Feudalismus als universalhistorisches Phänomen


Hausarbeit, 1998

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Feudalismuskonzeptionen und Rezeptionen
1.1. Die Feudalismuskonzeption bei Otto Hintze - die sozio-historische Rezeption
1.2. Die Feudalismuskonzeption von Max Weber - Feudalismus als Herrschaftsform
1.3. Die Feudalismusrezeption von Karl Marx - Feudalismus aus historisch- materialistischer Sicht

2. Feudalismus-Diskussion in der DDR

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Einleitung

Feudalismus ist ein Begriff, der in der geschichtlichen, wirtschaftlichen und soziologischen Forschung für kontroverse Meinungen sorgte. Daraus resultierte eine lang andauernde Diskussionsreihe. Das Hauptproblem bestand darin, dass es keine klare, eindeutige Definition des Begriffs und des Wesens des Feudalismus gab. Feudalismus wurde oftmals unter den engen Begriff des Lehnswesens gefasst. In der deutschen Mittelalterforschung befasste man sich mit dem „Lehnswesen“ als rechtliches und politisches Phänomen. Das Interesse entstand während der Erforschung der Teilung des deutschen Reiches. Man führte die Zersplitterung auf ein dezentralisiertes Gesellschafts- und Herrschaftssystem zurück, was zur Tiefenforschung des Mittelalters, unter besonderer Berücksichtigung der sozialen und politischen Situation führte.

Drei wesentliche Feudalismuskonzeptionen werden von Otto Hintze, Max Weber und den Marxisten-Leninisten vorgelegt. Die verschiedenen Auffassungen unterscheiden sich vor allem in der Betrachtungsweise des Feudalismus-Begriffs bzw. in der unterschiedlichen Vorgehensweise der jeweiligen Feudalismuskonzeptionen. Fundierte Analysen dieser Konzepte von Historikern, deren Arbeits- und Denkweise durch derzeitige Strömungen in der Wissenschaftswelt beeinflusst wurde, bildeten die vier wichtigsten Schulen der bürgerlichen Geschichtsschreibung. Sie geben die verschiedenen Rezeptionen von Feudalismus wieder. Die politisch-typologische, die sozialgeschichtliche, die formaljuristische und die west-deutsche „Gegenwartsschule“. In meiner Darstellung möchte ich weniger auf die einzelnen Schulen eingehen, viel mehr möchte ich die drei wesentlichen Feudalismuskonzeptionen vorstellen. Otto Hintze soll hier als Vertreter der politisch-typologischen Schule bzw. der sozio-historischen Rezeption fungieren. Max Weber repräsentiert eine konkrete Auffassung von Feudalismus als Herrschaftsform. Des weiteren werde ich kurz die Gedanken Karl Marx´ vorstellen, der die historisch-materialistische Betrachtungsweise vertritt. Schließlich werde ich zum Abschnitt: „Feudalismusdiskussion in der DDR“ überleiten. (Kuchenbuch: 199)

1. Feudalismuskonzeptionen und Rezeptionen

1.1. Die Feudalismuskonzeption bei Otto Hintze – die sozio-historische Rezeption

Für O. Hintze stellt sich Feudalismus zum einen „substantiell und statisch [...] als ein geschlossenes, in sich zusammenhängendes System von Einrichtungen“, und zum anderen „funktionell und dynamisch [...] als eine mehr oder minder vollständig sich auswirkende Tendenz, als ein typisches Prinzip der Staats- und Ständebildung“ dar (Hintze 1929: 13). Bei seiner Analyse bedient er sich einer Methode, die schon Max Weber in seinen Ausführungen verwendet hat, nämlich der „Typenbildung“. Durch die Beschreibung des „Idealtypus“ versucht er das Problem der begrifflichen Definition von Feudalismus zu umgehen. Der Idealtypus soll der „anschaulichen Abstraktion“ dienen, wobei weniger die Frage nach dem Wesen im Vordergrund steht, doch erscheint es ihm als notwendig für die weitere Vorgehensweise. Im wesentlichen konzentriert sich seine Arbeit auf zwei Fragestellungen: erstens, ob Feudalismus ein entwicklungs-geschichtliches Stadium ist, „welches jeder Staat oder jedes Volk einmal durchzumachen gehabt“ hat, und zweitens „ ob und mit welchen Gründen die Anwendung des Wortes ,Feudalismus’ oder ,Feudalstaat’ auch auf andere Völker und Kulturen gerechtfertigt werden“ können (Hintze 1929: 13). Hintze nimmt in seiner Arbeit ganz konkret Stellung zu Gedanken von Georg von Below, der seiner Meinung nach Feudalismus zu wenig auf die Funktionalität untersuchte und sich zu sehr auf das Deutsche Reich beschränkt habe.

Hintze sieht den Ursprung des Feudalismus in „der feudalen Verfassung des fränkischen Reiches und seiner Nachfolge- oder Nachbarstaaten“, also im „romanisch-germanischen Völkerkreis des Mittelalters.“. Im wesentlichen findet man drei charakteristische Züge im fränkischen Reich, von ihm abstammend das Deutsche Reich vor, die man als Vorbedingungen für den späteren Feudalismus kennzeichnen kann. Erstens, ein partikularistischer Zug, der nicht einer planmäßigen „Dezentralisation“ entspringt, sondern auf eine unvollständige Integration der einzelnen Reichsteile zu einem Staat zurückzuführen ist. Der Partikularismus bewirkte eine Art (Ver-)Teilung der Staatsgewalt zwischen Herrscher und Partikularobrigkeiten, eine „Teilung nicht nach Funktionen der Staatsgewalt [...], sondern nach ihrem Objekt, nach Land und Leuten[...]“ (Hintze 1929: 14).

Zweitens, die Verdinglichung der Herrschaft. Herrschaft zu dieser Zeit ist persönlicher und nicht anstaltlicher Natur, was auf die germanische Auffassung von Herrschaft als persönliches Recht zurückgeht. Die persönliche Herrschaft des Königs gewährt ihm eine hausherrschaftliche und grundherrschaftliche Machtstellung. Das ist vor allem in einer Zeit schlechter Verkehrsverbindungen, überwiegender Naturalwirtschaft und bei „Mangel rationaler anstaltlicher Einrichtungen“ möglich.

„Das führt zur Verdinglichung der Herrschaft, statt zur Versachlichung wie beim modernen Staat. Die Verdinglichung aber bedeutet den traditionalistischen Patrimonialstaat, während die Versachlichung den rationalistischen Anstaltstaat bedeutet.[...] Hier liegt auch die Erklärung für jene eigentümliche Teilung der Staatsgewalt nach dem Objekt, nach den partes regni, statt nach den Funktionen: das eine ist patrimonial und traditionalistisch gedacht, das andere rational und anstaltlich.“ (Hintze 1929: 15)

Der dritte wesentliche Zug ist der hierarchische. Die Verbindung von Kirche und Staat ist sehr eng und die Grenzen zwischen der weltlichen und geistlichen Welt unklar. Der Staat gliedert sich in das hierarchische System der Kirche ein; „seine Ordnung ist von der Vorstellung beherrscht, dass alle Herrschergewalt von Gott stammt und den Inhabern nur leihweise übertragen ist auf verschiedenen Stufen.“ (Hintze 1929: 15). Der fränkische Staat beruhte nun auf der römisch-germanischen „Kultursynthese“, indem der germanische Wesenszug eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung zum Feudalismus spielte. Germanisch „ist vor allem der persönliche Charakter der politischen Herrschaft und der Herrschaftsmittel.“, nicht zu letzt wirkte sich dieses Prinzip in der Erblichkeit von Lehen aus. Römisch war vor allem die Verwaltungsorganisation in Form eines Beamtenstaates in dem die kirchliche Hierarchie zum tragen kam. Zur Ausbildung des romanisch-germanischen Feudalismus konnte es seiner Meinung nach nur durch konterkarierende Entwicklungen in den jeweiligen „Kulturkreisen“ kommen. Die antike Gesellschaft bewegte sich zurück in die Naturalwirtschaft mit allen Konsequenzen wohingegen sich eine progressive Bewegung der germanischen Sippen- und Stammesverfassung zu einer festen Staats- und Gesellschaftsordnung abzeichnete. Insbesondere das Zwischenstadium von der Stammes- zur Staatsordnung bewertet Hintze als ausschlaggebend für die endgültige Richtung hin zum Feudalismus als die Phase des großen Umbruchs. Für ihn stellt sich Feudalismus als ein dreidimensionales sozio-politisches System dar, bei dem alle Faktoren (Dimensionen) gegeben sein müssen.

1. Der militärische Faktor.

Es bildet sich ein berittener, „berufsmäßiger Kriegerstand“ aus, dessen Existenzgrundlage auf einem „typischen Privatvertrag“ beruht. Die Vasallität und das Benefizium bilden die wichtigsten Komponenten dieses persönlichen und dinglichen Rechtsverhältnisses. Die Vasallität bezeichnet ein „kriegerisches Dienstverhältnis, das auf dem Grundsatz gegenseitiger Treue beruht und dem Mann neben dem Schutz durch den Herrn auch den standesmäßigen Lebensunterhalt gewährleistet“ (Hintze 1929: 17). Das heißt, der Lehnsherr (senior) bestreitet den Lebensunterhalt des Lehnsmann (Vasall) indem er Lehnsgut verleiht, der Vasall erbringt als Gegenleistung kriegerische Dienste. Dieses Lehnsgut, das nicht Eigentum des Vasallen ist, wird benefizium genannt. Der Vasall konnte als Inhaber diesen Boden frei bewirtschaften. Ursprünglich hatte der Vasall nur Anspruch auf das darauf gezogene Vieh und nicht am Boden selbst. In Zeiten überwiegender Naturalwirtschaft und schlechten Verkehrsverbindungen wurde das Berufskriegertum zu einer politischen Notwendigkeit, insbesondere wegen der Sarazenengefahr. Das Halten von Berufskriegern brachte grundlegende Änderungen der Kriegsverfassungen mit sich. Auf diese Zeit geht die Auflösung der Sippe als Schutzverband zurück. Der Vasall begibt sich in den Schutz eines Herrn und tritt aus dem Sippenverband aus. Mit dem Lehnsherr entsteht ein Privatvertrag, der auf gegenseitiger Treue beruht. Durch den Eintritt in dieses Vertragsverhältnis wird der soziale Status des Vasallen erhöht, im ritterlichen Beruf war nicht mehr die freie oder unfreie Geburt entscheidend für den sozialen Rang.

2. Der ökonomisch-soziale Faktor.

Der Bauer, der kein Viehzüchter mehr war sondern Ackerwirtschaft betreibt, ist zunehmend an seine Scholle gebunden und wird unbrauchbar für den öffentlichen Kriegsdienst. Gleichzeitig bricht die Sippenverfassung auseinander, der Bauer verliert den Schutz durch die Sippengemeinschaft in einer Zeit, in der das Bedürfnis nach Schutz an Bedeutung gewinnt. An ihre Stelle treten nun geistliche Stifte oder weltliche Herren, die gegen landwirtschaftliche Dienste Schutz in jeglicher Hinsicht bieten. Der freie Bauer begibt sich in den Schutz (Kommendation) und überträgt seinen Besitz, so dass er in grundherrliche Hörigkeit gerät, und die Ritter werden zu Grundherren. Diese grundherrschaftlich-bäuerliche Wirtschaftsweise bildet im Feudalismus die ökonomische Basis und ist sein dauerhaftester Bestandteil. Das ist der Aspekt der heute oftmals mit dem Feudalismusbegriff gleichgesetzt wird.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Feudalismus als universalhistorisches Phänomen
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Japanologisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar: Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte Japans
Note
1,0
Autor
Jahr
1998
Seiten
20
Katalognummer
V12602
ISBN (eBook)
9783638184458
Dateigröße
498 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine für die Japanologie untypische Arbeit, da das Thema nicht explizit mit Japan zu tun hat. 157 KB
Schlagworte
Feudalismuskonzeptionen, Japan
Arbeit zitieren
Natsuho Hayauchi (Autor:in), 1998, Feudalismus als universalhistorisches Phänomen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12602

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