Tertiärspracherwerb – Ein Überblick


Hausarbeit, 2006

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeine Grundlagen des Zweitspracherwerbs
2.1 Theorien des Fremdspracherwerbs
2.2 Zwei- und Mehrsprachigkeitsformen
2.3 Fremdspracherwerb im Kindesalter vs. im Erwachsenenalter
2.4 Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts

3. Tertiärspracherwerb
3.1 Theoretische Ansätze
3.2 Modelle des Tertiärspracherwerbs
3.2.1 Das Rollen-Funktions-Modell von Hammarberg und Williams
3.2.2 Das Ecological Model of Multilinguality von Aronin und Ó Laoire
3.2.3 Das Foreign Language Acquisition Model (FLAM) von Groseva
3.2.4 Das Dynamic Model of Multilingualism (DMM) von Jessner und Herdina
3.2.5 Das Faktorenmodell von Hufeisen

4. Einzelne Studien des Tertiärspracherwerbs und deren Erkenntnisse
4.1 Cenoz’ Studie im Baskenland
4.2 Fouser’s Studie über den Einfluss des Erwerbs des Japanischen auf den Erwerb des Koreanischen

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Mehrsprachigkeit des Menschen in unserer heutigen Zeit der Globalisierung und Mobilität stellt zunehmend die Regel als die Ausnahme dar. Immer mehr Menschen sprechen zwei oder mehr Sprachen und Einsprachigkeit, auch Monolingualismus genannt, ist immer weniger verbreitet1. Der Mensch besitzt allgemein die Fähigkeit zur Mehrsprachigkeit, auch als Multilingualismus bezeichnet. Er weist demnach die Fähigkeit auf, sich in mehreren Sprachen, also über seine Muttersprache L1 und die erste Fremdsprache L2 hinaus, auszudrücken und grundsätzlich viele zu erlernen2. Einen Mensch, der über Wissen in drei oder mehr Fremdsprachen verfügt, bezeichnet man als polyglott3. Dabei kann man kollektive und individuelle Mehrsprachigkeit unterscheiden. Bei der kollektiven Mehrsprachigkeit4 handelt es sich um den Sprachkontakt zwischen und innerhalb von Sprachgemeinschaften, wobei das Phänomen des Code-Switching eine wichtige Rolle spielt5. Diese kollektive Mehrsprachigkeit kann man zum Beispiel in Luxemburg mit einer Nationalsprache, Luxemburgisch, und zwei offiziellen Sprachen, Französisch und Deutsch, beobachten6. Hierbei handelt es sich um eine Triglossie-Situation, welche auf der Grundlage der Diglossie erklärt werden kann:

[…] innerhalb einer Sprachgemeinschaft die dauerhafte Koexistenz zweier Sprachen oder Sprachvarietäten […], die in ihrer Verwendung funktional deutlich voneinander getrennt werden: die H(igh) variation ist die Sprache öffentlicher Anlässe und des schriftlichen Gebrauchs, während die L(ow) variation für nicht-offizielle Situationen reserviert ist.7

Am Beispiel Luxemburgs übernehmen Französisch und Deutsch die Rolle als offizielle Sprachen und Luxemburgisch wird in nicht-offiziellen Situationen, zum Beispiel im Kreis der Familie, verwendet. Im Gegensatz dazu spricht man von individueller Mehrsprachigkeit8, wenn ein Mensch innerhalb einer Gruppe mehrere Sprachen spricht9 ; wobei die Gründe dafür ganz unterschiedlicher Natur sein können. Cenoz erklärt dieses Phänomen folgendermaßen:

[…] the revitalisation and use of autoctonous minority and regional languages in the public domain also contributes to the development of individual multilingualism in European regions such as Catalonia, Galicia, Frisia, the Basque Country, Brittany, Wales and Ireland.10

Obwohl das Interesse an Studien im Bereich des Tertiärspracherwerbs in den letzten Jahren immer größer und das Thema immer aktueller geworden ist, steht die Forschung auf diesem Gebiet erst am Anfang11 und stützt sich oftmals auf den Zweitspracherwerb und dessen Erkenntnisse. Als Tertiärspracherwerb wird nach Hufeisen dabei das Erlernen jeder weiteren Fremdsprache nach der Muttersprache L1 und der ersten Fremdsprache L2 eines Menschen bezeichnet12. Allgemein wird ein Unterschied zwischen dem unbewussten Erwerb und dem bewussten Erlernen einer Fremdsprache gemacht. Nach Hufeisen finden beide Vorgänge zusammen statt und teilen sich gewisse Merkmale13. Im Folgenden werden beide Begriffe gebraucht, um den Erwerb von Kompetenzen in einer Fremdsprache durch einen Menschen zu bezeichnen.

Die vorliegende Hausarbeit hat zum Ziel, einen Überblick über den Stand der Forschung im Bereich des Tertiärspracherwerbs zu vermitteln. Im Folgenden werden zuerst die allgemeinen Grundlagen des Zweitspracherwerbs behandelt. Weiterhin werden der Tertiärspracherwerb und dessen theoretische Ansätze sowie Modelle näher beleuchtet. Abschließend wird auf konkrete Studien des Tertiärspracherwerbs und deren Erkenntnisse eingegangen.

2. Allgemeine Grundlagen des Zweitspracherwerbs

Die Prozesse des Fremdspracherwerbs ab der ersten Fremdsprache L2 verändern sich je nachdem, ob der Erstspracherwerb vollständig abgeschlossen ist oder nicht14. Sobald ein Kind während des Erstspracherwerbs im frühen Alter mit einer anderen Sprache konfrontiert wird, findet ein bilingualer Spracherwerb statt und es besteht die Möglichkeit, „diese Sprache in ähnlicher Wiese wie seine Erstsprache zu erwerben.“15. Es kommt zu einer Überlappung von Erst- und Fremdspracherwerb, die Bloomfield schon 1933 als Bilingualismus folgendermaßen definiert hat: „native-like control of two languages“16. Der Bilingualismus ist dabei ein spezieller Fall der Fremdsprachenbeherrschung, obwohl eine vollständige und gleiche Kompetenz in beiden Sprachen trotzdem nicht gewährleistet ist. Beim balancierten Bilingualismus besitzt der Sprecher eine relativ ausgewogene Kompetenz in beiden Sprachen. Hingegen besitzt der Sprecher beim partiellen Bilingualismus eine größere Kompetenz in einer der beiden Sprachen in bestimmten Kommunikationsbereichen17. Dieser Fall tritt am häufigsten auf, da ein Sprecher meist eine Sprache mehr benutzt, als die andere. Dies wird oft durch den Einfluss des sozialen Umfelds bedingt. Wenn zum Beispiel ein Kind durch zwei verschiedensprachige Elternteile in Deutschland bilingual in Deutsch und Japanisch aufwächst, dann ist die Wahrscheinlichkeit durch das normalerweise vorwiegend deutschsprachige Umfeld groß, dass für das Kind Deutsch eine wichtigere Rolle einnimmt und somit ein gewisses Übergewicht im Vergleich zum Japanischen besitzt. Das Phänomen des Code-Switching tritt bei dem Bilingualismus dabei äußerst häufig auf und bezeichnet nach Thomason „the use of material from two (or more) languages by a single speaker in the same conversation.“18. Sobald ein bilingualer Sprecher ein Wort in der gewünschten Sprache nicht sofort parat hat, ersetzt er es durch ein Wort mit gleicher Bedeutung aus einer anderen verfügbaren Sprache. Bei bilingualen Sprechern kann man auch strategisches Code-Switching beobachten, um zum Beispiel die Zugehörigkeit zu einer sozialen oder ethnischen Gruppe hervorzuheben. Türkischstämmige Jugendliche, welche in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, verwenden zum Beispiel oft deutsche Ausdrücke, wenn sie miteinander Türkisch sprechen, ihnen aber in dem Moment nicht das passende türkische Wort einfällt und dieses durch die deutsche Entsprechung ersetzen19.

Im Unterschied zum Erstspracherwerb besitzt der Mensch beim Fremdspracherwerb eine größere Kontrolle über den Lernvorgang. Man geht dabei „von einer Mischung von spontanen und kontrollierten Lernprozessen “ aus20. Diese Mischung scheint am ehesten gegeben, wenn man oft und engen Kontakt mit Muttersprachlern der zu erlernenden Zielsprache hat; trotzdem ist dies natürlich von jedem einzelnen Fremdsprachenlerner abhängig21. Man lernt eine Fremdsprache am besten, wenn man sie oft anwendet22 und dies sollte idealerweise in einem Land geschehen, wo die betreffende Sprache zumindest als offizielle Sprache oder sogar als Nationalsprache gesprochen wird, da dort der sprachliche Input am größten und am sprachlich vielfältigsten ist. Beim Fremdspracherwerb treten anders als beim Erstspracherwerb auch Bedingungen wie individuelles Talent oder Motivation auf, die den Lernprozess beschleunigen oder verlangsamen können23. Wenn ein Schüler eine Fremdsprache in der Schule nur als Pflichtfach lernen muss und gar nicht richtig daran interessiert ist, so trifft auch der noch so kreativste Fremdsprachenunterricht auf unfruchtbaren Boden. Die Muttersprache des Lerners spielt im Fremdspracherwerb trotzdem eine große Rolle, da sie immer als Basis für weitere Sprachen dient, wobei die Perspektiven der Fremdsprachenlerner auf die jeweilige Zielsprache bedingt durch ihre Muttersprache immer unterschiedlich sind. Die typologische und etymologische Herkunft der Sprachen spielen dabei eine wichtige Rolle24, worauf später auch noch näher eingegangen wird.

Weiterhin beeinflusst das phonologische Wahrnehumngsvermögen jedes einzelnen Fremdsprachenlerners sehr stark den Erwerb einer Fremdsprache:

Einer der wichtigsten kognitiven Faktoren, die aus den Unterschieden zwischen Erst- und Fremdsprache resultieren, bezieht sich auf das auditive Diskriminationsvermögen, das durch den Erstspracherwerb für bestimmte phonologische Aspekte gut, für andere hingegen weniger gut trainiert wurde. Die Wahrnehmungsfähigkeit ist jedoch eine wichtige Voraussetzung für den Einstieg nicht nur in neue phonologische Strukturen, sondern auch in andere Bereiche des Sprachsystems.25

Das phonologische Wahrnehmungsvermögen des Lerners bildet den Grundstein für den Spracherwerb. Es wird deutlich, dass erwachsene Muttersprachler einer Nicht-Tonsprache, wie zum Beispiel Englisch oder Spanisch, Probleme beim Erwerb von Tonsprachen wie Chinesisch oder Thai bekommen können, da sie die unterschiedlichen Töne phonologisch nicht so exakt unterscheiden können, wie dies ein Muttersprachler einer Tonsprache tun könnte. Das ist einer der Gründe dafür, dass erwachsene Fremdsprachenlerner normalerweise immer einen Akzent in der Fremdsprache aufweisen26. Dabei ist aber nicht immer die Muttersprache L1 allein für diesen Akzent verantwortlich. Auch die erste Fremdsprache oder weitere Fremdsprachen können bei der Aussprache eine Rolle spielen:

From long experience we know that phonological transfer is typical of the language learning processes, especially of adult learners. This characteristic phenomenon of foreign accent is caused by the phonological system, including orthography, of L1. However, with our student groups, interferences from L2 and L3 must also be responsible for the deviating pronunciation.27

Bei jungen Kindern ist diese Diskriminationsvermögen noch sehr gut vorhanden28, so dass es möglich ist, dass sie bei bilingualer Erziehung sehr gut eine Tonsprache und eine Nicht- Tonsprache ohne Akzent erlernen können.

Probleme des Fremdspracherwerbs bereiten die großen Anfangsfortschritte der Lerner, wobei dann später die Lernkurve abflacht und meist mit einem Motivationsverlust einhergeht. Die Motivation ist aber weiterhin sehr wichtig, um kleine Lernfortschritte auch noch auf einem hohen Sprachniveau zu machen. Die Endphase des Fremdspracherwerbs, der Idealfall des fließenden Sprechens, wird in den meisten Fällen nicht erreicht. Häufig tritt die so genannte Fossilisation auf29. Der Lerner bleibt auf einer bestimmten Sprachstufe stehen, ohne sich weiter zu verbessern. Dies kann auf Grund von nicht erkannter Notwendigkeit, Zeitmangel oder auch Anpassungsschwäche in der Aussprache geschehen. Das so genannte Lernplateau ist dann erreicht30. Wenn trotzdem Wahrnehmungsgewohnheiten überwunden werden, dann können auch weitere Fortschritte erzielt und die Fossilisation aufgehoben werden31.

2.1 Theorien des Fremdspracherwerbs

Bei den Theorien des Fremdspracherwerbs stehen die kognitiven Theorien im Vordergrund32. Die nativistische Orientierung geht davon aus, dass die Sprachkompetenz aus der Beherrschung von Regeln besteht und diese Regeln Teile einzelsprachbezogener Grammatiken sind, die ihrerseits wiederum auf angeborenen universal- grammatischen Strukturen aufbauen.33

Die „kognitive Verarbeitung der grammatischen Relation zwischen der Erst- und der Fremdsprache“34 spielt dabei eine entscheidende Rolle. Der Untersuchungsschwerpunkt liegt auf den mentalen Prozessen, die bei der Verarbeitung von mehreren Sprachen nebeneinander stattfinden. Als wichtige Vetreter dieser grammatikorientierten Theorien gelten Selinker und Chomsky35.

Zu den stärker prozessorientierten Theorien gehört die Monitor Theory von Stephen Krashen, welche für den Zweitspracherwerb entwickelt wurde. Krashen geht von zwei verschiedenen Erwerbsprozessen aus: Der acquisition als „unbewussten Spracherwerb“, welcher ähnlich dem Erstspracherwerb abläuft und dem learning, welches als „bewusstes Sprachenlernen“ dargestellt wird36:

Spracherwerb beim Erwachsenen findet danach in natürlichen Kommunikationssituationen statt, bei denen die Aufmerksamkeit des Zweitsprachenlerners dem Inhalt der Interaktion, nicht den sprachlichen Formen, gilt. Im Gegensatz dazu vollzieht sich Sprachlernen über explizites Regelwissen, dessen Aktivierung bei konkreten Sprechanlässen von einer Kontrollinstanz des Lerners, dem Monitor, gesteuert wird, sofern dem Lerner während der Sprachproduktion genügend Zeit zur Sprachverarbeitung zur Verfügung steht.37

Der Monitor als Kontrollinstanz ermöglicht dabei eine „bewusste Beherrschung der Regeln der Fremdsprache“38 durch den Fremdsprachenlerner. Der so genannte affektive Filter bezieht sich auf die affektiven und personalen Faktoren des Fremdsprachenlerners, also u.a. auf die Motivation, die Ängstlichkeit und das Selbstbewusstsein des Lerners und beeinflusst dessen Lernfortschritte39. Sobald der affektive Filter zum Beispiel durch mangelndes Selbstvertrauen in der Zielsprache, d.h. in der zu erlernenden Fremdsprache, größer wird, blockiert er den Input der Fremdsprache und verhindert die acquisition40. Es kommt dann folglich nicht zu einem unbewussten Spracherwerb, sondern einem bewussten Erlernen einer Fremdsprache. Krashens Theorie ist mittlerweile umstritten, da er acquisition und learning als zwei getrennte Vorgänge ansieht. Er ist der Meinung, dass im Fremdsprachenunterricht „Gelerntes nicht in Erworbenes überführt werden kann.“41. Hufeisen dagegen sieht eine Verbindung zwischen acquisition und learning, da Lernen nie ohne Erwerb stattfinden kann und beide gemeinsame Merkmale aufweisen42. Außerdem weist Krashens Theorie Widersprüche bei der Unterscheidung von Lernen und Erwerben auf. Er spricht davon, dass auch Erwachsene noch die acquistion erfahren können, aber es ist fraglich, ob dies mit einem angeblich so starken affektiven Filter im Erwachsenenalter dann überhaupt noch möglich ist.

Im Gegensatz zu den kognitiven Theorien stehen die kommunikativen Theorien, die davon ausgehen, dass die Zielsprache am besten im Land selbst gelernt wird43. Dausendschön-Gay zum Beispiel erweitert das Konzept des „Language Acquisition Support Systems“ von Bruner von 1983 zu einem „Second Language Acquisition Support System“ und zeigt die „Notwendigkeit einer effektiven Einbettung des Fremdspracherwerbs in die soziale Interaktion“44. Sobald man demnach gezwungen ist, sich in einer fremdsprachigen Umgebung verständlich zu machen, lernt man auch schneller die Sprache des jeweiligen Landes. Nach Rickheit ist aber auch eine „Differenzierung und Kombination kognitiver und kommunikativer Ansätze“45 bei der Erforschung des Spracherwerbs sinnvoll, da man idealerweise verschiedene Ansätze nicht nur getrennt betrachten sollte. Eine Kombination kann zu interessanten und erkenntnisreichen Ergenissen führen.

2.2 Zwei- und Mehrsprachigkeitsformen

Im Großen und Ganzen kann man nach Bausch von einer Unterscheidung von vier wichtigen individuellen Zwei-und Mehrsprachigkeitsformen ausgehen46. Die minimalen Zwei- oder Mehrsprachigkeitsformen bezeichnen „Individuen, die in einer oder in mehreren Fremdsprachen lediglich rudimentäre, nicht satzübergreifend verwendbare Kenntnisse aufweisen“47 (z.B. feststehende Wendungen oder Begrüßungen). Diese Form der Zwei- oder Mehrsprachigkeit ist oft bei Schülern zu beobachten, die nur wenig Interesse am Fremdsprachenunterricht in der Schule zeigen und schlechte Lernergebnisse aufweisen. Die maximalen Zwei- und Mehrsprachigkeitsformen hingegen bezeichnen Individuen, die eine oder mehrere Fremdsprachen mit muttersprachlicher Kompetenz beherrschen48. Die ist aber eher eine idealisierte Zielgröße, da eine Sprache meistens eine andere dominiert und die Sprecher über annähernde, unterschiedlich ausgeformte Sprachfähigkeiten verfügen. Die maximale Form der Zweisprachigkeit kann man zum Beispiel in Quebec beobachten, wo die Bewohner größtenteils Französisch als Muttersprache erwerben, aber normalerweise auch fließend Englisch durch den Einfluss der vorwiegend anglophonen Sprachumgebung in Nordamerika sprechen. Zu den ausgewogenen oder symmetrischen Zwei- und Mehrsprachigkeitsformen zählen Individuen, „die z.B. für zwei Sprachen, bezogen auf alle möglichen Kommunikationstexte, einen (ungefähr) gleichgewichtigen Sprachstand erlangt haben“49 und die auch in der Lage sind, diesen Sprachstand über längere Zeit relativ konstant zu halten. Dabei besitzen sie aber keine muttersprachliche Kompetenz in den Fremdsprachen. Diese Form tritt zum Beispiel bei Immigranten auf, die in einem fremden Land allein auf sich gestellt und gezwungen sind, sich mit ihrer Umgebung zu verständigen und somit die Sprache des Landes relativ schnell und normalerweise auch gut zu erlernen. Die dominanten oder asymmetrischen Zwei- oder Mehrsprachigkeitsformen bezeichnen Individuen, „die eine oder mehrere Fremdsprachen „beherrschen“ und bei denen konstant oder abwechselnd die kommunikative Reichweite einer einzelnen Sprache gegenüber der bzw. den anderen Sprachen größer wird“50. Der Dominanzgrad kann sich dabei oft durch geographisch oder sozial bedingte Mobilität ändern. Diese Form der Mehrsprachigkeit tritt am häufigsten auf. Zum Beispiel tritt diese Mehrsprachigkeit bei Menschen auf, die bedingt durch ihre Arbeit oft in ein fremdes Land ziehen und somit auch oft die sprachliche Umgebung wechseln.

2.3 Fremdspracherwerb im Kindesalter vs. im Erwachsenenalter

Der Faktor „Alter“ spielt im Fremdspracherwerb eine ausschlaggebende Rolle:

Erwachsene, so fand man heraus, lernten lieber (und besser) nach einer „expliziten“ Methode, bei der Grammatikregeln und kontrastive Vergleiche im Mittelpunkt standen. Bei Kindern hingegen beobachtete man, daß auch die „implizite“ (streng audio-linguale) Methode zu guten Lernresultaten führte. Man zog daraus den Schluß, daß während der Pubertät ein Umbruch im Lernverhalten stattfindet; während Kinder eher assoziativ lernen, benutzen Erwachsene vorwiegend kognitiv- analytische Lernstrategien.51

[...]


1 Hufeisen (2003), S. 1

2 Bausch et al. (1995), S. 470b; Cenoz, S. 278: „Multilingual acquisition considered as „the acquisition of languages other than the first or second“ […].“

3 Hammarberg (2001a), S. 21

4 nach Hufeisen (2003), S. 2: multilingualism

5 Bausch et al. (1995), S. 470b

6 Vgl. Hoffmann (2001a), S. 17

7 Bausch et al. (1995), S. 471a

8 nach Hufeisen (2003), S. 2: multilinguality

9 Bausch et al. (1995), S. 471a

10 Cenoz, S. 278

11 Vgl. Hufeisen (1998), S. 169 ; Rine: „TLA [third language acquisition] as a discipline is only in its infancy.“

12 Vgl. Hufeisen (1998), S. 169

13 Hufeisen (2003), S. 1

14 Rickheit (2002), S. 141

15 Ibid.

16 Bloomfield zitiert in Rickheit (2002), S. 141

17 Rickheit (2002), S. 141

18Thomason (2001), S. 132

19 Eigenbeobachtung, z.B. auf der Straße oder im Bus.

20 Rickheit (2002), S. 142

21 Ibid.

22 Ibid., S. 144

23 Vgl. ibid., S. 143

24 Vgl. Rickheit (2002), S. 143

25 Rickheit (2002), S. 144

26 Bannert (2005), S. 76b

27 Ibid., S. 76a

28 Bausch et al. (1995), S. 468b/469a

30 Rickheit (2002), S. 146

31 Ibid.

32 Ibid., S. 147; Bußmann (2002), S. 350b: „Untersuchung mentaler Prozesse bei Erwerb und Verwendung von Wissen und Sprache […].“

33 Rickheit (2002), S. 147

34 Ibid.

35 Vgl. Ibid.

36 Bausch et al. (1995), S. 472a; Vgl. auch Rickheit (2002), S. 147

37 Bausch et al. (1995), S. 472a/472b

38 Rickheit (2002), S. 147

39 Vgl. Bausch et al. (1995), S. 454a

40 Ludescher

41 Bausch et al. (1995), S. 472b

42 Hufeisen (2003), S. 1

43 Rickheit (2002), S. 148

44 Ibid.

45 Ibid., S. 149

46 Bausch et al. (1995), S. 83a

47 Ibid.

48 Bausch et al. (1995), S. 83a

49 Ibid.

50 Ibid.

51 Ibid., S. 452b

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Tertiärspracherwerb – Ein Überblick
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
32
Katalognummer
V125931
ISBN (eBook)
9783640322299
ISBN (Buch)
9783640326853
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tertiärspracherwerb, Spracherwerb, Sekundärspracherwerb, Sprachkontakt, Sprachen lernen, Drittspracherwerb, Zweitspracherwerb
Arbeit zitieren
M.A. Kathleen Fritzsche (Autor:in), 2006, Tertiärspracherwerb – Ein Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125931

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