Konflikthandhabung von IT-Spezialisten

Ein interkultureller Vergleich


Diplomarbeit, 2008

154 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danke

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

Zusammenfassung X

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Besonderheiten in der IT-Wissenschaft
2.2 Soziale Konflikte
2.2.1 Definition des sozialen Konfliktes
2.2.2 Konflikttypen
2.2.3 Funktionen von Konflikten
2.3 Konflikthandhabung
2.3.1 Modelle der Konflikthandhabung
2.3.2 Konflikthandhabungsstile als uberdauernde Merkmale
2.3.3 Bevorzugtes Konfliktverhalten von IT-Spezialisten
2.4 Konflikthandhabung und Kultu
2.4.1 Definition von Kultur
2.4.2 Kulturstandards
2.5 Konflikthandhabung und Kommunikation
2.6 Lebensziele
2.7 Zielstellung und Forschungsfragen im Uberblick

3. Methoden
3.1 Stichproben
3.2 Begrundung der qualitativen Methodik
3.3 Ausgewahlte Methoden
3.3.1 Problemzentriertes Interview
3.3.2 Egozentrierte Netzwerkanalyse
3.4 Auswertungsmethoden
3.4.1 Interviews
Konflikttypen
Lebensziele
3.4.2 Egozentrierte Netzwerkanalyse
3.4.3 Statistische Auswertung

4. Ergebnisse
4.1 Ergebnisse der Zweiterhebung
4.1.1 Konflikthandhabung und Konflikte
4.1.2 Konflikthandhabung und Kommunikation
4.1.3 Konflikthandhabung und Lebensziele
4.2 Vergleich der Daten im zeitlichen Verlauf
4.2.1 Konflikthandhabung im zeitlichen Verlauf
4.2.2 Lebensziele im zeitlichen Verlauf

5. Diskussion
5.1 Diskussion der Ergebnisse der Zweiterhebung
5.1.1 Konflikthandhabung und soziale Konflikte
5.1.2 Konflikthandhabung und Kommunikation
5.1.3 Konflikthandhabung und Lebensziele
5.2 Diskussion der Ergebnisse im zeitlichen Verlauf
5.2.1 Konflikthandhabung im zeitlichen Verlauf
5.2.2 Lebensziele im zeitlichen Verlauf

6. Schlussfolgerungen
6.1 Kritische Wurdigung
6.2 Fazit

Literatur

Anhang

Danke

Ganz herzlich bedanken mochte ich mich bei alien Interviewpartnern, die sich die Zeit genommen haben, die Fragen gewissenhaft und mit viel Geduld zu beantworten. Hierbei gilt mein Dank besonders den Interviewpartnern in den USA, die sich trotz der Zeitdifferenz entschieden, an den Interviews teilzunehmen.

Besonderer Dank gilt meiner Betreuerin, Frau Dr. habil. A. Schulze, die sich Zeit nahm, um Ideen und Vorschlage kritisch zu betrachten, Entwurfe zu lesen, gemeinsame Diskussionen zu fuhren.

Zu guter Letzt mochte ich meinem Ehemann, meiner Familie und meinen Freunden danken, dass sie mich auf meinem Weg begleiten und mich in allen Lebenslagen unterstutzen.

Tabellenverzeichnis

Tab. 3.1: Demographische Daten der deutschen Stichprobe

Tab. 3.2: Verteilung der deutschen Teilnehmer auf verschiedene Untergruppen

Tab. 3.3: Demographische Daten der US-amerikanischen Stichprobe

Tab. 3.4: Verteilung der US-amerikanischen Teilnehmer auf verschiedene Untergruppen

Tab. 3.5: Themenbereiche des Interviewleitfadens

Tab. 3.6: Kodier-System Konflikttypen

Tab 3.7: Kodier-System Lebensziele

Tab. 4.1: Konflikthandhabungsstile im interkulturellen Vergleich

Tab. 4.2: Zusammenhang von Konflikthandhabungsstilen und Forschungsorientierung bei deutschen IT-Spezialisten

Tab. 4.3: Haufigkeit einzelner Konflikthandhabungsstile bzgl. der Forschungsorientierung bei US-amerikanischen IT-Spezialisten

Tab 4.4: Konflikttypen im interkulturellen Vergleich

Tab. 4.5: Korrelation von Konflikthandhabungsstilen und Konflikttypen bei deutschen IT-Spezialisten

Tab. 4.6: Korrelation von Konflikthandhabungsstilen und Konflikttypen bei US-amerikanischen IT-Spezialisten

Tab. 4.7: Wichtigste Konflikttypen im interkulturellen Vergleich

Tab. 4.8: Wichtigste Konflikthandhabungsstile im interkulturellen Vergleich

Tab. 4.9: Zusammenhang von Konflikthandhabung und Kommunikationsnetzwerken bei deutschen IT-Spezialisten

Tab. 4.10: Zusammenhang von Konflikthandhabung und Kommunikationsnetzwerken bei US-amerikanischen IT-Spezialisten

Tab. 4.11: Kommunikation im interkulturellen Vergleich

Tab. 4.12: Zusammenhang von Konflikthandhabung und Kommunikation bei deutschen IT-Spezialisten

Tab. 4.13: Zusammenhang von Konflikthandhabung und Kommunikation bei US-amerikanischen IT-Spezialisten

Tab. 4.14: Lebensziele im interkulturellen Vergleich

Tab. 4.15: Zusammenhang von Konflikthandhabung und Lebenszielen bei deutschen IT-Spezialisten

Tab. 4.16: Zusammenhang von Konflikthandhabung und Lebenszielen bei US-amerikanischen IT-Spezialisten

Tab. 4.17: Konflikthandhabungsstile deutscher IT-Spezialisten aus Erst- und Zweiterhebung

Tab. 4.18: Konflikthandhabungsstile US-amerikanischer IT-Spezialisten aus Erst- und Zweiterhebung

Tab. 4.19: Lebensziele deutscher IT-Spezialisten aus Erst- und Zweiterhebung

Tab. 4.20: Lebensziele US-amerikanischer IT-Spezialisten aus Erst- und Zweiterhebung .

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Modell der Konflikthandhabung (nach Rahim, 1983, 2001b; K.W. Thomas, 1976; 1992; Scholl, 2004a)

Abb. 2: Ablaufmodell induktiver Kodierung (vgl. Mayring 2007)

Abb. 3: Ablaufmodell deduktiver Kodierung (vgl. Mayring 2007)

Abb. 4: Prozentuale Verteilung von Konflikthandhabungsstilen im interkulturellen Vergleich

Abb. 5: Prozentuale Verteilung von Konflikthandhabungsstilen bzgl. Forschungsorientierung bei deutsche IT-Spezialisten

Abb. 6: Prozentuale Verteilung von Konflikthandhabungsstilen bzgl. Forschungsorientierung bei US-amerikanischen IT-Spezialisten

Abb. 7: Prozentuale Verteilung von Konflikttypen im interkultureller Vergleich

Abb. 8: Prozentuale Verteilung der wichtigsten Konflikttypen im interkulturellen Vergleich

Abb. 9: Prozentuale Verteilung der wichtigsten Konflikthandhabungsstile im interkulturellen Vergleich

Abb. 10: Prozentuale Verteilung von Kommunikation im interkulturellen Vergleich

Abb. 11: Prozentuale Verteilung von Lebenszielen im interkulturellen Vergleich

Abb. 12: Prozentuale Verteilung alter und neuer Konflikthandhabungsstile deutscher IT-Spezialisten

Abb. 13: Prozentuale Verteilung alter und neuer Konflikthandhabungsstile US- amerikanischer

Abb. 14: Prozentuale Verteilung alter und neuer Lebensziele deutscher IT-Spezialisten...

Abb. 15: Prozentuale Verteilung alter und neuer Lebensziele US-amerikanischer IT-Spezialisten

Anhangsverzeichnis

Anhang A: Interviewleitfaden deutsch

Anhang B: Interviewleitfaden englisch

Anhang C: Beispiel einer egozentrierten Netzwerkkarte

Anhang D: Ausschnitte aus einer Interviewkodierung in ATLAS/ti

Anhang E: Bei der Interviewauswertung vergebene Kodes

Anhang F: Kodier-Leitfaden

Anhang G: Konflikthandhabungsstile im interkulturellen Vergleich

Anhang H: Konflikthandhabungsstile und Forschungsorientierung

Anhang I: Konflikttypen im interkulturellen Vergleich

Anhang J: Konflikthandhabungsstile und Konflikttypen

Anhang K: Wichtigste Konflikttypen und wichtigste Konflikthandhabungsstile

Anhang L: Konflikthandhabungsstile und Kommunikation

Anhang M: Konflikthandhabungsstile und Lebensziele

Anhang N: Konflikthandhabungsstile und Lebensziele im zeitlichen Vergleich

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung

Neue Ideen und Erkenntnisse spielen im Gebiet der IT eine besondere Rolle. Da Innovationen haufig von Kontroversen und Konflikten begleitet werden, spielen effektive und losungsorientierte Konflikthandhabungsstrategien eine wichtige Rolle fur wissenschaftliche und wirtschaftliche Organisationen, die in diesem Bereich angesiedelt sind. In innovativen Organisationen kommt es zudem darauf an, dass die Kommunikation effektiv ist. Ziel dieser Studie ist es vorrangig zu klaren, ob es kulturelle Unterschiede in den Konflikthandhabungsstilen von IT-Spezialisten aus Deutschland und den USA gibt und ob sie sich uber die Zeit von 10 Jahren verandert haben. Zudem sollen spezifische Konfliktanlasse erfasst werden und interkulturell verglichen werden. Ein weiterer Beitrag dieser Studie liegt auch darin die Frage zu klaren, inwieweit Konflikthandhabungsstile mit den Kommunikationsnetzwerken von IT-Spezialisten zusammenhangen und ob es kulturelle Unterschiede in der Qualitat und Haufigkeit der Kommunikation gibt. Zudem soll erfasst werden, welche Lebensziele die IT-Spezialisten verfolgen, ob sich diese im Verlauf von 10 Jahren verandert haben und ob sie mit spezifischen Konflikthandhabungsstilen zusammenhangen.

Es werden problemzentrierte Interviews mit IT-Spezialisten (Deutschland N=23; USA N=18) aus Universitaten, Forschungsinstituten, Unternehmen und Start-Ups gefuhrt und mithilfe eines qualitativen Verfahrens analysiert. Zur Erfassung der Kommunikationsnetzwerke wird die Methode der egozentrierten Netzwerkkarte herangezogen.

Kulturelle Unterschiede in den Konflikthandhabungsstilen konnen nicht bestatigt werden. Es gibt einen Trend dahingehend, dass deutsche IT-Spezialisten nachgebender sind als US- amerikanische IT-Spezialisten. Weitere Trends deuten darauf, dass deutsche IT-Spezialisten den Stil Kompromiss in den wichtigsten Konfliktanlassen anwenden, die US-amerikanischen IT-Spezialisten hingegen eher den dominanten Stil anwenden. Ergebnisse fur Unterschiede in den Konfliktanlassen konnen fur Beziehungskonflikte bestatigt werden, von denen deutsche IT-Spezialisten am haufigsten berichteten. Zusammenhange von bestimmten Konflikthandhabungsstilen mit bestimmten Konfliktanlassen, Kommunikation und bestimmten Lebenszielen konnen bestatigt werden. Unterschiede im zeitlichen Verlauf konnen fur Konflikthandhabungsstile nicht bestatigt werden. Fur die Lebensziele hingegen konnen solche Unterschiede in geringerem und groRerem Umfang bestatigt werden.

1. Einleitung

"Conflict, when well managed, breathes life and energy into our relationships and strengthens our interdependence and makes us much more innovative and productive." (Tjosvold, 1997)

Die globalisierte Welt heutzutage bietet viel Potential fur Konflikte in unseren alltaglichen Interaktionen. Die kulturelle Vielfalt beeinflusst zunehmend die interpersonellen Interaktionen sowie die sozialen Praktiken und nicht zuletzt die Prozesse in wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Organisationen. Konflikte werden von vielen Menschen gemieden, weil negative Konsequenzen befurchtet werden. Dennoch gehoren Konflikte, bedingt durch alltagliche Interaktionen und gesellschaftliche Verpflichtungen, fast zwangslaufig zum Leben (De Dreu, 1997). An sich ist der Begriff des Konfliktes mit einer negativen Konnotation verknupft. Aber ohne Konflikte konnte keine Weiterentwicklung stattfinden, es konnten keine Innovationen entstehen, die im Prozess divergenter Ideen und Meinungen noch verbessert werden konnten. Dies konnte schlussendlich zu einer Stagnation von Ideen fuhren, die insbesondere die Produktivitat und Weiterentwicklung von Organisationen ungunstig beeinflussen wurde. Stattdessen muss ein Umdenken stattfinden und Konflikte als Bewahrungsproben fur Innovationen, erfolgreichen Kooperationen und Unternehmenszusammenschlussen betrachtet werden. Viele Studien belegen, dass sie Leistungen in Gruppen und Organisationen positiv beeinflussen konnen und sie sogar erheblich steigern, wenn produktive und losungsorientierte Konfliktmanagementstrategien eingesetzt werden und diese zudem im Unternehmen implementiert sind (vgl. De Dreu, Harinck & van Vianen, 1999; K. W. Thomas, 1992; Tjosvold, 2008).

Als besonders junge Disziplin sind Innovationen in der Informationstechnologie ein wichtiger Bestandteil. Essentiell sind sie insbesondere fur den Wertschopfungsprozess von Organisationen in diesem Bereich, die in der Grundlagen- oder angewandten Forschung angesiedelt sind. Nicht zuletzt deswegen ist ein effektives Konfliktmanagement in diesem und in vielen anderen Gebieten, die von Innovationen leben, von hoher Bedeutung.

Als Zielgruppe fur diese Arbeit wurden IT-Spezialisten aus Deutschland und den USA ausgewahlt. Da bereits vor 10 Jahren qualitative Interviews zum Erfassen von Kontroversen und Konflikten sowie von Konflikthandhabungsstilen und Lebenszielen eingesetzt wurden, war die Zielgruppe fur diese Arbeit bereits von Anfang an klar umrissen.

Zentrales Anliegen dieser Arbeit ist es, die Konflikthandhabungsstile der IT-Spezialisten zu erfassen und sie im interkulturellen Vergleich zu analysieren und bezogen auf ihre Forschungsorientierung Unterschiede aufzudecken. Neben den Konflikthandhabungsstilen interessiert auch die jeweiligen Konfliktanlasse und wie sie sich interkulturell unterscheiden. Da sich die IT durch hochgradige Kommunikation, interdisziplinare Kooperation und globale Vernetzung auszeichnet (Clegg et al., 1996) sowie sich flache Hierarchien in den Organisationen etabliert haben, kommt der Kommunikation als solcher ebenfalls eine grofte Bedeutung zu. Hier ist neben den Kommunikationsnetzwerken der IT-Spezialisten im Zusammenhang mit ihren jeweiligen Konflikthandhabungsstilen auch die Frage bedeutsam, wie die Kommunikation in ihren Organisationen als solche bewertet wird und wie haufig kommuniziert wird. Zumal diese Arbeit explorativ angelegt ist, ist es auch interessant, die Lebensziele der IT-Spezialisten zu erfragen und diese in Bezug zu ihren Konflikthandhabungsstilen zu setzen sowie einen interkulturellen Vergleich anzustellen. Auf Grundlage der damaligen Ergebnisse werden die Ergebnisse der vorliegenden Studie anhand eines zeitlichen Vergleichs auf Unterschiede hin uberpruft. Dieser Vergleich soll Veranderungen in den Konflikthandhabungsstilen der IT-Spezialisten zu erfassen, um eine Aussage daruber anzustellen, inwieweit sie neben kulturellen auch durch personliche Merkmale bestimmt sind. Ein weiterer Vergleich uber die Zeit soll auch fur die Lebensziele angestellt werden.

Weil es bisher sehr wenig Forschung zur Konflikthandhabung von IT-Spezialisten gibt, insbesondere im interkulturellen Vergleich, soll diese Arbeit einen Beitrag dazu leisten, diese Berufsgruppe starker in den Blickpunkt zu ziehen. Die Entscheidung, die deutschen IT- Spezialisten mit den US-amerikanischen IT-Spezialisten zu vergleichen, ist deshalb besonders reizvoll, da die USA das Gebiet der Informationstechnologie heute wie vor 10 Jahren anfuhrt und dieser besondere Erfolg, durch Innovationsstandorte wie Silicon Valley vorgefuhrt, die Entwicklung insgesamt nachhaltig beeinflusst. Dies zeigt sich auch in der Entwicklung, dass immer mehr deutsche Nachwuchsforscher und High Potentials in die Vereinigten Staaten auswandern, zumal mit ihnen auch wichtiges Know-how fur die Bundesrepublik Deutschland abwandert[1].

2. Theoretische Grundlagen

Dieses Kapitel befasst sich mit den fur diese Studie zentralen Konstrukten sozialer Konflikt, Konflikthandhabung, dem Aspekt der Kultur, Kommunikation und Lebensziele. Beginnend mit den Besonderheiten in den IT-Wissenschaften soll das Gebiet der Informationstechnologie genauer beleuchtet werden.

2.1 Besonderheiten in der IT-Wissenschaft

Die Disziplin der Computerwissenschaft entwickelte sich in den fruhen 1940'ern aus der Mathematik heraus und fand vor allem praktische Anwendung in der Elektrotechnik. Die Computerwissenschaft ist heute in Deutschland, den USA und in vielen anderen Landern unter dem Begriff der Informationstechnologie oder kurz IT bekannt. Sie besteht aus den Teildisziplinen derTheoretischen Informatik, der Praktischen Informatik und der Technischen Informatik, die durch die verschiedenen Bereiche der Angewandten Informatik zusatzlich erganzt werden. (Hellige, 2004).

Der Einzug der Informatik in fast allen Bereichen des Lebens, gefordert durch die globale Vernetzung, halt weiterhin an. Es fallt auf, dass IT-Spezialisten, gleichwohl ob sie aus wissenschaftlichen oder aus wirtschaftlichen Organisationen kommen, im Vergleich zu anderen Disziplinen sehr jung sind (Fiedler-Weift, 2000, S.39). Die IT positioniert sich als besonders kommunikative Disziplin im Hinblick auf die in hohem Mafte stattfindenden interdisziplinaren Kooperationen und die globale Vernetzung mit anderen Kollegen (Clegg et al., 1996). Die Kommunikation innerhalb der Arbeitsgruppen und der Abteilungen wird durch flachere Hierarchien besonders gefordert.

Von der Studie von Frese & Brodbeck (1994) ausgehend, werden die Ergebnisse aus der Untersuchung von Software-Entwicklern zur Beschreibung des Arbeitsfeldes der IT herangezogen, da sie sich nach Ansicht der Autoren sehr gut „auf andere Forschungs- und Entwicklungsprojekte ubertragen" lassen (S.7).

Neben den hohen kognitiven Anforderungen in diesem Arbeitsfeld sind „in umfangreichem Ausmaft Kommunikation und Kooperation erforderlich" (Brodbeck, 1994, S.21). Das heiftt neben der rein kognitiven Arbeit der Analyse, des Designs und der Programmierung sowie der Testung entfallen ungefahr 30% bis 50% der Arbeitszeit auf arbeitsbezogene Kommunikation und Kooperation, die auch durch die Benutzerbeteiligung im Entwicklungsprozess zustande kommt (Brodbeck, 1994, S.21). Einzelne Arbeitsschritte im IT- Feld sind in der Regel wenig definiert, unklar und nicht routiniert, was auf die Natur des IT- Feldes zuruckzufuhren ist. Dies bezeichnet Brodbeck als Aufgabenunsicherheit (vgl. Brodbeck, 1993; Frese & Hesse, 1993).

Viele Aufgaben werden nicht alleine bewaltigt, sondern im Kontext derTeam-Arbeit in Absprache mit Kollegen durchgefuhrt. Durch eine solche Aufgabeninterdependenz reicht es nicht aus, allein uber spezifisches Fachwissen und Problemlose-Kompetenz zu verfugen (vgl. Brodbeck, 1993). Es ist unerlasslich mit anderen facheigenen oderfachfremden Kollegen zu kooperieren, Informationen auszutauschen und den Arbeitsprozess weitlaufig zu planen (Sonnentag & Lange, 2002). Bedingt Durch die intensive Kommunikation konnen IT- Spezialisten effektiver Probleme losen (Brodbeck, 1994, S.59).

Durch die stark ausgepragte Interdisziplinaritat kommt es oft zu Problemen im Arbeitsprozess, die die IT-Spezialisten durch intensive Kommunikation zu losen versuchen (vgl. Brodbeck, 1993). Hierbei geht es vorrangig um die Ubersetzung der eigenen Fachsprache, um sie fur IT-Laien verstandlich zu machen. Wie Brodbeck bemerkt: „Bei der Kultivierung gemeinsamer Begriffssysteme, Normen und Methoden werden hohe Kommunikationsanforderungen gestellt" (1994, S.20). Auch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Projektgruppen aus dem Gebiet der IT kann aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweise und Zielsetzungen in Sprachbarrieren und Interessenkonflikten resultieren (Brodbeck, 1996; zitiert in Fiedler-WeiR, 2000, S.40).

Da Innovationen im Feld der IT-Forschung und der IT-Entwicklung eine sehr groRe Rolle spielen, kann es sehr oft zu Interessenkonflikten kommen, wenn es um neue Konzepte oder Methoden geht, die kontrovers diskutiert werden. Oftmals konnen solche Konflikte und kontrovers diskutierten Themen eskalieren, falls sie nicht konstruktiv bearbeitet werden. Der konstruktive Umgang mit Konflikten ist wiederum durch Perspektivenubernahme und Reflexivitat bestimmt ist (vgl. Schulze, 2000).

Im Hinblick auf die interkulturelle Zusammenarbeit gibt es zwischen einzelnen Forschungsgruppen verschiedener Lander einen intensiven Austausch und Kooperationen, die durch offene Kommunikation und Forschungsaufenthalte in den entsprechenden

Landern gepragt sind. Durch die Nutzung des Internet und den Einsatz von Kommunikationssoftware werden die Forschungs- und Arbeitsprozesse der IT-Spezialisten gestaltet. Oftmals erfolgen wissenschaftliche Veroffentlichungen per Email-Austausch. Darin ist eine starke Vernetzung der IT-Spezialisten zu sehen, die sich dadurch gegenseitig stark beeinflussen (vgl. Fiedler-Weift, 2000). Konfliktpotenziale sind in der interkulturellen Zusammenarbeit bedingt durch Missverstandnisse in der Kommunikation und Reduktion der Kommunikation, bedingt durch diese sprachlichen Defizite und Hemmungen in der direkten Kommunikation. Zusatzlich erschweren kulturellbedingt unterschiedliche Orientierungssysteme den Umgang miteinander, das zu Unverstandnis in der Zusammenarbeit in Teams fuhrt (Regnet, 2007).

2.2 Soziale Konflikte

In den folgenden Abschnitten wird auf die Definition des sozialen Konfliktes eingegangen, um anschlieftend die unterschiedlichen Konfliktanlasse vorzustellen. Uber den theoretischen Rahmen hinausgehend, werden unterschiedliche Befunde zu den angenommenen Funktionen von Konflikten aufgefuhrt und deren Implikationen zu konstruktiven Losungsmoglichkeiten dargestellt.

2.2.1 Definition des sozialen Konfliktes

Es gibt in der Literatur eine grofte Bandbreite an Definitionen des Begriffs Konflikt (Glasl, 2002). Van de Vliert (1997) gelangte zu folgender Definition (p.4): "Conflict refers to a person's experience of discord due to a socially induced subject matter. It elicits complex, goal-directed reactions and produces benefits or costs for all people involved." Mit dieser Definition knupfte Van de Vliert an die bisherigen Definitionen an, die die Elemente der Interaktion, der Inkompatibilitat von Interessen und die daraus resultierende Spannungssituation enthalten (Putnam & Poole, 1987). Dabei kann die Interesseninkompatibilitat kognitiver als auch emotionaler Art sein (vgl. Pruitt & Rubin, 1986, p.4; Van de Vliert, 1997, p.5).

Obwohl Kontroversen als Meinungsverschiedenheit und Auseinandersetzung um Sachfragen beschrieben werden, die haufig von Streit und Polemik begleitet sind, fuhren nach Glasl (1999) Unvereinbarkeiten im kognitiven Bereich nicht zu einem sozialen Konflikt. Erst durch Eskalationsdynamiken konnen aus ihnen Konflikte hervorgehen. Nach Scholl (2004a) entstehen Konflikte in Organisationen durch die gemeinsame Verwendung von Ressourcen, die durch fehlende Kooperation zu „Entscheidungs-, Herrschafts- und Verteilungskonflikten" fuhren konnen (S.547).

2.2.2 Konflikttypen

Zur Untersuchung der Konflikthandhabungsstile von IT-Spezialisten sollen zusatzlich die Konfliktanlasse, hierals Konflikttypen bezeichnet, erfasst werden. Als wichtige Konflikttypen werden Interessenkonflikte uber Werte, Ziele, Ressourcen und Einstellungen genannt (vgl. Van de Vliert, 1997). Diese konnen nach der kognitiven und affektiven Ebene eingeteilt werden. Die kognitiven, also aufgabenorientierten Konflikte beinhalten Konflikte um knappe Ressourcen, Arbeitsinhalte oder das Rollenverstandnis. Die sozio-emotionalen, affektiven Konflikte beinhalten Wertkonflikte und Konflikte um Normen und Einstellungen (De Dreu, 1997).

Zur Klassifikation von Konflikten sollen die Streitgegenstande betrachtet werden. Wert- und Zielkonflikte treten aufgrund von unterschiedlichen Einstellungen, Normvorstellungen und Zielen der Beteiligten auf, wie bspw. Freizeitorientierung vs. beruflicher Ehrgeiz oder unterschiedliche Zielsetzungen in einem Curriculum eines Studienganges. Diese werden manchmal auch als Interessenkonflikte bezeichnet (vgl. Bernard, 1957; Aubert, 1963). Bewertungskonflikte beruhen auf der unterschiedlichen Einschatzung des Nutzens eines Vorgehens, wie z.B. die Umsetzung neuer Ideen in einem Projekt. Dies schlieRt die sogenannten Aufgabenkonflikte ein, d.h. Divergenzen in Inhalten und Zielsetzungen von Aufgaben. Verteilungskonflikte sind in der Verteilung von knappen Ressourcen begrundet, in denen es bspw. um begehrte Projekte, Finanzierung oder Leitungspositionen geht. Diese werden auch Ressourcenkonflikte genannt. In Beziehungskonflikten geht es um Konfliktursachen, die im personlichen Bereich liegen, wie bspw. Antipathie oder divergente personliche Werte (vgl. Ruttinger & Sauer, 2000; Regnet, 2007). Bisweilen werden Ressourcenkonflikte auch mit Aufgabenkonflikten gleichgesetzt (vgl. Harinck, De Dreu & van Vianen, 2000).

Ziel dieser Studie ist es, Inhalte von Konflikten, von denen die IT-Spezialisten berichten, zu identifizieren und diese interkulturell in ihren Zusammenhangen mit den Konflikthandhabungsstilen zu vergleichen. Zudem sollen die wichtigsten Konflikte der IT- Spezialisten erfasst und in der Haufigkeit ihres Auftretens interkulturell verglichen werden.

Forschungsfrage 1:
a) Welche Konflikte treten am haufigsten auf?
b) Wie unterscheiden sich die Konflikttypen in ihrer Haufigkeit im interkulturellen Vergleich?

Forschungsfrage 2:
a) Mit welcher Haufigkeit werden durch deutsche und US-amerikanische IT-Spezialisten bestimmte Konflikte als wichtigster Konflikt angegeben?
b) Welche Konflikthandhabungsstile werden im Zusammenhang mit den wichtigsten Konflikten am haufigsten angewandt?

2.2.3 Funktionen von Konflikten

Konflikte werden von den meisten Menschen als negativ empfunden und bewertet.

Konflikte gehoren zum Leben und sie sind unvermeidbar. Der Begriff Konflikt enthalt eine negative Konnotation. Aber ware eine Welt ohne Konflikte tatsachliche eine bessere Welt? Dabei werden haufig die Vorteile und Chancen ubersehen, die von Konflikten ausgehen konnen. Ohne Konflikte gabe es keine Entwicklung, wo neue Sichtweisen und Ideen zum Tragen kommen, die gerade in innovativen Prozessen zu tragen kommen. Diese Sichtweise impliziert ein positives Konfliktverstandnis. Viele Studien belegen den Gewinn durch Konflikte, der sich insbesondere in der Leistungsfahigkeit von Gruppen und Organisationen niederschlagt (vgl. De Dreu & Van de Vliert, 1997). Durch Vermeiden und Unterdrucken von Konflikten werden Kreativitat und Entscheidungsqualitat in Teams, in der Produktentwicklung und in der Kommunikation zwischen Gruppen reduziert (De Dreu, 1997). Konflikte, die speziell in Gruppen und Organisationen vermieden werden, konnen die Innovationsfahigkeit und die flexible Anpassung an die Umwelt erheblich einschranken (Rahim, 1999, p.3). Diese flexible Anpassung ist insbesondere in der heutigen Globalisierung eine unerlassliche Kernkompetenz fur Organisationen, die auf strukturelle Veranderung angemessen reagieren wollen (vgl. Bullinger & Schafer, 1996).

Zahlreiche Studien der letzten 20 Jahre zeigen, dass unter besonderen Umstanden Konflikte im Arbeitsumfeld zu erhohter Leistung fuhren konnen (De Dreu, Harinck & van Vianen, 1999; K. W. Thomas, 1992; Tjosvold, 2008). Konflikte sind fur Gruppenleistungen besonders hilfreich, wenn sie im mittleren Maft auftreten bezogen auf ihre Haufigkeit und Intensitat (vgl. Jehn, 1997; De Dreu, 2006). Unterstrichen wird zudem die Rolle aufgabenbezogener Konflikte, die im Unterschied zu Beziehungskonflikten die Effektivitat von Teams und somit die Zufriedenheit erhohen (De Dreu, 2006). De Dreu betont in diesem Zusammenhang: "Task conflict, in contrast, increases group members' tendency to scrutinize task issues and to engage in deep and deliberate processing of task-relevant information. This fosters learning and the development of new and sometimes highly creative insights leading the group to become more effective" (2006, p.84).

Verbunden mit wissenschaftlichen Organisationen ist die Annahme, dass Konflikte konstituierende Merkmale von Forschungsprozessen sind: „Wissenschaftlich-technische Innovationen sind vor allem das Resultat eines konfliktreichen, uber mehrere Ebenen verlaufenden Kommunikationsprozesses" (Schulze, 2000, S.181). Nach Engler wird die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern erst durch „Nichtubereinstimmung und Inkommunikation" interessant (1989; zitiert in Schulze, 1993, S.34). Dabei spielt der Aspekt des Perspektivenwechsels auch eine wichtige Rolle, wie Schulze (1996) betont: „Gelingt Perspektivenwechsel nicht, wird die Kooperation unmoglich und es kommt zu Konflikten und Kontroversen. Die produktive Losung von Konflikten fuhrt wiederum zu einem hoheren Niveau der Kommunikation" (Schulze, 1996, S.6).

Tjosvold und Johnson (1983) betonen, dass Konflikte in Organisationen in steigendem Mafte als konstruktiv betrachtet werden und somit erwunscht sind, um die Effektivitat zu steigern. Dies impliziert aber eine entsprechend konstruktive Handhabung von Konflikten. So zeigen Alper und Tjosvold (2000) in ihrer Studie, dass ein kooperativer Konflikthandhabungsstil in Teams zu mehr Effektivitat und Produktivitat und somit zu grofterem Erfolg fuhrt als ein unkooperativer Konflikthandhabungsstil.

2.3 Konflikthandhabung

Ein tiefergehendes Verstandnis fur Konflikte und ihrer Konsequenzen beinhaltet auch das Verstandnis vom Verhalten, die von Konfliktparteien gezeigt werden. Dabei wird in den folgenden Kapiteln bewusst auf den Ausdruck Konfliktlosung verzichtet, denn nach dem Verstandnis der meisten Autoren wird damit der Konflikt vollig beseitigt oder hinterlasst bei den Betroffenen zumindest keine bleibenden Aversionen gegen die Konfliktpartei (vgl. Glasl, 2004; Regnet, 2007; Walton, 1969). Eine Konfliktlosung in diesem Sinne ware auch nicht durchgehend zu verwirklichen, weshalb der Begriff der Konflikthandhabung gewahlt wird. Dieser Begriff steht fur eine absichtsvolle und zielorientierte Gestaltung, also die Handhabung des Konfliktes (K. W. Thomas, 1992, p.682). Verschiedene Autoren pladieren fur eine effektive Handhabung und Kontrolle von Konflikten in Organisationen aufgrund ihrer womoglich destruktiven Wirkung (vgl. Jehn, 1997; Rahim, 1992; Deutsch, 2003). Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass sie in Organisationen unterdruckt werden sollen. Sondern sie sollen durch angemessenes Konfliktmanagement gehandhabt werden. Dadurch wurde gleichzeitig die Effektivitat bezuglich des Lernens und der Innovation gesteigert, was durch eine Mischung verschiedener Konflikthandhabungsstile, die situationsentsprechend eingesetzt werden, erreicht werden konnte (Rahim, 1999, S.1). Durch Konflikthandhabung soll die Interesseninkompatibilitat und die folglich entstehende Spannungssituation reduziert oder aber auch intensiviert werden (vgl. K. W. Thomas, 1992; Wall & Callister, 1995; De Dreu & Weingart, 2003a).

Ausgehend von diesem Begriff der Konflikthandhabung sollen im nachstehenden Abschnitt die verschiedenen Modelle der Konflikthandhabung vorgestellt und die einzelnen Konflikthandhabungsstile voneinander abgegrenzt werden. Zunachst wird das Dual Concern Modell der Konflikthandhabung und daran anschlieRend die sich daraus ergebenden verschiedenen Strategien der Konflikthandhabung vorgestellt.

2.3.1 Modelle der Konflikthandhabung

Blake & Mouton schlugen 1964 ihr Managerial Grid Modell oder Konfliktgitter vor, das aus den beiden Dimensionen der Aufgaben- und Personenorientierung besteht. Diese Dimensionen sollten die funf grundlegenden Konflikthandhabungsstile beschreiben und erklaren. Aus diesem Modell entstanden weitere zweidimensionale Modelle, die als Dual Concern Modelle[2] bezeichnet werden (K.W. Thomas, 1976, 1992; Rahim, 1983, 2001b; Pruitt & Rubin, 1986; Van de Vliert, 1997). Im Zusammenhang mit diesen Modellen wurden die zwei Dimensionen in Orientierung an den eigenen Interessen sowie Orientierung an den Interessen der anderen Konfliktpartei redefiniert (vgl. K.W. Thomas, 1976,1992; Rahim, 1983; 2001b; Van de Vliert, 1997). Die zwei Dimensionen werden als zwei unabhangige Variablen beschrieben. Zum einen das AusmaR, in dem eine Konfliktpartei versucht, die Interessen der anderen Konfliktpartei zu berucksichtigen und zum anderen das AusmaR, in dem eine Konfliktpartei versucht auf Kosten dergegnerischen Konfliktpartei die eigenen Interessen durchzusetzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Modell der Konflikthandhabung (nach Rahim, 1983, 2001b; K.W. Thomas, 1976; 1992; Scholl, 2004a)

Insgesamt funf zentrale Strategien resultieren aus der Klassifikation des Konfliktverhaltens anhand der voneinander unabhangigen Dimensionen. Diese sind in Abbildung 1 dargestellt und werden nachfolgend in Anlehnung an Scholl (2004a) beschrieben:

Zusammenarbeit - Die Strategie der Zusammenarbeit, auch als Integrativer Handhabungsstil bezeichnet, ist bezeichnend fur eine hohe Orientierung an den Interessen der beiden involvierten Konfliktparteien, um eine Problemlosung herbeizufuhren. Sie zielt auf eine win-win-Strategie ab, um die Losung des Konfliktes oder des Problems fur beide Seiten zu optimieren (Van de Vliert, 1997, p.38). Da die Ziele nicht klar sind und erst offengelegt werden mussen, zieht dieser Konflikthandhabungsstil es nach sich, Differenzen zu diskutieren und gemeinsam nach Alternativen zu suchen. Dies stellt eine kreative Problemlosung dar.

Dominanz - Der dominante Konflikthandhabungsstil, mit dem die Bezeichnung des Machteinsatzes gleichgesetzt wird, beschreibt eine hohe Orientierung an den eigenen Interessen und eine schwache Orientierung an den Interessen dergegnerischen Konfliktpartei. Das Dominierende beschreibt vorzuglich den Einsatz fur die eigenen Interessen auf Kosten der anderen (K.W. Thomas, p.900). Eine win-lose-Strategie wird verfolgt, indem die eigene Stellung bzw. Autoritat genutzt wird. Weiterhin werden Informationen so manipuliert, dass sie fur den eigenen Zweck dienlich werden. Es werden Machtkampfe ausgetragen, Verbundete gesucht und die Gegner direkt benachteiligt.

Kompromiss - Nach K.W. Thomas nimmt diese Strategie eine Zwischenstufe zwischen dem dominierenden und dem nachgebenden Konflikthandhabungsstil ein (1992, p.901). Damit werden die Interessen beider Konfliktparteien nurteilweise befriedigt, da beide Seiten Zugestandnisse machen, um zu einer Einigung zu gelangen (Van de Vliert, p.34). D.h. das Anspruchsniveau wird auf ein MittelmaG gesenkt. Diesen Konflikthandhabungsstil zeichnet aus, dass statt optimaler Losungen eher brauchbare Losungen produziert werden. Dies druckt sich in Verhandeln, Feilschen, Drohen, Einlenken und Kampfen aus.

Anpassen - Diese Strategie des Anpassens oder Nachgebens bezieht sich auf eine geringe Berucksichtigung der eigenen Interessen zum Vorteil der anderen Konfliktpartei. Die Selbstaufopferung um der Harmonie willen steht im Vordergrund und das Anspruchsniveau wird gesenkt (vgl. Scholl, 2004a; K.W. Thomas, 1992; Van de Vliert, 1997). Van de Vliert bezeichnet diesen Konflikthandhabungsstil treffend als offene Kooperation ohne Konfrontation (1997, p.34). Das Anpassen oder Nachgeben kann einem hoheren Zweck dienen, z.B. um einen „Sozialkredit" (vgl. Van de Vliert, 1997) fur spatere Interaktionen zu erwerben.

Vermeiden - Diese Strategie impliziert das fehlende Interesse fur beide Konfliktparteien und wird auch mit Isolation, Ruckzug, Ignoranz und gleichgesetzt (vgl. Blake & Mouton, 1964).

Das Anspruchsniveau wird gesenkt und der Konflikt offen vermieden. Somit wird eine konstruktive Problemlosung im Vorhinein verhindert, weshalb diese Verhaltensweise keine Vorteile verspricht und nach Ansicht von Scholl (2004a) als ein Zeichen von Schwache gegenuber dem Machteinsatz des Starkeren gesehen werden muss. Oft kommt es daher zu einem Aufschub des Konfliktes, welches die Gefahr birgt, dass er zu einem spateren Zeitpunkt erneut aufflammt.

Die Betrachtungsdimensionen fur die Konflikthandhabungsstile konnen um die integrative und die distributive Dimension (x-cross model) erganzt werden, wie sie in Abbildung 1 dargestellt sind. Beide Dimensionen werden im Dual Concern Modell als voneinander unabhangig angenommen(vgl. Van de Vliert, 1997). Wahrend die integrative Dimension mit kooperativem Verhalten gleichgesetzt wird, entspricht die distributive Dimension dem Konkurrenzverhalten (Deutsch, 1949,1973). Das Modell geht uber eine einfache Typologie hinaus, da es am besten zwischen den einzelnen Konflikthandhabungsstilen diskriminiert. Dabei wirkt sich in intrapersonalen Verhaltensdilemmas die Spannung zwischen der kooperativen oder kompetitiven Konfliktstrategie auf die Wahl des Konflikthandhabungsstils aus (vgl. Pruitt, 1981). Die integrative Dimension folgt einem Eskalationsprozess der typischerweise von Zusammenarbeit zu Vermeiden verlauft. D.h. Vermeiden ist nicht das Gegenteil von Integrativ sondern tritt nur in dessen Abwesenheit auf. Vermeiden ist also keine aktive Sabotage von Problemlosungen; es tritt auf, wenn geringes Interesse fur die eigenen Belange und die der anderen Konfliktpartei besteht.

Die distributive Dimension steht fur die Durchsetzung der eigenen Interessen, wahrend die Interessen der Gegenseite unberucksichtigt bleiben. Hier spricht die Wahl des nachgebenden Konflikthandhabungsstiles dafur, dass das Potenzial fur den Einsatz eines nicht-dominanten Konflikthandhabungsstils vorhanden ist, sprich das Freundliche statt des Feindlichen bestimmend ist (Van de Vliert, 1997).

Der Konflikthandhabungsstil Kompromiss hingegen kann auf beiden Dimensionen eingeordnet werden. Bezogen auf die integrative Dimension wird er als suboptimale Losung betrachtet, da er als eine Mischung aus integrativem und vermeidendem Konflikthandhabungsstil betrachtet wird. Aus der Perspektive der distributiven Dimension wird der Kompromiss als ein optimales Ergebnis betrachtet, da er die Balance zwischen nachgebendem und dominantem Konflikthandhabungsstil herstellt (Van de Vliert, 1997). Nach Pruitt (1983) wird der Kompromiss als unvollstandiger Konflikthandhabungsstil zwischen dem integrativen und nachgebenden Stil dargestellt. Rahim (2001) und Van de Vliert (1997) hingegen betrachten den Kompromiss als unabhangigen und autarken Konflikthandhabungsstil, der empirisch bestatigt wurde (vgl. Van de Vliert, 1997).

Blake & Mouton gehen davon aus, dass eine Person uber einen dominanten Konflikthandhabungsstil verfugt, mit dem sie versucht, einen Konflikt zu bewaltigen. Dennoch ist damit nicht gemeint, dass Personen immer nur einen bestimmten Konflikthandhabungsstil anwenden oderdiesen einen dominanten Konflikthandhabungsstil wahrend eines bestimmten Konfliktes beibehalten (Berkel, 1980, S.8). In zahlreichen Studien u.a. in den USA wurde die Validitat fur die funf Konflikthandhabungsstile bestatigt (vgl. Kozan, 2002; Lee, 2002; Rahim et al. 1999; Ting-Toomey et al., 2002). Die Theorie des conglomerated conflict management nach Van de Vliert (1997) stellt fest, dass die einzelnen Komponenten des Konfliktverhaltens als eine Konfiguration verschiedener Konflikthandhabungsstile verstanden werden sollten und eine Person nicht nur uber einen einzelnen Konflikthandhabungsstil verfugt. Dies zeigt sich in einem komplexen Verhalten, das von unterschiedlichen Konflikthandhabungsstilen ausgeht. Indem Personen unterschiedliche Konflikthandhabungsstile miteinander kombinieren, gelingt es ihnen mit Konflikten besser umzugehen, da eine Konfliktsituation aus verschiedenen Motiven heraus entstehen kann. Personen passen also ihre Anspruchsniveaus, ihre Interessenlagen und ihre Verhaltensweisen an, um komplexen interpersonalen Interaktionssituationen angemessen begegnen zu konnen. Denn diese werden von unterschiedlichen Interessen, Motiven, der Beziehung zur anderen Konfliktpartei und kurz- und langfristigen Zielen beherrscht (Sorenson, Morse & Savage; Thomas, 1992). Die Produktivitat von KHH-Strategien ergibt sich aus der Kombination verschiedener Konflikthandhabungsstile. Dabei sind bestimmte Kombinationen von Konflikthandhabungsstrategien besonders produktiv. Als aufterordentlich effektiv hat sich die Kombination des integrativen und dominanten Konflikthandhabungsstils erwiesen (Deutsch et al., 2006; Van de Vliert et al.1997).

Starken und Schwachen des Dual Concern Modells

Als Starken des Dual Concern Modells sind nach Van de Vliert (1997) zu erwahnen, sich erstens bei der Beschreibung der Konflikthandhabungsstile auf das Verhalten einer Konfliktpartei zu beschranken. Dies ermoglicht die Anwendung des Modells auf einseitige Konflikte, in denen nur eine Konfliktpartei die Interesseninkompatibilitat wahrnimmt. Es eignet sich neben der Anwendung auf interpersonelle Konflikte ebenfalls fur dyadische Konflikte zwischen Gruppen, Organisationen und sogar Staaten (vgl. Fisher, 1990). Zweitens erklart das Modell Konfliktverhalten statt Konfliktausgangen. Als dritter Vorteil ist zu benennen, dass sich das Modell auf alle Konfliktarten anwenden lasst und nicht mit einem bestimmten Konfliktverhalten gekoppelt wird. Unter anderen Umstanden wurde derselbe Konflikt zu unterschiedlichen Interessenkombinationen und Konfliktstrategien fuhren. Als vierte Starke wird angefuhrt, dass die Interessen und die Ergebnisse bei der Wahl der Konfliktstrategie der anderen Konfliktpartei einbezogen werden. Konfliktverhalten resultiert demnach aus unterschiedlichen Interessenbezugen, je nachdem ob Eigeninteressen im Vordergrund stehen oder die Interessen der anderen Konfliktpartei berucksichtigt werden. Als funfter Punkt ist zu erwahnen, dass sich das Modell sehr gut zur Ursachenerklarung fur Verhaltensanderungen und der Vorhersage der Verhaltensrichtung eignett. Im Falle einer Interessenanderung einer Konfliktpartei, wird sich auch deren Konfliktverhalten in bestimmter Weise andern. Die groftte Starke des Modells liegt darin, dass sich Konfliktverhalten nicht auf eine einfache Typologie reduzieren lasst, da es sich mit komplexem Verhalten befasst.

Als Schwache des Modells gibt Van de Vliert (1997) an, dass die Abszisse und Ordinate der graphischen Darstellung des Modells den Anschein eines simplen und allgemeinen Modells vermittle. Da das Modell die 5-teilige Typologie des Konfliktverhaltens, die beiden Dimensionen der Interessenberucksichtigung sowie die integrativen und distributiven Dimensionen (x-cross model) beinhaltet, ist je nach Perspektive ein anderer Zugang moglich.

2.3.2 Konflikthandhabungsstile als uberdauernde Merkmale

Die Theorie der Selbststeuerung von Snyder (1974) und der emotionalen Intelligenz (vgl. Mayer, Salovey & Caruso 2004) geben einen bedeutenden Hinweis darauf, dass Konflikthandhabungsstile mit personlichen und uberdauernden Merkmalen assoziiert sind.

Die Theorie der Selbststeuerung kann die Wahl bestimmter Konflikthandhabungsstrategien vorhersagen. Individuen mit hoher Selbststeuerung passen sich eher der Situation an und versuchen ihre eigenen sowie die Ziele anderer zu befriedigen und somit die Harmonie aufrecht zu erhalten. Bezogen auf die Konflikthandhabungsstile bedeutet dies, dass eher der problemlosende Stil oder Kompromiss zum Einsatz kommt. Im Gegensatz dazu ist es wahrscheinlicher, dass das Verhalten von Individuen mit geringer Selbststeuerung uber Situationen hinweg stabil bleibt. Damit zeigen sie einen geringeren Bezug zu den Bedurfnissen oder Zielen anderer und setzen eher den dominanten, vermeidenden oder anpassenden Konflikthandhabungsstil ein (Kaushal & Kwantes, 2006).

Das Konzept der emotionalen Intelligenz lasst sich ebenfalls mit den Konflikthandhabungsstrategien verknupfen. Individuen, die ihre eigenen Emotionen in Situationen bewerten, haben in erhohtem Mafte die Fahigkeit zu verstehen, wie jemand in einer bestimmten Situation fuhlt. Dies wiederum druckt sich darin aus, dass das Individuum ein grofteres Bewusstsein fur die eigenen Interessen zeigt. Diese Individuen setzen mit grofterer Wahrscheinlichkeit den dominanten oder problemlosenden Konflikthandhabungsstil ein. Eine hohe Fahigkeit Emotionen anderer zu bewerten, deutet daraufhin, dass solche Individuen ein erhohtes Bewusstsein und Interesse an den Gefuhlen anderer zeigen und somit eher den problemlosenden oder anpassenden Konflikthandhabungsstil einsetzen. Individuen, die sich an den eigenen Interessen und an Interessen anderer orientieren, setzen eher die Konflikthandhabungsstile Zusammenarbeit oder Kompromiss ein. Individuen, die weder an ihren eigenen noch an den Zielen anderer interessiert sind, zeigen eher den vermeidenden Konflikthandhabungsstil (Kaushal & Kwantes 2006).

Somit lasst sich annehmen, dass Konflikthandhabungsstile als Personlichkeitsmerkmale aufgefasst werden konnen, die individuell stabil sind und sich uber die Zeit nur geringfugig aufgrund bestimmter Erfahrungswerte verandern. Das fuhrt in diesem Zusammenhang uber zu der nachsten Forschungsfrage:

Forschungsfrage 3:

Gibt es einen Unterschied in der Anwendung von Konflikthandhabungsstilen im zeitlichen Verlauf?

2.3.3 Bevorzugtes Konfliktverhalten von IT-Spezialisten

Wissenschaftler und Spezialisten aus forschungs- und entwicklungsorientierten Organisationen beschreiben ihr Verhalten und ihre Denkweise zumeist nach idealtypischen MaRstaben, wie „Objektivitat, Rationalitat, Widerspruchsfreiheit, Emotionslosigkeit, Ablehnung von subjektiven Meinungen, Werturteilen und Uberzeugungen" (Mitroff, 1974; zitiert in Schulze, 2000, S.181). Dieses idealtypische Personlichkeitsbild gerat jedoch ins Schwanken, wenn sie in Konfliktsituationen geraten, denen sie auf subjektive Weise, mit Emotionalitat, Antipathien und Vorurteile, begegnen. Dieses Verhalten wird dann als Bedrohung der Rationalitat des eigenen Verhaltens angesehen und es wird versucht, in Reflexionen uber sich selbst das eigene subjektive Verhalten zu verdrangen (Schulze, 2000, S.181; vgl. Schulze & Wenzel, 1996). Dies kann dazu fuhren, dass dominante oder vermeidende Konflikthandhabungsstrategien haufiger eingesetzt werden, um eigene Interessen in Konfliktsituationen durchzusetzen, da Wissenschaftler und Spezialisten durch den Anspruch der Objektivitat und Rationalitat auf Konflikte und Auseinandersetzungen nicht angemessen reagieren konnen (Schulze, 2000). Insbesondere in wissenschaftlichen Organisationen werden Konflikte durch Machteinsatz und Interessenberucksichtigung, die dem dominanten und integrativen Konflikthandhabungsstil entsprechen, gelost (Scholl, 2004, S.192).

Zudem laufen Studien zu Konfliktmanagement und Kommunikation seit den spaten 70'ern nicht mehr unter dem Gesichtspunkt des "one best way approach" ab, die die integrative, problemlosende Strategie als einzig effektiven Weg ansehen, um Konflikte zu losen. Sie konzentrieren sich vielmehr auf die Handhabung von Konflikten und Kontroversen in Organisationen mit dem Verstandnis, dass es nicht den einen bestgeeigneten Konflikthandhabungsstil fur verschiedene Formen von Konflikten gibt, sondern je nach Gegebenheit situativ eingesetzt ebenfalls zu effizienten Losungen fuhren konnen (vgl. Rahim & Bonoma, 1979).

Aus diesen Befunden sollen nun folgende Forschungsfragen aufgestellt werden, die im Kontext der IT-Spezialisten bezuglich ihrer Forschungsorientierung formuliert werden sollen:

Forschungsfrage 4:

Wie unterscheiden sich die IT-Spezialisten hinsichtlich ihrer Forschungsorientierung in der Haufigkeit ihrer angewandten Konflikthandhabungsstile?

2.4 Konflikthandhabung und Kultur

Zum Verstandnis von Konflikthandhabungsstilen im interkulturellen Vergleich wird in diesem Abschnitt das Konstrukt Kultur theoretisch und empirisch genauer betrachtet werden. Zunachst soll der Begriff Kultur beschrieben werden, da diese in der Tat ein sehr breites Konstrukt darstellt. Auf Grundlage der Kulturstandards nach Alexander Thomas (1993) werden die Unterschiede in derdeutschen und US-amerikanischen Konflikthandhabung dargestellt.

2.4.1 Definition von Kultur

In der Literatur existieren zahllose Definitionen des Begriffs Kultur und somit ein breites Spektrum an Auswahlmoglichkeiten, um an einen bestimmten Kulturbegriff anzuknupfen. So verglichen Kroeber & Kluckhohn 150 Definitionen von Kultur miteinander und kamen zu dem Schluss, dass Kultur aus „expliziten und impliziten Verhaltensmustern" bestehe, „die durch Symbole erworben und vermittelt" wurden. So bestunde Kultur im Wesentlichen aus „tradierten Ideen" und den „damit verbundenen Wertvorstellungen" (zitiert in A. Thomas, 1993, S.379).

Boesch (1980) hingegen definiert Kultur aus seiner handlungspsychologisch orientierten Sicht als Handlungsfeld, das Moglichkeiten in Form von Zielen anbietet aber auch Grenzen bezogen auf Handlungsoptionen stellt (A. Thomas, 1993, S.380). Hofstede (2006) dagegen stellt einen interessanten Vergleich an, indem er Kultur mit „mentaler Software" gleichsetzt (S.3). In diesem Sinne sei sie „die kollektive Programmierung des Geistes", die die Menschen unterschiedlicher Kulturen und Subkulturen voneinander unterscheide (S.4). Kultur sei nicht genetisch vererbbar, sondern werde bereits in der fruhen Kindheit erlernt und prage somit „bestimmte Denk-, Fuhl- und Handlungsmuster" (S.3), die ein Leben lang erlernt werden (Hofstede, 2006, S.3ff). A. Thomas (1993) fasst zusammen und definiert Kultur als:

,,Kultur ist ein universelles, fur eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder und definiert somit deren Zugehorigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein fur die sich der Gesellschaft zugehorig fuhlenden Individuen spezifisches Handlungsfeld und schafft damit die Voraussetzungen zur Entwicklung eigenstandiger Formen der Umweltbewaltigung" (S.380).

Ausgehend von dieser Definition sollen daher diejenigen Merkmale identifiziert werden, die in den jeweiligen kulturspezifischen Orientierungssystemen handlungswirksam sind. Fur den interkulturellen Vergleich sollen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Orientierungssystemen erfasst werden und auf Kompatibilitat uberpruft werden. Als letzter Schritt ergibt sich aus der Definition, dass bestimmte Lernverfahren, wie bspw. Cultural Assimilators, entwickelt werden sollen, die es ermoglichen, Orientierungssysteme aus anderen Kulturen in das eigene Handlungsschema zu integrieren (A. Thomas, 1993, S.381).

2.4.2 Kulturstandards

lm Sinne von A. Thomas (1996) lassen sich Kulturstandards als zentrales Merkmal fur ein Orientierungssystem beschreiben, das fur eine Kultur kennzeichnend ist (S.112). Unter Kulturstandards versteht Thomas „alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns (...), die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur fur sich personlich und andere als normal, selbstverstandlich, typisch und verbindlich angesehen werden. Eigenes und fremdes Verhalten wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards beurteilt und reguliert (...). Zentrale Kulturstandards einer Kultur konnen in einer anderen Kultur vollig fehlen oder nur von peripherer Bedeutung sein. Verschiedene Kulturen konnen ahnliche Kulturstandards aufweisen, die aber von unterschiedlicher Bedeutung sind und unterschiedlich weite Toleranzbereiche aufweisen. Kulturstandards und ihre handlungsregulierende Funktion werden nach erfolgreicher Sozialisation vom Individuum innerhalb der eigenen Kultur nicht mehr bewusst erfahren" (Thomas, 1996, S.112-113). Da Kulturstandards gesellschaftlich geformt werden, verandern sie sich mit der Zeit. D.h. anstelle eines bestimmten Kulturstandards kann mit der Zeit ein anderes treten, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Veranderung.

Kulturstandards kristallisieren sich aus den sogenannten kritischen Interaktionssituationen, die wiederum durch Befragungen anderer Menschen aus verschiedenen Nationen gewonnen werden. Inhalt dieser Befragungen sind der Umgang mit Menschen einer bestimmten Nation, welche Schwierigkeiten sie haben, ihr Verhalten und ihre Reaktionen in bestimmten Situationen zu verstehen und welche Schwierigkeiten im Umgang mit ihnen auftauchen. Die auf diesem Wege gewonnenen kritischen Interaktionssituationen werden anschlieRend im Vergleich uber verschiedene Nationen hinweg einer Auswertung und

Ursachenanalyse unterzogen. Diejenigen Merkmale, die uber verschiedene Nationen hinweg eine hohe Ubereinstimmung aufweisen, werden als Kulturstandards der entsprechenden Nation bezeichnet (Thomas, 2003, S.25f).

Deutschland

Deutsche Kulturstandards lassen sich als Sachorientierung, Wertschatzung von Strukturen und Regeln, Zeitplanung, internalisierte Kontrolle, Trennung von Personlichkeits- und Lebensbereichen, „schwacher Kontext" (vgl. Hofstede, 2006) als Kommunikationsstil beschreiben (Schroll-Machl, 2003, S.74-82).

Sachorientierung als Kulturstandard bedeutet, dass in beruflichen Kontexten die Sache und nicht die Beziehung im Vordergrund steht. Es ist wichtiger sich mit Sachverhalten zu beschaftigen als mit Personen. Allerdings wird die Beziehungsebene deutlich von der Sachebene beeinflusst, d.h. erst uber die Weitergabe von Informationen und Zusammenarbeit kann Vertrauen und Kooperationsbereitschaft entstehen. Die Zusammenarbeit wiederum geschieht auf Basis bestimmter Rollenzuschreibungen, die sich auf Funktion und Qualifikation stutzen. Als professionell gilt die Kontrolle von Emotionen, wodurch man sich zielorientiert zeigt und mit Fakten argumentiert. Durch die stark ausgepragte Sachorientierung schlieRen Deutsche leichter Kompromisse und konnen in gegebene Situationen auch eher nachgeben und sich anpassen, wenn es der Sache dienlich ist.

In der Vielzahl und der strikten Einhaltung von Regeln und Normen, insbesonder im Arbeitsleben, wie z.B. den Standardisierungen von Arbeitsablaufen, druckt sich die Wertschatzung von Strukturen und Regeln aus. Sie dienen der zuverlassigen Orientierung und Risikominimierung, um somit Kontrolle uber Situationen zu erhalten. Im Berufsleben druckt sich die Wertschatzung von Strukturen insbesondere durch Hierarchisierung, Planung und Organisation von Arbeitsablaufen und systematischem Vorgehen aus. Im Berufsleben herrscht daher ein hoher Qualitatsanspruch vor, dem Deutsche planerisch, strukturierend und bis ins kleinste Detail organisierend gerecht werden, da sie sicherheits- und regelorientiert sind. Dies fuhrt aber auch dazu, dass Spontanitat und Flexibilitat abhanden kommen. Bei RegelverstoRen wird ein Deutscher darauf hinweisen und anstreben, dass man sich an gegebene Regeln und Strukturen halt, ohne dass diese hinterfragt werden. Daher kommt es oft vor, dass man sich den Regeln unterordnet und die eigenen Interessen nicht verfolgt, sondern sich anpasst.

Die Zeitplanung als Kulturstandard heiRt, dass Zeit als ein sehr wertvolles Gut betrachtet wird. Dies fuhrt dazu, dass Deutsche auf Punktlichkeit besonders achten und sich daher meist mit dem Wesentlichen beschaftigen und sich auf eine Sache konzentrieren. Zeitmanagement gilt als effektiv und ist ein Zeichen von Professionalitat. Zeit zeigt die Wichtigkeit von Dingen und Personen an, weil man sich mit ihnen beschaftig. Dass Zeit einen derart groRen Symbolwert hat, druckt sich auch darin aus, dass zeitliche Unzuverlassigkeit und Verspatungen einer professionellen Beziehung abtraglich sind und Verargerung auslosen konnen.

Die regelorientierte und internalisierte Kontrolle fuhrt dazu, dass Deutsche zuverlassiger sind als andere Kulturkreise. Dies bedeutet, dass Regeln allgemeingultig sind und diese ohne Rucksicht auf Beziehungen umgesetzt werden. Dadurch kommt das Pflichtbewusstsein zum Ausdruck, da Deutsche von sich aus ihren Verpflichtungen nachgehen und dafur keine Belohnung erwarten. Deutsche sind daher besonders Selbstandig und legen auf Gerechtigkeit viel Wert. Diese Zuverlassigkeit und Selbstandigkeit hat einen allgemeingultigen Wert und man erwartet daher auch von anderen, dass sie genauso zuverlassig und selbstandig sind.

In derTrennung von Personlichkeits- und Lebensbereichen kommt zum Ausdruck, dass Deutsche Beruf- und Privatleben trennen. Dies fuhrt dazu, dass Rationalitat und eine klare Rolleneinteilung im beruflichen Kontext vorherrscht. Eine klare Distanzregulierung trennt zwischen Kollegen, Bekannten und Freunden. Mit der Trennung von Personlichkeits- und Lebensbereichen hangen auch die Rollendefinitionen und der Einsatz von Emotionalitat und Rationalitat zusammen. Im Beruf werden Rollen klar definiert und man halt sich an diese Rollen und verbirgt somit einen Teil der eigenen Personlichkeit. Im Berufsleben gilt das MaR der Rationalitat, wohingegen Emotionalitat im Privatleben gezeigt wird.

Da in Deutschland ein schwacher Kontext als Kommunikationsstil dominiert, liegt der Fokus in Gesprachssituationen auf dem Inhalt und nicht in der Art wie etwas gesagt wird. Die eigene Meinung wird direkt und klar ausgedruckt, ohne dass Rucksicht auf Empfindungen genommen wird. Was wichtig ist, wird direkt und explizit ohne Beschonigungen formuliert. Im Gegenzug nehmen Deutsche alles, was sie horen, wortlich und denken nicht daran, dass sich hinter dem Gesagten noch etwas anderes verbergen konnte. Die Explizitheit in ihrem eigenen Kommunikationsstil erwarten sie also auch von anderen. Durch den direkten Kommunikationsstil wirken Deutsche oft konfrontativ, da sie argumentativ fur ihre eigene Sache kampfen. Dabei auftern sie ihre Meinung offen und klar und diskutieren gerne. Auch vor Kritik wird nicht zuruckgeschreckt, solange sie konstruktiv ist. Sie sehen Kritik nicht als Kritik an der eigenen Person, sondern als Kritik an der Sache an. Wenn Probleme auftauchen, werden diese konkret angesprochen und einer klaren Problemanalyse unterzogen. Deutsche versuchen Probleme zu erkennen und die Losung derselben zu optimieren.

USA

Handlungswirksame Kulturstandards der USA beziehen sich auf Gleichheitsdenken, Handlungsorientierung, Gelassenheit, Leistungsorientierung, Individualismus, Bedurfnis nach sozialer Anerkennung, Interpersonale Distanzminimierung, zwischengeschlechtlichem Beziehungsmuster und Patriotismus (Schroll-Machl, 2003, S.136-142).

US-amerikanisches Denken ist von der Idee der Chancengleichheit gepragt und man ist uberzeigt davon, dass jeder Mensch die Moglichkeit hat, durch harte Arbeit Karriere zu machen und somit aufzusteigen. Durch dieses Gleichheitsdenken versucht man im Berufsleben anstatt durch Machteinsatz andere von seinen Ideen zu uberzeugen und mitzureiften. Indirekte Redensarten sind genauso erwunscht, wie horizontaler Beziehungen.

In der Handlungsorientierung der US-Amerikaner druckt sich das hohe Maft an Aktivitat, sei es beruflicher oder privater Natur, aus. Ergebnisse und Resultate stehen bei allen Tatigkeiten im Vordergrund und zeichnen den Pragmatismus der US-Amerikaner aus. Man definiert sich uber die eigene Arbeit und identifiziert sich somit in hohem Mafte damit. Hinter Optimismus und Zukunftsorientierung steht eine positive Grundeinstellung. Daher wird Kritik nicht allzu gern gesehen.

Die „easy going"-Mentalitat, also die relative Gelassenheit, mit der ein US-Amerikaner agiert, fuhrt dazu, dass schon mal ein Produkt auf den Markt kommt, das noch nicht vollig ausgereift ist und dadurch oft unfertig erscheint. Sie reagieren auf Storungen flexibler und gelassener, da ihr Handlungsplan nicht bis ins kleinste Detail festgelegt ist. Der sogenannte trial-and-error Ansatz, also das Prinzip des Versuchs und Irrtums, wird gerne fur Entwicklungen und Problemlosungen herangezogen, das wiederum Spontanitat und Kreativitat fordert. Dadurch wirken US-Amerikaner risiko- und entscheidungsfreudiger als manch andere Nationen.

In ihrer puritanischen Tradition liegt die Leistungsorientierung der US-Amerikaner begrundet, die die Wirtschaft stark beeinflusst. So wird Wettbewerb befurwortet und Leistungs- und Wettkampfdenken bestimmen den beruflichen und privaten Alltag. Die Leistungsorientierung druckt sich gerade auch darin aus, dass sie ein erhohtes Statusbedurfnis haben und gerne mit erreichten Statussymbolen ihre Tuchtigkeit zum Ausdruck bringen.

Der Individualismus als Kulturstandard der US-Amerikaner bringt zum Ausdruck, dass die individuelle, personliche Identitat eines jeden im Mittelpunkt steht und Selbstandigkeit sowie Selbstverantwortung sehr hoch geschatzt werden. Daher ruhrt auch der groRe Freiheits- und Unabhangigkeitsdrang, der im Vergleich zu Deutschland zu einer geringeren Verbindlichkeit fuhrt. Durch den stark betonten Individualismus werden selbst in Gruppenentscheidungen individuelle Meinungen berucksichtigt. Es kommtauch oftervor, dass die eigenen Interessen starker im Vordergrund stehen und die Interessen der Gruppe weniger verfolgt werden, was aber keinesfalls als negativ von den anderen Gruppenmitgliedern empfunden wird. Im sozialen Leben ist eine auRerordentliche Hilfsbereitschaft der US-Amerikaner zu beobachten. Dieses soziale Engagement beruht auf einer freiwilligen Entscheidung, in welcher Form und wo man sich engagiert. Daher kann Individualismus in dieser Form klar vom Egoismus getrennt werden.

Im Bedurfnis nach sozialer Anerkennung kommt auch zum Ausdruck, dass ein indirekter Kommunikationsstil angewandt wird, um insbesondere Ablehnungen anderen schonend beizubringen. Fur die US-Amerikaner zahlt nicht nur der Sachverhalt in der Kommunikation, sondern der Person wird ebenfalls eine hohe Bedeutung beigemessen. Fur das Selbstbild eines US-Amerikaners ist es wichtig, positive soziale Ruckmeldungen zu bekommen. Ebenso hat Smalltalk einen hohen Stellenwert, um in sozialen und beruflichen Kontexten eine gute Atmosphare herzustellen. Denn nichts ist schlimmer, als schweigend nebeneinander zu stehen. Fur das Selbstbild ist sozialer Erfolg neben beruflichem Erfolg ebenfalls von hoher Bedeutung, da Erfolg auch die soziale Komponente einschlieRt. Bei abweichenden Interessen und Ansichten versuchen sie Konflikte moglichst zu vermeiden, da man die positive

Atmosphare nicht gefahrden will. Auf die Sachebene bezogen, versuchen sie, verschiedene Interessen miteinander zu vereinen und somit die Losung zu optimieren.

US-Amerikaner fordern im Umgang miteinander extravertierte Verhaltensweisen, so dass Geselligkeit, Offenheit und Kontaktfreudigkeit und informelle Umgangsformen gefordert werden. Diese Form der interpersonalen Distanzminimierung bewirkt, dass sie andere Personen leicht an sich heranlassen, schlieftt gleichzeitig aber einen allzu intimen Umgang miteinander aus. Hilfsbereitschaft wird stark betont. Freundschaften lassen sich schnell schlieften, jedoch dauert es lange, bis sich daraus tiefe und echte Freundschaften entwickeln.

Die zwischengeschlechtlichen Beziehungsmuster der US-Amerikaner sind gepragt von Chancengleichheit und der Vermeidung von potenzieller Diskriminierung. Insbesondere im Berufsleben achtet man darauf, frauenfeindliche Bemerkungen zu unterlassen und Korperkontakt sowie Bemerkungen uber das Auftere zu vermeiden.

Der Patriotismus in den USA ist zentral fur viele Menschen, da die Verfassung und die darin enthaltenen Werte sowie die Demokratie eine Vorbildfunktion fur sie ausuben. Hierauf bezogen fuhlen sie sich sehr stolz, wenn sie auf diese angesprochen werden und erwarten, dass man diesen Stolz anerkennt und respektiert.

Die deutschen und US-amerikanischen Kulturstandards konnen sich auf die IT-Spezialisten anwenden lassen, die abgesehen von ihrem wissenschaftlichen bzw. fachlichen Selbstverstandnis, in ihren Handlungsorientierungen und Handlungsbedingungen durch die jeweiligen Kulturen gepragt sind. Aus den deutschen und US-amerikanischen Kulturstandards lassen sich ableiten, welche Konflikthandhabungsstile typischerweise vorherrschen.

Forschungsfrage 5:

Wie unterscheiden sich die Konflikthandhabungsstile in ihrer Haufigkeit im interkulturellen Vergleich?

2.5 Konflikthandhabung und Kommunikation

In sozialpsychologischer Sicht wird unter Kommunikation der Prozess der Perspektivenubernahme verstanden, wodurch unterschiedliche Sichtweisen nachvollzogen werden konnen und somit Kooperation ermoglicht wird. Falls Perspektivenwechsel nicht gelingt, „wird die Kooperation unmoglich und es kommt zu Konflikten und Kontroversen. Die produktive Losung von Konflikten fuhrt wiederum zu einem hoheren Niveau der Kommunikation" (Schulze, 1995; zitiert in Schulze & Wenzel, 1996, S.6).

Da Kommunikation eine grofte Rolle in sozialen Konflikten spielt, ist sie zentral in der Benennung von Konflikten und Kontroversen, deren Verlaufsgestaltung sowie Handhabung. Durch die Art der Kommunikation kann die Entstehung von Konflikten begunstigt, die emotionale Qualitat des Konflikts sowie die Interaktion darin beeinflusst werden (Putnam, 1988, p.295).

In einer Untersuchung von Sonnentag (2000) wurde ein hoher Zusammenhang von individueller Hochleistung bei Software-Entwicklern und der Beteiligung in Kommunikations- und Kooperationsaktivitaten verzeichnet. Sie betrachteten demnach Kommunikation und Kooperation als produktiv und hilfreich in der Aufgabenbearbeitung und gaben eine intensivere Kommunikation im Team an. Dies fuhrt dazu, dass sie ofter den integrativen Konflikthandhabungsstil anwenden, um eine effiziente Arbeitsleistung zu erreichen, da sie bei der Anwendung der Problemlosung vom Wissen und den Fahigkeiten anderer profitieren und sich damit nicht nur auf die eigenen Kompetenzen verlassen (vgl. Van de Ven, 2000).

Nach Scholl (2004a) konnen durch Probleme in der Kommunikation Informationspathologien gefordert werden. Zu den Informationspathologien zahlen Missverstandnisse, die Zuruckhaltung oder verspatete Weitergabe von Informationen. Sie konnen insbesondere durch Machteinsatz gefordert werden und so die produktive Entstehung und Weitergabe von Informationen behindern (Scholl, 1992, S.40).

Nach Pappi (1987) enthalten soziale Netzwerke Akteure, die durch Beziehungen miteinander vernetzt sind. Diese Akteure konnen soziale Einheiten in Form von Personen oder Organisationen sein. Zudem bieten Netzwerke fur die Akteure, die sich in ihnen befinden, soziales Kapital (Coleman, 1991), von denen die Individuen bzw. Organisationen profitieren konnen. Dieses soziale Kapital birgt Ressourcen, zu denen ein Individuum bzw. eine Organisation uber Beziehungen zu anderen sozialen Einheiten zugreifen kann (Runkel & Speit, 2008). In Anbetracht der Kommunikation in sozialen Netzwerken gelangt man zu der Erkenntnis, dass sie durch die Enge der Beziehungen zu den Kommunikationspartnern bestimmt ist. Die Beziehungsstarke wird abhangig gemacht von der gemeinsam verbrachten Zeit, der emotionalen Intensitat, der Intimitat und der Reziprozitat der Beziehungen. Studien belegen, dass schwache Beziehungen die effiziente Nutzung und Weitergabe von Informationen stark fordern und allzu enge Beziehungen eher hinderlich sind (Granovetter, 1973). Durch schwache Beziehungen konnen Informationen eine groRere Anzahl von Akteuren im sozialen Netzwerk erreichen und damit eine groRere Distanz erreichen, als dies uber starke Beziehungen im engeren Netzwerk moglich ware. Die Informationen haben dadurch einen hoheren Neuigkeitswert und es konnen neue Netzwerke erschlossen werden.

Zusammenfassend lasst sich sagen, dass die Kommunikation in sozialen Konflikten eine bedeutende Rolle einnimmt und den Verlauf sowie Ausgang von Konflikten maRgeblich bestimmt. Hierbei muss auch die Rolle von Beziehungen im sozialen Netzwerk beachtet werden. In dieser Studie sollen daher folgende Fragestellungen beantwortet werden:

Forschungsfrage 6:

Welche Zusammenhange gibt es fur die Kommunikationsbeziehungen und die Konflikthandhabungsstile?

Forschungsfrage 7:

a) Wie unterscheiden sich die IT-Spezialisten in ihrer Kommunikationsgute und Kommunikationshaufigkeit im interkulturellen Vergleich?
b) Welche Zusammenhange gibt es fur die Kommunikationsgute und die Kommunikationshaufigkeit mit den Konflikthandhabungsstilen?

2.6 Lebensziele

Nach Austin und Vancouver (1996) werden personliche Ziele definert "as internal representations of desired states, where states are broadly construed as outcomes, events or processes" (p.338). Personliche Ziele motivieren und tragen zur Handlungsplanung und - realisierung bei (vgl. Abele, 2002). Durch sie wird der Fokus auf das Leben eingeschrankt und somit festgelegt, wie die eigene Lebenssituation gestaltet werden soll und welche Anforderungen und Veranderungen man fur die einzelnen Lebensabschnitte ansteuern will (vgl. Brunstein & Maier, 1996; Little, 1983). D.h., dass personliche Ziele zwischen Motivation und Personlichkeit eine Verbindung herstellen und dass Personen somit neben ihren Eigenschaften auch daruber Auskunft geben, welche Ziele ihr Leben bestimmten. Nach Sheldon & Elliot (1998) sind die effektivsten Lebensziele diejenigen, die den wirklichen Interessen und den personlichen Werten einer Person entsprechen. Im Gegensatz zu bestimmte personlichen Bestrebungen oder Projekten, die auf die nahe Zukunft abzielen, sind Lebensziele ubergeordnete Ziele, die es auf die Veranderung der Lebenssituation anlegen. Sie konnen als abstrakte Ziele aufgefasst werden (Pohlmann & Brunstein, 1997).

Eine Klassifizierung von personlichen Zielen in personeninterne und Person-Umwelt-Ziele wird nach Eccles & Wigfield (2002) basierend auf der umfassenden Taxonomie von Ford und Nichols (1987) vorgenommen. Hierbei bezeichnen personeninterne Ziele die erwunschten Ergebnisse innerhalb der Person und die Person-Umwelt-Ziele bezeichnen die erwunschte Beziehung zwischen der Person und ihrer Umwelt. Die personeninternen Ziele beinhalten affektive Ziele, wie z.B. Zufriedenheit und Gesundheit; kognitive Ziele, wie bspw. Erforschung, intellektuelle Kreativitat; und subjektiv-organisationale Ziele, wie z.B. Einheit, Transzendenz. Person-Umwelt-Ziele enthalten selbstbehauptende Ziele wie Selbstbestimmung und Individualitat; integrative Ziele uber soziale Beziehungen, wie z.B. Zugehorigkeit und soziale Verantwortlichkeit; und Aufgaben-Ziele, wie Kontrolle, materieller Gewinn und Sicherheit (Eccles & Wigfield, 2002, p.116).

In dieser Studie sollen auf Grundlage der Interviewdaten die Lebensziele der IT-Spezialisten im interkulturellen Vergleich dargestellt und mit den einzelnen Konflikthandhabungsstilen assoziiert werden. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen:

Forschungsfrage 8:
a) Wie unterscheiden sich die Lebensziele im interkulturellen Vergleich?
b) Welche Zusammenhange gibt es fur die Lebensziele und die Konflikthandhabungsstile?

Forschungsfrage 9:

Treten uber die Zeit Veranderungen in den Lebenszielen ein?

2.7 Zielstellung und Forschungsfragen im Uberblick

Das Ziel dieser Studie ist es, mittels qualitativer Methoden verschiedene Konflikte im IT-Feld in Deutschland und den USA und das Konfliktverhalten von IT-Spezialisten in den berichteten Situationen zu erfassen. Dabei sollen auch die Zusammenhange von Konflikthandhabung und Kommunikation sowie Lebenszielen analysiert werden. Aufbauend auf der Datenlage derselben IT-Spezialisten von vor 10 Jahren, sollen zusatzlich die damaligen Ergebnisse in Bezug auf Konflikthandhabungsstile und Lebensziele im zeitlichen Verlauf analysiert werden.

Zu den einzelnen Forschungsfragen der vorhergehenden Kapitel siehe folgender Uberblick:

Forschungsfrage 1:
a) Welche Konflikte treten am haufigsten auf?
b) Wie unterscheiden sich die Konflikttypen in ihrer Haufigkeit im interkulturellen Vergleich?

Forschungsfrage 2:
a) Mit welcher Haufigkeit werden durch deutsche und US-amerikanische IT-Spezialisten bestimmte Konflikte als wichtigster Konflikt angegeben?
b) Welche Konflikthandhabungsstile werden im Zusammenhang mit den wichtigsten Konflikten am haufigsten angewandt?

Forschungsfrage 3:

Gibt es einen Unterschied in der Anwendung von Konflikthandhabungsstilen im zeitlichen Verlauf?

Forschungsfrage 4:

Wie unterscheiden sich die IT-Spezialisten hinsichtlich ihrer Forschungsorientierung in der Haufigkeit ihrer angewandten Konflikthandhabungsstile?

Forschungsfrage 5:

Wie unterscheiden sich die Konflikthandhabungsstile in ihrer Haufigkeit im interkulturellen Vergleich?

Forschungsfrage 6:

Welche Zusammenhange gibt es fur die Kommunikationsbeziehungen und die Konflikthandhabungsstile?

Forschungsfrage 7:
a) Wie unterscheiden sich die IT-Spezialisten in ihrer Kommunikationsgute und Kommunikationshaufigkeit im interkulturellen Vergleich?
b) Welche Zusammenhange gibt es fur die Kommunikationsgute und die Kommunikationshaufigkeit mit den Konflikthandhabungsstilen?

Forschungsfrage 8:
a) Wie unterscheiden sich die Lebensziele im interkulturellen Vergleich?
b) Welche Zusammenhange gibt es fur die Lebensziele und die Konflikthandhabungsstile?

Forschungsfrage 9:

Treten uber die Zeit Veranderungen in den Lebenszielen ein?

3. Methoden

In der vorliegenden Studie zur Untersuchung von „Konflikthandhabung bei IT-Spezialisten aus Deutschland und den USA" wurden problemzentrierte Interviews und als erganzendes Verfahren egozentrierte Netzwerkkarten eingesetzt. Die Vorgehensweise beruht auf einer explorativ-qualitativen Untersuchungsstrategie verbunden mit dem Einsatz ausschlieRlich offener Fragen in den Interviews. Die Untersuchungsstichprobe beruht auf einer vor 10 Jahren herangezogenen Stichprobe von IT-Spezialisten aus dem deutschen und US- amerikanischen Raum. Die Interviews wurden mit IT-Wissenschaftlern und IT-Spezialisten aus verschiedenen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Organisationen durchgefuhrt.

Der Fokus der Studie liegt auf sozialen Konflikten, auf der Konflikthandhabung und deren Einfluss auf Kommunikation und Lebensziele. Weiterhin werden die Aspekte Konflikthandhabung und Lebensziele im zeitlichen Verlauf und im interkulturellen Vergleich miteinander assoziiert.

3.1 Stichproben

Die Stichproben der vorliegenden Studie wurden uber bereits bestehende Kontakte akquiriert. Die Suchmaschine „Google" bot diesbezuglich eine gute Moglichkeit, um an die ehemaligen Interviewpartner heranzutreten. Die Akquisitions- und Interviewphase dauerte von Februar 2008 bis Juni 2008.

Die Interviewpartner aus der deutschen und US-amerikanischen Stichprobe wurden zuerst per Email angeschrieben. Im nachsten Schritt wurden die Interviewtermine telefonisch vereinbart.

Tab. 3.1: Demographische Daten der deutschen Stichprobe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Stichprobe der deutschen Interviewpartner (N=23) beinhaltet insgesamt 21 (91,3%) mannliche Teilnehmer und 2 (8,7%) weibliche Teilnehmerinnen. Das Alter in der deutschen Stichprobe variiert von 33 bis 68 Jahren mit einem mittleren Altern von 49,09 (SD=9,63) Jahren.

Eine detaillierte Beschreibung der demographischen Daten findet sich im oberen Teil der Tabelle 3.1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3.2: Verteilung der deutschen Teilnehmer auf verschiedene Untergruppen

Die deutschen Teilnehmer werden in die Kategorien Grundlagenforschung und angewandte Forschung eingeteilt, wie sie in Tabelle 3.2 dargestellt sind. Insgesamt verhalt sich die Verteilung der beiden Forschungsorientierungen wie folgt: 12 (52,17%) Teilnehmer arbeiten in der Grundlagenforschung. Insgesamt 11 (47,83%) Teilnehmer arbeiten in der angewandten Forschung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3.3: Demographische Daten der US-amerikanischen Stichprobe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Stichprobe der US-amerikanischen Interviewpartner (N=18) beinhaltet insgesamt 14 (77,8%) mannliche Teilnehmer und 4 (22,2%) weibliche Teilnehmerinnen. Das Alter verteilt sich von 36 bis 75 Jahren mit einem mittleren Alter von 53,17 (SD=9,43) Jahren.

Eine detaillierte Beschreibung der demographischen Daten findet sich im unteren Abschnitt derTabelle 3.3.

Tab. 3.4: Verteilung der US-amerikanischen Teilnehmer auf verschiedene Untergruppen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die US-amerikanischen Teilnehmer sind den beiden Forschungsorientierungen zugeordnet, wie sie in Tabelle 3.4 tabelliert sind. 7 (38,89%) Teilnehmer arbeiten in der Grundlagenforschung, wahrend 11 (61,11%) Teilnehmer in der angewandten Forschung arbeiten.

Es fallt auf, dass in beiden Stichproben Frauen unterreprasentiert sind. Dies ist darauf zuruckzufuhren, dass in der Wirtschaft wie auch in der Wissenschaft der Anteil der Frauen sehr gering ist[3].

3.2 Begrundung der qualitativen Methodik

Die qualitativ orientierte Methodenliteratur der letzten Jahre betont, dass qualitative Ansatze nicht als Gegenstuck zu quantitativen Verfahren, sondern als sinnvolle Erganzung gesehen werden sollen (vgl. Flick, von Kardorff & Steinke, 2005a; Mayring, 2002). Einerseits gewinnt die quantitativ orientierte Forschung durch qualitative Analyseschritte an Alltagsnahe und somit eine Annaherung an die subjektive Realitat der Untersuchten (Flick et al., 2005b). Andererseits wird die qualitativ orientierte Forschung erst durch die Kombination mit quantitativen Schritten uberprufbar und verallgemeinerbare Resultate konnen erzielt werden (Mayring, 2001). Beide Forschungsansatze profitieren somit von der Integration und Kombination beider Seiten.

[...]


[1] Siehe http://www.bmbf.de/pub/talent.pdf (abgerufen am 10.11.2008).

[2] Weitere Ausfuhrungen zum Konfliktgitter von Blake und Mouton (1964) s. Van de Vliert (1997).

[3] Vgl. Statistisches Bundesamt-„Im Blickpunkt: Frauen in Deutschland 2006" & US Census Bureau - "Statistical Abstract of the United States 2008".

Ende der Leseprobe aus 154 Seiten

Details

Titel
Konflikthandhabung von IT-Spezialisten
Untertitel
Ein interkultureller Vergleich
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Autor
Jahr
2008
Seiten
154
Katalognummer
V127496
ISBN (eBook)
9783640334834
ISBN (Buch)
9783640334476
Dateigröße
2633 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konflikthandhabung, IT-Spezialisten, Vergleich
Arbeit zitieren
Hülya Bayram (Autor:in), 2008, Konflikthandhabung von IT-Spezialisten , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127496

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