Erotische Werbung

Wie wirken sexuelle Stimuli?


Hausarbeit, 2008

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Was ist Erotik in der Werbung?
2.1 Definition von Erotik in der Werbung
2.2 Definitionsproblematik: Studie von Reichert

3. Warum wird Erotik in der Werbung verwendet?

4. Verbreitung von Erotik in der Werbung
4.1 Ergebnisse der Werbeforschung
4.2 Sex in Magazinwerbung: Studie von Reichert und Carpenter
4.2.1 Relevanz
4.2.2 Ergebnisse

5. Wirkung von Erotik in der Werbung
5.1 Sicht aus der Praxis
5.2 Wissenschaftliche Überprüfung: Studie von Lang et al
5.3 Wissenschaftliche Überprüfung: Studie von Brosius und Fahr
5.3.1 Untersuchungsdesign
5.3.2 Ergebnisse

6. Schlussfolgerung

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

1. Einleitung

Auf Plakaten in der ganzen Stadt oder in Werbeanzeigen in Zeitschriften: überall lächeln uns die leicht bekleideten Models verschiedener Modehersteller entgegen, oft in Überlebensgröße und dafür mit umso weniger Stoff am Körper. Im aktuellen Werbespot von Langnese räkelt sich Eva Longoria lasziv in einem Sessel, beobachtet durch ein Schlüsselloch ein Paar beim Liebesspiel und beißt dann verführerisch in ihr Magnum Temptation. Und wer erinnert sich nicht an die zahlreichen Werbespots von Herbal Essences, in denen regelmäßig die Verwenderin des Shampoos unter der Dusche regelrechte Lustexplosionen erleben. Überall in der Werbung begegnen uns Beispiele für die Verwendung von erotischen Stimuli, Sex ist aus der Werbung nicht mehr wegzudenken. Doch was versprechen sich Werbetreibende von der Verwendung solcher Reize? Und wie wirkt Sex in der Werbung letztendlich auf den Rezipienten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die vorliegende Arbeit. Hierzu erfolgt zunächst in Kapitel 2 ein Definitionsversuch des Phänomens Erotik in der Werbung. Es wird versucht zu bestimmen, was überhaupt unter Erotik in der Werbung verstanden werden kann und wo in diesem Zusammenhang Definitionsprobleme auftauchen. Im Anschluss daran soll in Kapitel 3 analysiert werden, was die Gründe für die Verwendung von Sex in der Werbung sind. Was ist in diesem Zusammenhang die Motivation der Werbetreibenden und welche Wirkungen erwarten sie beim Rezipienten? Kapitel 4 gibt dann einen Überblick über die tatsächliche Verbreitung von erotischen Reizen in der Werbung. Hat diese in der Vergangenheit zugenommen und stimmt es, dass fast jede Marke heute mit nackter Haut wirbt? Erst wenn diese Grundlage geschaffen ist, kann in Kapitel 5 auf die Wirkung von erotischen Stimuli eingegangen werden. Hierbei soll ein Blick in die Werbepraxis geworfen werden, um herauszufinden, welche Wirkung Werbepraktiker derartigen Reizen zusprechen. Es werden dann zwei Studien als Grundlage genommen, um aus wissenschaftlicher Sicht zu prüfen, inwieweit diese Reize Einfluss auf die Steigerung der Aufmerksamkeit, die Erinnerung und die Bewertung der jeweiligen Werbung haben. Inwieweit also „Sex sells“.

2. Was ist Erotik in der Werbung?

Die vorliegende Arbeit untersucht den Einsatz von Erotik in der Werbung. Im Folgenden soll aus diesem Grund darauf eingegangen werden, was überhaupt unter Erotik in der Werbung zu verstehen ist und an welcher Stelle sich in diesem Zusammenhang Definitionsschwierigkeiten ergeben. Es muss jedoch zunächst darauf hingewiesen werden, dass bereits zahlreiche Publikationen vorliegen, die sich mit demselben Thema aber unter einer anderen Bezeichnung beschäftigen. Anstelle der Formulierung „Erotik in der Werbung“ beziehungsweise „erotische Werbung“ sind Benennungen wie „sexual advertising“ (Reichert / Carpenter 2004), „sexually oriented appeals in advertising“ (Reichert 2000), „Sex Appeal in der Werbung“ (Moser 1997) möglich. Aber auch unter dem Label „Sex sells“ finden sich in diesem Zusammenhang einige Veröffentlichungen (vgl. u.a. Blair et al. 2006; Kurt 2004).

2.1 Definition von Erotik in der Werbung

Im Duden findet sich für den Begriff „Erotik“ die relativ knappe und ungenaue Erklärung „sinnliche Liebe; Sexualität“. Für Gabriele Mehlig liegt das, was erotisch ist, im Auge des Betrachters:

„Erotisches ist nicht allein Nacktheit oder Schönheit, auch das Verborgene oder nur Angedeutete, der Makel oder das Hässliche können erotische Ausstrahlungskraft besitzen. Erotik umfasst Elemente, die mit Eroberung und Verführung assoziiert werden können, enthält aber genauso Aspekte von romantischer Liebe und ideellem Begehren.“ (Mehlig 2005: 18)

Laut Mehlig ist Erotik nicht notwendigerweise auf visuelle Reize angewiesen, auch Sprache kann ein bedeutendes und wirksames Mittel der Erotik sein. Diese wirke oftmals sogar besser, da sie mehr Freiraum für die persönliche Fantasie zuließe. (Vgl. Mehlig 2005: 18)

Unter Erotik in der Werbung verstand man laut Evelin Baszczyk in der Vergangenheit „ein anziehendes, erotisches, sinnlichen Bild des weiblichen Gesichts bzw. Körpers.“ (Baszczyk 2003: 150) Heutzutage werde jedoch auch vermehrt das Bild eines Mannes in die Thematik aufgenommen:

„Auch das männliche Geschlecht spielt neben dem weiblichen in der aktuellen, perfektionierten und stark erotisierten Werbung des neuen Jahrtausends eine immer bedeutende [sic] Rolle.“ (Baszczyk 2003: 150)

Erotische Werbung wird häufig in vereinfachter Weise mit dem Nacktheitsgrad des betreffenden Modells gleichgesetzt (vgl. Franke 2006: 85). Wie jedoch bereits weiter oben angedeutet wurde, hängt es offensichtlich vom Rezipienten ab, was dieser als erotisch empfindet:

„Wenn eine Person in einer Werbung einen erotischen Appell wahrnimmt, so bedeutet dies nicht, daß ein anderes Individuum diese Einschätzung teilen muß.“ (Moser 1997: 37)

Aufgrund diese Definitionsproblematik soll im folgenden Abschnitt eine Studie von Tom Reichert vorgestellt werden, die sich mit der Definition von sexuellen Reizen in der Werbung aus Rezipientensicht befasst.

2.2 Definitionsproblematik: Studie von Reichert und Ramirez

Wie bereits angesprochen, stellt die eindeutige Definition davon, was unter sexuellen oder erotischen Reizen in der Werbung verstanden werden kann, ein Problem dar. Reichert und Ramirez kritisieren an der vorhandenen Literatur in diesem Themenbereich, dass die Definitionen oft zu kurz greifen:

„In the advertising literature, sexual appeals have typically been defined according to overt message features (e.g., nudity, decorative models) rather than recipient responses.” (Reichert / Ramirez 2000: 268)

Aus diesem Grund führten die Autoren eine Studie durch, die das Ziel hatte, ein präziseres Bild davon zu generieren, was der Rezipient unter sexuellen Reizen versteht. Werbung, die als erotisch konzipiert ist, um den Rezipienten anzusprechen, erzielt wahrscheinlich nicht das gewünschte Ergebnis, wenn die Werbung anstatt erotisch beispielsweise aufdringlich wirkt. Somit ist sicherlich der Ansatz, nach dem Empfinden des Rezipienten zu fragen, ein notwendiger Schritt bevor man letztendlich die Wirkung von derartigen Reizen in der Werbung analysieren kann.

Die Studie von Reichert und Ramirez wurde mit 144 Studenten im Alter von 18 bis 44 durchgeführt. Die Probanden wurden aufgefordert, in einem Fragebogen anzugeben, welche Werbung sie als „sexy“ empfinden, diese zu beschreiben und zu erläutern, warum sie diese Werbung als „sexy“ empfinden. (Vgl. Reichert / Ramirez 2000: 270)

Die Ergebnisse der Studie ergaben, dass die Reize, die die Probanden als sexuell ansprechend empfinden, von den Eigenschaften der Modelle bzw. Schauspieler, über das Verhalten der Modelle, intime Beziehungen zwischen Modellen, kontextabhängige Eigenschaften der Werbung bis hin zur Fantasie des Zuschauers reichten. Die vorherrschende Definition davon, was als „sexy“ in einer Werbung gilt, bezog sich auf äußere Merkmale. Insgesamt antworteten 66% der Probanden (davon 71% männlich und 58% weiblich), dass die Art der Darstellung des Körpers oder der Kleidung des Modells den Grad der Erotik einer Werbung bestimmt. Innerhalb dieser Kategorie unterschieden die Probanden drei „physical features“, zum einen die Kleidung des Modells, die Attraktivität des Modells und dessen Körper. Insgesamt waren 51% der Probanden der Meinung, dass die Kleidung – also das, was getragen wurde und wie viel getragen wurde – bestimmt, ob eine Werbung erotisch ist oder nicht. Nach der Kategorie „Äußere Merkmale“ nannten die Probanden am häufigsten Merkmale in der Kategorie „Movement“, also Merkmale, die sich auf die Bewegung des oder der Modelle bezogen (39%). Danach folgte die Kategorie „Context“ (26%), hier hinein fallen die Antworten, nach denen Erotik sich nicht über die dargestellten Personen definiert, sondern über davon unabhängige Stilmittel. Für 15% der Probanden war die Kategorie „Proxemics“, also die räumliche Distanz beziehungsweise die Interaktion der Modelle in einer Werbung ausschlaggebend dafür, dass diese erotisch wirkt. Die übrig bleibenden Antworten ordneten Reichert und Ramirez der Kategorie „Voyeurism, Fantasy, and Projection“ zu. Für 6% der Probanden ist eine Werbung dann erotisch, wenn sie eine Fantasie des Zuschauers widerspiegelt, die Modelle sich in eine Beziehung zum Rezipienten setzen oder der Rezipient sich als Teil der Werbung sehen kann[1]. (Vgl. Reichert / Ramirez 2000: 271 ff.)

Die Studie von Reichert und Ramirez hat gezeigt, dass es zwar ein unterschiedliches Empfinden von einer erotischen oder „sexy“ Werbung gibt. Es ist jedoch auch deutlich geworden, dass die Mehrheit der Befragten in ihrer Erinnerung einen erotischen Werbespot mit den äußeren Merkmalen der dargestellten Personen und hierbei vor allem mit deren Kleidung in Verbindung bringt. Obwohl sicherlich an dieser Stelle nicht verallgemeinert gesagt werden kann, dass ein Werbespot oder eine Anzeige umso erotischer auf den Rezipienten wirkt, je dürftiger die dargestellten Personen bekleidet sind, lässt sich doch durchaus festhalten, dass der Grad der Nacktheit und die Präsentation und Attraktivität eines menschlichen Körpers für viele Menschen mit dem Empfinden von Erotik zusammenhängen. Bemerkt werden muss an dieser Stelle jedoch auch, dass dieses Ergebnis noch nichts über die letztendliche Wirkung eines erotischen Werbspots oder einer Anzeige aussagt. Auf diese Problematik wird in Kapitel 5 ausführlicher eingegangen werden.

3. Warum wird Erotik in der Werbung verwendet?

Nachdem sich das vorangegangene Kapitel einer Definition des Untersuchungsgegenstandes Erotik in der Werbung angenähert hat, geht es an dieser Stelle darum, die Motive von Werbetreibenden für die Verwendung sexueller Stimuli in der Werbung zu analysieren.

Die wichtigsten Aspekte sind in diesem Zusammenhang die Erregung bzw. Steigerung von Aufmerksamkeit, die Erinnerung an das beworbene Produkt und die positive Einstellung gegenüber dem Produkt. All diese Aspekte sollen durch einen erotischen Werbespot erreicht werden. Brosius und Fahr skizzieren dafür folgende idealtypische Wirkungskette:

„Ein attraktives Modell soll zunächst den Rezipienten aktivieren und so die Aufmerksamkeit gegenüber dem Werbespot katalysieren. Daraus soll eine intensivere Verarbeitung der werblichen Botschaft folgen, die die Erinnerung an das Produkt respektive den Markennamen verbessert. Parallel dazu wird das Ziel verfolgt, daß sich die durch Erotik ausgelösten positiven Gefühle auf die Bewertung des Produkts übertragen.“ (Brosius / Fahr 1998: 42)

Das Produkt beziehungsweise die Marke steht also wie in jeder Produktwerbung im Vordergrund. Jean Kilbourne, der erotische Werbung vorrangig in Verbindung mit der Darstellung von attraktiven Frauenkörpern bringt, sagt bezüglich der Verwendung sexueller Reize durch Werbetreibende: „The point is not to arouse desire for the woman, but to arouse desire for the product.“ (Kilbourne 2003: 173)

Laut Brosius und Fahr, die sich in ihrer Monografie nur mit der Wirkung von Erotik in Fernsehwerbung beschäftigt haben, wird Erotik in der Werbepraxis „in besonderem Maße als Garant angesehen, die typischen Engpässe der Wirkungsmöglichkeiten von Fernsehwerbung zu überwinden.“ (Brosius / Fahr 1998: 42) Zu diesen „typischen Engpässen“ zählen sie die geringe Aufmerksamkeit und das niedrige Involvement gegenüber Werbebotschaften sowie die begrenzten kognitiven Verarbeitungsmöglichkeiten der Rezipienten im Konflikt mit der Reizüberflutung (vgl. Brosius / Fahr 1998: 42).

Neben der Motivation von Werbetreibenden, durch sexuelle Reize beim Rezipienten Aufmerksamkeit zu erregen, gibt es für Tom Reichert noch einen weiteren Grund:

[...]


[1] Für die Ergebnisse der Studie vgl. Tabelle 1 im Anhang

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Erotische Werbung
Untertitel
Wie wirken sexuelle Stimuli?
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Werbewirkungsforschung
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V128789
ISBN (eBook)
9783640341443
ISBN (Buch)
9783640337200
Dateigröße
2272 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erotische, Werbung, Stimuli
Arbeit zitieren
Anna Mölle (Autor:in), 2008, Erotische Werbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128789

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