Phänomenales Bewusstsein

Oder: Die Qual der Qualia


Seminararbeit, 2008

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zum Begriff des phänomenalen Bewusstseins

3. Das Problem der Qualia

4. Gedankenexperimente
4.1 Thomas Nagel und die Fledermaus
4.2 Frank Jackson und Mary
4.3 Joseph Levine und die Erklärungslücke

5. Das Problem des Tatsachenbegriffs. Der Physikalismus auf dem Prüfstand

6. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Seit Beginn der ersten Theorien zur Philosophie des Geistes behandelt die Diskussion immer wieder die gleiche Frage: Wie stellt sich das Verhältnis von Körper und Geist dar? Aktuell wird dabei versucht – ganz im Sinne des Physikalismus – dem Geist eine Basis auf physikalischen Tatsachen nachzuweisen. Die verschiedenen Theorien des Semantischen Physikalismus, der Identitätstheorie, des Monismus, Materalismus, Funktionalismus und Repräsentationalismus gelangen dabei durch zwar unterschiedliche Beweiswege und Akzentuierungen dennoch zu dem gleichen Ergebnis, dass es keine nicht-physikalischen Tatsachen geben kann. Im Bereich der Theorien des phänomenalen Bewusstseins jedoch wird genau dieser Beweis der Existenz nicht-physikalischer Tatsachen angestrebt, was sowohl den Widerstreit mit dem Physikalismus als auch die wichtige Bedeutung dieser Debatte erklärt.

Mit der vorliegenden Arbeit soll ein Überblick zum Bereich des phänomenalen Bewusstseins gegeben werden. Dazu werden zunächst die Begriffe des phänomenalen Bewusstseins sowie anschließend der Qualia zu klären sein. Dem folgen Betrachtungen zu einzelnen Gedankenexperimenten, die eine Existenz nicht-physikalischer Tatsachen diskutieren und dem Physikalismus entgegenstehen. Im Besonderen wird hier auf Thomas Nagels Wie ist es, eine Fledermaus zu sein ?, Frank Jackson und seine Wissenschaftlerin Mary sowie Joseph Levines Theorie zur Erklärungslücke einzugehen sein. Daraus ergibt sich dann die Notwendigkeit der Tatsachenbegriffsklärung, während dieser die Gegenargumente des Physikalismus einfließen. In einer abschließenden Zusammenfassung werden noch einmal alle gewonnenen relevanten Erkenntnisse zur Debatte um das phänomenale Bewusstsein zusammengetragen.

2. Zum Begriff des phänomenalen Bewusstseins

Konnten bisher viele Geheimnisse, die sich um den menschlichen Geist und das Gehirn ergeben, durch die Erforschung physischer Zusammenhänge und funktionaler Mechanismen geklärt werden, so ist es bis heute dennoch verwehrt geblieben eine physikalische Grundlage für Bewusstsein als solches zu bestimmen. Bei der Betrachtung von Bewusstsein geht es dabei nicht um das Bewusstsein von etwas sondern um das Bewusstsein an sich. Bisher konnte jedoch keine nicht-zirkuläre Definition dessen aufgestellt werden, sodass sich dies als phänomenologisches Grundproblem der Theorien um die Philosophie des Geistes ergibt.

Das größte Problem besteht zunächst in der Uneinheitlichkeit des Begriffes Bewusstsein. Eine erste Bedeutung umfasst die Fähigkeit zu integriertem Verhalten. Hiermit ist das Bewusstsein von etwas – hier konkret des Verhaltens anderer – gemeint. Die entscheidenden Facetten des Verhaltens sind dabei die diskriminative Funktion, was Verhalten als Antwort auf von außen kommende Informationen meint, die koordinierende Fähigkeit die Verhaltenselemente zu einem Muster zusammenzufügen, der Situation angemessen zu sein und über die Zeit hinweg kohärent zu wirken.1 Diese Interpretation von Bewusstsein zielt jedoch gerade nicht auf Bewusstsein an sich ab und ist auch deshalb nicht Gegenstand der Debatte, da seine Strukturen auf der Basis physikalischer Tatsachen erklärt werden können. Eine weitere Auslegung des Begriffs Bewusstsein gesteht ihm die Verfügung über kognitive Fähigkeiten zu. Hierbei steht Bewusstsein synonym zu Wissen: Zum einen für verschiedene Formen des Wissens von der Außenwelt in kollektiver, individueller, wahrnehmender, erinnernder und Aufmerksamkeit stiftender Form und zum anderen für das reflexive Wissen über die eigenen mentalen Zustände, das wiederum in Subformen von bewusst/ unbewusst, Erinnerung/ keine Erinnerung, Aufmerksamkeit/ keine Aufmerksamkeit und verbalisierbar/ nicht verbalisierbar unterteilt werden kann. Bleibt bei dieser Auslegung von Bewusstsein zwar noch unerforscht, wie der semantische Gehalt von Tatsachen beschaffen ist und wie er biologisch realisiert werden kann, so konnte doch durch die kognitive Neurobiologie und Forschung zu künstlicher Intelligenz ein klarer Zusammenhang zwischen kognitiven Fähigkeiten und physikalischen Tatsachen bewiesen werden.2

Diesen beiden Verständnisformen von Bewusstsein steht die dritte Auslegung als bisher undurchsichtigste entgegen. Bewusstsein im Sinne von Erleben – seien es Sinnesempfindungen von Farben und Tönen, Körperempfindungen wie Schmerz, Emotionen, Stimmungen, Wünsche, Triebe oder Bedürfnisse – zielt hier auf das subjektive Empfinden des eigenen, individuell bestimmten Handelns ab.3 Diese Form des subjektiven Anfühlens auf eine bestimme Art und Weise, bei der das Erfahren von Alltagssituationen abhängig von der Perspektive des bewusst erlebten Selbst bleibt, bezeichnet die Interpretation, die im Mittelpunkt der philosophischen Diskussion steht – Bewusstsein als phänomenales Bewusstsein.

Aus der Auffassung des Bewussteins als phänomenal ergibt sich für die Philosophie an dieser Stelle ein weiteres Problem. Sowohl die Frage nach der Verbindung zwischen physikalischen Grundlagen und phänomenalen Zuständen als auch die Frage, wie entsteht überhaupt phänomenales Bewusstsein, bleiben nicht eindeutig entscheidbar. Dabei zielen Materialismus und Physikalismus darauf ab, das Bewusstsein vollständig aus den materiellen Grundbedingungen erklären zu können. Hierzu wird der „Grundsatz des minimalen Materialismus“4 herangezogen, der zum einen eine Kovarianz zwischen Erlebnissen und entsprechenden physiologischen Prozessen unterstellt und eine einseitige Abhängigkeit des Erlebens von diesen Vorgängen postuliert, mit der die gleichzeitige Determination des Physiologischen über das Erleben verbunden ist und deshalb mit diesen Grundbestimmungen zum anderen eine kausale Rolle von physiologischen Prozessen zu bestimmten Erlebnissen festlegt.5 Vertreter der Theorie des phänomenalen Bewusstseins streiten eine solche Kausalität jedoch ab und bezweifeln einen inneren Zusammenhang zwischen objektiven Funktionen und subjektiven Erlebnisqualitäten, denn weder zeigt sich eine Notwendigkeit von Erlebnissen in dem Maße wie bei Systemeigenschaften noch ist die Kovarianz zwischen Gehirnprozessen und Erlebnissen sinnvoll in bekannte, logische Gesetze einbettbar.6 Die Aktualität der Diskussion liegt in der Annahme der kausal lückenlosen physikalischen Tatsachen, die das Bewusstsein im Bereich des Verhaltens ohne Funktion lässt.7

[...]


1 vgl. Bieri, Peter: Was macht Bewusstsein zu einem Rätsel?, S. 37.

2 vgl. ebd., S. 37-38.

3 vgl. Bieri, S. 38-39.

4 ebd., S. 40.

5 vgl. ebd.

6 vgl. ebd., S. 45-46.

7 vgl. ebd., S. 47.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Phänomenales Bewusstsein
Untertitel
Oder: Die Qual der Qualia
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Philosophie des Geistes
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V125715
ISBN (eBook)
9783640313051
ISBN (Buch)
9783640316892
Dateigröße
390 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Phänomenales, Bewusstsein, Oder, Qual, Qualia
Arbeit zitieren
Kathleen Grünert (Autor:in), 2008, Phänomenales Bewusstsein, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125715

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