Erstellung eines Sanierungs- und Krisenpräventionsmodelles unter Berücksichtigung japanischer Erfolgsmodelle für Unternehmen im europäischen Wirtschaftsraum


Masterarbeit, 2009

139 Seiten, Note: 1 (13/13 credits)


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung
1.1 Thematik und Problemstellung
1.2 Begriffsdefinitionen.
1.3 Die aktuelle Finanz- bzw. Weltwirtschaftskrise
1.4 Ziel der Arbei

2 Prinzipien der Krisenerkennung und -diagnos
2.1 Relevante Kennzahlen für die Krisenfrüherkennu
2.1.1 Managementleistun
2.1.2 Marktperformanc
2.1.3 Eigenkapit
2.1.4 ROCE – Return on capital employed
2.1.5 Cashflow in Verbindung mit dem Verschuldungsgra
2.1.5.1 CFROI – Cashflow Return on Investment
2.1.5.2 Statischer und dynamischer Verschuldungsgrad
2.1.6 Liquiditä
2.1.6.1 Liquidität 1. Grades
2.1.6.2 Liquidität 2. Grades
2.1.6.3 Liquidität 3. Grades
2.1.6.4 Working Capital
2.2 Rating nach Basel II optional als Evaluierungstool
2.3 Checklisten der Krisendiagnose
2.3.1 Objektive Analyse von Management und Führung
2.3.2 Klassische Marketinganalys
2.3.2.1 Umfeldanalyse
2.3.2.2 Kundenanalyse
2.3.2.3 Produktanalyse
2.3.2.4 Wettbewerbsanalyse
2.3.3 Organisationsanalyse
2.3.4 Produktionsanalyse.
2.4 Soll Zusta

3 Außergerichtliche Sanierungsansätze
3.1 Sanierungsansätz
3.1.1 Finanzielles Umfeld.
3.1.2 Innerbetrieblich
3.1.3 Produkt-Markt-Kunde
3.2 Priorisierung der einzelnen Sanierungsansät

4 Erfolgsprinzipien
4.1 KAIZ
4.1.1 KVP
4.1.2 5S und 6W
4.1.3 4M Checklist
4.1.4 TPS
4.2 LM – Lean Managemen
4.2.1 Prinzipi
4.2.1.1 Den Wert aus Sicht des Kunden definieren
4.2.1.2 Den Wertstrom identifizieren
4.2.1.3 Das Fluss-Prinzip umsetzen
4.2.1.4 Das Pull-Prinzip einführen
4.2.1.5 Perfektion anstreben
4.2.2 LM Tool
4.2.3 Analysemethoden des
4.2.3.1 Wertstromanalyse
4.2.3.2 Weitere Methoden
4.2.3.3 Kennzahlsysteme
4.2.3.4 Einbeziehung der Mitarbeiter
4.2.3.5 Übertragbarkeit
4.3 Six Sigma+Lean(6Ϭ)
4.3.1 DMAI
4.3.2 Rollendefinition
4.3.3 Einführung von Six Sig
4.3.4 DFSS
4.4 B
4.4.1 Bereiche der BSC
4.4.2 Die sieben Schritte zur BSC:.
4.5 ISO9000 ff. als Führungsto
4.5.1 Die acht Grundsätze des Qualitätsmanagements laute
4.5.2 Wichtigkeit der EN ISO9000 ff
4.5.2.1 Marktstrategische Bedeutung
4.5.2.2 Zukunftssicherung
4.5.2.3 Rechtliche Bedeutung
4.6 Interaktives Controllin
4.7 Prozessorientiert Führen
4.7.1 Funktionsorientierung versus Prozessorientierun
4.7.2 Modifiziertes Business Process Reengineeri
4.7.3 Management by Objectives
4.7.4 Die Planung als Element des Führungsprozess
4.7.5 Prozessorientierung in der Praxis

5 Fallbeispiel Toyot

6 Unterschied Japan-Europ
6.1 Geographische und wirtschaftliche Vergleich
6.2 Japans Kultur und Ideologi
6.3 Gesetzliche und sozialpolitische Rahmenbedingungen

7 Modellkonzeption
7.1 Kennzahlenmodell bzw. Checklisten zur Krisenerkennung und Unternehmensbeurteilu
7.2 Lösungsansätze der Krisen- und Sanierungspräventio
7.2.1 Das gut durchdachte Turnaround-Management in der Krise
7.2.2 Innovationen im Produkt- und Managementbereic
7.3 Umsetzungen japanischer Erfolgsmodelle und Strategien in der Prax
7.4 Kontinuierlicher Evaluierungs-, Controlling- und Verifizierungsprozess -der KEC
7.5 Risikomanagement in Kombination mit KECVP

8 Thesenhafte Zusammenfassung

9 Abkürzungsverzeichnis

10 Literaturverzeichn

11 Verzeichnis der Abbildung

12 Anha
12.1 Basel II Übersicht und Klassifikatio
12.2 Fragebögen für die Checklisten zur Krisendiagnose
12.2.1 Managementleistun
12.2.2 Marketinganalyse
12.2.3 Organisationsanalyse
12.3 Beispiel eines Sanierungsprojektplanes.
12.4 Six Sigma 7x7 Toolb
12.5 DFSS Anhang.
12.6 Spartenorganisati
12.6.1 Cost-Cent
12.6.2 Profit-Center.
12.6.3 Investment-Cente
12.7 Matrixorganisation
12.8 BIP/Kaufkraftparität je Einwohner Japan-EU

1 Einleitung

1.1 Thematik und Problemstellung

Die Themen Krise und Sanierung sind seit Herbst 2008 sehr aktuell und brisant und die Weltwirtschaft steht wieder einmal mitten in einer Umbruchsphase, die künftig und global neue Regulatorien und internationale Kooperationen erfordert. Viele Unternehmen weltweit stecken seit kurzem, teilweise auch unerwartet und unabsehbar, in einer Krise und müssen diese nun meistern. Die Prävention bzw. Vorbeugung werden noch lang anhaltend große und wichtige Themen in der internationalen Wirtschaft sein. Das sowohl wirtschaftliche als auch politische Krisenmanagement war gerade in den letzten Monaten sehr gefragt und wird es auch noch länger sein. Deswegen wird in dieser Arbeit insbesondere auf diese Themen eingegangen und auch ein Konzept für die Bewältigung solcher Krisen ausgearbeitet, was nun einmal generell angesprochen wird.

Man kann einen Betrieb sanieren, das heißt, ihn durch finanzielle Hilfen und Neuorganisation wieder leistungsfähig machen und vor der Insolvenz bzw. dem Konkurs bewahren.

„Der seit 2005 anhaltende Trend sinkender Unternehmensinsolvenzzahlen hat sich in Europa 2008 umgekehrt. Lediglich in drei der 17 von der Creditreform untersuchten Länder sind die Insolvenzzahlen im Jahresverlauf rückläufig.“1 Der Durchschnitt der Insolvenzquote pro 10.000 Unternehmen beträgt 83 in Westeuropa. Die Zahl der Privatinsolvenzen ist im Gegensatz dazu leicht rückläufig und liegt in Westeuropa 2008 bei 291.380 im Vergleich zu 2007 mit 302.392 Fällen.

Abb. 1: Firmeninsolvenzen pro 10.000 Unternehmen in EU2

In Österreich stiegen auch die Privatinsolvenzen um 11 % auf 9.500 Fälle.

Auch der Ausblick für den CEE Raum ist für 2009 düster. Im Jahr 2008 gab es knapp 21.600 Konkurse in Osteuropa, das entspricht einem Anstieg von 11,6 Prozent. Somit ist es gerade in Krisenzeiten wichtig, Ansätze für Unternehmen zu finden, um sich neu zu organisieren, strukturieren und Geschäftsprozesse zu optimieren, damit solche Gefahren abgewendet werden können.

Warum kann es eigentlich zu einem Sanierungsfall bzw. einem Unternehmensinfarkt kommen? „Ein Finanzinfarkt ist ein Versorgungs-zusammenbruch eines gesamten Unternehmens, wegen schlagartiger Unterbrechung der Geldzufuhr, aufgrund einer Verstopfung im Geld- bzw. Kreditkreislauf“.3 Die Verlaufsform eines solchen Vorganges ist in folgender Abbildung übersichtlich in 5 Stadien dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Verlaufsform Finanzinfarkt4

Die latente Krise beruht auf einem Führungsdefizit.

Darauf folgt die manifeste Krise, bei der Probleme im Markt und eventuell durch neue Mitbewerber auftreten.

Schließlich kommt es zur akuten Krise mit Motivationsdefizit. Die Frustration der MA wächst aufgrund des starren Managements, mangelnder Flexibilität und auch aufgrund von Problemen mit Markt und Produkt. Die Kundenreklamationen steigen und die Kundenbedürfnisse werden nicht mehr entsprechend wahrgenommen.

Im 4. Stadium herrscht die eskalierende Krise mit Organisationsdefizit. Durch Großprojekte soll die kritische Lage noch in den Griff gebracht werden, was einer hohen Finanzierungsleistung bedürfen würde, aber nicht gewährleistet werden kann. Weiters fehlt ebenso die Managementleistung und der Teufelskreis geht weiter. Das Stadium wird von außen (Banken, Lieferanten, usw.) auch durch verändertes Zahlungsverhalten sofort erkannt.

Letztendlich führt die Negativspirale zum 5. und letzten Stadium, dem Finanzinfarkt. An der Basis wird nichts verändert und durch Finanzierungswechsel wird noch verzweifelt versucht, die Lage zu „retten“ oder mindestens zu verzögern. Mahnungen und gerichtl. Klagen werden ignoriert, die Lage schön gesprochen und der Konkurs steht gleichsam vor der Türe und spätestens jetzt kann nur noch ein Sanierungskonzept mit externen Beratern helfen.

„EULER HERMES, der renommierte Kreditversicherer, veröffentlichte im September 2006 eine Studie, bei der 125 erfahrene Insolvenzverwalter befragt worden waren nach ihrer Einschätzung der häufigsten Gründe für eine Zahlungsunfähigkeit. Diese bestätigten zu 71% das Statement "Die wichtigste Insolvenz-Ursache ist immer die Geschäftsführung" voll oder weitgehend.“5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Insolvenzgründe6

Aus dieser teils subjektiven Einschätzung der Insolvenzverwalter kann man sehr gut erkennen, dass die meisten Gründe innerhalb des Unternehmens liegen. Folgende Gliederung ergänzt diese Tatsache und zeigt die Verteilung der Gründe aller Insolvenzen- in Summe 100 %:

- 37% Fehler / Verlustbereiche innerhalb des Unternehmens
- 21% Fahrlässigkeit
- 17% Kapitalmangel
- 12% Fehler / Verlustbereiche außerhalb des Unternehmens
- 9% persönliches Verschulden
- 4% sonstige Ursachen

Den gesamten „Rettungsversuch der der Insolvenz nennt man auch Turnaround Management. Dieses wird auch noch im Kapitel 7.2.1 Modellkonzeption ausführlich erklärt.

1.2 Begriffsdefinitionen

Der Begriff Sanierung kommt aus dem Lateinischen „sanare“ und bedeutet soviel wie „heilen, verbessern, erneuern“. J.F. Kennedy sagte schon: „Wenn eine freie Gesellschaft den vielen, die arm sind, nicht helfen kann, kann sie auch die wenigen, die reich sind, nicht retten.“. Dies ist als Aufruf zur erfolgreicheren und vorausschauenden Führung und Sanierung von Unternehmen zu verstehen. Denn einer Insolvenz geht meist eine Unternehmenskrise voraus, die von einer Vertrauenskrise begleitet wird.7 Diese Vertrauenskrise ist auch aktuell sehr stark im Finanzsektor, speziell bei den Banken, zu erkennen, die sich in sehr drastischen Krisenzeiten auch gegenseitig nicht mehr Vertrauen. Die muss nun durch politische Absicherungen und Finanzpakete wieder sehr aufwendig hergestellt werden, um diese vernetzten Beziehungen zu retten und stabilisieren.

Ähnlich ist es auch bei Unternehmenskrisen. Dies ist ohne Konzeption, überlegter Neuordnung und einem geschäftlichen Neuanfang nicht möglich.

Die Sanierung selbst erfolgt dann je nach Unternehmensgröße in einem Team von Beratern, die entweder vom Geschäftsführer oder Gläubigern, sprich Banken, gestellt werden, um den Betrieb noch zu retten und schwarze Zahlen zu schreiben.

„Eine Krise ist ein Verlust oder Einbuße von Kontrolle über Geschäftsprozesse, der - verursacht durch öffentliche Reaktionen auf das Unternehmen - die Ertragsgrundlagen bzw. die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens gravierend und dauerhaft beeinträchtigen kann.“8 Die Krisen können verschiedenste Ursachen haben. Am wichtigsten ist es, sie frühzeitig zu erkennen und dann auch richtig entgegenzusteuern, was in dieser Arbeit auch ein sehr zentrales Thema ist. Ein Unternehmen, das sich in einer Krise befindet, muss nicht zwingend überschuldet oder zahlungsunfähig sein. Dies ist erst im letzten Stadium der Unternehmenskrise der Fall, wo die Existenzbedrohung akut ist.

In der Arbeit werden auch japanische Erfolgsmodelle, in erster Linie des Toyota Konzerns, (KAIZEN, KVP, 5S, 3M, TPS) und auf ihnen basierende Prinzipien, als Vorbild genommen u.a. LM, Six Sigma, BSC. Dennoch muss auf die kulturellen Unterscheide zwischen Japan und Europa geachtet werden. Es können sowohl aus kulturellen als auch gesetzlichen Unterschieden nicht alle japanischen Erfolgsprinzipien „europäisiert“ werden. Mit dem KVP wurden ja auch schon in den 90er Jahren viele negative Erfahrungen in Europa bei Bosch oder VW gemacht, weil sie zu direkt aus dem japanischen Modell übernommen wurden und bei den MA entsprechende Ablehnung erhielten. Die wichtigsten und machbaren Prinzipien werden sich in den folgenden Kapiteln herauskristallisieren.

Die folgenden Ausarbeitungen sollen nicht für spezielle Rechtsformen oder Unternehmensgrößen dienlich sein, sondern mehr als einheitliches Konzept für jegliche Form, Größe und Branche eines Unternehmens. Natürlich wird es Unterschiede in der Umsetzung in KMUs oder Großkonzernen geben, aber das Modell sollte als Basis für ein komplettes Turnaround Management eines jeden Unternehmens sein, dass sich vor einer Krise befindet oder gerade auf eine Krise zusteuern könnte und dringend einen Richtungswechsel benötigt. Jede Krise sollte auch als Chance für eine neue Zukunft gesehen werden und dafür ist auch ein entsprechender Optimismus in vertikaler Ebene von der UF bis zum MA nötig.

1.3 Die aktuelle Finanz- bzw. Weltwirtschaftskrise

Die jetzige Finanzkrise, die schon 2007 mit der Immobilienblase in den USA begann, ist zurzeit von Ökonomen weder ein- noch abschätzbar. Die sichtbare Tragweite begann im August/September 2008 in USA und erreichte dann auch mit Einbruch aller Börsen Im Oktober 2008 auch Europa und die restliche Welt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Vgl. der Börsenindices innerhalb von 12 Monaten Dow Jones/Nasdaq/ATX/DAX/ Nikkei225/ Russia RTX9

Das Vertrauen innerhalb der Banken im stark vernetzten Kreditwesen brach plötzlich weg und jede Bank war nur noch in Abwehrstellung und stellte auch in Österreich viele Kreditrahmen und Kontokorrentkredite nach je vertraglicher Möglichkeit ein und setzte diese drastisch herunter. Dies brachte viele Kleinbetriebe, vor allem im Handel, in Verzweiflung und beinahe zur plötzlichen Insolvenz. An diesem Beispiel sieht man wie unsicher die Lage zurzeit ist und wie schnell sich solch eine Krise ausbreiten kann, beginnend vom Banken- und Finanzsektor und schließlich auch auf die Realwirtschaft. Die Arbeitslosenquote steigt zurzeit rapide, Überstunden werden abgebaut und MA werden in Kurzarbeit geschickt. Diese größtenteils nötigen Maßnahmen haben natürlich auch Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und die Kaufkraft der Bevölkerung. Die globalen Kaufkraftparitäten, wie sie noch im Kapitel 6.1 aus dem Jahr 2007 gezeigt werden, werden sich heuer und auch mittelfristig stark senken. Somit sind auch viele Firmen gezwungen kurzfristig aber auch strategisch zu entscheiden, wie sie der Krise mittel- und langfristig gegensteuern, wenn möglich mit minimalem MA-Abbau. Dies ist einfach gesagt, aber gerade in Zeiten wie diesen äußerst schwierig zu handhaben und rational zu entscheiden.

Die Gefahr einer noch schlimmeren Krise ist nicht nur die durch die Immobilien-blase ausgelöste Finanz- bzw. mittlerweile auch Weltwirtschaftskrise, sondern auch die jetzt auch schon aktuell stattfindende Monetisierung der Staatsschulden, die nun in den USA mit über 1 Bio. $ beginnt. „Der Staat gibt eine Anleihe aus, die Notenbank nimmt Teile davon in ihre Bücher und überweist dem Staat das Geld.“10 Dieses kann wiederum dem Haushalt zugeführt werden. Im Zweifelfall ist das Geld nur durch das Versprechen des Staates gedeckt, der selbst aber auch keinen Gegenwert dafür besitzt und dies nur durch Steuererhöhungen oder Abwertungen bekämpfen kann- der Teufelskreis würde im Zweifelsfall beginnen, wenn dem Geld nicht mehr vertraut wird. Schon 2004 erhielt der Fed so schon 800 Mrd. $ und ausländische Notenbanken wiederum 1980 Mrd. $ amerikanische Staatschulden. Dem gegenüber stehen amerikanische Goldreserven von 12 Mrd. $, was gerade einmal 1,8 % der Bilanzsumme beträgt. Wenn man sich diese Golddeckung ansieht, erkennt man auf welch schwachen Beinen der $ steht und natürlich auch notfalls globale Auswirkungen hat.

In Europa sieht dies nicht viel besser aus: 2004 betrug die Bilanzsumme der europäischen Zentralbank 90 Mrd. €, die mit 8 Mrd. Goldreserven gedeckt ist (<10%). 30 Mrd. davon sind durch Forderungen aus Fremdwährungen gedeckt, wobei aber davon der Großteil wiederum aus amerikanischen Staatsanleihen besteht. Mehr als die Hälfte dieser Aktiva sind wiederum Forderungen aus den Nationalbanken der Mitgliederstaaten. Durch die Koppelung der einzelnen Nationalbanken an die EU-Zentralbank gibt es nur noch konsolidierte Bilanzen der Mitgliedsstaaten. Es ist nicht mehr wirklich ersichtlich, wie es den einzelnen Staaten wirklich geht. Hinter diesen konsolidierten Bilanzen lässt sich natürlich auch viel verbergen.11 Schon hier sieht man wie vernetzt das globale Wirtschaftssystem ist und welche Kettenreaktionen hier entstehen können. Durch die Globalisierung der letzten Jahrzehnte wuchs natürlich die Realwirtschaft der Industrienationen, aber die jetzige Vernetzung der globalen Märkte und Wirtschaftsbeziehungen ist auch von Nachteil, wenn „Blasen“ platzen.

1.4 Ziel der Arbeit

Ziel der Arbeit ist es, ein eigenes Modell zu kreieren, um Krisen zu erkennen und gegenzusteuern. Das Modell fokussiert speziell auf außergerichtliche Lösungsansätze. Es soll auf jeden Fall versucht werden die Arbeitsplätze so gut wie möglich zu erhalten, zumindest mittel- und langfristig, und nicht nur bei Personal und Lagerkosten anzusetzen, was kurzfristig natürlich die wirksamste und einfachste Lösung in solchen Situationen ist.

Die gerichtlichen Insolvenz- und Ausgleichsfälle werden hier nicht angesprochen, weil das Modell schon vor dem Eintreten eines Unternehmensinfarktes dienlich sein soll. Natürlich kann es als Basis für einen außergerichtlichen Sanierungsansatz verwendet werden, weil auch all diese Themen und Abhandlungen beinhaltet sind, aber entscheidend ist eine Art „Früherkennungssystem“. Je früher ein Zusteuern auf eine Unternehmenskrise erkannt wird, desto schneller kann auch mit den richtigen Methoden dagegen gesteuert werden und der Schaden hält sich in Grenzen. Ein Umdenken im gesamten Unternehmen ist von Nöten und muss auch entsprechend kommuniziert werden, damit alle an einem Strang ziehen.

Das Thema bezieht sich auch auf aktuelle Fälle der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, und es werden auch Fallbeispiele von Toyota und ähnlichen Unternehmen angeführt und wie diese in wirtschaftlich schlechten Zeiten gegensteuern und ihre Zukunft langfristig meistern und sichern. Anfangs werden die Checklisten bzw. die wichtigsten Kennzahlen für die Krisenerkennung beschrieben. Weiters werden die japanischen und ihre verwandten Erfolgsprinzipien und allg. Sanierungsansätze erörtert und darauf im Ergebnisteil ein eigenes Modell zur Sanierungs- und Krisenprävention durchdacht.

2 Prinzipien der Krisenerkennung und -diagnose

Vorangestellt sollte ein interner oder auch externer MA Krisenmanager werden, um diese Erhebungen so objektiv wie möglich durchzuführen. Die UF wäre hier befangen und die Objektivität wäre durch verschiedenste Ursachen (wie Betriebsblindheit, vergangene Erfolge oder Misserfolge oder auch durch private Beziehung zum Unternehmen usw.) getrübt. Wie schon in 1.2 erwähnt ist ein Frühwarnsystem zur Krisenerkennung die wichtigste Methode am Beginn der Prävention. Es müssen stets die wichtigsten Kennzahlen des Unternehmens und auch alle anderen wichtigen Indikatoren von allen Unternehmensbereichen abrufbar sein. Die GF muss jederzeit Herr der Lage sein und stets alle maßgeblichen Problemstellen im Auge behalten. Die folgende Abbildung zeigt die akuten Symptome einer Unternehmenskrise.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: akute Symptome einer Unternehmenskrise12

Die Krisen im Allgemeinen durchlaufen zeitlich folgende Stadien

I. Strategische Krise
II. Erfolgskrise
III. Liquiditätskrise
IV. Existenzkrise

Die ersten 3 Punkte sprechen für eine Existenzbedrohung, der letzte allerdings schon für eine Existenzvernichtung.

2.1 Relevante Kennzahlen für die Krisenfrüherkennung

Neben den Bilanzen früherer Jahre und der BWA, die die UF im Hinterkopf haben sollte, sind natürlich der Jahresplan, die Quartals- und Monatszahlen von Relevanz. Die wichtigsten Kennzahlen für eine Krisenerkennung werden in Managementleistung, Verhältnis Kosten/Leistung, Marktperformance und die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen EK, Cashflow und Liquidität gruppiert.13

2.1.1 Managementleistung

Folgende Kennzahlen sollen hier im Auge bewahrt werden und können mit branchenüblichen Zahlen von den Branchenverbänden oder der Hausbank bezogen werden:

I. Operatives Ergebnis in Relation zum Umsatz
II. Cashflow in Relation zum Umsatz
III. Vermögensumschlag (Umlaufzeit der Ware + Wertzirkulationszeit)
IV. Zinsdeckung (wie oft zahlbar aus Cashflow)
V. Mitarbeiterfluktuation und anonyme MA-Befragung (Zufriedenheit)

Neben den berechenbaren Kennzahlen I-IV darf auch die MA-Zufriedenheit nicht vernachlässigt werden. In der harten Kennzahl Fluktuation kann man diese einerseits ablesen, aber auch gemischt mit der weichen Kennzahl durch die anonyme Befragung bekommt man hier objektiv ein gutes Bild der Managementleistung. Die Zahlen I-V müssen dann branchenspezifisch ausgewertet werden.

Das Verhältnis Kosten/Leistung liegt im nahesten Bereich des Managements. Hierzu gehören neben Kosten in Relation zum Umsatz und Materialkosten in Relation zur Gesamtleistung folgende:

I. Personalkosten in Relation zum Umsatz
II. Bestände in Relation zum Umsatz
III. Leistung je MA
IV. Forderungen aus Lieferungen/Leistungen in Relation zum Umsatz

Diese sind auch wie I-V sehr abhängig von den unternehmerischen Führungsqualitäten eines Betriebes.

2.1.2 Marktperformance

Hier spielen folgende Kenngrößen eine Rolle:

I. Umsatzentwicklung seit Startjahr
II. Bestandsveränderung/aktivierte Eigenleistung in Relation zum Umsatz
III. Rohertrag in Relation zum Umsatz (Rohertrag = Umsatz - Materialkosten-Personalkosten)
IV. Forderungen in Relation zum Umsatz

Diese Kennzahl ist natürlich markt- und saisonabhängig, gibt allerdings auch Aufschluss über die internen Abwicklungsprozesse und die innerbetriebliche Organisation und dient auch hier als guter Indikator für eine Unternehmensleistung in Abhängigkeit in Ihrer Branche.

2.1.3 Eigenkapital

Hier ist im speziellen die Eigenkapitalquote die bezugnehmende Größe, die eine relative Größe zum Gesamtkapital darstellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zum Vergleich: eine EKQ zwischen 12-25 % stellt ein befriedigendes bis gutes Ergebnis dar.

2.1.4 ROCE – Return on capital employed

Der ROCE ist eine Weiterentwicklung der GKR und zeigt auch die Verzinsung des langfristig gebundenen Kapitals. Ein branchen- und GeschäftsgröBen unabhängiger Vergleich wird dadurch ermöglicht.14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die GKR eines Unternehmens sollte zumindest über 5 % liegen, ein Wert ab 10 % ist schon als sehr gut beurteilt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der ROCE sollte langfristig über dem WACC (Weighted Average Cost of Capital - gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten) liegen. Die Differenz zwischen ROCE und WACC sollte somit positiv sein und wird auch als „Spread“ bezeichnet. kE- Verzinsungsanspruch der Eigenkapitalgeber (berechnet sich nach dem CAPM (Capital Asset Pricing Model – Preismodell für Kapitalgüter) als risikolose Kapitalanleihe + Risikoprämie) [%] kD- Verzinsungsanspruch der Fremdkapitalgeber, oder Fremdkapitalkosten [%]

sC- Unternehmenssteuerrate (Ertragssteuersatz oder corporate tax rate) [%]

D- Marktwert der (gehandelten) Schulden und Verbindlichkeiten [Währung]

E- Marktwert der Aktien und aktienähnlichen Papiere [Währung]

V- Unternehmensgesamtwert (E+D) [Währung]

2.1.5 Cashflow in Verbindung mit dem Verschuldungsgrad

„Der Cashflow stellt eine MaBgröBe für den aus dem leistungswirtschaftlichen (Realgüter-) Prozess erwirtschafteten Zahlungsüberschuss dar. Er kann direkt aus der Finanzrechnung oder indirekt aus dem Jahresabschluss ermittelt werden.“15

Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag (Gewinn oder Verlust)

+ Abschreibungen

- Zuschreibungen (zugunsten des Ergebnisses)

+ Erhöhungen von langfristigen Rückstellungen

- Verminderungen von langfristigen Rückstellungen

= Cash Flow

Da die EKQ in vielen Unternehmen rückläufig ist und dies auch noch zunehmen wird, spielt der Cashflow für die Beurteilung eines Unternehmens eine immer größere Rolle. Die Banken prüfen auch, ob das Unternehmen insbesondere bei zunehmendem Verschuldungsgrad einen ausreichenden Cashflow erwirtschaftet, um die Zinsen und Tilgungen zahlen zu können.16 Ein anhaltend negativer Cashflow führt zur Zahlungsunfähigkeit und damit zur Insolvenz.

2.1.5.1 CFROI – Cashflow Return on Investment

Der CFROI ist ebenfalls eine dynamische Kennzahl und misst, wie viel Cashflow während der Nutzungsdauer auf das eingesetzte Kapital zurückfließt. Zudem macht er Geschäftsbereiche unterschiedlicher Altersstruktur der Aktiva vergleichbar, das heißt es können Unternehmen mit abgeschriebenen Anlagen mit Unternehmen mit neuwertiger Anlagenstruktur verglichen werden. Dies ist natürlich gerade in Krisenzeiten ein sehr effektiver Geschäftsvergleich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

BIB = investiertes Kapital - unverzinsliches FK

Für die Kalkulation des BIB wird von den Wiederbeschaffungswerten ausgegangen und es werden auch gemietete Gegenstände in Form von kapitalisierten Mietaufwendungen hinzugezählt.

Die kumulierten Abschreibungen werden zum Buchwert des abnutzbaren Anlagevermögens addiert und auf den Betrachtungszeitraum inflationiert, um so genau wie möglich zu kalkulieren.

Vergleicht man den CFROI mit dem WACC eines Unternehmens, kann festegestellt werden, ob das Unternehmen wertschöpfend oder wertvermindernd wirtschaftet:

- CFROI>WACC.. .schafft Werte
- CFROI<WACC.. .vermindert Werte

2.1.5.2 Statischer und dynamischer Verschuldungsgrad

Der statische Verschuldungsgrad gibt das Verhältnis von bilanziellem Fremdkapital zu Eigenkapital an. Diese Relation ist ein maßgeblicher Faktor für das Rating von Unternehmen, insbesondere in Verbindung mit dem einhergehenden Cashflow.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit steigendem Verschuldungsgrad wächst natürlich die Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern.

Der dynamische Verschuldungsgrad unterscheidet sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieser ist ein Maßstab für die Möglichkeit zur Schuldentilgung (vgl. auch IV in 2.1.1) und wird in der Literatur auch als Entschuldungskraft bezeichnet.

„Die dynamische Verschuldungsregel besagt, dass die Gesamtverschuldung eines Unternehmens das 3,5 fache des Cashflows nicht überschreiten sollte.“17

Vgl. auch die „ Bayer Formel18, die nochmals zusammengefasst folgendes aussagt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Bayer Formel zeigt auch viele langfristige Eigenschaften eines Unternehmens, die auch für die Krisenprävention von großer Bedeutung sind, weil es sich, auch historisch gesehen, um eine langfristige Beurteilung handelt.

2.1.6 Liquidität

Die Liquidität ist natürlich entscheidend für ein Unternehmen und dessen Geschäftsprozesse, um all seinen Verbindlichkeiten stets nachzukommen. Es gibt verschiedene bekannte Liquiditätsgrade, die hier angeführt werden und auch das Working Capital der zuvor berechneten Liquidität 3. Grades sollte nicht vernachlässigt werden. Das Working Capital ist ebenso eine Kenngröße der Bonität, wie die Kennzahlen in den Kapiteln zuvor.

Die Unternehmerkunst liegt darin, Liquidität so herzustellen, dass Zahlungssto-ckungen ausgeschlossen sind, aber auch Liquidität aus Barreserven zu meiden, weil dies wiederum die Rentabilität hemmt. Hier ist es wichtig, Wege zu finden, um hier ein Gleichgewicht herzustellen, damit die Rentabilität nicht unter der Liquidität leidet (optimale Finanzierung).

2.1.6.1 Liquidität 1. Grades

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Richtwerte hier liegen um die 5-10%, das heißt die flüssigen Mittel sollten rasch zur Bezahlung der kurzfristigen Verbindlichkeiten verwendet werden, um die üblichen Skonti bei den Lieferanten wahrzunehmen.

Weiters unterscheidet man auch in zeitlicher Form:

I. Kurzfristige Liquidität

Das Unternehmen muss jederzeit in der Lage sein, seinen jeweiligen zwingenden

Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt nachzukommen.

II. Langfristige Liquidität

Hängt ab von der Beziehung zwischen Kapitalausstattung und Kapitalverwendung. Die Beachtung von Strukturmaximen ( Finanzierungsregeln ) dienen diesem Postulat.

2.1.6.2 Liquidität 2. Grades

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Vorgabe hier liegt bei 100-120%. Die kurzfristigen Forderungen stammen meist aus Lieferungen und Leistungen. Liegt die Kennzahl unter der Zielvorgabe, gibt es Probleme bei der Wertschöpfung oder verschiedene Produkte sind falsch kalkuliert. Es kann aber auch Indiz dafür sein, dass zu viele Halb- und Fertigfabrikate auf Lager liegen, somit ist dies auch eine gute Aussage über die organisatorischen Fähigkeiten eines Unternehmens.

2.1.6.3 Liquidität 3. Grades

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Zielvorgabe ist 120-150% und es sind auch die auf Lager liegenden Vorräte berücksichtigt. Wobei man nach der so genannten "Bankers rule" (auch „Two-to-One-Rule“ genannt) einen Mindestwert von 2 angepeilt.19

Falls der berechnete Wert darunter liegt, kann es auch Probleme bei der Preiskalkulation geben und darüber sind die Vorräte zu hoch und binden zuviel Kapital.

2.1.6.4 Working Capital

Working Capital = Umlaufvermögen - kurzfristige Verbindlichkeiten

Ziel hier ist eine möglichst große positiv Zahl, die bedeutet, dass ein Teil des Umlaufvermögens mit langfristigem Kapital finanziert wird. Diese „Reserve“ bedeutet auch, dass nicht das ganze kurzfristige Vermögen zur Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten erforderlich ist. Somit ist dies erweiternd auch ein Hinweis für die Expansionskraft des Unternehmens

Falls es negativ ist, ist dies ein Anzeichen, dass ein Teil des Anlagevermögens kurzfristig finanziert wurde und verstößt auch gegen die „goldene Finanzierungsregel“. Dadurch kann ein Unternehmen sehr schnell in Liquiditätsengpässe geraten.

2.2 Rating nach Basel II optional als Evaluierungstool

Das Rating nach Basel II entspricht auch der neuen Bonitätsprüfung, die auch Geldinstitute für neue Unternehmenskredite einholen müssen. Diese Methode ist optional noch eine gute Evaluierung des Bonitätsstandes des Unternehmens und kann eventuell auch von der Hausbank durchgeführt werden. Für die Basel II Bonitätsermittlung gibt es mittlerweile auch viele Softwarefirmen, die hierfür ein Programm anbieten, siehe auch Fußzeile.20

Weiters gibt es auch Websites mit freiem Download einer Excel Berechnung unter: http://www.wertpapiermanagement.de/standard.htm (basel_v_08.xls)

Der Terminus Basel II bezeichnet die Gesamtheit der Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in den letzten Jahren vorgeschlagen wurden. Die Regeln müssen gemäß den EU-Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG seit dem 1. Januar 2007 in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für alle Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (= Institute) angewendet werden.21

Die Bonitätsklassen werden in ABCD unterschieden (im Detail noch AA bzw. AAA usw.), wobei AAA die höchste Bonität mit geringstem Ausfallrisiko und D eine Zahlungsunfähigkeit bedeutet. Die Bonität bzw. das Risikogewicht ist für die Unternehmen von großer Bedeutung, weil davon auch die Rahmenbedingungen für Kredite bzw. FK-Zinsen abhängen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Basel II Klassifizierung22

Beim Bonitätsrating für mittelständische Unternehmen werden insbesondere gemessen und bewertet:

- die aktuelle und zukünftige Finanz und Ertragslage
- die Brancheneinschätzung
- die Wettbewerbsposition
- die Qualität des Managements
- die Kontoführung
- die Zuverlässigkeit des Managements im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Informationen

Eine Übersichtung für eine Bonitätsabschätzung ist im Anhang 12.1 verdeutlicht.

2.3 Checklisten der Krisendiagnose

Nach der Analyse der Kennzahlen sollten allgemeine Checklisten zum Ist-Zustand des Unternehmens herangezogen werden, um auch die Ursachen für die Krise rechtzeitig und richtig zu erkennen. Wie schon in den Kapiteln von 3.1 sollte man sich hier Checklisten durch unterschiedliche und anonyme Befragungsgruppen als GF erarbeiten. Hier steckt zwar etwas Aufwand dahinter, aber die Informationen, die man erhält, sind für die objektive Visualisierung des Ist-Status unumgänglich und für die Zukunft des Unternehmens extrem wertvoll.

Vorgaben zur Befragung:

Aufgrund der Bandbreite der zu Befragenden wird in den folgenden Checklisten bzw. Fragen der jeweiligen Checkliste das altbewährte Schulnotenprinzip von 1 bis 5 („sehr gut“ bis „nicht genügend“) vorgeschlagen, weil dies jedem bekannt ist und jeder eine Assoziation damit hat. Eine höhere Bandbreite des Bewertungsspektrums birgt das Risiko, dass man zu mittleren Werten tendiert, die in Summe dann wenig bis gar nicht aussagekräftig sind. Weiters sollte eine subjektive Gewichtung und Priorisierung für die jeweilige Frage verlangt werden, zB als ABCD (A=wichtig und dringend, B=wichtig, C=unwichtig, D= nicht zutreffend).

Die Befragung sollte je nach Umfang ca. 15-30 min dauern und es sollte nur als Multiple Choice zum Ankreuzen aufgebaut sein. (siehe Beispiel Anhang)

Die Fragebögen sollten auf jeden Fall alle anonym sein und zur statistischen Auswertung wäre zumindest die jeweilige Abteilung anzukreuzen, in der der MA oder die FK arbeitet. Statistisch gesehen wäre es auch sehr gut, zusätzlich zur Gesamtauswertung in 2 Gruppen (eventuell mittels ANOVA) auszuwerten, um die Perspektive der FK und MA zu differenzieren. Diese Resultate sind auch für künftige Führungsstrategien im Unternehmen wertvoll. Eine Befragung aller wäre auch eventuell zur gleichen Zeit oder zumindest am gleichen Tag ohne große Vorankündigung wichtig, um keine Gerüchte und Vorurteile entstehen zu lassen. Bei großen Firmen oder Konzernen soll diese Befragung über das Intranet durchgeführt werden oder zumindest die Auswertung elektronisch durchgeführt werden, um den zeitl. Aufwand so gering wie möglich zu halten.

Die Auswertung der Checklisten wird noch näher in der Modellkonzeption 7.1 besprochen und diskutiert. Ein Fragebogen als Beispiel wird im Anhang angeführt.

2.3.1 Objektive Analyse von Management und Führung

Zusätzlich zu den Aufzählungen aus 2.1.1 geht es hier hauptsächlich um eine objektive Beurteilung der Managementleistung aus der Sicht der MA und FK, die durch anonyme Befragungen getrennt eingeholt wird. Für die Auswertung ist empfohlen, dies einem externen Berater zu überlassen, um die durchgehende Objektivität zu wahren.

Folgende Kriterien sind für diese Befragung von Bedeutung:

I. Führungsverhalten der FK
a. MA-Führung allg.
b. Selbstorganisation
c. Respektvermittlung
d. Kontrolleigenschaften

II. Führungseigenschaften der FK
a. Führungsqualität
b. Delegationsverhalten
c. Entscheidungsschwäche
d. Fluktuation
e. Konfliktscheu

III. Wohlbefinden des MA
a. Akzeptanz des Führungsstils der FK
b. Zufriedenheit in der Firma
c. Angst vor Kündigung
d. Anzeichen von innerer Kündigung
e. Umgang mit Kollegen
f. Betriebsklima allg.

2.3.2 Klassische Marketinganalysen

Marketing ist in der Öffentlichkeit als „Verkauf und Werbung“ bekannt. Es ist vielmehr ein komplexer Prozess, Produkte gezielt und strategisch zu vermarkten.

Es gibt viele Definitionen für Marketing. Eine objektive interne Analyse des Marketings, auch wenn es in kleineren Unternehmen kaum vorhanden ist und nur von einer oder wenigen Personen gemacht wird, gibt viel Auskunft über die Strategie eines Unternehmens bezüglich Produkte bzw. Dienstleistungen und deren Vertrieb.

2.3.2.1 Umfeldanalyse

Die Umfeldanalyse untersucht den Markt und all seine Beteiligten (Lieferanten, Kunden, Wettbewerb, Ersatzprodukte), ermittelt Chancen und Risiken. In der folgenden Grafik wird sie gut veranschaulicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Fünf-Kräfte-Modell nach M. E. Porter Hans-Jürgen Geiß, Kaiserslautern Juni 200523

Diese, auch „Porter´s five forces“ genannt, ist ähnlich einer Stakeholder Analyse. In jedem Unternehmen kann es sich schließlich um komplexe, vernetzte und auch externe Probleme handeln, die bis dato eventuell noch nicht bemerkt wurden und eine tragende Rolle spielen. In den weiteren Kapiteln von 2.3.2 werden diese Methoden noch deutlicher gezeigt. Einen etwas anderen Ansatz hat auch die BCG (Boston Consulting Group). Hier werden die Märkte nicht nach Marktstrukturen, sondern in Kriterien des strategischen Vorteils zweidimensional unterteilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Strategische Umwelt nach BCG24

Die Umfeldanalyse sollte als Projekt von allen beteiligten Abteilungen (Marketing, Verkauf, eventuell Produktentwicklung) gemeinsam mit der GF durchgeführt werden. Durch diese Analyse kann man eventuell auch neue Strategien für den jeweiligen Markt entwickeln oder zumindest die eigene Strategie evaluieren oder auch kritisch überdenken.

Folgende Kriterien sind für diese Befragung von Bedeutung und sollten wiederum von den Betroffenen Abteilungen anonym und im Schulnotensystem abgefragt werden:

I. Konkurrenz im Vergleich zum eigenen Unternehmen
a. Produktqualität
b. Preis
c. Kundenbindung
d. Kundenservice
e. Liefereinhaltung
f. Vertriebsweg

2.3.2.2 Kundenanalyse

In diesem Fall kann die klassische ABC-Analyse25 angewendet werden, weil danach auch die Aufteilung im Vertrieb einfacher wird. Es können verschiedene Kennzahlen zur Analyse herangezogen werden:

- Kennzahlen der Profitabilität (wie Umsatz, Ertrag...)
- Kennzahlen des Ressourceneinsatzes (Zeitaufwand, Beratungs-, Personal-und Materialaufwand für Kundendienst)
- Kennzahlen der Kundenbeziehung (Häufigkeit der Käufe, Anzahl der gekauften Produkte, Reklamations- und Retourenquote, Zahl der Anfragen, Bewertung der Kundenbesuche usw.)

Hier können die Jahresumsatzzahlen der einzelnen Kunden analysiert werden und folgende Einteilung (im Beispiel mit fiktiven Beträgen) gemacht werden:

A-Kunde: >1 Mio.- EUR

B-Kunde: >0,5 bis 1 Mio.- EUR

C-Kunde: >0,1 bis 0,5 Mio.- EUR

D-Kunde: <0,1 Mio.- EUR

Die Pareto Verteilung zeigt fast immer: Mit 20 % aller Kunden macht das Unternehmen 80 % der Umsätze. In der Praxis kann sich die Verteilung auch auf 30:70 verteilen, liegt aber statistisch immer in diesem Bereich.

A- Kunden werden meist als Key Accounts vom VL betreut. B und C-Kunden werden regional auf den Außendienst verteilt und D-Kunden betreut üblicherweise der Innendienst per Telefon regelmäßig nach einem bestimmten Zeitplan. Mit einem solchen Modell sind die Kunden gut verteilt und entsprechende Pläne können für die Besuchsfrequenz und Kundenbindungsmaßnahmen durchdacht werden.

Diese Kundenanalyse und Aufteilung sollte in jedem Unternehmen, das Produkte und Dienstleistungen verkauft, existieren und entsprechend aktualisiert werden.

2.3.2.3 Produktanalyse

Bei der Produktanalyse handelt es sich um eine Portfolioanalyse. Die Absicht dieser Analysemöglichkeit ist es, den zukunftsträchtigen Geschäftsfeldern mehr Ressourcen zuzuführen und die schwachen Bereiche auf das Nötigste zu reduzieren. Im Rahmen der Portfolio-Analyse werden die Produkte oder Produktgruppen nach den Kriterien des Marktwachstums (Marktattraktivität) und des relativen Marktanteiles (rel. Wettbewerbsvorteil) bewertet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Portfolio-Analyse (Quelle: Boston Consulting Group)

In der Auswertung sollte auf jeden Fall der Umsatz und DB enthalten sein, sowie ein mehrjähriger Trend je Kunde, damit man auch die Entwicklungshistorie und gegebenenfalls das Entwicklungspotential besser auswerten und ersichtlich machen kann. Auch hier gilt wiederum das Pareto-Prinzip, wie im Kapitel zuvor.

2.3.2.4 Wettbewerbsanalyse

Die Wettbewerbsanalyse beinhaltet die wichtigsten Wettbewerber, SWOT des

Mitbewerbs, welche Probleme kann die Konkurrenz verursachen und welche

Strategien sind erkennbar. „Hierzu gilt es, laufend seine eigenen Produkte, Preise,

Vertriebskanäle und Marketingmaßnahmen mit denen der unmittelbaren

Konkurrenten zu vergleichen.“26

Folgende Fragen sind für diese Analyse von Bedeutung:

- Wer sind die Konkurrenten?
- Wie hoch ist der Markteinteil der Konkurrenz inkl. Historie?
- Wer und wie stark ist der Marktführer?
- Was sind ihre Ziele?
- Was ist ihre Strategie?
- Was sind ihre Stärken und Schwächen (Vor- und Nachteile)?
- Welche sind ihre üblichen Reaktionsmuster?

Die Checklisten kann sowohl aus der Sicht der jeweiligen Branche als auch aus der Sicht des Marktes gesehen werden. Die Sicht des Marktes ist eventuell auch sogar die bessere, weil hier noch Potential für Marktnischen und Marktanteil vorhanden sein kann.

Es soll auch überlegt werden, ob Benchmarking (zB am Marktführer) für das eigene Unternehmen von Vorteil sind, oder ob und warum dies bewusst nicht gewollt ist. Die Verantwortung und Durchführung dieser Analyse trägt das

Marketing.

Weiters kann auch die 9 Punkt Analyse von McKinsey angewendet werden.

Die Marktattraktivität kann mit Hilfe der folgenden Hauptkriterien dargestellt werden:

- Marktwachstum und Marktgröße
- Marktqualität (Rentabilität, Anzahl und Stärke der Wettbewerber)
- Versorgung mit Energie und Rohstoffen
- Umweltsituation (Konjunktur, Gesetzgebung, Öffentlichkeit)
- Markteintrittsbarrieren

Um den relativen Wettbewerbsvorteil mit Bezug auf den stärksten Wettbewerber zu bestimmen, betrachtet man z.B. folgende Hauptkriterien:

- Relative Marktposition / Marktanteil / relative Finanzkraft
- Relatives Produktionspotenzial
- Relatives F&E-Potenzial
- Relative Qualifikation der Führungskräfte und Mitarbeiter
- Finanzielle Situation.

[...]


1 http://derstandard.at/?url=/?id=1234261142839 (14.02.2009)

2 ebenda (14.02.2009)

3 vgl. Hüthmair, Unternehmenssanierung S.69

4 ebenda S.22 ff.

5 http://www.akademie.de/fuehrung-organisation/recht-und-finanzen/kurse/notfallplan-vermeidung-behebung-unternehmenskrise/unternehmenskrise-krise-gruendungsphase/unternehmenskrise-krise-gruendungsphase-probleme.html (22.03.2009)

6 Quelle: ebenda Euler Hermes (Befragung von 125 Insolvenzverwaltern)

7 Vgl. Bleicher ,Vertrauen 1995, der insbesondere auf das „Vertrauen als Grundprinzip des Umgangs mit dem Wandel“ eingeht und in den Kontext der Krise stellt.

8 http://www.fz-juelich.de/inb/inb-mut//vdi/vdibericht/glossar.html (14.02.09)

9 Quelle: http://www.bankaustria.at/de/23152.htm (06.04.2009)

10 Ott, Der Crash 2008 S.146

11 ebenda S.146 ff.

12 Quelle: Fraenkler, Unternehmenssanierung 2006 S.31

13 Fraenkler, Unternehmenssanierung 2006 S.100 ff.

14 Wöltje, Formelsammlung 2008 S.208 ff.

15 http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/cash-flow/cash-flow.htm (15.02.2009)

16 Vollmuth, Kennzahlen 2008 S.68 ff.

17 Vollmuth, Kennzahlen 2008 S.69

18 Wöltje, Formelsammlung 2008 S.182

19 http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/banker-s-rule/banker-s-rule.htm (16.02.2009)

20 http://www.basel-ii-risk.com/Basel-II/Basel-Software/index.htm (18.02.2009)

21 http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/basel%A0ii/basel%A0ii.htm (16.02.2009)

22 Quelle: http://www.immothek24.de/qow/pics/basel2-5.gif (06.04.2009)

23 http://www.controllingportal.de/upload/bilder/fachartikel/Portermodell.jpg (06.04.2009)

24 Robert M. Grant (2000) Contemporary Strategy Analysis Blackwell Publishers

25 „Die ABC-Analyse (Programmstrukturanalyse) ist ein betriebswirtschaftliches Analyseverfahren. Sie teilt eine Menge von Objekten in die Klassen A, B und C auf, die nach absteigender Bedeutung geordnet sind“ (http://de.wikipedia.org/wiki/ABC-Analyse 26.10.2008)

26 Kotler, Marketing 2006 S. 578 ff.

Ende der Leseprobe aus 139 Seiten

Details

Titel
Erstellung eines Sanierungs- und Krisenpräventionsmodelles unter Berücksichtigung japanischer Erfolgsmodelle für Unternehmen im europäischen Wirtschaftsraum
Hochschule
Sales Manager Akademie Wien  (Sales Manager Akademie (Wien))
Veranstaltung
MBA Studium
Note
1 (13/13 credits)
Autor
Jahr
2009
Seiten
139
Katalognummer
V127879
ISBN (eBook)
9783640347636
ISBN (Buch)
9783640348985
Dateigröße
4155 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Inhaltlich möchte ich keine Ergänzungen vorschlagen, da die Arbeit wie sie jetzt ist sehr "rund" und komplex gestaltet ist! Gratuliere zu der Darstellung."
Schlagworte
Sanierungsmangement, außergerichtliche Sanierungsansätze, Kaizen, Lean Management, Six Sigma und Tools, Balanced Scorecard, ISO9000ff, Prozessorientiertes Führen, detaillierte Unterschiede Japan-Europa, Modellkonzeption von Wilfried Goger (Kennzahlenampel© Wilfried Goger), Risikomanagement, Präventionsmodell, Sanierung
Arbeit zitieren
DI Wilfried Goger (Autor:in), 2009, Erstellung eines Sanierungs- und Krisenpräventionsmodelles unter Berücksichtigung japanischer Erfolgsmodelle für Unternehmen im europäischen Wirtschaftsraum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127879

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