Literarische Kompetenzen in der Grundschule

Erstellung eines Aufgabensets für die 2. Klasse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

21 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Was sind literarisches Lernen und Lesekompetenzen?

3. IGLU (Internationale-Grundschul-Lese-Untersuchung)
3.1 Bildungspolitischer Hintergrund
3.2 Die Organisation von IGLU 2006 und Beschreibung des Projekts
3.3 Das Konzept und die Ziele von IGLU 2006

4. Kritik an Bildungstandards und Lernstandserhebungen

5. Begründung zur Wahl des Textes

6. Textbeispiel „Johnny Mausers Tagebuch“ von Helme Heine

7. Aufgabensetbeschreibung

8. Erläuterung des erstellten Aufgabensets

9. Abschlussdiskussion

10. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Lernstandserhebungen, wie PISA und IGLU haben gezeigt, dass Deutschland auf der Rangliste eher zu den Ländern mit einer schwächeren Schülerschaft gehört. Es wurde ersichtlich, dass Deutschlands Schüler die von der KMK in den Bildungsstandards festgelegten Kompetenzen nicht, bzw. unzureichend erreichen.

Demzufolge stellt sich die Frage, wie es möglich ist, den geforderten Kompetenzen, wobei ich mich in dieser Hausarbeit lediglich auf die literarischen Kompetenzen beziehen werde, gerecht zu werden.

Da es sich bei literarischen Kompetenzen um sehr komplexe, subjektive und von daher nicht immer genau zu bestimmende Kompetenzen handelt, erweist es sich als sehr schwierig, diese in Lernstanderhebungen zu testen und objektiv zu beurteilen. Folglich beschäftige ich mich in meiner Hausarbeit nicht damit, „neue“ Lernstanderhebungen, in denen Kompetenzen getestet werden, zu erstellen, sondern ein Aufgabenset, um solche Kompetenzen zu fördern.

Ich werde in dieser Arbeit so vorgehen, dass ich zu Beginn den Begriff literarische Kompetenzen, von Kaspar Spinner als literarisches Lernen bezeichnet, und die elf zum literarischen Lernen notwendigen Kompetenzen erläutere. Als nächstes werde ich einen Überblick über die im Jahre 2006 durchgeführte Lernstanderhebung IGLU geben, wobei ich auf den bildungspolitischen Hintergrund, die Organisation, das Konzept und die Ziele genauer eingehen werde. Des Weiteren werde ich mich mit den Fragen auseinandersetzen, ob Unterricht nach dem IGLU-Schema überhaupt durchführbar und effektiv ist, und ob es tatsächlich sinnvoll ist, die in den Bildungsstandards festgelegten literarischen Kompetenzen, zu testen. Anschleißend folgt der Teil der Hausarbeit, in dem ich mein eigens entworfenes Aufgabenset vorstelle. Mit diesem wird der Versuch erarbeitet, literarische Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler der 2. Klasse zu entwickeln, die auch in das Unterrichtsgeschehen einzubeziehen sind. Getreu nach Jakob Ossner muss sich der unterrichtliche Umgang mit Literatur als „Dekomponierung eines komplexen Modells“ (muss sich) deshalb verbinden mit einer Orientierung am kindlichen Denken und Wahrnehmen und an dessen kognitiver Konstruktion der Gegenstände“.[1]

Zunächst folgt somit die Begründung der Wahl des Textes „Johnny Mausers Tagebuch“ von Helme Heine, der Text an sich, mein erstelltes Aufgabenset in Form einer Arbeitsanweisung für Lehrende und die Erläuterung diesbezüglich, in denen die geförderten Kompetenzen ersichtlich werden.

2. Was sind literarisches Lernen und Lesekompetenzen?

Kaspar Spinner spricht m Umgang mit literarischen Kompetenzen vornehmlich von literarischem Lernen, welches zum „Erwerb von Lesekompetenzen“[2] führt.

Literarisches Lernen und Lesekompetenz sind zunächst zwei ganz eigenständige Begriffe, die auch getrennt voneinander beschrieben werden müssen. Wohingegen es sich bei literarischem Lernen um Lernprozesse handelt, die sich rein auf literarische Texte, also Poetisches, Fiktionales, Dramatisches, … beziehen, ist der Lesekompetenzbegriff eher sachbezogen und schließt sowohl literarische, als auch nichtliterarische Texte mit ein.

Doch sind die beiden Begriffe nicht nur unter Berücksichtigung der Textsorten zu unterscheiden, sondern auch in der Art und Weise, wie sie vermittelt werden. Der Lesekompetenzbegriff bezieht sich ausschließlich auf das Lesen-Können von geschriebener oder gedruckter Sprache, wobei literarisches Lernen schon vor der Lesekompetenz in auditiver und visueller Rezeptionsform durch Hörbücher oder Theater aufzuweisen ist.

Der Kompetenzbegriff verknüpft Literatur und Lernen. Das bedeutet, dass im Umgang mit literarischen Texten Kompetenzen vorherrschen, die im Unterricht gefördert werden müssen. Kompetenzorientierter Unterricht soll Schüler dazu befähigen, mit Texten so umzugehen, dass sie die daraus erworbenen Fähigkeiten auch bei anderen Texten anwenden können. Bei kompetenzorientiertem Unterricht, kommt es also nicht nur darauf an, auf ein das Werk abschließendes Ergebnis zu kommen, sondern auch das erworbene Wissen auf andere Unterrichtsinhalte beziehen zu können. Wissen und Fertigkeiten sollen aufeinander aufbauen und miteinander verknüpft werden. Dies bezeichnet man auch als literarische Kompetenz.

Beim Lesekompetenzerwerb, als Teilkompetenz von literarischem Lernen, ist neben einer motivierenden Leseförderung wichtig, dass Schülerinnen und Schüler literarische Ausdrucksweisen genauestens verstehen und diese vertiefen, damit sie sich gerne mit Texten auseinandersetzen und den Umgang mit Texten auch für sie persönlich als nützlich erachten.

Bereits beim Vorlesen von Geschichten machen Kinder erste Begegnungen mit literarischem Lernen. Von daher ist es bedeutsam, dass dies in der Grundschule ausgebaut wird.

Im Folgenden wird dargestellt, welche Aspekte nach Spinner für das literarische Lernen wesentlich sind, zugegebenermaßen aber nicht alle im Literaturunterricht erwerbbaren Kompetenzen hervorhebt. Er spezialisiert sich dementsprechend auf elf Aspekte, die eng mit dem, was Kinder durch Schule an literarischen Kompetenzen erwerben können, einhergehen.

1. Vorstellungen entfalten

Nach der Entschlüsselung von Buchstaben zunächst zu einem Wort und anschließend zu einem sinnhaften Text, geht es darum, das Gelesene sozusagen in Bilder zu verwandeln. Der Leser soll sich die Situation nun mit allen Sinnen vorstellen, um ein tieferes Textverständnis zu erreichen. Dabei ist es notwendig, dass der Leser in seiner Imagination flexibel ist und diese auch mit neu eintreffenden Informationen ergänzen kann. Jedoch ist es nicht unerheblich, dabei textgetreu vorzugehen.

2. Involvieren des Subjekts mit genauer Wahrnehmung verbinden

Beim Lesen eines Textes ist es von großer Bedeutung, dass sich der Lesende persönlich angesprochen fühlt und seine Aufmerksamkeit somit auf die Textwahrnehmung gelenkt wird. Dient der Lesetext dazu, seine eigenen Gefühle in diesen hineinzuversetzen und so sich selber reflektieren und verstehen zu können, so geht damit auch eine sehr genaue Lektüre einher. Einerseits werden Parallelen aufgezeigt, anderseits aber auch Gegensätze, wodurch der Leser sensibler für sich selbst und die weitere Textwahrnehmung wird.

Dies ist allerdings ein sehr persönlicher und von Mensch zu Mensch verschiedener Prozess. Daher kann dieser auch nicht in Tests untersucht werden. Dennoch bleiben diese Erfahrungen mit einem Lesetext noch lange in Erinnerung und begünstigen das literarische Lernen. Bei Grundschülern kann man diese Kompetenz fördern, indem man sie dazu ermuntert, persönliche Erfahrungen, die der Lesesituation ähneln, zu beschreiben.

3. Wahrnehmung der sprachlichen Gestaltung

Generell gilt es, den Lesenden auch aufmerksam auf die sprachliche Gestaltung, bzw. dessen Ästhetik zu machen und hier eine Funktion erkannt wird. Dabei geht es nicht vordergründig um die Analyse von Formalem, sondern darum, dass Kinder auf elementarer Ebene ein Gespür dafür erhalten, was sprachliche Gestaltung ist. So kann gemeinsam darüber nachgedacht werden, warum einfachste literarische Formen, wie Reime, Wortauslassungen, Wortwiederholungen, etc. in einem Text passend sind und die eigene Kreativität angeregt werden, indem Kinder nach selbem Muster ähnliche Texte verfassen.

4. Nachvollziehen literarischer Charaktere

Auch die Figurenwahrnehmung ist für den Leser bedeutsam, oder vielmehr die Identifikation, bzw. Abgrenzung von literarischen Charakteren. Ein Text wird erst dann richtig literarisch interpretiert, wenn man einerseits seine eigenen Empfindungen und Denkweisen wieder findet, andererseits, wenn man sich der Andersartigkeit der Charaktere bewusst wird, was demzufolge eine Selbstreflexion in sich birgt. Des Weiteren beinhaltet literarisches Verstehen auch das Bewusstsein über die in literarischen Texten vorherrschenden inneren Beziehungsgeflechte einzelner Charaktere zueinander, was besonders im Drama von Bedeutung ist.

In entsprechenden Forschungen zur literarischen Perspektivenübernahme wurde festgestellt, dass Kinder verschiedene Entwicklungsschritte durchlaufen. Zuerst verstehen sie einen Text aus der Sicht einer Figur, die dem Kind aufgrund von Lebensbedingungen nahe steht. Im nächsten Schritt können Figuren differenziert betrachtet werden, wohingegen im dritten Schritt die verschiedenen Eigenschaften der Charaktere aufeinander bezogen werden können und mit dem Leben dieser in ein Verhältnis gesetzt werden. Überdies gilt das richtige Auslegen der Erzählerperspektive als nächster Entwicklungsschritt.

5. Verstehen narrativer und dramaturgischer Handlungen

Ebenso wie das Bewusstsein über Beziehungen literarischer Figuren ist das Herstellen innertextlicher Bezüge von Bedeutung. So muss der Lesende Bezüge zwischen bereits Ereignetem und neuer Handlung herstellen, um den Text verstehen zu können. Beim literarischen Text ist diese Arbeit verstärkt vom Lesenden zu leisten, wohingegen der Inhalt bei Sachtexten meist logisch aufeinander aufbaut. Ist diese Kompetenz erworben, werden Texte gehaltvoller und interessanter.

6. Bewusster Umgang mit Fiktionalität

Meist empfinden Kinder es als schwer, den Unterschied zwischen Fiktionalität und Wirklichkeit herauszustellen. Dabei wandeln sie selbst im Spiel zwischen ihrer eigenen fiktionalen Welt und der Wirklichkeit umher. Hier gilt es, daran anzuknüpfen, um Kindern bewusst zu machen, dass sich literarische Texte nicht unbedingt auf die Welt außerhalb des Textes beziehen, dennoch für diese von Bedeutung sein können, indem sie z. B. zum Nachdenken über die Wirklichkeit anregen.

7. Verstehen von Metaphern und Symbolen

Weiterhin gilt das Aufdecken und Verstehen von Metaphern und Symbolen als bedeutsame Fähigkeit. Für Kinder ist aber nicht immer einfach Metaphern/Symbole auf ihrer Wort- und Bildebene zu entschlüsseln. Dennoch ist ein intuitives Verständnis dafür vorhanden. Von daher sollten Kinder auf den Bedeutungsreichtum von Wörtern aufmerksam gemacht werden, so dass diese aus dem Text erschlossen und anschließend in einen kontextuellen Bezug gestellt werden können.

[...]


[1] Ossner, Jakob. In: Richter, Karin; Plath, Monika: Lesemotivation in der Grundschule. Weinheim und München 2005, 22-23

[2] Spinner, Kaspar H.: Literarisches Lernen. In: PRAXIS DEUTSCH Heft 200, 2006.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Literarische Kompetenzen in der Grundschule
Untertitel
Erstellung eines Aufgabensets für die 2. Klasse
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
3,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V128243
ISBN (eBook)
9783668320406
ISBN (Buch)
9783668320413
Dateigröße
782 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
literarische, kompetenzen, grundschule, erstellung, aufgabensets, klasse
Arbeit zitieren
Claudia Waindok (Autor:in), 2008, Literarische Kompetenzen in der Grundschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128243

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