Das narrative und problemzentrierte Interview: Eine Gegenüberstellung


Hausarbeit, 2009

16 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das narrative Interview
2.1 Definition des narrativen Interviews
2.2 Ablauf und Aufbau des narrativen Interviews
2.3 Besonderheiten und (mögliche) Problemstellungen des narrativen Interviews
2.4 Anwendungsbereiche und Ziele des narrativen Interviews

3. Das problemzentrierte Interview
3.1 Definition des problemzentrierten Interviews
3.2 Grundgedanken des problemzentrierten Interviews
3.3 Instrumente des problemzentrierten Interviews
3.4 Anwendungsbereiche und Ziele des problemzentrierten Interviews

4. Vergleich beider Interviewformen

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Das Interview erscheint als einfache Methode, nicht zuletzt aufgrund seiner Nähe zum Alltagsgespräch. Fragen zu stellen liegt nahe und erscheint so leicht. Darin liegt etwas Verführerisches.“[1]

An dieses Zitat von Friedrichs über die Alltagsnähe von Interviews möchte ich in meiner Hausarbeit anknüpfen und die Einzigartigkeit qualitativer Methoden anhand zweier verschiedener Interviewformen darstellen. Hierzu stelle ich zunächst das narrative Interview mitsamt seiner Struktur, Inhalte, Grundprinzipien, Absichten und Einsatzgebiete vor. Der zweite Bereich meiner Arbeit schildert hieran das problemzentrierte Interview und bietet ebenso Grundlagen, Leitlinien, Instrumente, Zielvorstellungen und Verwendungsbereiche dar. In meinen Ausführungen setze ich den Fokus in erster Linie auf den Verlauf und die Vorgehensweise der Interviews und weniger auf deren Auswertung. Es werden lediglich Auswertungsteile, welche sich speziell auf die Verfahrensweise beziehen, ausgearbeitet.

Dritter Hauptteil meiner Arbeit bildet die Gegenüberstellung beider Interviewformen. Dabei werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede, sowie Vor- und Nachteile erörtert. Ziel dabei ist es, beide Methoden voneinander abzugrenzen und ihre jeweiligen Anwendungsbereiche aufzuzeigen. Gleichwohl sollen die Grenzen der Interviews herausgestellt und offengelegt werden, um dem Leser ebenso die Kehrseite solcher Prozeduren zu präsentieren.

In einem abschließenden Fazit fasse ich kurz alle wichtigen Ergebnisse meiner Abhandlung zusammen und ergründe resümierend, wo die Eigenheiten beider Interviews liegen. Diese Eigentümlichkeit soll sich aber zugleich wie ein roter Faden durch die gesamte Arbeit ziehen, damit eine – wie im Titel bezeichnete – Gegenüberstellung der Gesprächsformen wirklich zustande kommt.

2. Das narrative Interview

Dieser erste Hauptgegenstand meiner Arbeit gibt zunächst eine kurze Definition des narrativen Interviews und schildert im folgenden Aufbau, Ablauf, Ziele, Anwendungsbereiche sowie Besonderheiten und (mögliche) Problemstellungen. Zum Zwecke der Übersichtlichkeit werden einzelne Bereiche der o.g. Auflistung in gesonderte Punkte gegliedert, welches einen problemlosen Vergleich beider Interviewformen ermöglicht.

2.1 Definition des narrativen Interviews

Das narrative Interview ist ein qualitativ orientiertes Erhebungsverfahren, welches „nicht dem sonst üblichen Frage-und-Antwort-Schema folgt.“[2] Anstatt den Informanten mit standardisierten Fragestellungen zu konfrontieren, wird dieser im narrativen Interview gebeten, „die Geschichte eines Gegenstandsbereichs, an der der Interviewte teilgehabt hat, in einer Stehgreiferzählung darzustellen.“[3]

Begründet wurde das narrative Interview in den 70er und 80er Jahren im Zusammenhang mit einer sozialwissenschaftlichen Biographieforschung durch den Soziologen Fritz Schütze. Hintergrund war eine Interaktionsfeldstudie, welche kommunale Entscheidungsprozesse und Machtstrukturen unterschiedlicher Politiker und das Identitätsbewusstsein fusionierter Gemeinden analysierte.[4] Dabei fungierte das narrative Interview zunächst als narratives Experteninterview, in der die Kommunalpolitiker ihre Sicht des politischen Prozesses schildern sollten.[5] Inzwischen wird das narrative Interview aber v.a. zur Analyse biographischer Prozesse angewandt, da es – wie kein anderes Interviewverfahren – lebensgeschichtliche Erzählungen hervorruft und den Blick für „individuelle und kollektive Lern- und Bildungsprozesse öffnet.“[6]

2.2 Ablauf und Aufbau des narrativen Interviews

In den folgenden Ausführungen schildere ich aus Gründen der Übersichtlichkeit und leichteren Lesbarkeit die Vorgehensweise des autobiographisch -narrativen Interviews, welche eng mit der des narrativen Interviews zusammenhängt. Ein eklatanter Unterschied besteht darin, dass das autobiographisch-narrative Interview aus drei Teilen besteht, während das narrative Interview lediglich zwei Hauptteile umfasst. Dies wird im weiteren Verlauf jedoch genauer durchleuchtet und verständlich gemacht.

Das autobiographisch-narrative Interview besteht aus drei wesentlichen Teilen: der autobiographischen Anfangserzählung, der Nachfragephase des Interviewers und des sog. Bilanzierungsteils.[7]

Die Anfangsphase erfolgt nach einer kurzen Erklärung des Ablaufs durch eine Erzählaufforderung des Interviewers, indem der Informant gebeten wird, seine Geschichte zu erzählen. Der Interviewer muss sich jedoch vorher sicher sein, dass der Informant die Aufgabe verstanden hat und sollte vorab „plastisch verdeutlichen, was mit ‚Erzählung‘ und ‚Geschichte‘ gemeint ist.“[8]

Bei der Einstiegsfrage, auch „erzählgenerierende Frage“[9] genannt, soll es sich in jedem Fall um eine Erzählaufforderung handeln.[10] Um eine bestmögliche Erzählung des Interviewten zu stimulieren, sollte die Eingangsfrage gleichzeitig breit und spezifisch formuliert werden.[11] Nur so können nützliche und verwertbare Informationen gewonnen werden. Sie kann sich entweder auf die gesamte Lebensgeschichte des Informanten oder aber auf sozialwissenschaftlich interessante Phasen, wie beispielsweise einer Phase der Arbeitslosigkeit oder beruflichen Umorientierung, beziehen.[12] Der springende Punkt dabei ist, dass der Informant dabei die Gelegenheit erhalten soll, „entlang eines selbstgewählten roten Fadens seine Lebensgeschichte zu erzählen.“[13]

Sobald der Interviewte jetzt mit der Erzählung beginnt, gelangt das Interview in seine Hauptphase. Unablässig ist dabei die zurückhaltende Funktion des Interviewers, welcher die Geschichte nicht durch (Nach-)fragen oder „bewertende Interventionen“[14] unterbrechen sollte. Stattdessen kann er (etwa durch begleitende „Hms“) signalisieren, aktiv zuzuhören und sich in die Geschichte des Informanten hineinzuversetzen.

Am Ende der Erzählung wird der Interviewer schließlich durch eine Erzählkoda[15] des Informanten (z.B. „So, das war’s“ oder „Das wär’s so im großen und ganzen“) wieder aktiv in das Geschehen beteiligt und kann seine Nachfragephase beginnen. Zentrales Kriterium dieser Phase ist die Ausschöpfung des „tangentiellen“ Erzählpotentials des Interviewten.[16] Hierbei sollen v.a. Stellen der Unsicherheit und Knappheit genauer durchleuchtet oder ggf. erst aufgedeckt werden, da der Erzähler diese Punkte oftmals als „schmerzhaft, stigmatisierend oder legitimationsproblematisch“[17] empfindet und daher meidet. Ein narratives Vorgehen wird auch hier beibehalten, indem der Interviewer ursprüngliche Erzählpassagen zitiert und den Informanten zu einer Explikation auffordert.

Nun erfolgt eine dritte Phase, welche nur im autobiographisch-narrativem Interview vorzufinden ist. Eine solche Bilanzierungsphase umfasst zunehmend Abstraktionen, Beschreibungen und Argumentationen des Informanten und fordert diesen nunmehr als „Experte und Theoretiker seiner selbst.“[18] Der Informant soll eigene Erklärungen für das Geschehene äußern, welche gleichermaßen ausgewertet werden und u.U. einen neuen Blick für die Geschichte eröffnen.

2.3 Besonderheiten und (mögliche) Problemstellungen des narrativen Interviews

Das narrative Interview schafft es, „die Ereignisverstrickungen und die lebensgeschichtliche Erfahrungsaufschichtung des Biograhieträgers so lückenlos zu reproduzieren, wie das im Rahmen systematischer sozialwissenschaftlicher Forschung überhaupt nur möglich ist.“[19] Nicht zuletzt aufgrund seiner ausgeklügelten Technik werden im narrativen Interview Erfahrungen, Interpretationen und Deutungen des Biograhieträgers hervorgebracht. Doch v.a. die sog. „Zugzwänge des Erzählens“[20], welche sich im Verlauf des Interviews für den Erzähler ergeben, verhelfen den Erhalt gesicherter, reichhaltiger und zugleich komprimierter Informationen.

[...]


[1] Friedrichs 1990, S. 209.

[2] Hermanns 1995, S. 182f. zitiert nach Schütze.

[3] Hermanns a.a.O., 1995, S. 183.

[4] Schütze 1976, S. 161.

[5] Flick 2007, S. 215.

[6] Jakob 2003, S. 445.

[7] Hermanns 1995, S. 184.

[8] Hermanns ebd.

[9] Hopf 1995, S. 179.

[10] Flick 2007, S. 229, Hervorh. vom Verfasser.

[11] Flick a.a.O., S. 228f.

[12] Schütze 1983, S. 285.

[13] Marotzki 1999, S. 113.

[14] Flick 2007, S. 230.

[15] Schütze 1983, S. 285.

[16] Schütze ebd.

[17] Schütze ebd.

[18] Schütze ebd.

[19] Schütze 1983, S. 285.

[20] Jakob 2003, S. 449.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das narrative und problemzentrierte Interview: Eine Gegenüberstellung
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Berufs- und Weiterbildung)
Veranstaltung
Kritische Lektüre publizierter empirischer Studien
Autor
Jahr
2009
Seiten
16
Katalognummer
V127731
ISBN (eBook)
9783640375769
ISBN (Buch)
9783640375561
Dateigröße
426 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interview, Eine, Gegenüberstellung
Arbeit zitieren
Jennifer Schons (Autor:in), 2009, Das narrative und problemzentrierte Interview: Eine Gegenüberstellung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127731

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