Die Beziehungen zwischen Körper und Status


Seminararbeit, 2002

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die soziale Bedeutung des Körpers

3. Eine statusgebundene Soziologie des Körpers
3.1 Die gesellschaftstheoretische Perspektive: Der Körper als Objekt
3.2 Die Soziologie der Gefühle: Der Körper als Subjekt
3.3 Der performative Charakter des Körperausdrucks
3.4 Der Körper als Zeichenträger
3.4.1 Vorbemerkungen
3.4.2 „Maßstab“ Körpe
3.5 Der Körper als intentional gewähltes Mittel der Darstellung sozialer Zugehörigkeiten

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Jeder Mensch ist von Geburt an gleich. Zumindest biologisch gesehen sind wir alle gleich. Wir sind gleichermaßen Träger von Rechten und Pflichten.“[1] Leider ist diesem Zitat in keinster Weise zuzustimmen. Denn schon immer hat es in Gesellschaften Über- und Unterordnungen gegeben und es gibt sie noch. Früher standen die Herrscher und Adligen weit über den Leibeigenen oder Sklaven, heutzutage genießt eine Putzfrau weniger Ansehen als ein Manager. Doch woher kommt es zu solchen Unterschieden im „Wert“ eines Menschen?

„Soziale Ungleichheit beginnt in einem soziologisch präzisen Sinn erst dort, wo aus sozialer Ungleichartigkeit oder Heterogenität über einen Bewertungsprozess soziale Ungleichwertigkeit oder kurz: Ungleichheit entsteht. Erst dieser Bewertungsprozess macht aus objektiven Unterschieden [...] soziale Unterscheidungen.“[2]

Diese Bewertung eines Individuums wird heute weitgehend von den Faktoren Bildung, Beruf und Einkommen geprägt. Diese werden im Laufe des Lebens eines Individuums erworben und bestimmen in modernen Gesellschaften hauptsächlich die soziale Stellung. Aber es gibt auch von Geburt an zugeschriebene Statusmerkmale, wie z.B. das Geschlecht oder die ethnische Zugehörigkeit.[3] Ebenso können über die Sozialisation vermittelte körperbezogene Aspekte einen Teil zur Erklärung der Ungleichheit beitragen.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit den gegenseitigen Beziehungen von Status und Körper. Zunächst wird die (soziale) Bedeutung des Körpers dargestellt. Danach soll geklärt werden, in welcher Art und Weise der Körper in eine Soziologie der sozialen Ungleichheit mit eingebunden werden kann. Dabei werden zwei Gliederungen von Cornelia Koppetsch – zur Theorie einer Soziologie des Körpers und zum Verhältnis von Körper und Status[4] – zusammengefasst, um daraus ein in sich geschlossenes System darzustellen, was zumindest ansatzweise sämtlichen statusbezogenen Aspekten des Körpers Rechnung tragen soll. Die Themen in Kapitel drei werden demnach wie folgt aussehen: der Körper als Objekt,[5] als Subjekt und seinen performativen Charakter.[6] Danach wird der Körper als Zeichenträger als auch als intentional gewähltes Mittel der Selbstdarstellung sozialer Zugehörigkeiten betrachtet. Zum Schluss wird geklärt, warum der Körper aus einer Betrachtung der sozialen Ungleichheit nicht ausgeschlossen werden sollte. Allerdings ist die Literatur zu diesem Thema an vielen Stellen nicht explizit genug, so dass einige Stellen lediglich die Gedanken des Autors widerspiegeln. Die Auswahl der Themen geschieht nur exemplarisch und kann deshalb auch nicht die gesamte Bandbreite der Theorie zu diesem Thema einbeziehen. Daher erhebt diese Arbeit auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll lediglich eine einführende Übersicht aufgezeigt werden.

2. Die soziale Bedeutung des Körpers

Dem Körper kann in der Gesellschaft ein zentraler Stellenwert beigemessen werden. Schließlich ist er der Ort, wo sich das Selbst[7] eines Menschen konstituiert, ehe es sich dann nach außen hin ausbreitet. Das bedeutet auch, dass es uns nicht möglich wäre in irgendeiner Art zu handeln, wenn wir keine Körper hätten. Dieser ermöglicht uns eine ganze Reihe von Dingen: Gehirn und Nervensystem gewährleisten das Denken. Dank der Stimmbänder und des Mundes kann man sprechen und sich so mit anderen verständigen. Die Ohren dienen dazu, dass was in unserer Umwelt geschieht akustisch wahrzunehmen, um nur ein paar wenige Aspekte an dieser Stelle wiederzugeben.[8]

Während ein Kleinkind heranwächst tritt es über Aktivitäten des Organismus mit der Umwelt in Beziehung. Dadurch, dass es an der Umwelt lernt und erfährt, was ihm weiterhilft und was ihm schadet, wird es zu einem sozialen Objekt. Denkbar ist z.B. ein Säugling, der nach und nach feststellt, dass ihm das Schreien die Aufmerksamkeit der Eltern sichert und diese ihm dann das Bedürfnis nach Nahrung befriedigen. Genauso wird ein Kleinkind, welches sich die Hände an einer Kerze oder an einer Herdplatte verbrennt, in Zukunft vorsichtiger sein. Zunächst bekommt man also ein Bewusstsein vom eigenen Körper. Erst mit der Zeit setzt man dann verschiedene Aspekte des Handelns mit sozialen Objekten in Beziehung und wird so in die Lage versetzt, sozial zu handeln.[9]

Als essentiell für soziales Handeln ist aber noch eine Identität von Nöten. Von einer soziologischen Definition ausgehend ist damit das jeweils unterschiedlich bewusste und mit Emotionen beladene Selbstverständnis einer Person in Bezug auf die eigene Lebenssituation, Individualität und soziale Zugehörigkeit verbunden. Man weiß z.B. als Mann, dass man anderen Männern ähnelt, von Frauen dagegen verschieden ist. Ebenso ist man als Mensch anders als ein Tier.[10]

Identität ist für menschliches soziales Verhalten unabdingbar. Andere Menschen betrachten einen im Hinblick auf die Identität, die sie einem zuweisen, die sich aber in den seltensten Fällen mit dem eigenen Verständnis der Identität deckt. Man selbst sieht sich auch immer mehr auf der Grundlage der Identitäten, die einem zugewiesen werden und der Art, wie andere sich gegenüber einem verhalten. Letztendlich aber ist der Körper „[...] entscheidend für diese Herstellung von Identität und ist [...] die Basis, um Personen in Beziehung zu ihrer Erscheinung einzuordnen.“[11]

Der Körper bildet schließlich die Verbindung zwischen der Gesellschaft und dem Subjekt. So lässt sich nicht zwischen der biologischen Konstante des Körpers und der Kultur, in die er eingebunden ist, eine Rangfolge festlegen. Beide sind als gleichwertig anzusehen. So wird der Körper zunächst biologisch erzeugt, die soziale Stellung hingegen erwirbt er durch soziale, kontextgebundene und in Machtprozesse verknüpfte Konstruktionsprozesse.[12]

3. Eine statusgebundene Soziologie des Körpers

3.1 Die gesellschaftstheoretische Perspektive: Der Körper als Objekt

Wenn ein Mensch in die Gesellschaft hineingeboren wird unterscheidet er sich zunächst einmal nicht sonderlich von anderen Säuglingen. Er hat in etwa die gleichen Verhaltensmuster wie andere Gleichaltrige. Die einzigen Unterschiede mag es im Äußeren geben. Doch im Laufe der Sozialisation werden Handlungen erlernt und Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale erworben, die sehr von denen anderer Individuen abweichen können. Ein erstes Indiz dafür ist, dass Mädchen anders als Jungen erzogen werden. So herrscht z.B. teilweise noch das Idealbild vor, dass Jungen bei Schmerzen tunlichst nicht weinen sollten, um sich als „wahrer Mann“ zu profilieren. Ebenso haben Mädchen immer brav und nett zu sein. Ihnen verzeiht man es auch schneller, wenn sie weinen. Sie sind eben das „schwache Geschlecht“. Dies impliziert eine erste Hierarchie zwischen den Geschlechtern. Lange Zeit, teilweise auch heute noch, wurden Frauen als nicht gleichberechtigt, also als unterlegen angesehen. Diese Statusunterschiede ergeben sich aber keineswegs aus biologischen Konstanten. „Das Geschlechterverhältnis ist nichts Statisches: die Hierarchien und Beziehungen zwischen Mädchen und Jungen, Frauen und Männern werden immer wieder neu definiert und festgelegt.“[13] Um diese Ungleichheit zu beseitigen bedient man sich heute vielfältiger Methoden. So ist vielen Stellenausschreibungen auf dem Arbeitsmarkt zu entnehmen, dass Frauen bei gleichwertigen Qualifikationen ein Vorzug bei einer Einstellung gegeben wird.

Ein weiterer Aspekt bezieht sich auf die Internalisierung von Werten und Normen. Man lernt nicht nur geschlechtstypisches Verhalten während der Sozialisation, sondern auch, was in der jeweiligen Gesellschaft und in der jeweiligen Gruppe (wie z.B. Familie) als richtig und als falsch angesehen wird. Ist dieser Lernprozess erfolgreich, so erwirbt man nach und nach eine Kontrollinstanz, die nicht von außen kommt, sondern sich im Wesen des Menschen befindet: es bildet sich ein Gewissen. Darüber hinaus legen Normen ein typisches Handeln fest, womit das Verhalten von Menschen eine gewisse Regelmäßigkeit erfährt. Dies bringt den entscheidenden Vorteil, dass man sich nicht ständig neuen Situationen anpassen muss.[14]

Dieser Lernprozess der Normen in der Sozialisation erfolgt nun auch schichtspezifisch. Hradil bringt in dem Buch „Soziale Ungleichheit in Deutschland“ einige Beispiele an, die hier auszugsweise zur Stützung der Argumentation hinzugezogen werden. So zeigte sich in Untersuchungen, dass Kinder aus höheren Schichten durch ihre Verhaltensweisen und Einstellungen zeigen, eine bessere Selbständigkeit und Selbstkontrolle erworben zu haben als Kinder niedrigerer Schichten. Außerdem verfügten sie über eine gewisse Distanz zu vorbestimmten Rollenerwartungen, wodurch sie in die Lage versetzt werden, effizienter mit neuen oder widersprüchlichen Situationen umgehen zu können.[15] Ebenso scheint der „Erfolg“ der Sozialisation im Hinblick auf die Vermittlung von Normen mit der jeweiligen Schicht zu korrelieren. So tritt abweichendes Verhalten in Form von Kriminalität um so häufiger auf, je geringer der Status eines Gesellschaftsmitglieds ist.[16]

Natürlich lässt sich der Körper auch außerhalb des Sozialen betrachten. Jeder Mensch verbringt auch gerne einmal Zeit mit sich selbst. Manche lesen ein gutes Buch, andere widmen sich aktiv oder passiv der Musik. Denkbar ist, dass diese Beschäftigungen auch von der jeweiligen Stellung in der Gesellschaft abhängen. Wenn z.B. ein Kind von den Eltern wenig vorgelesen bekommt oder auch im Haushalt wo es aufwächst keinerlei Bücher zu finden sind, so ist sicher der Gedankengang angebracht, dass dieses Kind auch beim Heranwachsen wenig Liebe zur Literatur entdeckt. Das bedeutet, dass der funktional spezifische Zugriff auf den eigenen Körper auch mit von der Sozialisation abhängig gemacht werden kann. Natürlich spielen dabei auch andere Faktoren eine Rolle, wie z.B. das verfügbare Einkommen, denn viele Dinge, die man vielleicht auch als Angehöriger einer unteren Schicht machen möchte, sind einfach zu teuer. Man braucht nur an Mode, Schönheitsoperationen oder auch diverse Sportarten zu denken. Nichtsdestotrotz werden schon beim Aufwachsen die ersten Anlagen zu den unterschiedlichen Freizeitbeschäftigungen erworben.

[...]


[1] Stimmeder 2002, S. 1.

[2] Hillebrandt 2002, S. 2.

[3] Vgl. Stimmeder 2002, S. 1f.

[4] Vgl. Koppetsch 1999 und 2000

[5] Hier fließt auch der Aspekt der kulturellen Formung und Disziplinierung der Koppetsch-Gliederung von 1999 mit ein.

[6] Vgl. Koppetsch 2000, S. 7f. Hier wird auch die (Re-)Produktion sozialer Ungleichheit aus der Gliederung von 1999 behandelt.

[7] Nach Hillmann (1994) soll hier das Selbst als den „[...] mit der Identität und der psych. Instanz des Ich(s) verwobenen Komplex von Auffassungen, Vorstellungen, Einstellungen und Bewertungen eines Individuums im Hinblick auf die eigene Person [...]“ bezeichnet werden.

[8] Vgl. Field 1978, S. 244f.

[9] Ebd., S. 245f.

[10] Vgl. Hillmann 1994, Stichwort „Identität“ und Field 1978, S. 247.

[11] Field 1978, S. 247.

[12] Vgl. Kimmerle 2000, S. 2.

[13] Treibel 1995, S. 256.

[14] Vgl. Bahrdt 1997, S. 50.

[15] Wenig Selbstkontrolle und Selbstbewußtsein kann aber auch gefährliche Dimensionen annehmen. Man denke z.B. an ein junges Mädchen, das die in den Medien vorgespielten Schönheitsideale nicht angemessen verarbeiten kann und infolgedessen massive Essstörungen bis hin zur Bulimie bekommt.

[16] Vgl. Hradil 1999, S. 449 und 473.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Beziehungen zwischen Körper und Status
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziologie des Körpers
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V12546
ISBN (eBook)
9783638184007
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beziehungen, Körper, Status, Soziologie, Körpers
Arbeit zitieren
Daniel Hans (Autor:in), 2002, Die Beziehungen zwischen Körper und Status, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12546

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