Steuerungsoptionen im Rahmen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF)


Diplomarbeit, 2007

54 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

Vorwort

Ziele dieser Arbeit

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Ausgangslage

2. Steuerungsmängel in der Kameralistik
2.1 Inputorientierte Steuerung
2.2 Trennung von Fach- und Ressourcenverantwortung
2.3 Unattraktive Arbeitsplätze
2.4 Entscheidungskompetenzen nur auf der obersten Ebene
2.5 Unzureichende Zielsetzungen
2.6 Leistungsdruck von außen

3. Das Neue Steuerungsmodell (NSM)

4. Der Weg zum neuen Rechnungswesen
4.1 Der Reformprozess zum NKF
4.2 Das Modellprojekt NKF

5. Grundlagen zum Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF)
5.1 Das 3-Komponentensystem des NKF
5.1.1 Die Bilanz
5.1.2 Der Ergebnisplan und die Ergebnisrechnung
5.1.3 Der Finanzplan und die Finanzrechnung
5.1.4 Zusammenhang und Wirkung der Komponenten
5.2 Der neue Gesamtabschluss im NKF – die Gemeinde als „Gesamtkonzern“
5.3 Der Neue Kommunale Haushaltsplan im NKF (NKH)
5.4 Der neue Jahresabschluss im NKF
5.5 Der Weg zur Eröffnungsbilanz – Die Inventur

6. Unterschiede der Doppik gegenüber der Kameralistik
6.1 Grundlagen zur Kameralistik
6.2 Grundlagen zur kaufmännischen Buchführung
6.3 Vollständige Abbildung des Ressourcenverbrauchs
6.4 Periodengerechte Zuordnung der Finanzvorfälle
6.5 Abschreibungen im NKF
6.6 Rückstellungen im NKF

7. Haushaltsausgleich im NKF
7.1 Grundlagen
7.2 Wann ist der Haushalt ausgeglichen?
7.3 Haushaltsausgleich im Vergleich
7.4 Haushaltsausgleich im NKF – Fluch oder Segen?

8. Ziele des NKF
8.1 Die einzelnen Zielfelder des NKF
8.1.1 Darstellung des Vermögens und der Schulden einer Kommune
8.1.2 Darstellung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse
8.1.3 Abbildung des vollständigen Ressourcenverbrauchs
8.1.4 Keine Fragmentierung des Rechnungswesens im „Konzern Kommune“
8.1.5 Intergenerative Gerechtigkeit
8.1.6 Produktorientierte Transparenz
8.1.7 Darstellung der Liquidität der Kommune
8.1.8 Aufbau einer Kosten- und Leistungsrechnung

9. Neue Steuerungsoptionen im NKF
9.1 Produkte als Steuerungsobjekt im NKF
9.1.1 Veränderungen der Organisation durch Produktbildung im NKF
9.2 Die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) als Steuerungsobjekt im NKF
9.3 Ziele und Kennzahlen als Steuerungsobjekt im NKF
9.4 Controlling als Steuerungsobjekt im NKF
9.5 Budgetierung im Neuen Kommunalen Haushalt als Steuerungsobjekt im NKF

10. Fazit

Quellenverzeichnis

Vorwort

Bis zum Juli 2006 habe ich die kommunale Verwaltung nur als EDV-technischer Angestellter bei der Stadtverwaltung Mülheim kennen gelernt. Meine Arbeit entsprach einer innerbetrieblichen Dienstleistung im Bereich des First- und Second-Level-Supports für die Bildschirmarbeitsplätze der Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Die „typische Verwaltungstätigkeit“ gehörte nicht zu meinem Aufgabengebiet.

Im Juli 2006 wurde ich jedoch durch den Rat der Stadt Mülheim zum ADV- und Verwaltungsprüfer im Rechnungsprüfungsamt bestellt. Dort bin ich erstmalig mit der „eigentlichen“ Verwaltung in Berührung gekommen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Stadtverwaltung Mülheim in einem Wandlungsprozess, der durch die Einführung des „Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF)“ zum 01.01.2005 ausgelöst wurde. Um mich möglichst schnell mit der Thematik und meinen neuen Aufgaben vertraut zu machen, habe ich mich intensiv mit der für mich neuen Materie auseinander gesetzt. Die Diplomarbeit bot mir die Chance, mich noch tiefer in die Thematik einzuarbeiten. Mit dieser Entwicklung war für mich daher die Idee zu dieser Diplomarbeit entstanden.

Ziele dieser Arbeit

Die Modernisierung in den Kommunen wird seit einigen Jahren unter dem Begriff „Neues Steuerungsmodell (NSM)“ betrieben. Die Hauptziele des NSM sind eine höhere Wirtschaftlichkeit und mehr Bürgerorientierung.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem „Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF)“, welches als ein Ergebnis des Neuen Steuerungsmodells zu sehen ist. „Neues Kommunales Finanzmanagement“ ist der Begriff für das neue, aus dem Neuen Steuerungsmodell entstandene und auf dem kaufmännischen Rechnungswesen aufbauende, kommunale Rechnungswesen in Nordrhein-Westfalen. Die Kommunen haben sich damit von der kameralen Haushaltsführung verabschiedet und mit der Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens eine Grundlage geschaffen, um die Ziele des NSM besser umsetzen zu können.

Die Arbeit soll aufzeigen, dass die Einführung des NKF nicht nur ein finanzwirtschaftlicher Prozess ist, sondern auch betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente mit sich bringt. Die kaufmännische Buchführung wird hierbei lediglich als das Rechnungswesen gesehen, das am ehesten die nötigen Informationen liefert, um eine neuartige Steuerung der Verwaltung zu ermöglichen. Im Folgenden wird beschrieben, was sich konkret hinter dem Begriff „Neues Kommunales Finanzmanagement“ verbirgt, welche Ziele mit der Reform verbunden sind und welche Steuerungsoptionen das NKF eröffnet, um diese Ziele zu erreichen.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der Reformprozess zum NKFG

Abbildung 2: Das NKF als Teil des NSM

Abbildung 3: Übersicht über den Stand des neuen Haushaltsrechts in den Bundesländern

Abbildung 4: Die drei Komponenten im NKF

Abbildung 5: Gliederung der Bilanz gem. § 41 GemHVO NRW

Abbildung 6: Gliederung der Ergebnisrechnung gem. §2 GemHVO NRW

Abbildung 7: Gliederung der Finanzrechnung

Abbildung 8: Zusammenhänge zwischen den Rechenwerken im Drei-Komponenten-System

Abbildung 9: Zusammenführung der einzelnen Bilanzen zu einer Gesamtbilanz

Abbildung 10: Aufbau des Haushaltsplans und des Jahresabschlusses

Abbildung 11: zeitliche Verteilung der Belastung in der Kameralistik und im NKF

Abbildung 12: Drei Wege zum Haushaltsausgleich

Abbildung 13: Ausgleichsrücklage in der Eröffnungsbilanz

Abbildung 14: Produktbereiche im NKF

Abbildung 15: Beispiel für die Gliederung einer Produktgruppe im Bereich „Innere Verwaltung“

Abbildung 16: Vergleich der Informationen aus Haushaltsplan und KLR

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Werteverzehr in der Kameralistik und im NKF

Tabelle 2: zeitliche Zuordnung der Finanzvorfälle in der Kameralistik und im NKF (1.)

Tabelle 3: zeitliche Zuordnung der Finanzvorfälle in der Kameralistik und im NKF (2.)

1. Ausgangslage

Anfang der 90er Jahre begann eine Neuorientierung der Kommunalverwaltungen. Aufgrund finanzieller Probleme und Politikverdrossenheit der Bürger, standen die Kommunen vor der Aufgabe, sich zu reformieren und zu modernisieren, um künftig handlungsfähig zu bleiben. Die finanziellen Schwierigkeiten waren zum Teil konjunkturbedingt (wegbrechende Steuereinnahmen sowie geringere öffentliche Finanzzuweisungen), zum Teil durch Ausgabensteigerungen (Wahrnehmung neuer Aufgaben) verursacht. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands kamen zusätzliche finanzielle Belastungen in Form der Finanzierungsbeteiligung am „Fonds Deutsche Einheit“ auf die Kommunen zu.[1]

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) erarbeitete Anfang der 90er Jahre ein „Neues Steuerungsmodell“, welches die Hauptziele Wirtschaftlichkeit und Budgetorientierung verfolgt. Als Hauptursachen dafür, dass diese Ziele bisher nicht oder nur unzureichend erreicht wurden, werden die folgenden Steuerungsmängel benannt, welche im Weiteren noch ausführlicher beschrieben werden:

- Inputorientierte Steuerung
- Trennung von Fach und Ressourcenverantwortung
- Unattraktive Arbeitsplätze
- Entscheidungskompetenzen nur auf der obersten Ebene
- Unzureichende Zielsetzungen[2]

Damit wurde bereits frühzeitig, parallel zur schlechten Einnahmesituation, eine Unwirtschaftlichkeit der öffentlichen Verwaltung erkannt und offen gelegt. Viele Elemente des Neuen Steuerungsmodells existierten bereits isoliert voneinander, wurden jedoch vielfach nicht oder nur vereinzelt genutzt. Budgets wurden ohne konkrete Zieldiskussionen oder Bezug zu den kommunalen Leistungen gebildet, was jedoch bereits in einem kameralen Haushalt möglich gewesen wäre.

Das diese Steuerungslücken bereits sehr früh bekannt und veröffentlicht wurden zeigt der Bericht Nr. 14/1982 der KGSt, in dem es bereits im Jahre 1982 unter anderem hieß: "... Es fehlt eine Art Controlling-Funktion als Beratungsinstrument des Verwaltungschefs."

2. Steuerungsmängel in der Kameralistik

2.1 Inputorientierte Steuerung

Weiterhin wies die KGSt in ihrem zum Neuen Steuerungsmodell veröffentlichten Bericht Nr. 5/1993 auf Grundprobleme hin, die sich durch ein fehlendes Ressourcencontrolling ergaben. Die herkömmliche Steuerung der Kommunalverwaltung erfolgte hauptsächlich über den Input, d.h. über die zentrale Zuteilung von Ressourcen. Über die Haushaltspläne wurde eine fixierte Höchstmenge an Finanzmitteln bereitgestellt und auf einzelne Haushaltsstellen verteilt. Es wurde jedoch nicht ausreichend geregelt, welche Leistungen mit diesem Geld erzeugt werden sollten.

Zudem mussten die Gelder innerhalb des Haushaltsjahres verausgabt werden, da sie, soweit sie nicht in Anspruch genommen wurden, aus der Verfügbarkeit des jeweiligen Amtes herausfielen. Eine Übertragung auf das nächste Haushaltsjahr oder auf eine andere Haushaltsstelle war nur unter stark eingeschränkten Bedingungen möglich. Die Konsequenz dieser Inflexibilität lag in einem möglichst vollständigen Verbrauch aller Finanzmittel zum Jahresende (dem sog. „Dezemberfieber“)[3] und förderte somit eine systemimmanente[4] Unwirtschaftlichkeit. Aus Sicht der Teilorganisationseinheiten erschien diese Handlung sogar wirtschaftlich, da die verfügbaren Mittel komplett ausgeschöpft wurden, führte für die Gesamtorganisation aber zu einem unwirtschaftlichen Ressourceneinsatz.[5]

2.2 Trennung von Fach- und Ressourcenverantwortung

Zudem gab es keinen Anreiz Personal zu sparen oder den eigenen Etat zu kürzen. „ Nichts förderte die eigene Karriere so zuverlässig wie eine steigende Zahl von Mitarbeitern und ein wachsender Etat. Einsparungen dagegen verfallen am Jahresende und senken im Zweifel die nächste Mittelzuteilung. “, heißt es in dem Bericht der KGSt weiter. Allerdings seien die Fachbereichsleitungen zur Umschichtung von Ressourcen in den meisten Fällen auch nicht befugt. Fach- und Ressourcenverantwortung seien meist getrennt. In traditionellen Verwaltungen lag die Fachverantwortung bei den Fachbereichen, die Verantwortung für Personal, Finanzen, Sachmittel und Organisation war dagegen bei den Querschnittsämtern zu finden.[6] Diese Verantwortungsspaltung lud die Fachbereiche geradezu ein, bei der Anforderung von Ressourcen Kosten- und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte außen vor zu lassen. Nicht die optimale Leistung, sondern der maximale Ressourcenverbrauch wurde belohnt und beinhaltete somit keinen Zwang zur sparsamen Verwendung der Mittel. Es fehlte der Anreiz, ein Ziel mit möglichst geringem Einsatz zu erreichen.[7]

Weil der Fachbereich nicht frei über seine Mittel und den Personaleinsatz bestimmen konnte, waren Ergebnisverfehlungen nicht eindeutig zuzuordnen. Die Querschnittsämter warfen den Fachämtern unwirtschaftliches Verhalten vor und die Fachämter den Querschnittsämtern eine unsachgemäße Ressourcenzuteilung.[8]

2.3 Unattraktive Arbeitsplätze

Als weiteren Kritikpunkt führte die KGSt in ihrem Bericht Nr. 5/1993 die geringe Attraktivität der Arbeitsplätze aus. Das Personal wurde nicht ausreichend qualifiziert und qualifiziertes Personal konnte nicht gehalten werden, weil keine selbständige Arbeit mit Gestaltungsmöglichkeiten auf Grund der stark hierarchischen Organisation und der fehlenden Ressourcenverantwortung geboten wurde. Dies wurde durch die Entkopplung von Bezahlung und persönlicher Leistung noch unterstrichen. Es entstand vielmehr der Ruf, das berufliche Fortkommen werde vom „Besitz des persönlichen Parteibuchs“ gesteuert.[9]

2.4 Entscheidungskompetenzen nur auf der obersten Ebene

Es entstand zudem ein Motivationsverlust bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, weil Aufgaben nicht ausreichend delegiert wurden. Um diesen zu vermeiden müsste die Verantwortung für das Leistungsergebnis innerhalb der Fachbereiche soweit wie möglich nach unten bis auf einzelne Mitarbeiter verlagert werden. Mit persönlicher Ergebnisverantwortung würde das Kreativpotential der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zudem besser genutzt.[10]

Werden Entscheidungen nur auf höheren Hierarchieebenen getroffen, führt dies zu unnötig langen Entscheidungswegen und einer Überlastung der Verwaltungsspitze, so dass strategische Zielsetzungen vernachlässigt oder zu spät definiert werden[11], was uns zu einem weiteren Steuerungsmängel führt:

2.5 Unzureichende Zielsetzungen

Neben der gerade bereits angesprochen mangelnden oder verspäteten Zielsetzung bedeutet inputorientierte Steuerung auch, dass von einer Zielerreichung ausgegangen wird, wenn ein Amt mit den Finanzmitteln und dem Personal ausgekommen ist, ohne das hinterfragt wird, welche Ergebnisse mit dem Ressourceneinsatz verbunden sind. Letztlich muss die Frage gestellt werden, welche Produkte in welcher Menge und ich welcher Qualität mit den verfügbaren Mitteln erstellt werden sollen.[12]

2.6 Leistungsdruck von außen

Aber nicht nur intern gab es Verbesserungsbedarf. Angesichts immer höherer Abgaben für die Bürger und Wirtschaft forderten diese immer dringlicher ein faires Preis-/Leistungsverhältnis, schnelle Leistungserbringung und eine angemessene Qualität. Bürokratische Inflexibilität wurde nicht weiter toleriert. Ein Nachweis, dass die kommunalen Tätigkeiten durchaus ihr Geld wert waren, scheiterte jedoch daran, dass in vielen Fällen die genauen Kosten nicht bekannt waren.

Bereits 1993, bei Erscheinen des Berichtes der KGSt, war die Modernisierung der Kommunalverwaltung ein Steuerungsproblem und kein Problem der rechtlichen Grundlagen. Rechtlich wurden die Kommunalverwaltungen nie daran gehindert,

- den Fachbereichen Ziele vorzugeben,
- durch bewusste Politik des Haushaltsausgleichs politische Handlungsreserven vorzuhalten,
- durch Strukturanpassungen und Ressourcenumschichtungen das Leistungsangebot schneller an Nachfrageveränderungen anzupassen,
- Arbeitsplätze mit Gestaltungsmöglichkeiten zu schaffen,
- den beruflichen Aufstieg des Personals ausschließlich nach Leistungskriterien zu steuern,
- über die kommunalen Tätigkeiten öffentlich Rechenschaft abzulegen.

Somit brauchte die Kommunalverwaltung nicht grundlegend andere Gesetze, sondern ein anderes Steuerungsmodell.[13]

3. Das Neue Steuerungsmodell (NSM)

Auf diesen Erkenntnissen basiert das „Neue Steuerungsmodell“, welches Anfang der 90er durch die KGSt entwickelt wurde. Als Hauptziele nennt dieses Modells eine höhere Wirtschaftlichkeit und mehr Bürgerorientierung. Die genannten Kritikpunkte sollten durch eine Umstellung vom bisherigen Geldverbrauchskonzept der traditionellen Kameralistik zu einem Ressourcenverbrauchskonzept erfolgen, mit dem Ziel, die Verwaltung nicht weiter über den Input, sondern über die zu erbringenden Leistungen, den Output, zu steuern. Wies das Geldverbrauchskonzept in erster Linie Einnahmen und Ausgaben nach, sollte künftig der für die Leistungserstellung notwendige Ressourcenaufwand und das Ressourcenaufkommen abgebildet werden. Daneben sollten die Fachbereiche die Verantwortung für ihre Mittel erhalten (dezentrale Ressourcenverantwortung).

Das NSM ist wie ein „Modellbaukasten“ aufgebaut, der die Mindestbedingungen beinhaltet, die erfüllt sein müssen, damit die Kommunalverwaltung den zuvor genannten Problemen entgegenwirken kann. Das Steuerungsmodell bietet dabei ausreichend Spielraum, um durch Anpassung an die individuellen örtlichen Bedürfnisse eingeführt werden zu können. Die Umgestaltung einer Kommune kann daher nicht durch bloßes Abarbeiten des Modells erfolgen, sondern erfordert einen Anpassungs- und Lernprozess aller Beteiligten in Entscheidungs- und Ausführungsebenen.[14]

All diese Erkenntnisse führen zu einer neuen Steuerungslogik, die auch durch ein neues Rechnungswesen unterstützt werden soll, das in der Lage ist, die Wirtschaftlichkeit einer Kommune darzustellen und Ergebnisse und Informationen liefern kann, die eine verbesserte Steuerung der Kommune ermöglichen.

4. Der Weg zum neuen Rechnungswesen

Die Entwicklung dieses neuen Rechnungswesens war ein über Jahre andauernder Prozess, der durch verschiedene Phasen verlief. Von der Problemerkennung über das Experimentieren an neuen Wegen und Möglichkeiten, hin zur Entwicklung und der anschließenden Erprobung der Ergebnisse, bis zur abschließenden Gesetzgebung. Wie dieser Prozess ablief wird im Folgenden beschrieben.

4.1 Der Reformprozess zum NKF

Die Kameralistik ist ein Rechnungsstil, der über 2000 Jahre alt ist. Er kann bis ins 4. Jahrhundert vor Christus zurückverfolgt werden. In Deutschland wurde sie erstmals im 8. Jahrhundert zur Zeit Kaiser Karls des Großen genannt. Die in den 30er und 40er Jahren erwähnte Verwaltungskameralistik ist bis heute der Rechnungsstil der Kommunen.[15]

Anfang der 90er Jahre wurde der Anstoß für eine tiefgreifende Reformierung des kommunalen Haushaltsrechts in Nordrhein-Westfalen gegeben. Als erstes Bundesland gab Nordrhein-Westfalen im Jahre 1994 durch die Experimentierklausel des § 126 GO NRW den Kommunen die Möglichkeit, eigenständig neue Steuerungsmodelle zu erproben.

Am 8. Mai 1998 setzte die Innenministerkonferenz zur Durchführung der Reformarbeiten den Unterausschuss „Reform des Gemeindehaushaltsrechts“ unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände ein. Dieser wurde beauftragt, für die notwendigen Neuregelungen Musterentwürfe zu erarbeiten.[16]

Erster wichtiger Meilenstein war der Beschluss der Innenministerkonferenz vom 11. Juni 1999 über die „Konzeption zur Reform des kommunalen Haushaltsrechts“.[17] Kern dieser Konzeption war die Orientierung des Haushalts- und Rechnungswesens an den Grundlagen des Neuen Steuerungsmodells.

Nach der Konzeption sollte dieses Ziel auf zwei Wegen verwirklicht werden. Zum einen durch eine erweiterte Kameralistik und zum anderen durch Bereitstellung eines neuen Haushaltsrechts auf der Grundlage der kaufmännischen Buchführung. Die Länder sollten dann selbst entscheiden, ob sie beide Regelsysteme mit einem Wahlrecht der Kommunen einführen oder mit einer angemessenen Übergangsfrist den Übergang auf ein neues Haushaltsrecht nach dem System der doppelten Buchführung oder der erweiterten Kameralistik vorsehen (das sogenannte Optionsmodell).

Auf dieser Grundlage erarbeitete der Unterausschuss Eckpunkte für die Reform, welche durch die Innenministerkonferenz mit Beschluss vom 24. November 2000 gebilligt wurden. Anschließend wurden u.a. Leittexte mit Regelungsvorschlägen für ein neues kommunales Haushaltsrecht auf der Grundlage der doppelten Buchführung entwickelt. Diese Vorschläge ließen genügend Raum für länderspezifische Gegebenheiten, wobei die Abweichungen nicht die Grundzüge der Einheitlichkeit des kommunalen Haushaltsrechts in Frage stellen sollten.[18]

Parallel erschien bereits im Mai 1999 ein Broschüre des Innenministeriums Nordrhein-Westfalens. Hierin kündigte der Innenminister den Übergang zur kaufmännischen Buchführung an. Mit dem Titel: „Neues kommunales Finanzmanagement – Eckpunkte der Reform“ erschien erstmals der Begriff „Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF)“. Zehn Eckpunkte wurden dort genannt[19]:

1. Unterstützung der Budgetierung
2. Eine zeitgemäße Haushaltsgliederung umsetzen
3. Steuerung durch Leistungsvorgaben verbessern
4. Umsetzung des Ressourcenverbrauchskonzepts
5. Zuordnung von Ressourcen zu Leistungen
6. Vollständige Abbildung von Vermögen und Schulden
7. Einen systemkonformen Buchungsstil einführen
8. Basis für Berichtswesen und Controlling verbessern
9. Vereinheitlichung des Rechnungswesens im „Konzern Kommune“
10. Ein modernes Finanzmanagement für die Zukunft schaffen

Bereits frühzeitig sprach sich das Land NRW damit zugleich gegen das Optionsmodell aus. Ein Parallelbetrieb zweier gemeindlicher Rechnungswesen führe zu hohem, vermeidbaren Doppelaufwand und zu mangelnder interkommunaler Vergleichbarkeit.

Gleichzeitig wurde ein kommunales Modellprojekt eingerichtet, in dem die Grundlagen für das neues Haushaltsrecht erarbeitet und praktisch überprüft werden sollten. (siehe hierzu auch das folgende Kapitel „4.2 Das Modellprojekt NKF“) Die daran beteiligten Pilotkommunen Brühl, Dortmund, Düsseldorf, Hiddenhausen, Moers und Münster sowie der Kreis Gütersloh legten auf dieser Basis einen Gesetzesvorschlag zu den benötigten Gesetzestexten vor.[20]

Die Ergebnisse aus den Doppik-Modellprojekten wurden in die Leittexte des Unterausschusses eingearbeitet. Die Innenministerkonferenz empfahl mit Beschluss vom 21. November 2003, diese Regelungsentwürfe zur Basis für die Umsetzung der Haushaltsrechtsreformen in den Ländern zu machen.[21] Sie enthielten folgende Grundlagen[22]:

- Der Ressourcenverbrauch und das Ressourcenaufkommen wird durch die Erfassung von Aufwendungen und Erträgen, anstatt von Ausgaben und Einnahmen, vollständig dargestellt.
- Es entsteht ein Drei-Komponenten-Rechnungssystem aus Ergebnisrechnung, Finanzrechnung und Bilanz, unter Berücksichtigung des kaufmännischen Rechnungssystems und den besonderen Erfordernissen der Kommunen.
- Die Jahresabschlüsse für den Kernhaushalt der Gemeinde, der ausgegliederten kommunalen Eigenbetriebe, der Unternehmen in Gesellschaftsform und der sonstigen von der Gemeinde beherrschten Einrichtungen werden zu einem Gesamtabschluss konsolidiert, um den „Konzern Kommune“ abzubilden.

Im Juni 2004 hat nach erfolgter Anhörung der kommunalen Spitzenverbände das Landeskabinett einen Gesetzesvorschlag zum „Neuen Kommunalen Finanzmanagement“ in den Landtag eingebracht.[23]

Dieser hat das „Gesetz über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (Kommunales Finanzmanagementgesetz NRW – NKFG NRW)“ am 10. November 2004 verabschiedet (vgl. Landtags-Drucksache Nr. 13/5567).

Es wurde am 16. November 2004 unterzeichnet und ist im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Nordrhein-Westfalen (Nr. 41 vom 24.11.2004) auf Seite 644 ff. veröffentlicht.

Es ist als Artikelgesetz ausgestaltet worden und hat zu Änderungen der Gemeindeordnung sowie zu einer Neufassung der Gemeindehaushaltsverordnung geführt.[24]

Das NKFG NRW ist am 01. Januar 2005 in Kraft getreten. Damit kann in einem Übergangszeitraum bis einschließlich 2008 zwar das alte System noch Anwendung finden, ab 2009 ist die Doppik jedoch für alle Kommunen in NRW verbindlich.[25]

[...]


[1] Vgl. Wolter, Wirtschaftsgeschichte, S. 299-312; Das Verbundstudium, Neues Steuerungsmodell, S. 6

[2] Vgl. Das Verbundstudium, Neues Steuerungsmodell, S. 7

[3] Anm. des Autors: ein durchaus geläufiger Begriff in der kommunalen Verwaltung

[4] Anm. des Autors: systemimmanent meint, durch das System bedingt

[5] Vgl. Das Verbundstudium, Neues Steuerungsmodell, S. 7

[6] Vgl. Das Verbundstudium, Neues Steuerungsmodell, S. 7

[7] Vgl. KGSt-Bericht Nr. 5/1993, S. 10

[8] Vgl. Das Verbundstudium, Neues Steuerungsmodell, S. 7

[9] Vgl. KGSt-Bericht Nr. 5/1993, S. 12

[10] Vgl. KGSt-Bericht Nr. 5/1993, S. 18

[11] Vgl. Das Verbundstudium, Neues Steuerungsmodell, S. 9

[12] Vgl. Das Verbundstudium, Neues Steuerungsmodell, S. 9

[13] Vgl. KGSt-Bericht Nr. 5/1993, S. 14

[14] Vgl. KGSt-Bericht Nr. 5/1993, S. 15 und 28

[15] Vgl. NKF Magazin, Oktober 2001, S. 12

[16] Zeitangaben bis hierhin: Vgl. Handreichungen für Kommunen, S. 10

[17] Vgl. Doppik schlägt Kameralistik, S. 1

[18] Vgl. Handreichungen für Kommunen, S. 11

[19] vgl. Informationsfoliensatz zum NKF, S. 6

[20] Vgl. Handreichungen für Kommunen, S.9; Kommunales Finanzmanagement NRW

[21] Vgl. Doppik schlägt Kameralistik, S. 1

[22] Vgl. Handreichungen für Kommunen, S. 11

[23] Vgl. Kommunales Finanzmanagement NRW

[24] vgl. Informationsfoliensatz zum NKF, S. 21

[25] vgl. § 1 Abs. 1 NKFEG

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Steuerungsoptionen im Rahmen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF)
Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Oberhausen und Mülheim an der Ruhr e.V.
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
54
Katalognummer
V128029
ISBN (eBook)
9783640345618
ISBN (Buch)
9783640345533
Dateigröße
885 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Steuerungsoptionen, Rahmen, Neuen, Kommunalen, Finanzmanagements
Arbeit zitieren
Sven Weisenhaus (Autor:in), 2007, Steuerungsoptionen im Rahmen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128029

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