zeigen an, daß,

„obwohl das Kongruenzparadigma nicht vollkommen verfügbar ist, es nicht vernünf-

tig wäre, zu folgern, daß Kongruenz ungenügend oder willkürlich verteilt ist“ (Poeppel

& Wexler,1993;S.9). Hinsichtlich der grammatischen Eigenschaft von Kopfbewegung

kommen Poeppel & Wexler zu dem Ergebnis, daß „Kopfbewegung als morphosyntak-

tischer Prozeß in der frühen kindlichen Grammatik vorhanden ist“ (Poeppel & Wexler,

1993;S.11). Das untersuchte Kind „kennt die mit Kopfbewegung assoziierten morpho-

syntaktischen Prozesse“ (Poeppel & Wexler,1993;S.13). Die Tatsache, daß „finite Ver-

ben zuverlässig als Zweitkonstituente und nonfinite Verben satzfinal auftreten, bestärkt

das Argument der Existenz des mit Finitheit assoziierten morphosyntaktischen Prozes-

ses der Kopfbewegung“ (Poeppel & Wexler,1993;S.10). Das Ergebnis von Poeppel &

Wexlers Untersuchung bestätigt die Annahme, daß „Kinder in einem bemerkenswert

jungem Alter einige sehr abstrakte grammatische Eigenschaften kennen, einschließlich

Kopfbewegung, die Eigenschaften von Flexion, welche Kopfbewegung erfordern, und

Eigenschaften, welche eine Konstituente nach SpecCP bewegen“ (Poeppel & Wexler,

1993;S.30). Da es „extrem schwer ist, zu verstehen, wie solche komplexe syntaktische

Derivationen erlernt werden können, scheint die einzige realistische Schlußfolgerung zu

sein, daß die diesen Derivationen zugrundeliegenden Prinzipien in der kognitiven Fähig-

keit des Kindes vorgegeben sind“ (Poeppel & Wexler,1993;S.30). Poeppel & Wexler

argumentieren, daß „das beste Modell für eine solche Grammatik jenes ist, welches die funktionalen Kategorien IP und CP enthält“ (Poeppel & Wexler,1993;S.30). Ein Kind

verfügt somit bereits auf der frühesten Erwerbsstufe über die funktionalen Kategorien

IP und CP und muß diese nicht erst im Verlaufe der sprachlichen Entwicklung erwerben. Auch die mit diesen funktionalen Kategorien korrelierenden grammatischen Eigenschaf-

ten wie Finitheit, Kongruenz und Kopfbewegung sind dem Kind bereits zugänglich. Be-

reits zu einem frühen Zeitpunkt benutzt ein Kind funktionale Kategorien sowie damit

verbundene syntaktische Phänomene produktiv, wobei weder extralinguistische noch

reifungsbedingte Faktoren diesen produktiven Gebrauch auslösen. Desweiteren ist ei-

ne „kindliche Grammatik universalgrammatisch eingeschränkt“ (Poeppel & Wexler,

1993;S.10). Poeppel & Wexler kommen in ihrer Analyse des „Early German“ zu dem

Schluß, daß „die untersuchten sprachlichen Daten vollkommen mit der „Full Compe-

tence Hypothesis“ übereinstimmen“ (Poeppel & Wexler,1993;S.18). Dieses Ergebnis

genüge, „um das Modell der „Full Competence Hypothesis“ zu bevorzugen, da jede

Theorie, welche weniger kindliche Kompetenz annimmt, mehr Lernbarkeitsprobleme beinhaltet“ (Poeppel & Wexler,1993;S.18). Poeppel & Wexler argumentieren weiter-

hin, daß „Theorien, welche weniger als volle Kompetenz annehmen, erklären müssen,

wie die fehlenden Eigenschaften erlernt werden oder sich durch Reifung entwickeln“ (Poeppel & Wexler,1993;S.18).

3. Diskussion der Ansätze

3.1. Lernbarkeitsprobleme der „Structure Building Hypothesis“ und der „Full Competence Hypothesis“

Ich werde in den Paragraphen 3.1.1. und 3.1.2. auf Lernbarkeitsprobleme der „Struc-

ture Building Hypothesis“ und der „Full Competence Hypothesis“ eingehen. Die Ge-

genüberstellung verschiedener Aspekte beider Theorien hinsichtlich des Kriteriums

der Lernbarkeitsproblematik soll erste empirische Grundlagen zur Bewertung dieser

Hypothesen als Erklärungsansätze für den kindlichen Erstspracherwerb liefern. Gera-

de vor dem Hintergrund der Uniformität des Spracherwerbes, der Unterdeterminiert-

heit des sprachlichen Inputs und beobachtbarer Erwerbssequenzen sollen unterschied-

liche Aspekte beider Theorien diskutiert und Schwächen wie auch Stärken beider An-

sätze aufgezeigt werden.

3.1.1. Lernbarkeitsprobleme der „Structure Building Hypothesis“

Die „Structure Building Hypothesis“ muß erklären, wie im Verlaufe des Erstsprach-

erwerbes Restriktionen schrittweise abgebaut werden, welche das Kind auf frühen

Erwerbsstufen am Zugang zu einer vollen erwachsenen Kompetenz hindern. Beson-

ders aufgrund der Annahme einer biologisch determinierten Reifung grammatischer

Struktur ergibt sich folgend Lernbarkeitsproblematik.

3.1.1.1. Borer & Wexlers (1987) „Triggering Problem“

Guilfoyle & Noonan gehen entsprechend der „Deduktiven Hypothese“ davon aus, daß

die „heranreifende Grammatik funktionale Projektionen enthält, welche jedoch von

Inputdaten aktiviert werden müssen“ (Guilfoyle & Noonan,1993;S.47-49). Komple-

xere grammatische Struktur „tritt entsprechend einem biologischen Reifungszeitplan

hervor, funktionale Kategorien werden dem Kind verfügbar und deren Hervortreten

sensibilisiert das Kind für bisher ignorierten Input“ (Guilfoyle & Noonan,1993;S.47).

Hinsichtlich der Aktivierung dieser funktionalen Kategorien sowie dem Auslösen von

mit diesen funktionalen Kategorien assoziierten Parameterwerten sieht sich die „Struc-

ture Building Hypothesis“ dem Problem der Verläßlichkeit von Triggern gegenüber-

gestellt. Meisel (1995) weist in diesem Punkt unter Bezug auf Borer & Wexler (1987;

S.128) „Triggering Problem“ darauf hin, daß „sich die Frage stellt, warum das Trig-

gering nicht sofort passiert, sobald ein relevantes Anzeichen im sprachlichen Input

des Kindes auftaucht“ (Meisel,1995;S.23). Meisel argumentiert weiterhin, daß „die

für das Auslösen von Parameterwerten erforderlichen Daten vermutlich von früh an

in der linguistischen Umgebung des Kindes vorhanden sind“ (Meisel,1995;S.23).

Diese Tatsache wirft die Frage auf, „wieso Trigger zu einem gegebenen Zeitpunkt,

nicht jedoch früher oder später operieren“ (Meisel,1995;S.23). Guilfoyle & Noonan

gehen ebenfalls auf Borer & Wexlers (1987) „Triggering Problem“ ein und diskutie-

ren die Frage, „warum das Kind plötzlich Daten beachtet, welche während allen Er-

werbsstufen verfügbar sind, vom Kind jedoch bis zu diesem Zeitpunkt ignoriert wur-

den“ (Guilfoyle & Noonan,1992;S.4). Meisel führt diesbezüglich an, daß „die nahe-

liegende Antwort jene zu sein scheint, daß Sprachentwicklung einer spezifischen zu-

grundeliegenden Logik folgt“ (Meisel,1995;S.23). Somit „tauchen viele strukturelle

Eigenschaften in einer aufeinanderfolgenden Anordung auf“ (Meisel,1995;S.23). Ob-

wohl die „Structure Building Hypothesis“ eine biologische Reifung grammatischer

Struktur postuliert sieht sich dieser Ansatz hinsichtlich des Auslösens von Parameter-

werten Borer & Wexlers (1987) „Triggering Problem“ gegenübergestellt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Die funktionale Kategorie IP in der spanischen Kindersprache: Vollständige Kompetenz oder Strukturentwicklung ?
Hochschule
Universität Hamburg  (Romanisches Seminar)
Veranstaltung
Seminar 2: Erstspracherwerb Portugiesisch und Spanisch
Note
1,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
32
Katalognummer
V12882
ISBN (eBook)
9783638186711
Dateigröße
559 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Parameter-Setting, Parameter-Resetting, monolingualer Erstspracherwerb, Strukturbildungshypothese, funktionale Kategorien, Trigger, lexikalische Kategorien, Pendulum Problem, Triggering Problem, Uniqu
Arbeit zitieren
Markus Mross (Autor:in), 1999, Die funktionale Kategorie IP in der spanischen Kindersprache: Vollständige Kompetenz oder Strukturentwicklung ?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12882

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