Sport als Wettbewerbsvorteil in touristischen Destinationen anhand des Beispiels Willingen im Hochsauerland


Zwischenprüfungsarbeit, 2007

36 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entwicklung des Sporttourismus
2.1 Historische Verknüpfung von Sport und Tourismus
2.2 Definition Sport und Tourismus
2.3 System des Sporttourismus
2.4 Aktuelle Tourismustrends und Sport als Wirtschaftsfaktor

3. Sporttouristische Angebote
3.1 Sporttouristischer Wettbewerbskatalog: Radsport und Wandern
3.2 Sportliches Freizeitangebot Willingens
3.3 Spitzensport als Tourismus- und Imagefaktor
3.4 Sportevents als passive Seite des Sporttourismus

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die touristische Wertschöpfungskette

Abb. 2: Vertriebswege

Abb. 3: Markt für Sporttourismus

Abb. 4: Wanderweg in Mecklenburg-Vorpommern E9

Abb. 5: Wanderweg in Mecklenburg-Vorpommern E9a

Abb. 6: Wanderweg in Bayern Spessartweg 2

Abb. 7: Wanderweg in Bayern Frankenweg

Abb. 8: Uplandsteig Willingen

Abb. 9: Vergleich Wettbewerbskatalog

1. Einleitung

Trotzt wirtschaftlicher Schwierigkeiten befindet sich die deutsche Tourismusindustrie nach wie vor im Aufwind. Laut ADAC gaben die Deutschen im Jahr 2006 circa 51 Mrd. € für ihren Urlaub aus. Statistiken aus dem Reise Monitor 2007 belegen diese Entwicklung, denn aktuell interessieren sich 39 % der Deutschen für Informationen über Reisen und Urlaubsziele. Damit liegt das Interesse deutlich über dem für Mode, Autos, Gesundheitsprodukte, Altersvorsorge oder technische Geräte. Zudem sind der Anteil der deutschen Urlaubsreisenden 2007 auf 65,1 % und die Ausgaben für Auslandsreisen um 4,4 % gestiegen (vgl. 2.4). Für die kommenden Jahre prognostizieren Experten nochmals einen deutlichen Anstieg der Urlaubsausgaben. Des Weiteren planen 77,9 % der Deutschen mit großer Sicherheit nächstes Jahr einen Urlaub, so dass sich der aufsteigende Trend auch zukünftig fortsetzt.1

Über Einzelheiten der individuellen Urlaubsvorlieben lassen sich für die Zukunft sicherlich keine definitiven Aussagen treffen, jedoch befindet sich die junge Branche des Sporttouris-mus aktuell auf dem Vormarsch. Bezieht man passive Sporttouristen wie beispielsweise die Zuschauer eines Fußballspiels oder anderen Sportevents in den Bereich des Sporttourismus mit ein, so lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit ein bedeutendes Wachstum in diesem Segment voraussagen. Am Beispiel der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland, deren wirtschaftliche und touristische Auswirkungen uns nachwievor positiv beeinflussen, lässt sich die enorme Bedeutung, die Sport für den Tourismus einnehmen kann, repräsentativ ablesen (vgl. 2.4).

Zudem machen viele Menschen ihre Urlaubsentscheidung auch von den sportlichen Bege-benheiten der in Betracht kommenden Destination abhängig. Gerade die Beliebtheit des Fahr-radtourismus befindet sich nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Beinahe 45 % aller Deutschen geben in einer Untersuchung des deutschen Tourismusverbandes an, ihr Fahrrad im Urlaub nutzen zu wollen.2 Aber auch das Wandern und vor allem das Klettern erfreuen sich nach allerneusten Untersuchungen zunehmender Beliebtheit, was nicht zuletzt auch auf das Bedürfnis zurückzuführen ist, einen Ausgleich für die zunehmende Verstädterung der Gesellschaft und den häufig am Schreibtisch sitzend verbrachten Berufsalltag zu schaffen.3

Auch persönliche Erfahrungen als Reisebegleiter einer Jugend- und Erwachsenengruppe haben mir erstmals verdeutlicht, dass der Wunsch nach aktiver Freizeitgestaltung im Urlaub, verbunden mit dem Erlernen oder Ausüben einer bestimmten Sportart, den des eher passiven Bade- und Strandurlaubs überwiegt. Meines Erachtens rechtfertigt speziell diese Entwicklung, die sich zudem auch durch Untersuchungen touristischer Datenerfassung (vgl. 2.4) belegen lässt, sich im Rahmen dieser Hausarbeit vertiefend mit der Frage zu beschäftigen, welche spe-zifischen Vorteile eine Destination durch ihre angebotenen Sportmöglichkeiten gewinnen kann. Dazu erscheint es nach einer definitorischen Eingrenzung des Themenbereiches (vgl. 2) zunächst sinnvoll, sich primär auf die Zusammenstellung eines Wettbewerbskataloges zu for-cieren (vgl. 3), mit dessen Hilfe die verschiedenen Sportangebote analysiert und deren Wer-beattraktivität bezüglich des touristischen Aufenthalts aufgezeigt werden sollen. Dabei ist mir bewusst, dass durch die Formulierung meiner Aufgaben- und Fragestellung bereits von einem bestehenden Vorteil touristischer Destinationen mit einem Sportangebot gegenüber solchen ohne ein vergleichbares Angebot ausgegangen wird. Aus diesem Grund kann auf den Ver-gleich von Sportdestinationen mit Nichtsportdestinationen verzichtet werden. Die in der vor-liegenden Arbeit durchgeführte Gegenüberstellung beruht maßgeblich auf dem Sportangebot der Region Willingen, welches mit den zuvor katalogisierten Angeboten verglichen (vgl. 3) und abschließend bewertet wird (vgl. 4).

2. Entwicklung des Sporttourismus

2.1 Historische Verknüpfungen von Sport und Tourismus

Die Entwicklung des heutigen Sporttourismus resultiert aus der Zeit der antiken Griechen, die schon damals sportliche Wettkämpfe zelebrierten und zu Tausenden besuchten.4 Seit die-ser Epoche entwickelte sich diese Verbindung der sportlichen Freizeitgestaltung und des Rei-sens kontinuierlich weiter. Es bildeten sich immer tiefergehende Verknüpfungen bis hin zur Ausprägung völlig neuer Formen des Tourismus (vgl. 2.3).

Infolgedessen pilgerten bereits vor über 1000 Jahren zehntausende Griechen und Römer zu den Olympischen Spielen. Kein anderes Ereignis der damaligen Zeit mobilisierte so viele Menschen, die trotz widriger Mobilitätslage eine lange Reise auf sich nahmen, um an diesem sportlichen Großereignis teilnehmen zu können.

Bereits 200 Jahre vor Christus und somit weit vor den Olympischen Spielen entstanden ru-dimentäre Ausprägungen des Sporttourismus in vergleichbarer Form zum heutigen Badeur- laub. Die Römer verbrachten mit großer Vorliebe ihre Freizeit mit Besuchen von Gladiato-renkämpfen und verbanden dieses Event häufig mit einem Aufenthalt in einem römischen Bad oder einer Therme. Mit der Ausweitung des römischen Reiches etablierten sich in bela-gerten oder verbündeten Ländern wie beispielsweise Deutschland, Belgien, England oder Is­rael ähnliche Badeeinrichtungen, die sich häufigen Besuchen von Offiziellen der Römer wäh-rend deren Auslandsaufenthalten beliebten. Baden und Körperpflege oder der weiterreichende Begriff der Wellness als sehr populäres Urlaubsmotiv ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Römer zurückzuführen (vgl. 3.1).

Im Mittelalter dominierte die katholische Kirche das Leben der meisten Europäer. Sie be-stimmte nicht nur den Alltag sondern auch die Freizeitgestaltung der Bürger. Religiöse Re-formen untersagten einige sportliche Aktivitäten wie beispielsweise Ballspiele. Den sportli-chen Ambitionen der spanischen, französischen und englischen Monarchen ist es zu verdan-ken, dass sportliche Aktivitäten nicht gänzlich untersagt wurden. Als populärste Sportarten galten der Wettkampf professioneller Ritter in einem Turnier sowie das Armbrustschießen. Fußball beispielsweise spielte nur das gewöhnliche Volk in seiner Freizeit oder auf Festivals.

Im Zuge der zunehmenden Aufmerksamkeit des Sports und der steigenden Anzahl der Pil-gerer konstituierte Richard II. den Vorläufer des heutigen Ausweises, indem er von Reisenden verlangte, eine Art Reiseerlaubnis mit sich zu führen. In der Renaissance (1400-1600) gewan-nen auch heute noch aktuelle Sportarten an Bedeutung. Tanzen, Ringen, Bogenschießen und Golf waren sehr populär und veranlassten zum Beispiel die Niederländer zu einer Schottland-reise, nur um die schottische Art und Weise des Golfspielens zu erlernen. Neben handelsmo-tiviertem Reisen gewann der Erlebnis- und Sporttourismus folglich immer mehr an Bedeu-tung.

Schließlich führten die immer komfortabler werdenden Reisemöglichkeiten verbunden mit dem Bestreben Neues zu entdecken und dem wachsenden Interesse am Sport zu einer völlig neuen Form des Tourismus in Europa, der unter dem Namen „Gran Tour“ bekannt war. Auf-kommend im 16. Jahrhundert war diese Form des sportlich motivierten Reisens ausschließlich für Repräsentanten und Staatsmänner gedacht, die ihre körperlichen Fähigkeiten verbessern sollten. Doch auf diese Weise etablierte die „Gran Tour“ das Reisen aus sportlichen Motiven, wenn auch vorerst nur in den höheren Gesellschaftsschichten.

Nach aufkommender Beliebtheit des Badeurlaubes im 18. Jahrhundert fand die wohl signi-fikanteste Entwicklung von Sport und Tourismus im 19. Jahrhundert statt. Parallel zur „In-dustriellen Revolution“ weitete sich die Kombination von Sport und Tourismus auch geogra- fisch aus. Die zu der Zeit populärsten Sportarten waren unter anderem das Skifahren, Klet-tern, Golf, Fahrradfahren und Wandern.5

Nun gehören auch im 21. Jahrhundert diese Formen des Sports zu den beliebtesten Frei-zeitaktivitäten der Deutschen; speziell Willingen im Hochsauerland bietet unzählige Wander-und Skimöglichkeiten sowie dutzende Radwege (vgl. 3.2).

Abschließend lassen sich einige Faktoren herausstellen, die an der Entwicklung des Sports und des Tourismus (des Sporttourismus) einen wesentlichen Anteil hatten. Technische Inno-vationen, die beispielsweise das Reisen zunächst durch bessere Kutschen sowie später durch Bahnen, Automobile und Flugzeuge wesentlich erleichtern konnten, sowie die zunehmende Finanzstärke der Menschen verbunden mit sich ändernden Werten und Normen und die dar-aus resultierende Sportifikation der Gesellschaft begünstigten die sporttouristische Entwick-lung.6 Anzumerken sei, dass sich Sport und Tourismus keinesfalls in einer parallelen Ent-wicklung befanden, jedoch induziert das heutige Reiseangebot eine immer enger werdende Verbindung, die sich in Form des Sporttourismus wiederfindet. Mit Hilfe der folgenden Defi-nitionen soll dieser Aspekt verdeutlicht werden.

2.2 Definition Sport, Tourismus und Sporttourismus

Trotz zunehmender Relevanz als zukunftsversprechender Aspekt des Fremdenverkehrs lässt die wissenschaftliche Literatur eine einheitliche Definition des Sporttourismus vermis-sen. Daher ist es sinnvoll, zunächst eine genaue semantische Analyse durchzuführen, mit de-ren Hilfe zunächst die begrifflichen Bestandteile des Sporttourismus abgegrenzt werden.

„Sporttourismus“ definiert nach STANDEVEN eine Form des Reisens mit der Intention, ent-fernt von einer bekannten Umgebung unter nichtalltäglichen Bedingungen an sportlichen Ak-tivitäten zur Freizeitgestaltung oder aus Motiven der Erholung und Entspannung teilzuneh-men. Auch professionell durchgeführte Trainingseinheiten an fremden Destinationen lassen sich demnach dem Sporttourismus zuordnen.7 Nach HUDSON stellen alle organisierten For-men der aktiven und passiven Partizipation an sportlichen Aktivitäten aus nicht kommerziel-len oder geschäftlichen Beweggründen, die es erfordern, eine Reise zu unternehmen, Formen des Sporttourismus dar.8 Die Definitionen, die SIMON HUDSON und JOY STANDEVEN vor- schlagen, lassen jedoch die Implementierung der passiven Sporttouristen, also derjenigen, die als Zuschauer zu Sportevents reisen, vermissen.

Zudem stellen die passiven Zuschauer eines Sportevents ebenso wie die aktiven Sportler äquivalente Bestandteile des Sporttourismus dar; daher sollte eine Definition des Sporttouris-mus alle aktiven Sporttreibenden (Sporturlauber, Aktivurlauber und Leistungssportler), alle Zuschauer von Sportveranstaltungen und sogar alle beruflich mit Sport in Kontakt Kommen-den (Sportjournalisten, Sportartikelhersteller, etc.) implizieren. Demnach bedeutet Sporttou-rismus jegliche Form des Reisens, die von den genannten Gruppen zwecks aktiver oder passi-ver Partizipation an sportlichen Aktivitäten unternommen wird.9

Auch „Sport“ als fundamentaler Bestandteil des Sporttourismus bietet verschiedene Defi-nitionsmöglichkeiten aus unterschiedlichen Perspektiven. In einigen Ländern wird die Termi-nologie oft eng mit dem Wettkampfsport assoziiert, in dem Sport nur unter der Berücksichti-gung von fest vorgegebenen Regeln durchgeführt wird. Konträr dazu ordnen andere Defini-tionen dem Sport einen Nichtwettkampfcharakter zu. Er gilt demnach vielmehr als allgemei-nes Gut zur Freizeitgestaltung, Entspannung und gesundheitlichen Förderung.10 Zusammen-gefasst lassen sich unter dem Begriff „Sport“ also alle professionell und auch nicht wett-kampfmäßig betriebenen Aktivitäten subsumieren, deren Ausführungen durch persönliche Fertigkeiten und Fähigkeiten involvierter Individuen auf deren jeweils eigenem Level bedingt werden.11

Ebenso mangelt es dem „Tourismus“ seinerseits an einer klaren, einheitlichen Definition. Internationale Organisationen wie beispielsweise die World Tourism Organization (WTO), die World Travel and Tourism Concil (WTTC) und die Organization of Cooperation and De­velopment (OECD) erarbeiteten schließlich Erklärungsansätze aus Konsumentensicht und Anbieterperspektive. Aus dem Blickwinkel der Reisenden impliziert Tourismus zunächst einmal die Absicht, überhaupt verreisen zu wollen und demzufolge eine gewisse Zeit im Aus-land oder in einer bestimmten Entfernung zu verbringen. Die Form der Fortbewegung sowie die geographische Lage der Destination sind dabei von primärer Bedeutung. Aus Sicht der Reiseveranstalter repräsentiert der Tourismus die Symbiose von Dienstleistungen und dem Begriff der „Reise“ als Gut menschlicher Aktivität, um eine gewisse Zeit entfernt von zu Hause in nicht alltäglicher Umgebung zu verbringen.12 Vereinfacht lässt sich Tourismus als zeitlich begrenztes Verreisen verstehen, welches das Erlangen neuer und nicht alltäglicher Erfahrungen, sei es im Bereich der Freizeitgestaltung oder auch beruflich, ermöglichen soll.13

Gleich aus welchem Blickwinkel Sport und Tourismus oder auch Sporttourismus betrach-tet werden, bleibt festzuhalten, dass Sport in der heutigen Zeit als eines der weltweit größten sozialen Phänomene betrachtet werden muss.14 Denkt man nur einmal an die 23 Millionen Besucher der Fußballweltmeisterschaft 2006, gewinnt auch der Sporttourismus folglich im-mer mehr an Bedeutung.

2.3 System des Sporttourismus

Um über die begrifflichen Definitionen hinaus einen detaillierteren Einblick in das über-geordnete System des Sporttourismus zu erlangen, erscheint es sinnvoll, sich zunächst aus-führlicher mit den das System konstituierenden Faktoren wie beispielsweise der Wertschöp-fungskette, dem Vertrieb und verschiedenen Reiseinformationsquellen auseinander zu setzen.

Ausgehend vom Reisekunden leitet die touristische Wertschöpfungskette über verschiede-ne Informationsquellen wie beispielsweise das Internet oder das Reisebüro die Vermittlung zum anbietenden Reiseveranstalter ein. Dieser übernimmt nach dem Vertragsabschluss alle organisatorisch notwendigen Aufgaben, wie die Wahl des Verkehrsträgers, Transfers oder Autovermietung am Zielort, und ist des Weiteren dafür zuständig, durch die Vermittlung an eine Zielgebietsagentur für die gewünschte Unterbringung zu sorgen. Für die touristische In-frastruktur ist die jeweilige Destination eigenverantwortlich (vgl. Abb.1).

Bei den Distributionswegen stehen dem Reiseveranstalter dank vielseitiger Kommunikati-onsmöglichkeiten mehrere Optionen zur Verfügung. Der Direktvertrieb, der definitionsgemäß einen direkten Verkauf der Leistungen an den Endkunden darstellt, gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung.15 Wie den aktuellen Zahlen des Reise Monitors 2007 zu entnehmen ist, erhöhte sich die Anzahl der beispielsweise im Internet gebuchten Reisen seit dem Jahre 2002 um mehr als 56 %. Buchten 2002 noch 18,5 % der Deutschen Bundesbürger ihren Urlaub über das Internet, waren es 2006 bereits 29 % und für das Jahr 2007 wird ein weiter aufsteigender Trend prognostiziert. In Kapitel 2.4 wird diese Entwicklung ausführlicher betrachtet.

Trotz zunehmender Anteile des Direktvertriebes, der beispielsweise auch die telefonische Reservierung eines Konsumenten bei einem Leistungsträger beinhaltet, buchten im Jahr 2006 immerhin noch über 30 % ihren Urlaub über den indirekten Vertriebsweg.16 Die indirekte Distribution läuft über so bezeichnete Mittler, die in der Wertschöpfungskette (vgl. Abb. 1) zwischen Kunden und dem reiseanbietenden Unternehmen eine Zwischeninstanz bilden. Bei-spielsweise Reisebüros oder andere kommerzielle Vermittler wie Tchibo, diverse TV- Werbe-sendungen oder spezialisierte TV-Reisesender dienen dem indirekten Vertrieb. Die Entloh-nung dieser Vermittler auf Basis einer Provision bewegt sich branchenüblich in einem Be-reich von 10 % bis 15 % des Reisepreises. Die unterschiedlichen Vertriebswege sowie die einzelnen Produzenten des Leistungsangebots werden in Abbildung 2 zusammenfassend noch einmal etwas detailierter dargestellt.

Abschließend sei zu erwähnen, dass die Produkte im Sporttourismus aufgrund mangelder Spezialisierung des Personals in Reisebüros und des dadurch bedingten fehlenden Wissens und Knowhows in den meisten Fällen über direkte Wege, also gradewegs vom Leistungspro-duzenten zum Endkunden, distribuiert werden.17

Diese Angebote aus dem Bereich des Sporttourismus werden in einem umfangreichen Wettbewerbsvergleich und beispielhaft an dem Sportgebiet Willingen im Hochsauerland im Rahmen des 3. Kapitels detailierter aufgezeigt.

2.4 Aktuelle Tourismustrends und Sport als Wirtschaftsfaktor

In Zeiten stagnierender wirtschaftlicher Konjunktur bleibt der Sport in Deutschland ein zu-kunftsträchtiges Marktsegment mit enormem Potenzial. Laut dem 10. Sportbericht der Deut-schen Bundesregierung belief sich der Anteil des Sports am Bundesinlandsprodukt der BRD im Jahre 2002 mit 30 Mrd. € auf etwa 1,5 %. Darüber hinaus sind 2,4 % aller Erwerbstätigen im Sportbereich beschäftigt. Insgesamt beeinflusste der Sport das gesamtwirtschaftliche Wachstum positiv mit 1,3 %.18 Die wirtschaftliche Relevanz des Sports lässt sich unter ande-rem an den jährlichen Ausgaben in Höhe von 21 Mrd. € ablesen, die allein private Haushalte in diesen Bereich investieren. Neben der Funktion als Werbeträger für umsatzstarke Unter-nehmen profitieren speziell auch die Dienstleister wie Hotelbetriebe und Gastrotomien vom Sport, insbesondere im Zuge von sportiven Großveranstaltungen (vgl. Abb. 3).19

Wie bereits einleitend erwähnt, befindet sich die Tourismusbranche nachwievor in einer wirtschaftlich stabilen Lage (vgl. 1). Für die Faszination des Reisens begeisterten sich 2006 ca. 39 % der Deutschen, so dass „Reisen“ noch vor Mode und Autos für Frauen und Männer gleichermaßen das interessanteste Thema zu sein scheint. Die Zahlen der Urlauber aus 2006, die prognostiziert auch 2007 wieder auf einem konstant hohen Niveau liegen werden, lassen keine Zweifel an der Urlaubsleidenschaft der Deutschen. Zudem planen laut Reise Monitor 2007 circa 32 % der Deutschen, die 2006 keinen längeren Urlaub gemacht haben, für das nächste Jahr eine längere Erholungszeit ein.20

Gerade in Bezug auf die Aufgabenstellung der vorliegenden Arbeit und in Hinblick auf den Tourismusmarkt in Willingen ist es notwendig, festzuhalten, dass mit einem Marktanteil von 32 % Deutschland im Jahr 2006 die Hauptreisedestination der Deutschen darstellte. Dabei bilden Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen die Top-5 der Urlaubsreiseländer im Inland, wobei Mecklenburg-Vorpommern verglichen mit den ande-ren Bundesländern seit 1996 den mit Abstand größten Zuwachs an Tourismusintensität ver-zeichnen konnte. Dort stiegen die Übernachtungen je 1000 Einwohner von 5.937 im Jahr 1996 auf 14.509 im Jahr 2006 an.21 Zwar lässt die Studie des deutschen Tourismusverbandes eine Aufschlüsselung auf einzelne Freizeitbereiche vermissen, unter Berücksichtigung der Homepage des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern fällt jedoch das primär im Vorder-grund stehende Sportangebot auf.22 Aufgrund verschiedener geografischer Faktoren ist auch weiter zu vermuten, dass ein großer Teil der sportlich motivierten Reisen Deutschland als Ziel haben. Vor allem die deutschen Gebirge, Wälder und Seen sind beispielsweise von Radsport-enthusiasten häufig besuchte Urlaubsorte.23 Vergleicht man die Imageprofile beliebter europä-ischer Urlaubsländer, besitzen Österreich und die Schweiz die größte Affinität für Sporturlau-ber.24

Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ermittelte für das Jahr 2006 eine Beschäf-tigtenzahl im Bereich des Tourismus von 2,8 Mio. Nur im Handwerk sind mit knapp 4,7 Mio. mehr Menschen beschäftigt. Die hohen Beschäftigungszahlen der Tourismusbranche lassen auf eine gut ausgeprägte touristische Infrastruktur schließen. Demzufolge verfügen die häufig in Tourismusverbänden organisierten Städte und Gemeinden über ca. 50.000 Tennisplätze, 18.000 Reitanlagen, 6.700 öffentliche Bäder, 835 Golfplätze, 200.000 km markierte Wander-wege sowie 60.000 km Radfernwege und nicht zuletzt über 310 Heilbäder und Kurorte. Ins- gesamt bietet Deutschland seinen Besuchern 2.617.433 Mio. Betten und Schlafgelegenheiten und zudem noch 208.451 Stellplätze für Urlaubscamping.

Mit rund 3,4 Mrd. getätigten Reisen stellen private und geschäftliche Tagesreisen den größten Anteil der touristischen Nachfrage dar. Dabei sind die Großstädte mit circa 48,8 % die bei Weitem beliebtesten Ausflugsziele. Insbesondere die Mega Cities wie Berlin, Mün-chen oder Hamburg erfreuen sich sehr hoher und steigender Gäste- und Übernachtungszahlen. Unmittelbar hinter den Großstädten reihen sich, wie bereits erwähnt, Deutschlands Wälder, Berge und Seen als beliebte Urlaubsziele ein.

Neben regionalen und geografischen Aspekten sind bedeutende Sportgroßveranstaltungen Touristenmagneten, die demnach einen nicht unbedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellen. Anhand ausgewählter Segmente des Sporttourismus lassen sich die wirtschaftlichen Potentia-le solcher Events verdeutlichen. So erwirtschaftete die Fifa-Fußball Weltmeisterschaft 2006 ein hervorragendes Incoming: Die Anzahl der ausländischen Besucher nahm um knapp 9,6 % auf 23,6 Mio. zu und der Gesamteffekt für die BRD inklusive Übernachtungskosten, Kon-sumausgaben, Eintrittskarten und Transfers der Fans und Medienvertreter belief sich auf rund 1,5 Mrd. €. In Bezug auf das Beispiel Willingen lässt sich dem Skisport und speziell dem Ski-springen im Rahmen des FIS-Skisprungweltcups eine ähnliche Bedeutung zuweisen. Sport-events als passive Seite des Sporttourismus beeinflussen nicht nur das regionale Image einer Destination, sondern bieten zudem einen entscheidenden Anreiz für Touristen (vgl. 3.4).

Darüber hinaus erfreut sich auch der Nicht-Event-Sporttourismus konstanter und mitunter steigender Beliebtheit. Deutschlands Heilbäder und Kurorte verzeichneten 2006 einen Anstieg um 2,5 % auf 18,1 Mio. Besucher. Eines der populärsten Sporttourismussegmente, der Fahr-radtourismus, befindet sich seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau. Mit geschätzten 5 Mrd. € Umsatz stellt er einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Wie zu Beginn erwähnt, nutzen 44,7 % der Deutschen ihre Fahrräder im Urlaub (vgl. 1), von denen bei 14,9 % sogar von einer überwiegend sportlichen Nutzung ausgegangen werden kann. Für 64 % der Radtou-risten war der Fahrradurlaub sogar der Hauptjahresurlaub. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club verlieh 4.536 Beherbergungsbetrieben das Zertifikat „Bett & Bike“, was die Verschmel-zung von Sport und Tourismus erneut deutlich werden lässt (vgl. 2.2).

Neben dem Radsport unternehmen zumindest gelegentlich circa 17 Mio. Neben dem Radsport unternehmen zumindest gelegentlich circa 17 Mio. Deutsche einen Wanderurlaub bzw. Wanderkurzurlaub.25

[...]


1 Vgl. CHRISTIAN KRAUSE: Reise Monitor 2007, 2007, S. 7f.

2 Vgl. DTV: Tourismus in Deutschland 2006, 2006, S. 18.

3 Vgl. TROEGER-WEIß: Neue Tourismustrends in Deutschland, 2003, S. 1.

4 Diese Form des passiven Sporteventtourismus werde ich im Verlauf meiner Arbeit noch ausführlicher betrachten (vgl. 3.5).

5 Vgl. JOY STANDEVEN, PAUL DE KNOP: Sport Tourism, 1999, S. 14-28.

6 Ebd. S. 28-32.

7 Vgl. HUDSON, SIMON: Sport and Adventure Tourism, 2003, S. 2.

8 Vgl. JOY STANDEVEN, PAUL DE KNOP: Sport Tourism, 1999, S. 12f.

9 Vgl. DREYER, KRÜGER: Sporttourismus, 2004, S. 330f.

10 Vgl. HUDSON, SIMON: Sport and Adventure Tourism, 2003, S. 2f.

11 Vgl. JOY STANDEVEN, PAUL DE KNOP: Sport Tourism, 1999, S. 12f.

12 Vgl. HUDSON, SIMON: Sport and Adventure Tourism, 2003, S. 3f

13 Vgl. JOY STANDEVEN, PAUL DE KNOP: Sport Tourism, 1999, S. 12f.

14 Vgl. HUDSON, SIMON: Sport and Adventure Tourism, 2003, S. 3f

15 Vgl. DREYER, KRÜGER: Sporttourismus, 2004, S. 332f.

16 Vgl. CHRISTIAN KRAUSE: Reise Monitor 2007, 2007, S. 45ff.

17 Vgl. DREYER, KRÜGER: Sporttourismus, 2004, S. 333.

18 Vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG: 10. Sportbericht, 2002.

19 Vgl. http://www.abendblatt.de/daten/2003/08/08/194602.html, Stand 10.10.2007.

20 Vgl. CHRISTIAN KRAUSE: Reise Monitor 2007, 2007, S. 7f.

21 Vgl. DTV: Tourismus in Deutschland 2006, 2006, S. 1-11.

22 Vgl. http://www.mecklenburg-vorpommern.eu/.../Urlaub_und_Freizeit/index.jsp, 9.10.2007.

23 Vgl. DTV: Tourismus in Deutschland 2006, 2006, S. 1-11.

24 Vgl. CHRISTIAN KRAUSE: Reise Monitor 2007, 2007, S. 53.

25 Vgl. DTV: Tourismus in Deutschland 2006, 2006, S. 11-21.

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Details

Titel
Sport als Wettbewerbsvorteil in touristischen Destinationen anhand des Beispiels Willingen im Hochsauerland
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Autor
Jahr
2007
Seiten
36
Katalognummer
V127672
ISBN (eBook)
9783640340521
ISBN (Buch)
9783640851539
Dateigröße
1154 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sport, Wettbewerbsvorteil, Destinationen, Beispiels, Willingen, Hochsauerland
Arbeit zitieren
Bastian Herrlich (Autor:in), 2007, Sport als Wettbewerbsvorteil in touristischen Destinationen anhand des Beispiels Willingen im Hochsauerland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127672

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