Zur Entwicklung der Berufpädagogik im Nationalsozialismus


Seminararbeit, 2005

29 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die wirtschaftliche und politische Situation in der Weimarer Republik als Wegbereiter für das nationalsozialistische Ausbildungssystem

3. Zur Situation der Berufspädagogik in der Zeit von 1933-1945

4 Führende Berufspädagogen der damaligen Zeit
4.1 Friedrich Schlieper
4.2 Carl Arnhold
4.3 Friedrich Feld

5. Grundideen der nationalsozialistischen Pädagogik
5.1 Antipazifismus
5.2 Antiindividualismus
5.3 Das faschistische Bildungsideal

6. Fazit

7. Literatur

1. Einleitung

Die folgende Arbeit bezieht sich auf unser Referat vom 24. Mai 2005, zu dem Thema:

„Zur Entwicklung der Berufspädagogik im Nationalsozialismus“, im Rahmen des Seminars „Berufserziehung im Nationalsozialismus“. In diesem Seminar haben wir uns mit der Entwicklung der Berufspädagogik in der Zeit von 1933 bis 1945 befasst und verschiedene Vorstellungen, Praktiken, sowie proklamierte und auch realisierte Ziele der damaligen Berufserziehung erörtert. Des Weiteren haben wir uns mit

Vereinheitlichungs- und Konsolidierungsprozessen des

Dualen-Systems, sowie spezifischen Eingriffen des nationalsozialistischen Regimes in die Berufserziehung beschäftigt.

Wir werden nun im Folgenden zuerst einen kurzen Überblick über die wirtschaftliche und politische Situation in der Weimarer Republik geben, um so die Voraussetzungen, zum einen für das Entstehen des nationalsozialistischen Regimes, im Allgemeinen und zum anderen die berufspädagogischen Entwicklungen im Speziellen, besser einordnen zu können. Anschließend soll dann die Berufserziehung in der Zeit von 1933 bis 1945 dargestellt werden.

Von dort ausgehend sollen noch drei, unserer Meinung nach, für die Entwicklungen in der Berufspädagogik von wesentlicher Bedeutung gewesenen, Berufspädagogen – Friedrich Schlieper, Carl Arnhold und Friedrich Feld – vorgestellt werden.

2. Die wirtschaftliche und politische Situation in der Weimarer Republik als Wegbereiter für das nationalsozialistische Ausbildungssystem

Das amerikanische Rationalisierungskonzept, um die Jahrhundertwende von F.W. Taylor entwickelt, erreichte Deutschland in den 20er Jahren. Wie in Amerika, gab es auch in Deutschland zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und den verantwortlichen politischen Stellen eine lebhafte Diskussion, wie der Taylorismus in Deutschland durchgesetzt werden soll. Der 1919 gegründete ‚Ausschuß für wissenschaftliche Fertigung’ (AFG) verglich die taylorischen Arbeits- und Zeitstudien mit den in Deutschland gesammelten Erfahrungen. Schnell wurde klar, dass, wenn man den Taylorismus in Deutschland etablieren will, es zu einem großen Bündnis kommen muss. Für die Entwicklung einer einheitlichen, allgemein anerkannten Methodik schlossen sich 1924 der Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller (GDM) und der Verein Deutscher Ingeneure (VDI) zum ‚Reichsausschuß für Arbeitszeitermittlung’ (REFA) zusammen. Die REFA-Lehre fand rasch große Verbreitung und wurde in Zweidrittel der Betriebe angewendet (vgl. Lepold 1998, 13f).

Ein Problem der deutschen Industrie war, dass die wenigen, von der Industrie benötigten Facharbeiter, aus dem Handwerk rekrutiert wurden. Ebenso hatte die technische Weiterbildung und die Veränderungen im industriellen Produktionsprozess Auswirkungen auf die fachlichen Anforderungen der Arbeiter (vgl. Schütte 1992, 81).

Eine breit angelegte, auf einen Beruf konzentrierte Ausbildung des Handwerks konnte den Anforderungen der Industrie nicht mehr gerecht werden. Die Etablierung des industriellen Lehrlingswesens war von den Auseinandersetzungen zwischen Industrie und Handwerk um die Kompetenzen in der Berufsausbildung begleitet. Dabei forderte die Industrie die Politik auf, die Ausbildung in Handwerk und Industrie zu kontrollieren (ebd., 82f).

Das Ausbildungswesen, in der Weimarer Republik, war von zwei Faktoren gekennzeichnet. Zum einen wurden die Produktionsprozesse mehr und mehr technisiert und mechanisiert und zum anderen kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Industrie und Handwerk bezüglich der Zuständigkeiten und Befugnisse in der Berufsausbildung (Wolsing 1997, 64).

Von allen an der Diskussion beteiligten sozialen Akteuren, mit Ausnahme des Handwerks, wurde das sich in der Vorkriegszeit entwickelte System der betrieblichen und schulischen Berufsausbildung als unzeitgemäß und dementsprechend reformbedürftig erachtet. Die zwischen 1918 und 1920 vorgelegten Reformprogramme hatten ein neues Modell der Nachwuchspflege zum Gegenstand:

1. Die Industrie wollte die Fabriklehre modernisieren.
2. Das preußische Handelsministerium wollte dagegen die ‚angepasste Berufsschule’ auf einen partiellen Wandel hin verändern.
3. Die freien Gewerkschaften wollten die Berufserziehung strukturell verändern.

In seinen „Untersuchungen zur Berufsausbildung im Dritten Reich“ (Wolsing 1997) sieht Wolsing die Ursachen des Facharbeitermangels durch verschiedene Faktoren begründet:

1. Eine verfehlte Berufsausbildungspolitik, da nur an betrieblichen Notwendigkeiten angelehnt ausgebildet wurde und nicht an berufsspezifischen Kriterien. Dies hatte zur Folge, dass z.B. ein den Arbeitsplatz wechselnder Arbeiter neu eingearbeitet werden musste.
2. Während des ersten Weltkrieges kam es zu einem Stillstand in der Berufsausbildung. Die damaligen Jugendlichen wurden direkt in der Rüstungsindustrie eingesetzt und konnten danach lediglich als Hilfsarbeiter in der Industrie arbeiten, so dass sie für andere Tätigkeiten stets umgeschult werden mussten.
3. Da die Berufsausbildung konjunkturellen Schwankungen unterlag, wurde nur in einer Zeit relativer wirtschaftlicher Stabilität ausgebildet.
4. Die Weltwirtschaftskrise 1929 führte dazu, dass viele Jugendliche als Hilfsarbeiter in die industrielle Produktion abwanderten, da sie dort mehr Geld verdienen konnten.
5. Des Weiteren war zu dieser Zeit ein stetiger Rückgang des Geburtenüberschusses zu beobachten.
6. Es gab einen Trend zu bestimmten Modeberufen wie z.B. den so genannten technischen Berufen in der Metallindustrie. Was ebenfalls dazu führte, dass durch die Landflucht bedingt auch Berufe in der Landwirtschaft, im Baugewerbe, sowie im Bergbau vom Facharbeitermangel betroffen waren (vgl. ebd., 79ff.)

Hinzu kam die Wirkung der Inflation, die zahlreiche Angehörige des Mittelstandes (Angestellte, Handwerker, Kleinhändler, Unterbeamte, Lehrer, etc.) veranlasste, ererbtes Kapital oder erworbenen Hausbesitz für bares Geld zu verkaufen. Krieg und Inflation zerstörten vielfach das Vermögen, das vor 1914 aufgebaut und als Lebenssicherheit betrachtet wurde und drückten so den Lebensstandard eines beträchtlichen Teils des wohlhabenden Mittelstandes auf ein kleinbürgerliches oder gar proletarisches Niveau herab. Die Weltwirtschaftskrise, welche den politisch radikalisierten Mittelstand mit Arbeitslosigkeit, Preisverfall und Gehaltskürzungen bedrohte, führte dazu, dass sich die ohnehin schon vorhandene Angst vor Proletarisierung und sozialem Statusverlust noch verstärkte. Dies hatte wiederum zur Folge, dass der Mittelstand massenhaft in die Arme des Nationalsozialismus getrieben wurde (vgl. Broszat 1973, 181 ff).

3. Zur Situation der Berufspädagogik in der Zeit von 1933-1945

Schon 1923 legte Adolf Hitler in seinem Buch „Mein Kampf“ (das während der Festungshaft 1923 entstand) seine Ansichten über Erziehungsgrundsätze, in dem von ihm angestrebten ‚völkischen Staat’ dar:

„Der völkische Staat hat in dieser Erkenntnis seine gesamte Erziehungsarbeit [also auch die Berufserziehung] in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als letztes die wissenschaftliche Schule [...] Von Zeit zu Zeit wird in illustrierten Blättern dem deutschen Spießer vor Augen geführt, dass da oder dort zum ersten Mal ein Neger Advokat, Lehrer, gar Pastor, ja Heldentenor oder dergleichen geworden ist. Während das blödsinnige Bürgertum eine solche Wunderdressur staunend zur Kenntnis nimmt, voll von Respekt für das fabelhafte Resultat heutiger Erziehungskunst, versteht es der Jude sehr schlau, daraus einen neuen Beweis für die Richtigkeit seiner den Völkern einzutrichternden Theorie von der Gleichheit der Menschen zu konstruieren. Es dämmert dieser verkommenen bürgerlichen Welt nicht auf, dass es sich hier wahrhaftig um eine Sünde an jeder Vernunft handelt; dass es ein verbrecherischer Wahnsinn ist, einen geborenen Halbaffen so lange zu dressieren, bis man glaubt, aus ihm einen Advokaten gemacht zu haben, während Millionen Angehörige der der höchsten Kulturrasse in vollkommen unwürdigen Stellungen verbleiben müssen; dass es eine Versündigung am Willen des ewigen Schöpfers ist, wenn man hunderttausende und hunderttausende seiner begabtesten Wesen im heutigen proletarischen Sumpf verkommen lässt, während man Hottentotten und Zulukaffern zu geistigen Berufen hinauf dressiert ... Der Staat hat die Verpflichtung, mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit aus der Gesamtzahl der Volksgenossen das von Natur aus ersichtlich befähigte Menschenmaterial herauszusieben und im Dienste der Allgemeinheit zu verwenden“(vgl. Hitler1927).

Eine weitere Formulierung seiner ‚Pädagogik’ lieferte Hitler kurz nach der Machtergreifung, der NSDAP im Januar 1933, in einem vertraulichen Gespräch:

„Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muß weggehämmert werde. In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene Jugend will ich. Jugend muß das alles sein. Schmerzen muß sie ertragen. Es darf nichts Schwaches und nichts Zärtliches an ihr sein. Das freie, herrliche Raubtier muß erst wieder aus ihren Augen blitzen. Stark und schön will ich meine Jugend. Ich werde sie in allen Leibesübungen ausbilden lassen. Ich will eine athletische Jugend. Das ist das erste und wichtigste. So merze ich tausende von Jahren der menschlichen Domestikation aus. So habe ich das reine, edle Material der Natur vor mir. So kann ich das Neue schaffen. Ich will keine intellektuelle Erziehung. Mit Wissen verderbe ich mir die Jugend“ (vgl. Rausching 1940).

Zwar hatte Hitler damals keine Aussagen speziell zur Berufsausbildung gemacht, so kann man sie doch durchaus auch auf die Berufsbildung beziehen und so schon die Richtung erahnen, in die diese, in der Zeit seiner Herrschaft, steuern würde.

Die oben geschilderte Situation in der Weimarer Republik, die zu einem Mangel an Facharbeitern führte, hatte zur Konsequenz, dass diese, dringend benötigten Facharbeiter, nun schnellst möglich ausgebildet werden mussten, damit sie der wieder aufblühenden Industrie zur Verfügung gestellt werden konnten.

Trotz jahrelanger Konflikte zwischen Partei und Wirtschaft, stimmten beide darin überein, dass die Berufsbildung dazu dienen sollte, einen leistungsfähigen, der Wirtschaft dienenden Berufsnachwuchs heranzubilden (vgl. Kipp 1978 , 10).

Es kam aber dennoch zu Auseinandersetzungen zwischen den Wirtschaftsverbänden und der DAF, da beide unterschiedliche Ansichten über die Gestaltung der praktischen Lehre vertraten.

Die Wirtschaftsverbände, auf der einen Seite, vertraten die Ansicht, dass eine fachliche und betriebsbedingte Ausbildung, die erzieherische Elemente nur in soweit einbringt, als dass sie für den Ausbildungserfolg unmittelbar von Nutzen sind. Dagegen erachtete es die DAF andererseits als notwendig, ideologisch-erzieherische Ansichten als einen festen Bestandteil der Berufsausbildung einzuführen (vgl. Kipp 1978, 10).

Zu beachten hierbei ist allerdings, dass die DAF (als eine von der NSDAP gegründete Organisation) versuchte immer mehr Einfluss auf die Berufsausbildung zu nehmen, wohingegen die NS-Regierung eher zurückhaltender agierte und sogar teilweise gemeinsam mit den Wirtschaftsverbänden einen gegensätzlichen Standpunkt bezog.

Die später herbeigeführte Vereinheitlichung und Zentralisierung der Berufsordnungsarbeit durch die Nationalsozialisten hatte überwiegend ökonomische Gründe. Da durch die Existenz der vielen Ausschüsse, die auf diesem Gebiet agierten, sowohl der technische Fortschritt, als auch die, für die NS-Regierung von größter Bedeutung gewordene Rüstungsindustrie, ins Stocken gerieten (vgl. ebd., 11).

Während der NS-Zeit zeichneten sich unterschiedliche Tendenzen der Berufserziehung ab. Einerseits sollte das berufliche Ausbildungswesen vereinheitlicht werden und die Ausbildung aus den staatlichen Schulen in die Schulungsstätten der Industrie und der NSDAP verlagert werden (Kipp 1979, 2). Andererseits wurde auf politischer Ebene das Interesse der Partei an einer Erziehung der Individuen zur ‚Gliedschaft’, sowie auf wirtschaftlicher Ebene das Interesse, an einer Erziehung zur Arbeit, beruflichem Können und Wissen, aber auch zu einer bejahenden Haltung gegenüber der Betriebsgemeinschaft, voran getrieben.

Die Berufsschule und somit auch die Berufspädagogik hatten die Aufgabe den „berufstätigen deutschen Menschen zu einem wertvollen und bewussten Glied der deutschen Volksgemeinschaft auszurichten“, welches „seine ganze Arbeitskraft mit dem Ziel der beruflichen Höchstleistung“ (Urbschat 1936/37) bereitstellt.

Eine weitere, wichtige Rolle in der Berufsausbildung spielten die Lehrwerkstätten und deren Ausbau. Denn genau dort konnten die Auszubildenden, zum einen direkt im Betrieb arbeiten und auch schon an der Gesamtproduktion des jeweiligen Betriebes mitarbeiten, indem von ihnen gefertigte Teile mit in die Produktion einflossen und zum anderen boten sich hier auch ideale Voraussetzungen zur nationalsozialistischen Indoktrination der Auszubildenden. Die Entwicklung und der Ausbau der Industriellen Lehrwerkstätten ging nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten stark voran:

[...]

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Zur Entwicklung der Berufpädagogik im Nationalsozialismus
Hochschule
Universität Hamburg
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
29
Katalognummer
V126171
ISBN (eBook)
9783640325009
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklung, Berufpädagogik, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
Sören Meyer (Autor:in), 2005, Zur Entwicklung der Berufpädagogik im Nationalsozialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126171

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