Polysemie im zweisprachigen Wörterbuch


Hausarbeit, 2007

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Polysemie – was ist das?
1.1 Versuch einer Definition
1.2 Entstehung der Polysemie

2 Die Erfassung der Polysemie in einem Wörterbuch
2.1 Polysemie erfassen
2.2 Die Problematik der Indexierung
2.3 Die Problematik der Übersetzung

3 Daum/Schenk und Leyn im Vergleich

Fazit

Literatur

Einleitung

Betrachtet man eine Sprache, wird man merken, dass nicht jedem Wort nur eine einzige Bedeutung anhaftet. Einige Worte haben mehrere Bedeutungen, die in ihrer Aussage sehr variieren können. Somit kann es in einer Sprache nicht nur ein korrektes Verständnis geben, sondern Feinheiten, mit denen man Aussagen differenzieren und zu etwas ganz Individuellem gestalten kann. Diese Mehrfachbedeutung einzelner Worte kann zwar zu Verwechslungen führen, doch ist sie Sprechern der gleichen Muttersprache oft nicht einmal wirklich bewusst.

Wie ändert sich dieses Verständnis jedoch, wenn man eine zweite Sprache hinzufügt?

Fremdsprachenlernende stehen nicht selten vor der Frage, was eine Aussage zu bedeuten hat, wenn sie einem bestimmten Wort nur die eine seiner vielfältigen Bedeutungen zuordnen können. Dadurch entsteht eine gewisse Schwierigkeit beim Vergleich zweier Sprachen. Mehrdeutige Begrifflichkeiten werden in keiner Sprache zu 100% mit der anderen verwendeten Sprache übereinstimmen. Man muss die spezifische Mehrfachbedeutung der Worte einer Sprache zu erkennen und anzuwenden lernen.

Beim Blick in ein zweisprachiges Wörterbuch wird einem dieser Schritt ganz besonders bewusst. Daher möchte diese Hausarbeit dem Phänomen der Polysemie in einem zweisprachigen Wörterbuch genauer auf den Grund gehen. Was ist eigentlich Polysemie, und wie erkennt man sie zwischen zwei Sprachen? Wo liegen die Gefahren bei der Verwendung von Polysemie?

1 Polysemie – was ist das?

Generell möchte man immer sagen, dass Polysemie die Mehrfachbedeutung eines Wortes ist. Das ist jedoch eine sehr simple Erklärung. Es gibt nicht einfach ein Wort, das scheinbar grundlos zwei oder mehr Bedeutungen hat. Dies hat einen Grund, und man wird feststellen, dass es sich nicht immer gleich um Polysemie handeln wird.

Es stellt sich also die Frage, wie Polysemie eigentlich entstanden ist und wie sie so in der Sprache verwurzelt werden konnte.

Wo liegt der Ursprung der Polysemie, und inwieweit unterscheidet sie sich von ähnlichen sprachlichen Erscheinungen wie beispielsweise der Homonymie?

1.1 Versuch einer Definition

Es erscheint oftmals schwierig, genau zu differenzieren und abzugrenzen, in welchem Rahmen sich der Begriff Polysemie genau befindet und wo er bereits in andere linguistische Erscheinungen übergeht. Die größte Verwechslungsgefahr besteht zwischen Polysemie und Homonymie. Hier kann nicht immer eindeutig unterschieden werden; die Grenzen zwischen Polysemie und Homonyme verschwimmen.

Bei Homonymen „liegen […] zwei oder mehrere Zeichen mit gleicher Lautform vor.“[1] Man unterscheidet innerhalb der Homonymie noch einmal zwischen Homophonie und Homografie. Homografe Worte schreiben sich gleich, werden jedoch anders ausgesprochen oder betont, worin üblicher Weise auch der Bedeutungsunterschied zu erklären ist. Die Verwechslungsgefahr bei Homografen ist somit in einem schriftlichen Dokument größer als in der gesprochenen Sprache. Ein Beispiel wäre „muka“. Betont man das u, bedeutet es Qual. Bei einem betonten a handelt es sich um das Mehl. Homophone Worte hingegen haben geringe Unterschiede in der Schreibweise, klingen aber im allgemeinen Sprachgebrauch gleich, was beim Hörverstehen ihre Verwechslungsgefahr ausmacht. Z.B. wird kaum ein Unterschied bei den Worten „grib“ und „gripp“ deutlich. Das b am Ende wird so hart gesprochen, dass es ebenso das „pp“ des entsprechend anderen Wortes sein könnte. Geschrieben kann dieser Fehler eher weniger passieren, beim Hörverstehen jedoch ist er nicht ganz zu vermeiden. Homografie ist daher der Teil der Homonymie, der häufiger nicht mehr von der Polysemie zu trennen ist.

Hin und wieder wird Polysemie auch mit Paronymie verwechselt. Hier ist es jedoch einfacher zu erkennen, ob es sich bei zwei Worten um Paronyme oder Polyseme handelt. Paronyme haben nämlich lediglich den gleichen Wortstamm, aber unterschiedliche Suffixe, die die Bedeutungen der Worte verschieden machen. Es gibt sehr viele Beispiele wie „jumoreska-jumoristka“[2], „cholodet’-cholodit’“[3] oder „skrytnyj-skrytyj“[4]. Durch ihre große Ähnlichkeit in Schriftbild und Aussprache können Paronyme leicht miteinander verwechselt werden. Allerdings wird auch an den gegebenen Beispielen deutlich, dass es sich bei Paronymen in keinem Fall um Polysemie handeln kann, da es trotz der großen Ähnlichkeit doch unterschiedliche Worte sind.

Trotzdem es so schwierig erscheint, Polysemie genau zu definieren und zu bezeichnen, gibt es jedoch ein Merkmal, das Polyseme eindeutig als solche kenntlich macht und von Homonymie und allen anderen linguistischen Erscheinungen unterscheidet. Polyseme haben üblicher Weise eine gemeinsame etymologische Wurzel.

Dies bei jeder einzelnen Vokabel, die polysem oder homonym ist, nachzuprüfen, ist nicht immer einfach oder kann vielleicht nicht mehr genau nachgewiesen werden. Weiß man jedoch von einer gemeinsamen etymologischen Wurzel, kann man häufig nachvollziehen, warum die Polyseme aus dem gleichen Wort bestehen, aber andere Bedeutungen im Sprachgebrauch haben.

1.2 Entstehung der Polysemie

Nachdem erklärt werden konnte, wobei es sich im Allgemeinen um Polysemie handelt, stellt sich nun die Frage nach ihrer Entstehung. Die Tatsache, dass es Polysemie in einer Sprache gibt, lässt sich hauptsächlich auf die Etymologie der entsprechenden Polyseme zurückführen. Es ist wissenschaftsgeschichtlich notwendig, dass „die Unterscheidung von der historischen Linguistik“[5] zum jetzigen lexikalischen Begriff bedacht wird. Ein Wort kann nach seiner Ursprungsbedeutung Schiftungen erleben, wodurch es zu zwei separaten Begrifflichkeiten kommen kann. Die Bedeutungen dieser beiden Polyseme kann sich somit sehr weit voneinander entfernen, auch wenn die Wurzel die gleiche ist. In solchen Fällen lässt sich die Polysemie beim bloßen Anblick schlecht nachvollziehen.

Ein Beispiel dafür ist das Wort „konvert“[6]. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet das Wort ein Nadelkissen. Mittlerweile versteht man darunter allerdings auch einen Briefumschlag. Die beiden Gegenstände haben keinerlei Verwandtschaft miteinander, trotzdem das Wort da gleiche ist und sich vom einen zum anderen entwickelt hat.

Der Bedeutungsunterschied der Polyseme muss jedoch nicht so groß sein wie in diesem Beispiel. Polysemie entsteht auch dann, wenn sich das Ursprungswort entwickelt und auch seine Bedeutung weiter ausdehnt. Hier kann man das Wort „drakon“ anführen. Seine ursprüngliche Bedeutung ist ein geflügeltes Fabeltier. Erst später ist ein Sport- und Freizeitgerät entstanden, das ebenfalls „drakon“ heißt. Aufgrund seiner optischen Ähnlichkeit mit dem Fabeltier hat es diesen Namen erhalten, hat also eine gemeinsame etymologische Wurzel. Die Verwandtschaft der beiden Polyseme ist nicht schwer zu erkennen.

Es entstehen aber auch dann Polyseme, wenn ein Wort in einen anderen Kontext transferiert wird. Dies entsteht insbesondere durch Transferierung eines Fachwortes in die Alltagssprache oder durch ein allgemein gebräuchliches Wort oder eine Namensbezeichnung zu einem Markennamen oder ein Schimpfwort. „Kozël“ ist sowohl die Bezeichnung für das entsprechende Tier als auch ein Schimpfwort gegenüber einer Person, auf die die Eigenschaften des Tiers bezogen wird.

Eine andere Form der Polysemie, die dem Sprecher nicht wirklich bewusst ist, ist die reguläre Polysemie. Es ist ein Sonderfall innerhalb der Polysemie, bei dem ein Begriff für mehrere Dinge aus dem gleichen Kontext steht. So sagt man „der Goethe“ und meinte damit sowohl die Person als auch seine Werke. Diese Form der Polysemie ist allerdings, wie bereits erwähnt, ein Ausnahmefall, der in einem Wörterbuch nicht weiter angesprochen oder erläutert wird, und dem wir uns nicht weiter widmen werden.[7]

Anhand dieser Beispiele sieht man, dass sich Polyseme im Laufe der Zeit aus dem Sprachgebrauch heraus entwickelt haben. Man kann somit jedes Polysem etymologisch erfassen und nachforschen, um an die Ursprünge und die Bedeutungsschiftungen zu gelangen.

2 Die Erfassung der Polysemie in einem Wörterbuch

In der Theorie haben wir nun schon einige Beispiele für Polysemie gesehen. Wie geht man nun aber vor, wenn man in ein Wörterbuch schauen möchte?

Es wurde bereits gesagt, dass „über die Schwierigkeit einer klaren Grenzziehung zwischen Homonymie und Polysemie […] weitgehend Einvernehmen [herrscht]“[8]. Wie ist es diesbezüglich bei einem Wörterbuchartikel geregelt? Kann man beim Blick auf ein Lemma erkennen, ob es ein Polysem ist? Wie werden Polyseme überhaupt lemmatisiert? Wie unterscheidet das Wörterbuch zwischen Polysemie und Homonymie?

Eine weitere Schwierigkeit, die sich bei der Behandlung der Polysemie mit einem Wörterbuch stellt, ist die Problematik zwischen den beiden Sprachen des Wörterbuches. Welche Schwierigkeiten entstehen bei der Erklärung und der Übersetzung?

[...]


[1] Hausmann, F.J. et al. (Hrsg) (1989), Homonymie und Polysemie im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch, Berlin/New York

[2] Višnjakova, O.B. (1984): Slovar’ paronimov russkogo jazika, Moskau: Izdatel’ stvo >russkij jazik<

[3] Višnjakova, O.B. (1984): Slovar’ paronimov russkogo jazika, Moskau: Izdatel’ stvo >russkij jazik<

[4] Višnjakova, O.B. (1984): Slovar’ paronimov russkogo jazika, Moskau: Izdatel’ stvo >russkij jazik<

[5] Hausmann, F.J. et al. (Hrsg) (1989), Homonymie und Polysemie im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch, Berlin/New York

[6] Daum/Schenk (2001): Russisch-Deutsches Schulwörterbuch, 8.Auflage. Langenscheidt

[7] vergleiche: Hermann,Ursula u.a. (Hgg) (1996): Die neue deutsche Rechtschreibung, München: Bertelsmann Lexikon Verlag

[8] Hausmann, F.J. et al. (Hrsg) (1989), Homonymie und Polysemie im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch, Berlin/New York

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Polysemie im zweisprachigen Wörterbuch
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Lotmann-Institut für russische und sowjetische Kultur)
Veranstaltung
Russische Lexikografie
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V126152
ISBN (eBook)
9783640322503
ISBN (Buch)
9783640320639
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
polysemie, wörterbuch, russisch-deutsch
Arbeit zitieren
BA Jenny Schulz (Autor:in), 2007, Polysemie im zweisprachigen Wörterbuch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126152

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