Die Legende vom Engel und Waldbruder – Gottes Botschafter mordet!?


Hausarbeit, 2007

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1 Einleitung

2 Die Legende vom Engel und Waldbruder
2.1 Was der Legende nach geschah
2.2 Der Engel
2.3 Der Waldbruder

3 Die Lektion und Rechtfertigung
3.1 Text und Wirkung
3.2 Gerechtigkeit - Ungerechtigkeit
3.3 Traum oder Wirklichkeit?

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Ziel dieser Hausarbeit soll sein, die altdeutsche Übersetzung „Die Legende vom Engel und Waldbruder“ von Anton E. Schönbach genauer zu beleuchten. Zunächst gebe ich die Handlung der Legende wieder, gehe dann auf die beiden Protagonisten und ihre Aktivitäten näher ein, um dann zu versuchen die Intension des Textes zu erarbeiten. Zum Schluss komme ich zu einem Fazit.

2 Die Legende vom Engel und Waldbruder

Die Legende vom Engel und Waldbruder, wie sie Anton E. Schönbach nennt, ist eine altdeutsche anonyme Verserzählung und umfasst 498 Zeilen. Die hier behandelte Fassung von Anton E. Schönbach befindet sich in der Handschrift Nr. 2953 der kaiserlichen Hofbibliothek in Wien, Blätter 124a bis 139a und ist dort als „Rythmi de Eremita“ verzeichnet. Die Veröffentlichung fand 1901 in „XII. Mitteilungen aus Altdeutschen Handschriften“ statt. Die Thematik ist jüdischen Ursprungs, was Gaston Paris in seiner Abhandlung „ La poésie du moyen âge“ 1885 bereits nachgewiesen hat. So soll bereits im 3. Jh. n. Chr., Josua ben Levi der Held der Erzählung gewesen sein.1 Das Motiv wurde ebenfalls im christlichen Mittelalter von verschiedenen Gelehrten aufgegriffen und bearbeitet. Laut Stede hatte die „Vitae patrum“ und die im 13. Jahrhundert entstandene deutsche Rezeption im „Väterbuch“ maßgeblich zur Tradierung des behandelten Stoffes im Mittelalter beigetragen.2 Wie es für ein Märe auch üblich ist, beinhaltet sie eine Belehrung für den Leser.3 In diesem Märe wird die Vorstellung über Gottes Fähigkeiten und sein Handeln aufgezeichnet und daraus ein Ideal herausgestellt, woraus sich die Lehre ablesen lässt.

2.1 Was der Legende nach geschah

Ein Einsiedler, der gottergeben in einem einsamen Wald lebt wird von einem ihm nicht zu erkennenden Engel, da er in Räubergestalt auftaucht, aufgesucht. Dieser brennt seine Klause nieder und zwingt den Waldbruder, ihn zu begleiten. Der folgt ihm eingeschüchtert aus Angst um sein Leben. Als Mönche verkleidet begeben sie sich auf ihre erste große Tagesreise. Sie kommen zu einer schönen Burg und bitten den Burgherrn um Unterkunft, der sie gerne und reichlich bewirtet. Der Herr und seine Frau haben ein 3 jähriges Kind, welches sie sehr lieben und mit dem sie sich tagtäglich befassen. Am nächsten Morgen tötet der Engel das Kind, in dem er es in einen Kessel mit kochendem Wasser wirft und flieht anschließend mit dem Einsiedler. Am Ende der zweiten Tagesreise kommen sie in eine schöne Stadt und gehen in eines der bewohnten Häuser. Dort werden sie zunächst von einem Knecht hinausgeworfen, bekommen dann

dennoch nach erneutem Fragen eine Unterkunft und eine Kleinigkeit zu essen. Der Hausherr gibt dem Gast zu Ehren aus einem goldenen Trinkbecher zu trinken. Der Engel stiehlt den Becher unbemerkt und am nächsten Morgen fliehen die beiden erneut. Am Ende der dritten Tagesreise kommen sie in eine herrliche und reiche Stadt, wo sie in einem herrschaftlichen Haus um Aufnahme für die Nacht bitten. Der Hausherr droht ihnen mit Gewalt, wenn sie nicht verschwinden würden, doch auf Nachfrage seitens der beiden dürfen sie unter der Treppe schlafen, bekommen von ihm jedoch nichts zu essen. Am nächsten Morgen bedank sich der Engel beim Hausherrn für die Schlafmöglichkeit, indem er ihm den goldenen Becher schenkt. Dieser nimmt den Becher erfreut an, jagt die beiden aber als Betrüger unfreundlich aus dem Haus. Auf ihrem nächsten Halt kommen sie zu einem alten, reichen und tugendhaften Krämer und seiner gottesfürchtigen Frau, die sie sehr gut bewirten. Der Engel erzählt als Dank für das gute Essen ein schönes Maere, das den Krämer sehr berührt und fasziniert. Der Engel bittet, dass er den Schreiber des Hauses mitnehmen dürfte, der ihnen den Weg weisen solle. Er geht mit und sie kommen an eine hohe Brücke, wo der Engel den Schreiber in den Tod hinabstürzt. Als die beiden Reisenden auf einer Heide rasten versucht der Engel sich zu erkennen zu geben und beginnt dem Waldbruder seine Taten zu erklären, damit er ihm als Engel Glauben schenkt. Das Kind tötete er, da seine Eltern es zu sehr liebten und sich somit von Gott entfernten. Da es nun tot ist, können sie sich wieder ganz Gott widmen und gehen somit in die Ewigkeit ein. Den goldenen Trinkbecher stahl er dem Mann, damit er in das Himmelreich einkehre und das einzige Hindernis - den in unrechtmäßigem Besitz befindlichen Becher - nun los war. Der reiche Mann jedoch, dem er den Becher schenkte, der war bereits durch seine Schlechtigkeit verloren, durfte sich noch einmal auf Erden an dem Becher erfreuen, da er verdammt ist in alle Ewigkeit. Der Schreiber, den er von der Brücke stürzte, begehrte die Frau des Krämers und hätte sie somit alle in Ungnade gestürzt. Dies konnte durch seinen Tod verhindert werden und das Seelenheil blieb ihnen erhalten. Die Taten konnten jedoch alle nur geschehen, weil Gott zornig auf den Einsiedler war, da dieser um den Anblick Gottes gebetet hatte. Anstelle von Gott erschien ihm der Engel, der dem Einsiedler mitteilte, dass er nun aufhören soll um den Anblick Gottes zu beten und besser um das ewige Leben bäte. Gott gäbe sich ihm zu erkennen, wenn er dies drei Jahre lang tun würde. Der Einsiedler schläft erschöpft in der Heide ein und erwacht, geweckt durch eine Stimme, in seiner Klause, die keine Anzeichen von einem Brand zeigt und dient Gott die drei Jahre. Dann stirbt er erfüllt und erfährt die ewige Freude in Gottes Himmelreich.

2.2 Der Engel

Der Engel ist als Gottes Botschafter bekannt und vermittelt zwischen Gott und den Menschen. Eine der Botschaften von Gott an die Menschheit war z.B. die Verkündigung an Maria (in Lk 1, 26-38), wofür Gott den Boten Gabriel in Engelsgestalt auf die Erde schickte. Der Gesandte Gottes erscheint in der vorliegenden Legende für den Einsiedler zunächst inkognito und ist nur für den Leser als Engel zu erkennen gegeben (ein hôher engel vuor ze stet, Zeile 28). Er erscheint nicht in engelhafter Gestalt, sondern wird als unfreundlicher Räuber dargestellt, der dem Waldbruder durch sein bedrohliches Benehmen in Schrecken versetzt, seine Hütte niederbrennt und dem Waldbruder anschließend den Mord an zwei Mönchen gesteht. Das Bild vom Gott gesandten guten Engel wird hier also erst einmal auf den Kopf gestellt. Der Engel nennt sich, nachdem er sich als Mönch verkleidet hat und nicht mehr wie ein Räuber, sondern wie ein Heilgier aussieht, Bruder Gemelîch, was soviel heißt wie „Bruder lustig“ oder „Bruder ausgelassen fröhlich“. Diese Benennung könnte nun wiederum einen sarkastischen Unterton beinhalten, da der Engel zunächst sehr rabiat und unfreundlich auftritt, was sich auch während des Verlaufs seiner Präsenz nicht ändert. So könnte der Leser meinen, dass es sich hier bei der Benennung des bösen Engels eher um einen „schlechten Scherz“ handelt oder dass der Engel als solches nicht erst zu nehmen ist. Der Engel geht mordend und stehlend durch die Geschichte, zeigt keinerlei Mitgefühl mit den Betroffenen auch nicht für seinen Begleiter. Der Leser wird stutzig, wurde ihm doch zu Beginn ganz klar ein Engel vorgestellt, dem nun jegliche Engel-Attribute fehlen, die einen Boten Gottes ausmachen. Erst zum Ende hin, gibt sich der Engel dem Waldbruder zu erkennen und auch der Leser kann aufatmen. Hat er sich doch nicht geirrt einen Engel in der Legende vor sich zu haben. Die Erklärungen des Engels zu den einzelnen Taten sollen nun wieder seine Sympathien zurückgewinnen, denn sie sind von Gott so gewollt gewesen. Dennoch bleibt ein Eindruck zurück, dass dieser Engel, der Gottes Werkzeug ist, trotz der Erklärungen die Gewalt weiterhin verkörpert. Gott verbleibt im Hintergrund und ihm kann die Gewalttätigkeit nicht unmittelbar zur Last gelegt werden, denn Initiator war der ungehorsame und zweifelnde Waldbruder. Das Gefühl bleibt ambivalent. Der Engel hat im Auftrag des Herrn gemordet und gestohlen, verfolgte jedoch Gottes heilsame Absichten.

[...]


1 Euling, Rohde Rezeption

2 Stede, Schreiben in der Krise

3 Köpf, Märendichtung

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Legende vom Engel und Waldbruder – Gottes Botschafter mordet!?
Hochschule
Universität zu Köln
Veranstaltung
Engel und (himmlische) Botschaften: Die Kommunikation mit dem Transzendenten in der mittelalterlichen Literatur
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V126846
ISBN (eBook)
9783640335305
ISBN (Buch)
9783640335756
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Legende, Engel, Waldbruder, Gottes, Botschafter
Arbeit zitieren
Nicola Lehmann (Autor:in), 2007, Die Legende vom Engel und Waldbruder – Gottes Botschafter mordet!?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126846

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