Internationalismen

Wird ein neues Verständnis von Internationalismen vor dem Hintergrund eines multikulturellen Alltags schon in Sprachbüchern angebahnt?


Hausarbeit, 2004

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Lehnwort, Fremdwort, Internationalismus

3. Evaluation der Sprachbücher in Sekundarstufe I

4. Analyse der Grundschulsprachbücher

5. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Die Globalisierungstendenzen auf wirtschaftlicher und politischer Ebene sind unübersehbar. In diesem Sinne konkurrieren die Rufe nach Sicherung der Identität auf nationaler Ebene und internationaler Annährung auf der anderen. Sprache repräsentiert in diesem Zusammenhang oftmals die Verankerung im Traditionellen und in der spezifischen Kultur. Vor diesem Hintergrund sind z.B. sprachpuristische Ansätze zu sehen, die die Wahrung des negativen Wortschatzes vor fremdsprachigen Einflüssen bewirken wollen. Vor allem dem Deutschen wird Xenophobie vorgeworfen, da es trotz zentraler europäischer Lage den Vorgang des Eindeutschens beibehalten hat. Demnach wird Deutsch nach Décsy als eine sog. introvertierte Sprache gewertet. Décsy unterhielt die Sprachen in drei Gruppen, was das Assimilieren von Fremdelementen anbetrifft; hierbei unterscheidet er neutrale, introvertierte und Mischsprachen.[1] Peter Braun hebt hervor, dass Deutsch zu den wenigen Sprachen gehört, welche fremdsprachig motivierte Wörter mit ihren etymologischen Wurzeln in einem Fremdwörterlexikon auflistet, ohne auf den Gebrauchswert der Wörter zu achten. Das hat zu Folge, dass schon auf der linguistischen Ebene eine Einleitung in Eigenes Nationales und Fremdes vorgenommen wird.

Jedoch lassen sich die internationalen Wortschätze auf komparativer Ebene programmatisch dahingehend verwenden, den Heranwachsenden Parallelen zwischen den Sprachen aufzusteigen und ihnen ein gemeinsames Kulturgut zu offerieren. Weiterhin kann der Fremdsprachenerwerb von den Interlexemen profitieren und auch auf die Verwandtschaft der Sprachen verweisen.

Aufgrund der Wichtigkeit des Abbaus von Vorurteilen und Befangenheit gegenüber Fremden, sollte schon im Deutsch- und Fremdsprachenunterricht die Gemeinsamkeiten der europäischen Sprachen herausgestellt werden. Zu dieser angestrebten Integration können Internationalismen einen wichtigen Beitrag leisten. Deshalb beschäftigt sich diese Hausarbeit mit diesem sprachlichen Phänomen und versucht eine schrittweise Heranführung an den Gegenstand zu ermöglichen. In diesem Sinne ist es notwendig, in einem ersten Schritt den Unterschied zwischen Fremdwort, Lehnwort und Internationalismus zu klären und auf die verschiedenen wissenschaftlichen Thesen aufmerksam zu machen. Anschließend fasse ich die Ergebnisse von Andrea Kolwa zusammen, die den Stellenwert von Internationalismen in den Sprachbüchern der Sekundarstufe I in verschiedenen Bundesländern evaluiert hat.

2. Lehnwort, Fremdwort, Internationalismus

Im Vorwort habe ich schon darauf hingewiesen, dass der Bergriff des Internationalismus unterschiedlich gefasst wird. In diesem Sinne versuche ich, dem Rezipienten eine weit gefächerte Annährung zu offerieren, um die differierenden Komponenten zu verdeutlichen und einen Gesamtzusammenhang herzustellen. Hierzu ist es notwendig, die Begriffe Lehnwort und Fremdwort gezielter zu betrachten und deren Beziehung zueinander zu beleuchten.

Lexikalische Entlehnungen, also Entlehnungen auf der Wortebene, werden unterteilt in das sog. äußere und das innere Lehngut. Letztgenanntes betrifft Wortbildungen, die aus nativem Sprachmaterial gebildet werden, jedoch fremdsprachig motiviert sind. Als Beispiele hierfür seien angeführt Jungfernrede (Lehnübersetzungen von engl. maidenspeech) und Vaterland (Lehnübertragung von lat. patria).

Fremdwörter und Lehnwörter gehören zum äußeren Lehngut. Oftmals wird eine Abgrenzung der beiden Termini hinsichtlich der Assimilation des jeweiligen Wortes an die Replikasprache vorgenommen. So gilt üblicherweise als Lehnwort, was im Laufe der Zeit so in die Nehmersprache inkorporiert wurde, dass es vom Sprachbenutzer nicht mehr als ein fremdes Element wahrgenommen wird. Wenn man z.B. deutsche Wörter und Lehnwörter synchron betrachtet, so kann ein Laie diese nicht unterscheiden, da die Lehnwörter dem deutschen Regelsystem angepasst wurden. Fremdwörter hingegen haben Fremdheitsmerkmale bewahrt, welche dem Benutzer sofort ins Auge fallen, da sie in ihrer Struktur vom heimischen Sprachsystem abweichen. Die Fachwelt tendiert mittlerweile allerdings dazu, die traditionelle Unterscheidung in Fremd- und Lehnwörtern und Lehnwort aufzugeben aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Wahrnehmung von Wörtern um ein subjektives Empfinden handelt, d.h. es hängt vom jeweiligen Sprecher und seinen etymologischen Kenntnissen ab, wann er ein Wort als Fremdwort oder als zum nativen Kernwortschatz zugehörig betrachtet. Nina Janich bezeichnet dies als „subjektiv-psycholinguistisches Faktum“ und plädiert dafür, die transferierten Lexeme ausschließlich als Lehnwörter zu bezeichnen.[2] Hinsichtlich dieses Terminologieproblems zitiert Johannes Volmert von Polenz, der die Fokussierung der Wortform als ungeeignet erachtet für eine Unterscheidung in Fremd- und Lehnwort. Vielmehr sei vor allem auf dem Kontext des verwendeten Wortes zu achten, seine Einordnung in das paradigmatische Gefüge Wortfeld und auf die Sprachkompetenz des Gesprächspartners bzw. des Adressaten.[3]

Wie versteht sich der Begriff Internationalismus vor diesem Hintergrund? Zunächst ziehe ich die Definition von Thea Schippan heran: „Man versteht unter Internationalismen solche Wörter, die international gebräuchlich sind, sich in der morphematischen, lautlichen und orthographischen Gestalt den aufnehmenden Sprachen anpassen und so in gleicher Bedeutung [...] verwendet werden [...].[4] Zu den Internationalismen zählt sie u.a. Theater (lat.), Alkohol (arab.), Soldat (ital.). Hier ist essentiell darauf zu verweisen, dass Schippan den Terminus Internationalismus als ein Wort versteht, welches in mehreren Sprachen vorkommt. Diese Betrachtungsweise lässt sich an vielen Sprach- und Fachwörterbüchern festmachen. Burkhard Schaeder verweist darauf, dass „eine solche Betrachtungsweise [...] sich mit keinem in der Linguistik vertretenden Konzepte von „Wort“ In Einklang bringen [lässt] und [...] einzig dazu führt, den Blick auf die Phänomene zu verstellen.“[5] Vielmehr bilden nach Schaeder Lexeme verschiedener Sprachen zusammen einen Internationalismus, wenn sie die Bedingungen von formaler Übereinstimmung (Kongruenz) und inhaltlicher Übereinstimmung (Äquivalenz) erfüllen.[6] Im Weiteren wird diese Determination noch detailliierter behandelt.

Andrea Schippan umgeht die Problematik, Internationalismen in den terminologischen Zusammenhang einzureihen und in das Bedingungsgefüge von Fremd- und Lehnwort einzubetten. Johannes Volmert in Opposition dazu bleibt nicht bei einer bloßen Definition, sondern hilft dem Leser bei einer gedanklichen Einordnung der Termini. Nach Volmert lehnt Internationalismenforschung die diachrone Betrachtungsweise auf diesem Gebiet ab und versteht sich somit als synchrone Wissenschaft, welche eine mehrsprachlich-vergleichende Perspektive favorisiert.[7] Ein Internationalismus muss folglich zu einem bestimmten Zeitpunkt in mindestens drei Sprachen präsent sein, so dass man von einer „interlingualen Verständigung“ sprechen kann.[8] Volmert et altera gehen von einem interlingualen System aus, welches in seinen in den Sprachgemeinschaften ausdifferenzierten Internationalismen / Interlexemen zum Ausdruck kommt, greifbar wird. Hierzu formuliert Volmert: „Ein Interlexemen ist eine abstrakte (hypothetische) Einheit auf der Ebene eines Intersystems (einer „Interlangue“), für die in drei oder mehr Sprachen ein ausdrucksseitig (annährend) kongruenter und inhaltsseitig (annährend) äquivalenter Repräsentant nachzuweisen ist.“[9] Diese Definition beinhaltet für mich Parallelen zum Konstrukt des Indeoeuropäischen, auf welches man nur aufgrund der Ähnlichkeiten der in Satem- und Kentumsprachen eingeteilten Ursprachen schließen kann und welches in toto nicht beweisbar ist. Dieses Konstruktverfahren trifft auch auf die Annahme eines Urkreols zu.

Die in den jeweiligen Sprachen vorkommenden annährend äquivalenten Lexeme (man sehe von graphemischen und phonetischen Anpassung an die spezifische Sprache ab, z.B. pol. dzinsy für engl. Jeans) sind in diesem Sinne als Repräsentanten eines Internationalismus bzw. eines Interlexems zu sehen. Hier kommt wieder der existentielle Unterschied zwischen dem tatsächlichen Sprachgebrauch (nach de Saussure die parole) und dem abstrakten System[10] zum Tragen. Um letztendlich das Verhältnis zu Lehn- und Fremdwörtern (wie bereits erörtert, stellt sich diese Unterscheidung als problematisch dar) zu bestimmen, muss deutlich geworden sein, dass sich eben genannte Begriffe auf die etymologische, also diachrone Ebene beziehen, während die Internationalismenforschung synchron operiert. Deshalb kann der Terminus Internationalismus nicht als Alternative zum Begriff Fremdwort noch als Ergänzung zu Lehnwort gebrauch werden.

[...]


[1] Jablonski S. 2

[2] Janich S. 110

[3] Volmert S. 5

[4] Schippan S. 265

[5] Schaeder, S. 45

[6] Schaeder, S. 46

[7] Volmert S. 5

[8] Volmert , S. 5

[9] Volmert , S. 5

[10] dieses Mal nicht das spezifische Sprach- sondern das Intersystem

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Internationalismen
Untertitel
Wird ein neues Verständnis von Internationalismen vor dem Hintergrund eines multikulturellen Alltags schon in Sprachbüchern angebahnt?
Hochschule
Universität zu Köln  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät - Seminar für Deutsche Sprache)
Veranstaltung
Sprachföderung von Jugendlichen
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V128262
ISBN (eBook)
9783640364718
ISBN (Buch)
9783640364602
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Globalisierungstendenzen auf wirtschaftlicher und politischer Ebene sind unübersehbar. In diesem Sinne konkurrieren die Rufe nach Sicherung der Identität auf nationaler Ebene und internationaler Annährung auf der anderen. Sprache repräsentiert in diesem Zusammenhang oftmals die Verankerung im Traditionellen und in der spezifischen Kultur. Aufgrund der Wichtigkeit des Abbaus von Vorurteilen und Befangenheit gegenüber Fremden, sollte schon im Deutsch- und Fremdsprachenunterricht die Gemeinsamkeiten der europäischen Sprachen herausgestellt werden. Zu dieser angestrebten Integration können Internationalismen einen wichtigen Beitrag leisten. Deshalb beschäftigt sich diese Hausarbeit mit diesem sprachlichen Phänomen und versucht eine schrittweise Heranführung an den Gegenstand zu ermöglichen.
Schlagworte
Internationalismen, Wird, Verständnis, Internationalismen, Hintergrund, Alltags, Sprachbüchern
Arbeit zitieren
Patricia Reisyan (Autor:in), 2004, Internationalismen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128262

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Titel: Internationalismen



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