Begründung der Menschenrechte: Gerechtigkeitsprinzipien


Term Paper, 2009

35 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort

2 Was sind Menschenrechte?
2.1 Merkmale
2.2 Moral
2.3 Anriss einer Begründung
2.4 Kultur

3 Entstehung der Menschenrechte auf politisch-gesellschaftlicher Ebene
3.1 England
3.2 Amerika
3.3 Frankreich
3.4 Deutschland
3.5 Menschenrechte im modernen Völkerrecht

4 Begründung der Menschenrechte
4.1 Grund und Inhalt des Begriffs der Menschenwürde
4.2 Diskurstheoretische Begründung universaler Menschenrechte bei Alexy
4.3 Göttlicher Ursprung (Frühzeit)
4.4 Ordnung bei Platon
4.5 Unterscheidungen bei Aristoteles
4.6 Kontraktualitische Erklärung
4.7 Die transzendentale bzw. transzendentalpragmatische Begründung
4.8 Der Kantische Ansatz
4.9 Naturrecht und Menschenrechte – Stationen des Naturrechtsgedankens
4.9.1 Naturrecht in der Antike
4.9.2 Platon, Aristoteles, Sokrates, und Kallikles
4.9.3 Cicero
4.9.4 Thomas von Aquin: Summa Theologica (90-105)
4.9.5 Hugo Grotius: De iure belli ac pacis (1625)
4.9.6 Thomas Hobbes: Leviathan (1651)
4.9.7 Samuel von Pufendorf
4.9.8 Politische Gerechtigkeit oder Naturrecht?

5 Gerechtigkeitsprinzipien
5.1 Verfahrensgerechtigkeit
5.2 Drei Grundsätze
5.2.1 Lebe Ehrenhaft
5.2.2 Tue niemandem Unrecht
5.2.3 Gewährleiste jedem das Seine
5.3 Strafgerechtigkeit
5.3.1 Definition
5.3.2 Strafe normieren
5.3.3 Strafe legitimieren
5.3.4 Strafe aufheben
5.4 Soziale Gerechtigkeit
5.4.1 Tauschgerechtigkeit
5.4.2 Ausgleichende Gerechtigkeit
5.4.3 Gerechtigkeit zwischen den Generationen
5.4.4 Gerechtigkeit und Solidarität
5.4.5 Gerechtigkeit gegen Tiere
5.5 Gerechtigkeit im Pluralismus
5.6 Globale Gerechtigkeit
5.6.1 Eine föderale Weltpolitik
5.7 Gemeinsinn und Freundschaft
5.7.1 Fürsorgearbeit als politisches Schlüsselthema

6 Was mit den Begründungsstrategien noch nicht geleistet ist

7 Eigene Stellungnahme

Literaturverzeichnis

1 Vorwort

Das Thema Menschenrechte und die mit ihr verwobenen Probleme der Begründung und der Universalisierbarkeit rücken heutzutage mehr denn je ins Interesse der Öffentlichkeit. Der Forderung nach Wahrung der Menschenrechte wird immer mehr Nachdruck verliehen, jüngst besonders durch Diskussionen, die seit den Olympischen Spielen in Peking 2008 (China weigert sich allgemeine Menschenrechte anzuerkennen) entfacht wurden (Unterdrückung Tibeth´s), und dem US Gefängnis Guantanamo. Auch die Konflikte der zerfallenen Sowjetunion, in Afrika und dem Balkan zeigen die aktuelle Notwendigkeit der Problembehandlung. Auch heutzutage – man mag es kaum glauben – werden immer noch Menschenrechte mit Füßen getreten. Dabei gebührt jedem Menschen das Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit, sowie der Freiheit von Not und von Furcht. Die Charta der Vereinten Nationen stellte 1945 die Verbindung von Weltfrieden und dem Bekenntnis an die Grundrechte her, was kurz darauf in 1948 zur Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte führte. Dadurch gewinnt die Diskussion um die Menschenrechte einen politischen Charakter von internationalem Rang. Somit gewinnen die Menschenrechte einen Anspruch auf Universalität, und gelten ab sofort für alle Menschen auf der Welt ohne Unterschied. Das sich hieraus ergebende Problem besteht darin, dass die einzelnen Staaten diese auch anerkennen müssen. Nicht selten gibt es Stimmenthaltungen (z. B. bei Abstimmung über die Menschenrechtsdeklaration der UN). Das Dilemma des Geltungsanspruchs der Menschenrechte zeigt sich beim Anspruch dieser auf Universalität. Entweder sie gelten für alle, oder es sind keine Menschenrechte. Die Frage die sich hier im Weiteren ergibt, ist die, inwieweit sich Menschenrechte des Westens im Osten durchsetzten lassen / anerkannt werden. Die Frage nach ihrer Geltung hat zugleich auch die Frage nach der Begründung aufgeworfen. Ihre Begründung erweist sich als eine Notwendigkeit der Globalisierung, da diese die Tragweite und Grenzen der Menschenrechte aufzuweisen imstande ist. Begründete Menschenrechte würden bei einer Verletzung einklagbar werden, d. h., wenn gegen sie verstoßen würde, können sie argumentativ eingefordert werden. Somit macht die Begründbarkeit die Menschenrechte diskursfähig. Wie aber sollen universelle Menschenrechte begründet werden? Es besteht keine einheitliche Weltmoral, sondern nur eine partikulare, was uns zu der Frage führt, wie das Partikulare mit dem Universalen zu vermitteln ist. Weitergehend können wir uns fragen, ob dem Menschen nicht nur Rechte zukommen, sondern ob er im Gegensatz nicht auch gewisse Pflichten zu erfüllen hat. Werden vielleicht im Westen die Freiheiten des einzelnen auf Kosten der sozialen Pflichten überbetont? Wird der Menschenrechtsgedanke vielleicht zu sehr durch haarfeine Artikulationen überladen, der dann in einer Unübersichtlichkeit mündet, dessen erhobene Forderung auf ein Menschenrecht es zu prüfen gilt, was uns dann zu einem scheinbar sinnvollen Minimalismus führen würde? Und wenn man sich auf einen Minimalismus einigt, muss jemand für die Einhaltung und Erfüllung der Gerechtigkeits-prinzipien Sorge tragen.[1] Dieser Aufgabe muss sich der Staat annehmen. Denn, dass auf der Welt Gerechtigkeit herrscht, ist seit jeher das Leitziel der Menschheit. Dabei muss man jedoch beachten, dass in anderen Kulturen auch andere Rechtsansichten vorherrschen. Dieser rechts-ethische Relativismus lässt eine epochen- und kulturunabhängige Gerechtigkeitsvorstellung der Weltgemeinschaft doch recht wage erscheinen. Dahingehend muss man sich fragen, ob es gerecht ist, wenn Arbeiter in China während der Arbeit nicht versichert sind, und dort z.B. auch keine Presse- oder Meinungsfreiheit herrscht. Ist solch staatliches Verhalten rechtens? Kann man vielleicht Gerechtigkeit auf einen göttlichen Ursprung zurückführen, den gerechten Gott Israels?[2] Welche Gerechtigkeitsprinzipien gab es und gibt es, und welcher Gedanke legte den Grundstein für die heutigen Menschenrechte?

2 Was sind Menschenrechte?

2.1 Merkmale

Menschenrechte sind westlichen und nachaufklärerischen Ursprungs. Menschenrechte sind individuell, angeboren bzw. vorstaatlich, unveräußerlich und haben universale Geltungskraft.

2.2 Moral

Die Unterzeichnung einer Menschenrechtserklärung geschieht durch eine Selbstverpflichtung heraus. Daher haben Menschenrechte einen moralischen Status. Dem Staat kommt dann die Verpflichtung zu, die Menschenrechte in der Verfassung zu verankern und zu verwirklichen. Dadurch erhalten Menschenrechte einen juristischen Status, z.B. in Form der Bürgerrechte.

2.3 Anriss einer Begründung

Eine Begründung geht immer von bestimmten Prämissen aus, und folgt klaren Denkregeln. Ihre Prämissen, sowie auch der Weg zur Konklusion müssen akzeptabel sein. Argumente sind universalistisch, was bedeutet, dass deren (mangelnde) Akzeptanz nicht von einem bestimmten Klientel abhängt. Eine Argumentation ist triftig, oder sie ist es nicht.

2.4 Kultur

Eine Begründung der Menschenrechte hängt davon ab, ob sich eine Kultur dafür allgemein herausbilden kann. Eine Begründung ist notwendig, jedoch keine hinreichende. Eine gute Begründung heißt jedoch noch lange nicht, dass sich ein System in der Gesellschaft etablieren lässt.[3]

3 Entstehung der Menschenrechte auf politisch-gesellschaftlicher Ebene

3.1 England

Die Habeas-Corpus-Akte von 1679 bringt in England den entscheidenden Durchbruch hervor, indem sie Menschenrechte als Freiheitsrechte formuliert, und die Entwicklung der Menschenrechte als Individualrechte forciert, als da z.B. wären, die Unverletzlichkeit der Person und des Eigentums.

Doch kommen diese Rechte nicht dem einzelnen Menschen grundsätzlich zu, sondern nur insofern er einem bestimmten Stand angehört. Die Magna Charta Libertatum als Herrschaftsbegrenzungs-vertrag hingegen will nicht abstrakt abgeleitete Rechte formulieren, sondern die Größenverhältnisse zwischen dem König und seinen Untertanen regeln. In der Habeas-Corpus-Akte kommen die in ihr enthaltenen Rechte einem aufgrund seiner Individualität zu. Bei der Magna Charta Libertatum kommen sie einem aufgrund seiner Standeszugehörigkeit zu.

3.2 Amerika

Später dann in 1776 wir der Gedanke aus England nach Amerika übertragen, der zur Gründung des Grundgesetzes von Virginia, der Virginia Bill of Rights führte, und unter anderem die Rechte auf Leben, Freiheit und Eigentum beinhaltet. Desweiteren werden noch das Recht auf Versammlungsfreiheit, das Freizügigkeits- und Petitionsrecht, der Anspruch auf Rechtsschutz und ein eingeschränktes Wahlrecht hinzu. Neben der Tatsache, dass die Rechte benannt werden, ist neu, dass sie auch begründet werden, und zwar, dass sie jedem Menschen von Natur aus zukommen. Diese angeborenen Rechte können einem nicht mehr entzogen werden. Menschenrechte sind in ihr ab sofort unveräußerlich. Durch die Einbindung in das Verfassungssystem trägt dies zwar zu einer nach Menschenrechten orientierten Gesetzgebung bei, doch tritt zugleich die naturrechtliche Begründung der Menschenrechte in den Hintergrund, sodass sie weniger universell, denn verfassungsrechtliche Grund- und Bürgerrechte eines Staates sind. Problem ist hier, dass die Menschenrechte nicht in der Natur des Menschen begründet sind, sondern einem Menschen nur aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einem Staat zukommen. Hier kommt es zu einer Kollision zwischen staatsrechtlicher Manifestation und universellem Menschenrechtsgedanken.

3.3 Frankreich

In Frankreich fordert die declaration des droits de l´homme et du citoyen wie das amerk. Vorbild: Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung. Auslöser war der Aufstand gegen das alte Regime. Der Unterschied zur amerik. besteht darin, dass die Menschenrechte nicht an einen einzelnen Staat gebunden werden, sondern universell in allen Menschen begründet sind. Allerdings hat das den Nachteil, dass sie so nur schwer einklagbar sind. In der späteren Charte constitutionelle Lous´XVIII von 1814 werden die Menschenrechte wieder staatsbürgerlich (Die Franzosen sind vor dem Gesetz gleich).

3.4 Deutschland

In Deutschland treten 1814 zunächst Grundrechtskataloge in Kraft, die dann 1848 in den Grundrechten des deutschen Volkes münden. Auch hier sind politische Revolutionen der Motor für die Entstehung. 1851 werden die Grundrechte dann wieder außer Kraft gesetzt, sodann tritt die naturrechtliche Begründung in den Vordergrund. Wegen der ständig wechselnden Begründungs-auslegung versuchte Amerika in seiner Unabhängigkeitserklärung die Menschenrechte durch den Schöpfer zu deklarieren, um sie als unveräußerlich zu begründen. Dem Staat kommt dann die Aufgabe zu, auf deren Einhaltung zu achten. In dieser Konstellation hätten die Menschenrechte nur Gültigkeit, wenn eine gewisse Glaubenstradition vorausgesetzt wird. Zur Zeit der französischen Revolution war dies nicht mehr der Fall, man begründete die Menschenrechte anhand ihrer Funktion zur Vermeidung von Unrecht. W. Hirsch nennt diese Begründung theologisch, während man die amerik. als quasi-aitiologisch bezeichnen kann. Diese Begründung durch den Zweck verschärft sich weiter in der Menschenrechtserklärung der UN im jetzigen Jahrhundert.[4]

3.5 Menschenrechte im modernen Völkerrecht

Die Charta der Vereinten Nationen von 1945 nahm unter Berufung auf Roosevelt die Freiheit der Rede und der Meinung, des Glaubens und der Not und Furcht als Satzung gegen den Krieg in der Welt auf. Der Weltfrieden sollte damit aufrecht erhalten werden, sowie auch die internationale Sicherheit gefördert werden sollte. In der Charta findet man die Begründung der Grundrechte des Menschen in der Würde liegend und dem Wert der menschlichen Person. Dazu aber mehr in Punkt 4.1. Menschenrechte sind ab sofort nicht mehr Privatsache der Einzelnationen, sondern sie sind von einer organisierten Staatengemeinschaft auf die zwischenstaatliche Ebene gehoben. Man war sich einig, dass das Menschenrechtsbekenntnis inhaltlich gefüllt werden musste. Somit entstand die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte im Jahr 1948 und wurde von 159 Mitgliedern unterschrieben. Diese Menschenrechte sind für alle Menschen auf der ganzen Welt ohne Unterschied gütig. Sie beanspruchen Universalität. Der Iran wägt indes 1997 ein, dass die Kodifizierung universell geltender Menschenrechte bestimmter humanistischer und säkularer Geistesrichtung entstammt, in der der Mensch als Individuum und selbstzentriertes Wesen gedeutet wird, dabei aber völlig die Probleme, die bei der Ausformulierung der Menschenrechte entstehen, übersehen werden. Es wird der westlichen Vorstellung das islamistische Weltbild entgegengesetzt. Es heißt, es wurden Grenzen und Normen individueller Freiheit, sowie ihr Verhältnis zu den sozialen Rechten und Pflichten übersehen. Der Islam habe einen stärker ausbalancierten anthropologischen Ansatz, und weiter, so heißt es, ist es ein Ansatz, wonach sich seine spirituelle und materielle Entwicklung in einer Gemeinschaft vollzieht. Nicht nur der Islam zeigt eine restriktive Haltung zu den Menschenrechten, auch andere Staaten, legten nur Lippenbekenntnisse ab, und stellen sogar die Unteilbarkeit und Universalität in Frage. Ein Bekenntnis aber allein genügt nicht. Zu fragen ist auch, welchen Rang die Menschenrechte gegenüber den wirtschaftlichen Interessen einnehmen. Wird der Mensch eher als Einzelperson gesehen, oder gelten Menschenrechte mehr im Kollektiv? Die Schwäche einer pauschalen Bekenntnis liegt also in einer Ungenauigkeit. Sollten universell geltende Menschenrechte daher nicht auf einer normativen Plattform gefordert und eingeklagt werden, damit hinter die bloße ideelle Forderung der Universalität gefragt werden kann? Eine Begründung muss folgendes leisten: 1. Menschenrechte einsichtig zu machen, und 2. durch einsichtige Begründung werden im Falle der Verletzung der Menschenrechte diese einklagbar.[5]

In der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte der UN sind der eigentlichen Verkündigung sieben Punkte vorangestellt, welche die Notwendigkeit einer Erklärung begründen sollen. Diese ist jedoch fraglich, weil das einleitende kausale „da“ vorangeht. Daher erscheinen die ersten drei der sieben Punkte eher als Setzungen oder Forderungen. Die Schaffung der Welt, in der der Mensch in Freiheit leben kann, ist höchstes Bestreben der Menschheit. Im wesentlichen sollten die Menschenrechte durch geltendes Recht geschützt werden, und ebenso wesentlich ist die Förderung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Nationen. Diese Angaben sind eher Zielangaben als Begründungen. Die übrigen vier Punkte können weniger als Begründung, sondern mehr als ein Konsens angesehen werden. Im ersten Punkt soll die Anerkennung der Menschenwürde Grundlage der Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden auf der Welt sein. Genügt es denn wirklich schon die Universalität durch die Anerkennung der menschlichen Würde zu begründen? Eine wirkliche Begründung findet sich jedoch auch nicht in den weiteren Punkten, die Menschenrechte durch Glauben zu bekräftigen und zu beschließen. Hierbei ist unsicher, worauf sich Glaube stützt. Auch in Bezug der Verwirklichung der Menschenrechte durch die Staaten bleibt eine Begründung offen, denn es heißt lapidar, dass sie sich dazu verpflichten. Somit verbleibt die Realisierung der Menschenrechte auf einem Konsens zwischen den Staaten. Dies wird nochmal in dem letzten Punkt deutlich, der „für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung“ auf die Verwirklichung der Menschenrechte die „gemeinsame Auffassung über diese Rechte und Freiheiten“ als zentral ansieht. In diesem Licht erscheinen Menschenrechte nur als ein Ideal. Wenn Menschenrechte angesichts geistes- und kulturgeschichtlicher Anschauungen nicht begründbar und universalisierbar sind, dann können sie vielleicht auf der Grundlage des guten Willens dies werden. Universalität besteht dann nur solange, wie alle übereinstimmen. Allerdings liegt dann keine echte Begründung der Universalität vor. Wenn der gute Wille entfällt, ist er somit auch nicht mehr Begründung der Menschenrechte. Ohne die Begründung bleiben sie jedoch wieder nur ein Ideal. Erscheinen vielleicht die Einklagbarkeit und die universelle Begründung als unmöglich? Erstere setzt staatsrechtliche Konkretisierung voraus, letztere ist mit einer staatsrechtlichen Verankerung nicht zu leisten. Abhilfe soll hier die 1950 geschlossene Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten schaffen. Dann richtet sich die Rechte einklagende Person an die Europäische Mesnchenrechtskommission, wenn innerstaatlich Mittel ausgeschöpft sind. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn der Staat, gegen den geklagt wird, die Zuständigkeit dieser Kommission auch gebilligt hat. Im Jahr 1966 wurden dann von der UN zwei neue Pakete vorgelegt, die für die unterzeichnenden Staaten verbindlich sind. Eine erste wichtige Unterscheidung ist die Trennung von Freiheitsrechten und sozialen Rechten. Letztere ist nur eine Erfüllpflicht, insofern der Staat in der Lage ist, diese zu erfüllen (Beispiel 3. Welt Länder).

Im 19. Jahrhundert bildete sich die erste Gruppe heraus, die klassischen Freiheitsrechte, die Individual- und Abwehrrechte des Individuums. Im 20. Jahrhundert formierte sich die zweite Gruppe heraus, die der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. Auch die Teilhaberechte (Recht an der Mitwirkung am politischen Leben) gehören dazu. Die Dritte Gruppe beinhaltet die Existenzrechte und das Recht auf Leben und Überleben. Die ersten beiden Gruppen beziehen sich auf den einzelnen Menschen, die letzte Gruppe an Völker oder Staaten, und werden daher auch kollektive Menschenrechte genannt. Die klassischen Freiheitsrechte fallen in die Kategorie des status negativus, weil sie Abwehrrechte gegenüber dem Staat sind. Status activus bezeichnet die politischen Teilhaberechte. Die sozialen Menschenrechte entsprechen dem status positivus, da sie in Leistungsbezug zum Staat stehen. Die in der ersten Gruppe enthaltenen Rechte (Justizgrundrecht, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Wahlrecht) können als Verbotsnorm gegen den Staat formuliert werden. Die Rechte aus der zweiten Gruppe (Recht auf Arbeit, soziale Sicherheit, angemessener Lebensstandard, Schulbildung) sind gerichtlich kaum zu überprüfen, als Orientierung können lediglich Gebotsnormen herangezogen werden. Als Ideal versteht man die, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Natur, deren Umsetzung an Aktualität nicht verliert. Aus dieser Differenzierung wird ersichtlich, dass man Menschenrechte nicht ausschließlich positiv juristisch verstehen darf. Dahingegen ist den wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen Rechten eine ethische Dimension anzuheften. Sie sind zwar juristisch formulierbar, jedoch gerichtlich nicht ohne Weiteres einklagbar. Diese Zwiespältigkeit macht den Klärungsbedarf deutlich. Welches Kriterium lässt sich für eine Begründung der Menschenrechte anbringen, wenn eine bloße Umschreibung nicht genügt?Auch führt eine deduktive Ableitung der Menschenrechte nicht zur erhofften Universalitätsanerkennung.[6]

Der ehemalige Außenminister der BRD, Joschka Fischer, propagierte 1998 eine wirtschaftliche und politische Bedeutung der Menschenrechte, und bezeichnet sie als Basis einer weltweit zu verwirklichenden umfassenderen Freiheitskultur. Er versteht Menschenrechte im Weiteren als universales Wertefundament. Aber gibt es überhaupt einen weltweiten Wertekonsens, und sind die Menschenrechte sein Fundament? Wer diese Frage negiert, gibt oft als Begründung die kulturelle Verfasstheit zuwider. Dieser philosophische Diskurs über die Grenzen moralischer Wertesysteme wird zur Zeit von Repräsentanten der universalen, und denen der lokalen Moral geführt. Die heutigen vorbildlichen Menschenrechtserklärungen basieren auf naturrechtlich-philosophischen Entwürfen des 17. Jahrhunderts. Man bezog sich bei ihren Überlegungen vor allem auf die Natur des Menschen, zu dieser Thematik aber noch mehr in Punkt 5.[7]

4 Begründung der Menschenrechte

4.1 Grund und Inhalt des Begriffs der Menschenwürde

Die Menschenwürde ist unantastbar. Das besagt das Grundgesetz der BRD und stellt das Prinzip der Menschenwürde ins Recht, wobei sein Gehalt allerdings nicht immer klar ist. Aber was bedeutet „unantastbar“? Dabei ist die interkulturelle Gültigkeit ebenso zu berücksichtigen, wie die säkulare Auslegungsweise, d. h., der Verzicht auf religiöse sowie weltanschauliche Vorgaben. Ebenso muss auch der methodische Rang der Menschenwürde behandelt werden, ihr Charakter als ein schlechthin erstes Prinzip. Die Menschenwürde lässt sich für einen religiös und weltanschaulich neutralen Staat rein säkular begründen, und ebenso auch auslegen. Man kann sagen, Menschenwürde kommt der inhärente Wert zu, der die Heiligkeit menschlichen Lebens ausmacht. In methodischer Hinsicht gehört die Menschenwürde zu jenen höchsten Prinzipien, bei denen die üblichen Formen philosophischer und wissenschaftlicher Argumentationen versagen. Menschenwürde als Prinzip wird im strengen Verständnis als Axiom verstanden. Im philosophischen Verständnis bedeutet es: „Bedingung der Möglichkeit von...“ Beim mathematischen Axiom sind diese widerspruchsfrei und voneinander abhängig. In der Philosophie will die Menschenwürde als Axiom entdeckt und anerkannt werden. Die Menschenwürde ist demzufolge zwar kein höchstes Denkwohl, wohl aber ein höchstes Moral- und Rechtsprinzip, welches uns dazu anleiten soll, dass Menschen sich nicht gegenseitig bekriegen. Die Menschenwürde ist also sozusagen ein Leitprinzip von Moral und Recht und nicht einfach nur ein Grundsatz, und schon gar keine biologische Eigenschaft.

[...]


[1] Vgl. Saberschinsky, Alexander, Die Begründung universeller Menschenrechte 13-16.

[2] Höffe, Otfried, Gerechtigkeit, Eine philosophische Einführung 9-11.

[3] Vgl. Kesselring, Thomas, Referat: Universale Menschenrechte – Begründungsstrategien 1-2.

[4] Vgl. Saberschinsky, Alexander, Die Begründung universeller Menschenrechte 367-374.

[5] Vgl. Saberschinsky, Alexander, Die Begründung universeller Menschenrechte 374-378.

[6] Vgl. Saberschinsky, Alexander, Die Begründung universeller Menschenrechte 378-383.

[7] Vgl. Lohmann, Friedrich, Zwischen Naturrecht und Partikularismus 7-11.

Excerpt out of 35 pages

Details

Title
Begründung der Menschenrechte: Gerechtigkeitsprinzipien
College
University of Osnabrück  (Katholische Theologie)
Course
Kirche - Anwältin der Menschenrechte -
Grade
1,0
Author
Year
2009
Pages
35
Catalog Number
V126647
ISBN (eBook)
9783640328079
ISBN (Book)
9783640328086
File size
544 KB
Language
German
Keywords
Begründung, Menschenrechte, Gerechtigkeitsprinzipien
Quote paper
Manuel Berg (Author), 2009, Begründung der Menschenrechte: Gerechtigkeitsprinzipien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126647

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