Auswirkungen von Stress und Stressbelastungen innerhalb der Schule und wie sich diese beheben lassen


Zwischenprüfungsarbeit, 2006

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmung „Stress und Stressbelastung“
2. 1 Eu-Stress und Dis-Stress
2. 2 Hormonelle Regulation des Stresses
2. 3 Sinn und Zweck von Stress (und was daraus entstehen kann)
2. 4 Stress in psychosozialer Funktion
2. 5 Selbstwertgefühl und Selbstkonzept

3 Stress in der Schule oder im Schulunterricht
3. 1 Fallbeispiel des Schülers Robert K
3. 2 Analyse des Fallbeispiels
3. 3 Möglichkeiten der Stressbewältigung aus dem Fallbeispiel
3. 4 Weitere Möglichkeiten der Stressbewältigung (Prävention)

4 Methoden der Stressbewältigung
4. 1 Autogenes Training
4. 1. 1 Die Unterstufe des Autogenen Trainings
4. 1. 2 Die Oberstufe des Autogenen Trainings
4. 2 Schulpraktische Übungen – Bewegung, Spiel und Sport im Schulunterricht
4. 2. 1 Übungsvorschläge für den Schulunterricht – „Wir bauen uns einen Kontinent“
4. 2. 2 Übungsvorschläge für den Schulunterricht – „Die Reise nach Afghanistan“

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Stress hat in der heutigen Generation einen sehr großen Bedeutungscharakter gewonnen. Er ist für viele zu einem zentralen Thema geworden, weil er u. a. den Lebensrhythmus massiv beeinflussen kann. Viele Menschen spüren, dass das Leben schneller verläuft und damit für sie unüberschaubar geworden ist. Dieses kann langfristig zu körperlichen, aber auch zu psychischen Problemen führen. In meiner Ausarbeitung möchte ich den Stress schwerpunktmäßig thematisieren und einen Bezug zur Schule und Schulunterricht nehmen, da ich denke, dass der Stress in Schule und Schulunterricht massiv die Entwicklung eines Heranwachsenden verändern kann. Im primären Teil dieser Ausarbeitung werde ich den Stress und Stressbelastung vorstellen: Stressarten, Hormonelle Regulation, Sinn und Zweck von Stress (und was daraus entstehen kann), Stress in psychosozialer Funktion, sowie der (wichtige) Bezug zum Selbstwertgefühl und Selbstkonzept. In diesem ersten Abschnitt geht es darum den Stress kennen zu lernen und ihn zu verstehen. Im folgenden Hauptteil geht es um den Stress in Schule und Schulunterricht, wobei ein Fallbeispiel als Ausgangspunkt dient. Im dritten Teil dieses Elaborates sollen Methoden der Stressbewältigung vorgestellt werden, die u. a. auch in der Schule oder im Schulunterricht angewandt werden können. Ein Fazit zum Thema rundet dann diese Ausarbeitung ab.

2. Begriffsbestimmung „Stress und Stressbelastung“

Stress und auch die Stressbelastungen sind zurzeit ein wichtiges Thema, mit denen sich nicht nur Manager und Kaufleute auseinandersetzen, auch Schüler und Schülerinnen sind heute einer Vielzahl von Stressfaktoren (Stressoren) ausgesetzt. Stress kann sehr vielfältig sein und besitzt nicht immer ein klar erkennbares Bild, ob er z.B. negativ oder positiv ist. Stress ist ein sehr weit fassbarer Begriff.

„Stress“ (engl. Druck, Belastung, Spannung) wird nach dem Bertelsmann-Universal-Lexikon als „anhaltende (Über-) Beanspruchung“ und auch als „geprägte Beziehung für die Belastung, die der Körper durch zu lange oder ihm unangemessene Reize und schädigende Einflüsse erfährt“ (1994, S. 871). Nach Selye beschreibt Stress den „Zustand eines Organismus, der durch ein spezifisches Syndrom gekennzeichnet und durch verschiedenartige unspezifische Reize (z.B. durch Infektionen, Verletzungen, Verbrennungen, Strahleneinwirkungen, aber auch durch Ärger, Freude) bedingt ist“ (In: Pschyrembel 1994, S. 1150). (Anmerkung: 1936 hatte der Zoologe Hans Selye den Begriff aus der Physik entlehnt, um die „unspezifische Reaktionen des Körpers auf jegliche Anforderungen“ zu benennen. Stress definiert in der Werkstoffkunde den Zug oder Druck auf ein bestimmtes Material (Spannung, Materialermüdung)). Der Stress besitzt also eine charakteristische Form, aber keine spezifische Ursache.

2. 1 Eu-Stress und Dis-Stress

Stress wird nach Schäffler/Menche in den so genannten Eu- und Dis-Stress eingeteilt (1998, S.245). Der Eu-Stress wird von einem Individuum als positiv erlebt: es wird eine Grundspannung und Erregung aufgebaut, die für die Bewältigung schwieriger Aufgaben notwendig ist. Der Dis-Stress wird meist von einem Menschen als schädlich und unangenehm empfunden und führt je nach Dauer und Intensität zu körperlichen und psychischen Krankheitssymptomen.

2. 2 Hormonelle Regulation des Stresses

„Stressoren“ bewirken eine Aktivierung bestimmter Hormone, die durch das vegetative Nervensystem gesteuert werden. Besonders aktiv sind dabei der Sympathikus und die Hypophyse. Die Sympathikuserregung führt zu einer Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin aus dem Nebennierenmark (ins Blut); die Hypophyse produziert auf einen Reiz das so genannte ACTH (Adreno-Cortico-Tropes Hormon oder auch Corticotropin), dass insbesondere zu einer vermehrten Glukokortikoidausschüttung der Nebennierenrinde führt (Glukosteroidsekretion). Die Hormone gelangen dann über das Blut zu den jeweiligen Zielorganen und führen dann sekundär zu einer:

- Erhöhung des Blutdrucks,
- Erhöhung des Pulses (und damit des Herzminutenvolumens, HMV),
- stärkeren Muskeldurchblutung,
- Mobilisation von Fettreserven, sowie von Kohlenhydraten (Zuckern),
- gesteigerten Blutgerinnung,
- gesteigerter Durchblutung der Eingeweide, sowie der Haut.

Weiterhin werden die Sexualfunktionen einer Person gehemmt und die Synapsen im Gehirn blockiert (führt zu einer Denkblockade).

2. 3 Sinn und Zweck von Stress (und was daraus entstehen kann)

Diese Reaktionen waren vor Jahrtausenden von Jahren überlebensnotwendig. Der Körper wurde nach Notlage kurzzeitig in einen Alarmzustand versetzt und konnte somit einer drohenden Gefahr mit Flucht oder Kampf begegnen (Anmerkung: Angst war z. T. fester Bestandteil und Voraussetzung einer darauf folgenden Handlung) – in der heutigen Zeit ist der Körper durch allgemein-gesellschaftliche Anforderungen eher in einen „Daueralarm-Zustand“ versetzt. Das bedeutet, dass in unserer heutigen Zivilisation körperliche Reaktionen meist untersagt bleiben (z.B. Bürotätigkeit, Maschinenersatz). Dieses führt zwangsläufig zu biologischen Frustrationen des Körpers und damit z.B. zu Schädigungen des Kreislaufs, oder des Verdauungstraktes, sowie des Immunsystems (vgl. Schäffler/Menche, 1998, S.245f). Brenner und Trappe erwähnen, dass die durch die Stressreaktion ausgelösten Fette und Zucker (Kohlenhydrate) im Blut nicht mehr abgebaut werden und es dann zu Ablagerungen kommen kann, sowie zu ständig erhöhten (krankhaften) biochemischen Werten (1998, S. 213). Laut Krück führen Belastungen über längere Zeiträume zu einer vermehrten ACTH-Ausschüttung und damit zu einer stärkeren Stimulierung der Nebennierenrinde (1994, S.640).

Der Körper kann sich dem dauernden Stress anpassen. Die Gesamtheit der Anpassungsreaktionen des Organismus auf länger andauernde äußere Einwirkungen nennt man „Adaptionssyndrom“. Dieses können nicht nur reflektorische Mechanismen sein (z.B. Kreislaufreaktionen) sondern auch neuro-hormonale Regulationsmechanismen (v. a. über den Hypothalamus-Hypophysenvorderlappen-Nebennierenlappen) – der Dauererregungszustand wird für den Körper also irgendwann normal. Früher oder später kann dann der Organismus nur krank werden, weil die Anpassungsmöglichkeiten des Körpers auf Zeit begrenzt sind. Die physiologischen Vorgänge werden dann pathophysiologisch. Eine aktuelle Studie der Medizinischen Fakultät Charite´ der Humboldt-Universität Berlin (2003) bestätigt die pathophysiologischen Einflüsse des Stresses auf den Organismus. Demnach wirkt sich der psychische Stress nicht nur auf das Netz der Abwehrzellen des Körpers aus, sondern direkt auf die Blutgefäße. Es kommt zu einer vermehrten Ausschüttung so genannter Adhäsionsmoleküle auf der Oberfläche von Immunzellen. Das wiederum erleichtert deren Anheftung an die Innenwand von Blutgefäßen und begünstigt dadurch die Entwicklung der Arteriosklerose.

2. 4 Psychosozialer Stress

Laut Bloss haben sich heutzutage die Art der Gefahr und die Art der Gegenreaktionen gewandelt. In der heute hoch industrialisierten Gesellschaft stellen die seelischen-psychischen Belastungen die modernen Stressfaktoren dar. Die organischen Reaktionen Flucht oder Kampf sind heute nicht mehr gegenwärtlich, so kommt z.B. der Spannungszustand einer Person nicht mehr zur Entladung (z.B. durch Einhaltung der Normen der Gesellschaft). Für Condrau/Gassmann bedeuten diese Normen den Verlust von Freiheit, dem freien Verhältnis zu einer Sache. Auch das führt (langfristig) zu einer dauernden Angespanntheit und schließlich zur Krankheit (Anmerkung: Krankheit soll hier nicht negativ assoziiert werden, sondern vielmehr als Chance gesehen werden, um die (negative) Stresssituation zu erkennen, sie besser wahrzunehmen und gegebenenfalls anschließend eliminieren zu können). Die heutigen externen (negativen) Stressfaktoren können z.B. Konflikte und Spannungen innerhalb der Familie sein, aber auch Missstände in Ehe und Beruf. Der Herzinfarkt ist nach einer Studie des amerikanischen Wissenschaftlers Dr. Rubermann nicht mehr die Krankheit von Managern und Kaufleuten, sondern eine psychosoziale Krankheit (der Herzinfarkt soll hier als eine der schlimmsten Formen als Folge von negativem Stress dargestellt werden). Es wurde herausgefunden, dass die soziale Schicht ebenfalls eine Rolle spielt. Das Ergebnis der Studie war, dass die Heilungschancen je nach sozialem Status stark variieren, unabhängig von einer medikamentösen Behandlung. Nach einer Analyse von Mortalitätsraten und Morbiditätsdaten fand man heraus, dass die Unterschicht häufiger von einem Herzinfarkt betroffen ist, sowie Männer häufiger als Frauen erkranken (vgl. o. A., o. J). Bloss ergänzte: „Wer mit seiner gegenwärtigen sozialen Situation unzufrieden ist, an seinem Arbeitsplatz unter starkem Druck steht und sich permanent überfordert, der ist Infarkt gefährdet. Denn in allen diesen Stresssituationen verengen sich die lichten Öffnungen der Herzkranzgefäße, bis im schlimmsten Fall die Durchblutung des Herzmuskels total abgeschnürt ist und der Herzinfarkt eintritt“ (1986, S.93). Das bedeutet, dass der Herzinfarkt unmittelbar mit der eigenen Persönlichkeit, der persönlichen Einstellung, sowie dem Umgang mit dem Stress zusammen hängt. Einige andere Autoren (z.B. die beiden kalifornischen Wissenschaftler und Herzforscher R. H. Rosemann und M. Friedmann) verweisen hierzu auf Grundverhaltensmuster vom Typ-A, im Gegensatz zum Typ-B. Der A-Typ ist ehrgeizig, aggressiv, ungeduldig, gereizt, feindselig und hat ein ausgeprägtes Konkurrenz- und Rivalitätsdenken (häufig als Antwort auf Stress). Der A-Typ ist permanent angespannt und unter Druck. Willms meint, dass diese Menschen äußerlich einen überlegenen und sicheren Eindruck machen, innerlich aber sehr unsicher und sich minderwertig fühlen (1998, S.52). Der B-Typ ist das Gegenstück vom A-Typ. Der B-Typ ist lockerer, geduldiger und entspannter als der A-Typ. Der B-Typ weiß, was er kann, ist selbstsicher und muss sich nicht unbedingt hervorheben. Condrau/Gassmann ergänzen, dass der B-Typ dem (heutigen) Idealbild eines gesunden Menschen entspricht (1995, S. 95). Hier ist aber nicht zu vergessen: der C-Typ. Dieser ist ängstlich, agiert flüchtend, und verhält sich stets anpassend. Condrau/Gassmann erwähnen zudem eine noch größere Differenzierung des C-Typ vom A-Typ (1995, S. 95). Nach Willms kommen diese Typen nicht in Reinform vor, sondern ergeben sich vielmehr viele erdenklichen Mischformen (1998, S.52) Insgesamt ist aber zu sagen, dass eine genaue Abgrenzung der Verhaltensstrukturen schwer durchzuführen ist. Die Typisierung versucht eine Norm zu finden und beruht dabei auf eine grobe Einteilungsform von Verhaltensmustern. Fakt ist aber, dass Personen, die hauptsächlich die Verhaltensstrukturen des A-Typs aufweisen, dreimal häufiger einen Herzinfarkt erleiden, als die Menschen mit versierterem B-Typ-Verhalten.

Willms sieht den Stress gesellschaftskritisch: er führt eine psychosoziale Erkrankung auf das Konsumverhalten eines Volkes zurück (1998, S.52). Eine Konsumgesellschaft ist durch Materialismus und Besitzdenken gekennzeichnet. Demnach ist die Industriegesellschaft eine „Maschinengesellschaft“, bei dem der Mensch in der Anonymität verloren geht und folglich seine Eigenartigkeit und Individualität – also seine Identität – verliert. Entfremdung und Misstrauen können dann als Folge aus der Materialisierung entstehen, die wiederum die Stimmung innerhalb der Familie (oder der ehelichen Beziehung) in Mitleidenschaft ziehen können. Das kann dazu führen, dass es zu einem veränderten Rollenverständnis kommt, oder gar das sexuelle Verhalten zwischen Mann und Frau beeinflusst. Willms sieht darin die Ursachen von körperlichen, geistigen und auch psychosomatischen Krankheiten, die anscheinend immer mehr zunehmen (weil auch die Menschen sich immer mehr voneinander entfernen). Er fügt hinzu, dass „der Herzinfarkt die Krankheit des Mannes ist, der nicht leiden darf“ (1998, S.52).

Mit dem Zeitalter der Emanzipation begann die Rate stress-bedingter Herzinfarkte bei Frauen zu steigen (vgl. Willms 1998, S.52). Willms geht davon aus, dass die Emanzipation die Lage der Frauen nicht unbedingt verbessert hat, sondern dass sie vielmehr in die Vermännlichung (der Gesellschaft) eingetaucht sind. Das bedeutet, dass Frauen dem o. g. Typisierungsmuster ebenfalls eingegliedert werden könnten. Umständlich ist aber, dass Frauen entwicklungsgeschichtlich eher emotional orientiert sind und in der „robusten“, ja manchmal emotional-feindlichen Männerwelt, dem Stress eher ausgesetzt sind, da es häufig zu einer Unterdrückung der eigenen Emotionalität kommt. Laut Willms ist das Verhalten der Frauen (durch die Emanzipation) das Resultat dieser industrialisierten Leistungsgesellschaft, mit seinem Streben nach Macht, Ansehen und Sozialprestige (1998, S.47).

Der (negative) Stress wirkt sich langfristig gesehen negativ auf die Gesundheit eines einzelnen Menschen aus, ob Manager, Hausfrau, Student, Schüler oder Mutter von zwei Kindern. Toynbee ergänzt: „Schon die ältesten Indizien der Geschichte zeigen, dass die Menschheit nicht nur in Bewegung geraten ist, sondern sich immer schneller bewegt. Dieses Crescendo der Geschwindigkeit dauert noch heute an. In unserer Generation ist es vielleicht das schwierigste und gefährlichste Problem, vor dem die Menschheit steht“ (A.Toynbee zitiert in Willms, 1998, S.47). Dieses Zitat zeigt, dass der Mensch in einer sehr schnelllebigen Zeit lebt und so seine Probleme damit hat, weil er gar nicht dafür ausgerichtet ist. Wie schon physiologische Stressreaktionen zeigen, reagieren wir Menschen noch so, wie vor Tausenden von Jahren und leben heute in einer Welt der Superlative, sowie hoch entwickelter Technik. Dass dieses nur Folgen auf die Gesundheit der Menschen haben kann, ist mehr als offensichtlich. Im folgendem soll eine kurze Übersicht psychosozialer Stressfaktoren dargestellt werden, die sich negativ auf (stressanfällige) Personen auswirken können:

- Zeitmangel
- Lärm
- Geldmangel oder auch Armut
- Mangelndes Interesse am Beruf, Schule oder Freizeit
- Große Verantwortung
- Mobbing am Arbeitsplatz
- Ständige Konzentration auf der Arbeit (z.B. Fließbandarbeit bei VW)
- Schichtarbeit (bewirkt eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus, sowie gesundheitliche Probleme)
- Angst nicht zu genügen
- Schlafentzug
- Soziale Isolation, sowie Verachtung und Vernachlässigung
- Reizüberflutung
- Seelische Probleme, sowie unterschwellige Konflikte
- Schmerzen oder Krankheiten (von einem selbst, oder auch von Angehörigen)
- Tod eines Angehörigen
- Unterforderung, Langeweile und Lethargie
- Schwerwiegende Ereignisse, z.B. Operation, Prüfung

Untersuchungen haben belegt, dass Frauen intensiver und länger auf Stresssituationen reagieren und grundsätzlich stressempfindlicher sind als Männer (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Stress, 26.10.2006). Die Ursachen hierfür sind jedoch nicht körperlicher, sondern kognitiver Natur (z.B. geringere Fähigkeitsüberzeugung, geringere Kontrollüberzeugung, sowie höheres Abhängigkeitsempfinden).

2. 5 Selbstwertgefühl und Selbstkonzept

Einen sehr wichtigen Stellenwert zum Thema Stress nimmt das Selbstwertgefühl (oder auch das Selbstkonzept) eines Individuums ein: so wie eine Person mit Stress umgehen kann, so wirkt sich dieses auf den persönlichen Gemüts- und Gesundheitszustand aus. Siemens geht davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen Selbstwertgefühl und gesundheitlichen Beeinträchtigungen gibt (2003, S. 97).

Das individuelle Selbstwertgefühl setzt sich aus vielen bereichspezifischen Selbstbewertungen zusammen und gilt als Maß dafür, wie sehr sich eine Person selbst schätzt. Hierzu gehören z.B. Vorstellungen über eigene körperliche und kognitive Fähigkeiten, sowie über eigene Eigenschaften und Verhaltensweisen. Auch bei den Schülern/innen setzt sich das Selbstwertgefühl aus verschiedenen Faktoren zusammen, z.B. durch die Selbstbewertung schulischer Leistungsfähigkeiten, der eigenen Körperlichkeit und damit des eigenen Aussehens, oder auch die Bewertung der soziale Akzeptanz durch Eltern, Lehrer/innen, Mitschüler/innen und des Freundeskreises.

Das Selbstwertgefühl kann als Teilbereich des Selbstkonzeptes gesehen werden (vgl. Siemens 2003, S. 97). Das Selbstkonzept ist also die positiv oder negativ getönte Einstellung eines/r Schülers/in zu sich selbst. Das Selbstwertgefühl wird als eine wichtige Personenvariable gesehen und ist gekennzeichnet durch affektive Aspekte (vgl. Siemens 2003, S. 97). Zu ihnen gehören u. a. auch Minderwertigkeiten (also Minderwertigkeitskomplexe) oder der Narzissmus einer Person.

Die Kinder- und Jugendphase ist gerade die Zeit, in der ein/e Heranwachsende/r lernt, sein eigenes Verhalten zu reflektieren und somit ein Bild von sich selbst zu entwerfen, es aufzubauen und es fortlaufend zu festigen (vgl. Mansel/Hurrelmann 1994, S. 186 In: Siemens 2003, S. 98). Dieser Prozess der Identitätsfindung kommt in dieser Zeit nur vorläufig zu einem Abschluss und ist darüber hinaus ständig in Gefahr, durch externe Einwirkungen (oder Umstände) massiv beeinflusst zu werden, z.B. durch Begebenheiten wie Ärger und Probleme, also durch (negativen) Stress. Ein gerade entworfenes Selbstwertverständnis kann leicht wieder verworfen werden. Man kann auch sagen, dass Kinder und Jugendliche einer ständigen Gefahr unterliegen und damit das Selbstbild beeinträchtigt werden kann. Folglich leidet dann das Selbstwertgefühl eines/r Heranwachsenden und die Stressbelastbarkeit droht zu sinken. So wären z.B. gesundheitliche Probleme, sowie eine Einschränkung der Teilnahme am Schulunterricht (und damit verbunden schlechtere Lernleistungen), Folgen einer (negativen) Beeinflussung im Entwicklungsstadium.

3 Stress in der Schule oder im Schulunterricht

Die alltägliche Situation an Schulen oder in Schulklassen ist für viele Kinder und Jugendliche besonders stressreich. Neben der Lautstärke im Schulunterricht gibt es noch weitere (negative) Stressoren, wie z.B. Leistungsdruck und Erwartungshaltungen seitens des/r Lehrers/in oder der Eltern, sowie gruppendynamische Prozesse zwischen den Schülern/innen, aber auch körperliche Aspekte, wie z.B. eine starre Sitzhaltung über längere Zeit und damit verbunden eventuelle Rückenschmerzen (Anmerkung: das lange Sitzen ist alles andere als eine optimale Haltung für einen Menschen, und vor allen Dingen nicht für Kinder und Jugendliche, die sich in der Wachstumsphase befinden). Schon bei vielen Dritt- und Viertklässlern treten Stresssymptome, wie Einschlafstörungen oder Kopfschmerzen auf , die sich später auch noch weiter verstärken. Kinder und Jugendliche können genauso unter Stress leiden wie Erwachsene (auch wenn sie das noch nicht präzise artikulieren können). Die Stress-Belastung drückt sich bei vielen durch Hyperaktivität, Aggressionen oder Rückzug aus dem sozialen Umfeld, aus. Kinder und Jugendliche besitzen noch keine (präzisen) Strategien, den Stress richtig abzubauen. Stress entsteht vor allem durch das Gefühl von Überforderung (s. o.). Die Ansprüche, die an Kinder und Jugendliche gestellt werden, nehmen in der heutigen Zeit arg zu. Der verschärfte Leistungsdruck (unter dem auch viele Erwachsene leiden) überträgt sich immer mehr auf die jüngere Generation.

3. 1 Fallbeispiel des Schülers Robert K.

Während meines Referendariats im Nordwesten Deutschlands lernte ich vor zwei Jahren Robert K. auf einem Bauernhof kennen. Ich ging zum Bauern, um mir Milch zu holen und Robert bediente mich äußerst freundlich und zuvorkommend. Er machte einen fleißigen und kompetenten Eindruck. Robert war damals 16 Jahre alt, seine Eltern waren geschieden und er hatte vier Geschwister (zwei Brüder, zwei Schwestern). Nur drei Tage später traf ich ihn in den Berufsbildenden Schulen des hiesigen Ortes wieder. Zufällig ging er in einer Klasse, in der ich eine Vertretungsstunde geben durfte. In dem Unterricht ist mir dann aufgefallen, dass sich Robert ganz anders verhalten hatte, als noch drei Tage zuvor auf dem Bauernhof: er war zurückhaltend, wirkte gleichgültig (apathisch) und demotiviert, seine Arbeitsweise war eher destruktiv und passiv. Zwischenzeitlich wurde er sogar von seinen Mitschülern gehänselt. Von einer seiner Mitschülerinnen erfuhr ich nach der Unterrichtseinheit, dass er sich eine Woche zuvor mit einem Mitschüler geprügelt hatte, Robert soll ihm grundlos ins Gesicht geschlagen haben. Darauf hin bekam Robert eine Abmahnung seitens der Schulleitung. Eine andere Schülerin erzählte mir, dass Robert zuvor von drei Mitschülern provoziert worden war. Zudem erwähnte sie, dass Roberts Klassenlehrer (Herr F.) mit seinem Verhalten insgesamt sehr überfordert war. Der Lehrer soll sogar Äußerungen getilgt haben, die die provozierenden Schüler auch noch unterstützt haben sollen. Roberts Körpersprache zeigte deutlich, dass etwas nicht in Ordnung war mit ihm. Seine Mimik und Gestik wirkten monoton und leer, seine Haltung müde und schlaff, er war sehr wortkarg und seine Stimme klang traurig. Auffallend war, dass Robert auf andere Mitschüler/innen provokant und lässig wirkte. Zudem konnte er innerhalb von Sekunden ein enormes Aggressionspotential aufbauen, das viele seiner Mitschüler/innen abschreckte mit ihm Kontakt zu haben. Viele von ihnen umgingen oder mieden Robert, die anderen wiederum provozierten ihn. Für Robert war es insgesamt ein auswegloser Zustand.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen von Stress und Stressbelastungen innerhalb der Schule und wie sich diese beheben lassen
Hochschule
Universität Osnabrück  (Fachbereich Sport)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
27
Katalognummer
V126419
ISBN (eBook)
9783640323500
ISBN (Buch)
9783640321506
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stress, Stressbelastungen, Schule, Auswirkungen
Arbeit zitieren
Dipl. Ghl. Thomas Mansholt (Autor:in), 2006, Auswirkungen von Stress und Stressbelastungen innerhalb der Schule und wie sich diese beheben lassen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126419

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Auswirkungen von Stress und Stressbelastungen innerhalb der Schule und wie sich diese beheben lassen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden