Das völkische Milieu. Zur Gründung der NSDAP


Studienarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Das völkische Milieu – München in den letzten Jahren des Krieges

2. Keimzelle Thule-Gesellschaft

3. Von der DAP zur NSDAP – Hitlers Aufstieg

4. Zusammenfassung

Quellen- und Literaturverzeichnis

Einleitung

Im Rahmen des Seminars „Weimar und der Aufstieg des Nationalsozialismus“ werde ich mich, gemäß dem Titel meiner Arbeit, mit dem völkischen Milieu Münchens und der Gründung der National-sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP beschäftigen. Ich werde versuchen herauszustellen, warum gerade München der ideale Nährboden war für eine Partei, die zunächst eher eine Stammtischrunde in einem Hinterzimmer eines Bierlokals war, unbedeutend und unbekannt, mit dem „Führer“ Adolf Hitler als Parteivorsitzender, jedoch in einem schwindelerregenden Tempo an die Macht strebte.

Im ersten Kapitel geht es mir um die gesellschaftlichen und milieu-typischen Zusammenhänge zwischen der Frühzeit der „Bewegung“ in München. Wie es aus diesem Brutkasten völkischer Ideen heraus zur Gründung der Thule-Gesellschaft kam, und was die Thule-Gesellschaft im Endeffekt zum Aufstieg des Nationalsozialismus beigetragen hat, werde ich im zweiten Kapitel erläutern. In Kapitel drei werde ich den rasanten Aufstieg Hitlers in der Deutschen Arbeiterpartei DAP skizzieren, und den damit gleichzeitig verbundenen Aufstieg der Partei selber darlegen. Beschließen werde ich meine Arbeit mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick.

Zur aktuellen Quellenlage und Forschungsliteratur wäre noch anzumerken, dass sich meines Wissens nach nur ein sehr kleiner Kreis von Historikern mit der Thule-Gesellschaft als DER Keimzelle der NSDAP konkret auseinandergesetzt hat. Oft wird sie nur beiläufig erwähnt, aber ihr Einfluss auf das nationalsozialistische Gedankengut kann und darf nicht unterschätzt werden. Besonders verdient um dieses Thema hat sich u.a. Nicolas Goodrick-Clarke mit seiner Dissertation über die Okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus (The Occult Roots of Nazism) gemacht, er selber forscht weiterhin nach Verbindungen, bzw. Berührungspunkten zwischen dem Nationalsozialismus und Esoterik/Okkultismus. Sehr hilfreich war auch das Faksimilie vom Buch: Bevor Hitler kam. Urkundliches aus der Frühzeit der nationalsozialistischen Bewegung, weil es die Ereignisse in München, wenn auch subjektiv und von daher vielleicht nicht immer wahrheitsgetreu und auch ideologisch verbrämt, doch unmittelbar von einem wichtigen Protagonisten wiedergibt.

1. Das völkische Milieu – München in den letzten Jahren des Krieges

Um die Geschichte des Aufstiegs der DAP von einer unbedeutenden Hinterzimmerpartei zu einer Massenpartei erster Güte nachzuvollziehen, muss man an den Anfang ihrer Geschichte zurückkehren, besser gesagt noch vor dem eigentlichen Anfang beginnen, und dieser Anfang liegt in München, genauer gesagt im München der letzten Kriegswochen des Jahres 1918.

Zur Zeit, da in Flandern die deutschen Soldaten weiterhin gegen ihre französischen, britischen und US-amerikanischen Gegner kämpften und nicht wussten, dass ihre obersten Führer eingesehen hatten, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war, tummelten sich in München, der Kunststadt, pulsierenden Metropole und Residenzstadt Bayerns etliche Gruppen, die alle eines gemeinsam hatten: Antisemitismus. Gerade nach der Oktoberevolution in Russland 1917, die neben vielen nichtjüdischen auch etliche jüdische Hauptprotagonisten (z.B. Trotzki, Sinowjew, Kamenew) hervorgebracht hatte, war man voll von Hass auf die angebliche Verbindung zwischen Judentum und Bolschewismus. Das alte Vertraute, die Monarchie, drohte zu zerbersten, wenn Juden am Werke waren, so war damals die einhellige Meinung in den verschiedenen Bünden, Zirkeln und Vereinen (wie z.B. im Hammerbund, Germanenorden, Neutempler-Orden, Guido-von-List-Gesellschaft etc.). Aus der benachbarten Donaumonarchie kamen die geistigen Väter dieser völkischen Logen und Bünde, darunter waren der Runenmystiker und Erforscher germanischer Urgeschichte Guido von List, der Ex-Mönch, Rassetheoretiker und Gründer des Ordo Novi Templi Jörg Lanz von Liebenfels (dieser, hatte nach eigener Aussage dem jungen Hitler persönlich, als dieser in Wien wohnte, Exemplare seiner Rassenmystik-Zeitschrift „Ostara“ großzügig überlassen[1] ). Man glaubte an die Überlegenheit der weißen, der „arischen“ Rasse, in ihr die Deutschen als edelste, man glaubte ebenso an die Degeneriertheit des Judentums, der Moderne und des Liberalismus überhaupt. Sozialismus wurde (anhand des abschreckenden Beispiels der Oktoberrevolution) als ein großes Übel abgetan, man huldigte dem reinen arischen Menschen und seinen Landesfürsten. Großen Einfluss hatten auf diese Menschen die beiden bekanntesten Rassetheoretiker der Zeit, Houston Stewart Chamberlain und Arthur de Gobineau, deren Schriften eifrig gelesen wurden und großen Anklang fanden.[2] Die Praktiken dieser Bünde reichten von simplen Gesprächsrunden bis hin zu kultisch-magischen Feiern. Nach außen hin hatte man seine eigenen Zeitschriften, um neue Mitglieder anzuwerben.

In diesem von Antisemitismus, Rassenmystik und Völkischen Utopien strotzenden Milieu, betrat nun Ende 1916 der obskure Esoteriker, adoptierte Adlige und türkische Staatsbürger Rudolf Freiherr von Sebottendorf die Bühne. Sebottendorf, alias Erwin Torre alias Adam Glauer[3] war ein weitgereiste und zwielichtige Gestalt. Er wurde wohl in Hoyerswerda geboren und gelangte als Jugendlicher in die Türkei, wo er die türkische Staatsbürgerschaft annahm und auch von einem Adligen namens Sebottendorf adoptiert wurde. Er kam nach München, weil er eine Anzeige des Germanenordens gelesen hatte, die ihn faszinierte.[4] Er trat daraufhin in den Germanenorden ein und wurde damit beauftragt den Orden wieder einer größeren Masse bekannt zu machen und neue Mitglieder anzuwerben, da kurz vor Sebottendorfs Eintritt eine Spaltung des Ordens stattgefunden hatte, und dieser nun daran darbte. Sebottendorf ging darauf gleich an die Arbeit und machte Werbung für den Germanenorden. Aufgrund seines Erfolges wurde er schließlich Ordenmeister von Bayern. Er selber sah dies als Glücksfall und Anfang der Nationalsozialistischen Bewegung.[5] Er sammelte Leute um sich, Deutsch-Völkische, Antisemiten, Okkultisten und allerlei zwielichtige Gestalten, rundum ein sehr heterogenes Gemisch aller Couleur. Am 18.August 1918 wurde schließlich im noblen Münchener Hotel Vier Jahreszeiten die Gründungsloge abgehalten, Thule-Emblem war ein Hakenkreuz mit Schwert und Eichenlaub.[6]

Kurze Zeit später begann man mit regelmäßigen Lesungen, gemeinsamen Exkursionen und Musikabenden, natürlich alles unter völkisch-antisemitischen Gesichtspunkten. Ein Mittel zur Rekrutierung bzw. zum „Neugierigmachen“ potentieller Mitglieder war das Hausblatt der Thule-Gesellschaft, der „Münchner Beobachter“, den Sebottendorf bereits Juni 1918 für 5000 Mark erworben hatte[7]. Dieses Blatt sollte später, als „Völkischer Beobachter“ das Parteiblatt der NSDAP werden.

Langsam scharte sich eine erlesene Gesellschaft Münchener Nationalisten und Antisemiten um die Thule. Im Endeffekt war die Thule-Gesellschaft in der Zeit der Kapitulation des Deutschen Heeres der Dachverband aller in München agierenden völkisch-antisemitischen Gruppen, man kannte sich also untereinander. Dieses noch recht beschauliche Vereinswesen (keiner konnte schließlich ahnen, dass man bald zur Waffe greifen müsste) sollte sich aber bald ändern, denn inzwischen war die deutsche Kriegsleitung kurz davor die Kapitulation zu unterzeichenen, und darüber hinaus gärte es im Reich. Matrosenaufstände, Sozialistische Revolutionsgelüste und die Abdankung der Wittelsbacher am 7.11.1918 als erstes Fürstengeschlecht in Deutschland traumatisierten die Gemüter der Deutsch-Völkischen. Am 9.11.1918 dankte der Kaiser ab und die Republik wurde ausgerufen, für die Thule der Startschuss zum Kampf gegen die Republik.

[...]


[1] Hamann, Brigitte: Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators, München 1996, S.317.

[2] vgl.: Chamberlain, Houston Stuart : Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts,

München 1899, und : de Gobineau, Artur: Essai sur l’inegalite des races humains, Paris 1853ff.

[3] Sebottendorf selber verschleiert seine Herkunft weitestgehend, sein Roman „Der Talisman des Rosenkreuzers“ (Pfullingen 1925) trägt zwar autobiographische Züge, ist jedoch nicht als gesicherte Biographie anzusehen.

[4] Goodrick-Clarke, Nicholas: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, London 1983/Graz 1997, S.126.

[5] Sebottendorff, Rudolf: Bevor Hitler kam. Urkundliches aus der Frühzeit der nationalsozialistischen Bewegungen. Original erschienen 1933 im Deukula-Verlag, München, als Faksimile abgedruckt in: Bevor Hitler kam. Drei Hauptquellen zur Ideengeschichte und Frühzeit des Nationalsozialismus, Roland Faksimile, Bremen 2000., S.40.

[6] die Thule-Gesellschaft war jedoch nicht die einzige Organisation, die das Hakenkreuz als Emblem führte, der Deutschvölkische Bund benutzte schon Anfang 1917 ein Hakenkreuz.

[7] Goodrick-Clarke, Nicholas: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, S.130.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das völkische Milieu. Zur Gründung der NSDAP
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Veranstaltung
Weimar und der Aufstieg des Nationalsozialismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V127402
ISBN (eBook)
9783640348398
ISBN (Buch)
9783668146136
Dateigröße
479 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Milieu, Gründung, NSDAP
Arbeit zitieren
Christian Pötsch (Autor:in), 2007, Das völkische Milieu. Zur Gründung der NSDAP, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127402

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