Altersteilzeit als Instrument der betrieblichen Beschäftigungspolitik


Diplomarbeit, 2007

88 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einführung

2. Betriebliche Beschäftigungspolitik von Unternehmen in Deutschland
2.1 Begriffliche Klärung der betrieblichen Beschäftigungspolitik in Deutschland
2.2 Zielsetzung und Ausgestaltung der betrieblichen Beschäftigungspolitik
2.3 Die Personalplanung als bedeutendes Instrument betrieblicher Beschäftigungspolitik

3 Das Instrument der Altersteilzeit
3.1 Begriff der Altersteilzeit
3.2 Modelle der Altersteilzeit
3.2.1 Das klassische Modell
3.2.2 Das Blockmodell
3.3 Die gesetzlichen Regelungen der Altersteilzeit in Deutschland
3.3.1 Fördervoraussetzungen
3.3.2 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit
3.3.3 Rentenrechtliche Auswirkungen der Altersteilzeit
3.4 Ziele der Altersteilzeit

4. Die Rolle der Altersteilzeit in der betrieblichen Beschäftigungspolitik
4.1 Altersteilzeit als personalpolitisches Planungsinstrument
4.2 Kostenbetrachtung der Altersteilzeitregelung für die Unternehmen
4.3 Sichtweise der Sozialpartner zum Instrument der Altersteilzeit
4.4 Empirische Verbreitung der Altersteilzeit

5. Alternativen zur Altersteilzeit im europäischen Vergleich
5.1 EU-Beschlüsse zur Frühverrentung
5.2 Frühverrentungsmaßnahmen im europäischen Vergleich
5.2.1 Altersgrenzen für den vorgezogenen Rentenbezug
5.2.2 Modelle des gleitenden Übergangs in den Ruhestand
5.2.3 Reformpfade im Ländervergleich

6. Überlegungen zur Altersteilzeit-Nachfolge
6.1 Arbeitszeitmodelle
6.2 Die Teilrente
6.3 Das Beispiel Audi

7. Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang 1: Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit
Anhang 2: Beschäftigungsquoten der 25-44-Jährigen und der 55-64-Jährigen in der EU 2004 in Prozentangaben
Anhang 3: Vorzeitiger Rentenbezug
Anhang 4: Modelle für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand: Einführung und Umsetzung
Anhang 5: Die wichtigsten Merkmale der Modelle für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand
Anhang 6: Derzeit bestehende Frühverrentungsmöglichkeiten im Vergleich

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Inanspruchnahme der öffentlich geförderten Altersteilzeit

Abbildung 2: Vereinbarungen zur Altersteilzeit

Abbildung 3: Anträge auf Altersteilzeit

Abbildung 4: Erwerbsunfähigkeit bei Älteren

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Arbeitgeberkosten im Falle der geförderten Altersteilzeit durch die BA

Tabelle 2: Altersteilzeit im EU-Vergleich

1. Einführung

In einer Zeit der wirtschaftlichen und demografischen Herausforderungen, in der zunehmend neue arbeitsmarkt- und rentenpolitische Reformvorschläge entwickelt werden, sticht ein Rückgriff auf ein bereits auslaufendes Modell besonders heraus. Dabei können mit der Ent-wicklung neuer Ideen und Konzepte bis zu ihrer Implementierung zahlreiche Reibungsverlus-te verbunden sein, während in der Nutzung oder Modifikation noch bestehender Instrumente oder Maßnahmen viele Vorteile liegen können. Aber die Altersteilzeit (ATZ) als ein bedeu-tendes Instrument der betrieblichen Beschäftigungspolitik (bBP) wieder- oder gar neu entde-cken? Möglicherweise sogar als „(Wieder-) Eingliederungsinstrument“ in den Arbeitsmarkt? Ein solcher Vorschlag muss irritieren und im weiteren Verlauf dieser Arbeit kontrovers disku-tiert werden. Schließlich wird Altersteilzeit gegenwärtig immer noch als eines der zentralen Ausgliederungsinstrumente innerhalb des betrieblichen Frühverrentungsgeschehens ange-sehen.1 So ist die Altersteilzeit nach wie vor bei den Unternehmen in Deutschland sehr be-liebt. Sie stellt eines der wichtigsten Instrumente im Rahmen der bisherigen betrieblichen Beschäftigungspolitik der Unternehmen dar. So wurden im September 2005 über 90.000 Altersteilzeitverträge abgeschlossen und durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) öffentlich gefördert. Damit liegt die Zahl der geförderten Altersteilzeitfälle im Vergleich zu 1997 fast 18-mal so hoch.2

Auch aufgrund einer hohen Jugendarbeitslosigkeit gilt das vorzeitige Ausscheiden so ge-nannter „Älterer Arbeitnehmer“3 aus dem Erwerbsleben, mittels des Instruments der Al-tersteilzeit, noch immer als eine weithin konsensfähige, weil am ehesten sozialverträgliche Lösung.4

Dass die gegenwärtige Nutzungspraxis des Instruments der Altersteilzeit in Form des so ge-nannten „Blockmodells“5 angesichts des demografischen Wandels, also der Alterung der Gesellschaft und der Belegschaften in den Unternehmen bei gleichzeitigem Rückgang der Geburtenrate aus volkswirtschaftlicher Sicht längst dysfunktional ist, ist allgemein hin be-kannt, wie auch die Erkenntnis, dass Maßnahmen zur Förderung der Weiterarbeit bis zum 67. Lebensjahr so lange in ihrer Wirkung beschränkt bleiben werden, wie alternativ mit dem geblockten Altersteilzeitmodell ein Frühverrentungspfad offen steht.6 Neben der demografi-schen Entwicklung sind es vor allem die hohen Kosten zulasten der Renten- und Arbeitslo-senversicherung, die eine solche Frühverrentungspraxis tendenziell unfinanzierbar machen.7

Des Weiteren zeigt ein Blick auf die europäische Beschäftigungspolitik, dass die Erhöhung der Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer eines der zentralen Themen im Rahmen der Euro-päischen Beschäftigungsstrategie (EBS) ist. Auf diesen Sachverhalt und seinem Zusam-menhang in Bezug auf Altersteilzeit wird im Abschnitt 5.1 eingegangen.

Vor diesem Hintergrund soll diese Arbeit einen Beitrag zu einer differenzierten Einschätzung des Instruments der Altersteilzeit und seiner Möglichkeiten innerhalb der betrieblichen Be-schäftigungspolitik leisten: Welche Aufgaben erfüllt die Altersteilzeit als Instrument der be-trieblichen Beschäftigungspolitik in Deutschland? Welche Alternativmodelle bzw. Ersatzlö-sungen zur Altersteilzeit sind denkbar und wie können diese aussehen? Ist eine betriebliche Beschäftigungspolitik denkbar, die ohne Altersteilzeit auskommt und damit ein wichtiges kurz- bis mittelfristiges Planungsinstrument verliert? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit.

Da die Altersteilzeit keine deutsche Besonderheit ist und auch andere Länder nach ange-messenen Strategien zur Bewältigung der Frühverrentungsproblematik suchen, bietet sich innerhalb dieser Arbeit auch ein Blick über die nationalen Grenzen an. Selbstverständlich müssen die landesspezifischen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung und Nutzung der Altersteilzeit in anderen Ländern bei der Betrachtung einer möglichen Übertragbarkeit dieser Konzepte auf Deutschland in entsprechender Weise berücksichtigt werden. Der erweiterte Blick für landesübergreifende Diskussionen und Modelle soll helfen, eventuell noch unent-deckte Potenziale dieses Instruments zu erschließen.8

Die Vorgehensweise für diese Arbeit strukturiert und begründet sich wie folgt:

Im zweiten Kapitel erfolgt zunächst eine begriffliche Klärung der betrieblichen Beschäfti-gungspolitik in Deutschland. Im Anschluss daran wird eine nähere Bestimmung der Ziele und der Bedeutung der betrieblichen Beschäftigungspolitik für die Unternehmen in Deutschland vorgenommen. In dieser Arbeit wird eine „typisch“ deutsche betriebliche Beschäftigungspoli-tik unterstellt, um hieran die Rolle der Altersteilzeit als Instrument der bBP zu erläutern. Mit der Darstellung der Personalplanung als ein bedeutendes Instrument der bBP und hier ins-besondere mit der Darstellung des Teilbereichs der Personalfreistellung endet das zweite Kapitel.

Die konkrete Beschreibung und Definition des Instruments der Altersteilzeit ist Gegenstand des dritten Kapitels. Zu dieser genaueren Betrachtung gehören etwa Angaben zu den zwei bekanntesten Modellen der Altersteilzeit, als auch die Darstellung der gesetzlichen Regelun-gen zur Altersteilzeit in Deutschland. Darüber hinaus soll in diesem Kapitel herausgearbeitet werden, welche Ziele hauptsächlich mit dem Einsatz von Altersteilzeit verfolgt werden.

Das vierte Kapitel beinhaltet primär die Darstellung der Altersteilzeit als personalpolitisches Planungsinstrument und seiner Bedeutung innerhalb der betrieblichen Beschäftigungspolitik. Neben einer Kostenbetrachtung der Altersteilzeitregelung für die Unternehmen, einer Ausar-beitung der unterschiedlichen Sichtweisen der Sozialpartner zum Instrument der Altersteil-zeit, erfolgt eine Beschreibung der gemachten Erfahrungen zur Akzeptanz und Implementie-rung der ATZ in den Unternehmen basierend auf empirischem Zahlenmaterial. Dabei wird an die gewonnenen Informationen aus den Kapiteln 2 und 3 angeknüpft.

Mit dem fünften Kapitel soll wie bereits erwähnt eine länderübergreifende, vergleichende Perspektive eingenommen werden, um damit eine zusätzliche Möglichkeit zu erhalten, eine etwaige Übertragbarkeit von Alternativmodellen zur Frühverrentung bzw. Altersteilzeit ande-rer Länder, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den jewei-ligen Ländern, auf die deutsche betriebliche Beschäftigungspolitik zu prüfen und gegebenen-falls Empfehlungen für Deutschland zu formulieren.

Das sechste Kapitel beinhaltet schließlich konkrete Überlegungen zu möglichen „Nachfolge-lösungen“ oder zur Modifikation der Altersteilzeit. Auf dieser Grundlage soll versucht werden, Handlungsempfehlungen zu formulieren, die Alternativen zur Altersteilzeit, aber auch die mögliche Umgestaltung der Altersteilzeit zu einer interessanten Option werden lassen, ohne diese unangemessen zu einer Patentlösung zu stilisieren.

2. Betriebliche Beschäftigungspolitik von Unternehmen in Deutsch­land

Im folgenden Abschnitt wird zunächst die betriebliche Beschäftigungspolitik begrifflich näher erklärt. In dieser Arbeit wird unterstellt, dass es eine „typisch“ deutsche Beschäftigungspolitik gibt, welche sich aber in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten zunehmend in einer Um-bruchsphase befindet. Diese Annahme dient im weiteren Verlauf der Arbeit der Untersu-chung der Rolle der Altersteilzeit innerhalb der betrieblichen Beschäftigungspolitik. Im zwei-ten Abschnitt erfolgt eine Darstellung der Bedeutung betrieblicher Beschäftigungspolitik in Deutschland und der von ihr verfolgten Zielsetzungen. Anknüpfend hieran wird im dritten Abschnitt die Personalplanung als eines der wichtigsten Instrumente einer längerfristig aus-gerichteten bBP vorgestellt, wobei der Schwerpunkt auf dem Teilbereich der Personalfreistel-lung liegt, um das Instrument der ATZ und seine Auswirkungen auf die bBP zu erklären.

2.1 Begriffliche Klärung der betrieblichen Beschäftigungspolitik in Deutschland

Zunächst ist anzumerken, dass der Begriff bBP von den unterschiedlichen Akteuren (Unter-nehmen, Staat, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände usw.) je nach Interessenlage bzw. Zielsetzung verwendet oder definiert wird. Er umfasst drei Teilbegriffe: Betrieb, Beschäfti- gung und Politik und bezeichnet zunächst einmal ganz allgemein den Aufbau, die Aufrecht-erhaltung und den Abbau von Beschäftigung im Unternehmen. Die Bezeichnung Beschäfti-gungs politik markiert die politische, interessenbezogene Dimension.9 Der Begriff bBP be-zeichnet somit vor allem Beeinflussungsinteressen und Einflussmöglichkeiten der Beschäfti-gungspolitik auf Betriebe als auch ein eigenes, betriebsspezifisches Selbstverständnis von beschäftigungspolitischem Handeln, welches über die betriebliche Personalplanung und - wirtschaft hinausgeht. Daraus ergibt sich eine Dreiteilung der betrieblichen Beschäftigungs-politik, die sowohl die Gesamtheit personalwirtschaftlicher Entscheidungen bzw. Strategien der Betriebe und ihrer Personalvertretungen, als auch die betriebsbezogene Arbeitsmarkt-und Beschäftigungspolitik betriebsexterner Akteure der Gebietskörperschaften, der Bundes-agentur für Arbeit sowie der Tarifparteien umfasst.10

Für PROMBERGER definiert sich die Beschäftigungspolitik auf Betriebs- und Unterneh-mensebene durch folgende Maßnahmen:

- einer langfristigen bestandsorientierten Planung von Personalbedarf, Personalentwick-lung und Personaleinsatz
- der Personalanpassung, soweit dabei der Erhalt oder der Ausbau von Beschäftigung berücksichtigt wird
- einer arbeitserhaltenden und arbeitsbeschaffenden Stabilisierung von Beschäftigung
- der Verringerung oder Umverteilung von Arbeitszeiten
- der Implementierung tariflicher Vorgaben im Unternehmen
- einer Abschwächung oder Verzögerung von Personalabbau
- der betrieblichen Aus- und Weiterbildung auch über den Eigenbedarf hinaus
- der Sicherung des Standortes durch entsprechende Abkommen
- der Verhandlungen über die Senkung von Personalkosten11

Das Bestreben der Unternehmen, Arbeitskräfte für die Erreichung der Unternehmensziele zu nutzen, findet seinen Niederschlag somit in der Gesamtheit der Maßnahmen, welche die Bereitstellung und Nutzung der Arbeitskraft zum Gegenstand haben. Betriebliche Beschäfti-gungspolitik umfasst laut WELTZ demnach nicht nur die Rekrutierung oder Entlassung von Arbeitskräften, sondern vielmehr auch die spezifische Form der Verwertung der verfügbaren Qualifikationen und die Maßnahmen, die der Gratifizierung, Motivierung und der Disziplinie-rung von Arbeitskräften dienen.12

Eine weitere Frage für die Begriffsbestimmung ist, welchen Zeithorizont die bBP umfasst. Im Unterschied zur Personalpolitik, die eher kurzfristig ausgerichtet ist, geht die betriebliche Be-schäftigungspolitik über den Einjahreshorizont hinaus und umfasst zudem personalwirt-schaftliche Strategien. Dazu zählen vor allem die Maßnahmen des Betriebes, die auf die Nachwuchsentwicklung, die Alterung der Belegschaft sowie vorgezogene Altersabgänge abzielen.13

Man kann die begriffliche Klärung der bBP auch anhand von Maßnahmen vornehmen, die mit der bBP verbunden sind. So weist beispielsweise KÜHL darauf hin, dass der Begriff bBP die Maßnahmen beinhaltet, welche die Beeinflussung von Niveau, Struktur und Entwicklung der Beschäftigung im Unternehmen sowohl durch die Personalvertretungen als auch durch die Betriebsleitung zum Ziel haben. Des Weiteren sieht er die Maßnahmen, die insbesondere seit Mitte der 1970er Jahre von staatlichen Instanzen, örtlichen Akteuren und Tarifparteien entwickelt und erprobt wurden und als Stütz-, Auffang- und Ersatzlösungen für betroffene Betriebe bei starkem Beschäftigungsabbau oder bei Betriebsstilllegungen fungieren sollen, als ein zweites Definitionsmerkmal betrieblicher Beschäftigungspolitik an.14

Eine weitere Auffassung von betrieblicher Beschäftigungspolitik vertreten KÖHLER und SENGENBERGER. Danach umfasst die betriebliche Beschäftigungspolitik im weitesten Sin-ne sämtliche beschäftigungspolitischen Maßnahmen, die vom Arbeitgeber für das Unter-nehmen insgesamt sowie für einzelne Betriebe getroffen werden, sowie die hinter diesen Maßnahmen stehenden grundsätzlichen unternehmerischen Kalküle bzw. betrieblichen Stra-tegien.15 Ergänzend soll der Definitionsansatz von PICK erwähnt werden, nach dem sich die betriebliche Beschäftigungspolitik nicht nur auf Rekrutierung, innerbetriebliche Verteilung und Entlassung von Arbeitskräften beschränken darf, sondern sich vielmehr auf die Gesamtheit der betrieblichen Bedingungen, Entscheidungen und Maßnahmen beziehen muss, aus de-nen heraus sich die quantitativen und qualitativen Variationen des betrieblichen Arbeitsvolu-mens bestimmen. Demnach ist die betriebliche Beschäftigungspolitik nicht auf den rein for-mellen Zuständigkeitsbereich der personalpolitischen Instanzen des Betriebes begrenzt, sondern stellt vielmehr einen besonderen und wichtigen Aspekt der allgemeinen Unterneh-menspolitik dar, der sich auf die Variationen in der Verfügung und Nutzung von Arbeitskraft bezieht und an dessen Gestaltung implizit oder explizit eine Vielzahl von betrieblichen In-stanzen beteiligt sind.16 Für den weiteren Verlauf der Arbeit wird sich aufgrund der Vielzahl der hier vorgestellten Definitionsansätze zur bBP primär am Definitionsansatz von PROM-BERGER orientiert, da er am ehesten der Annahme einer „idealtypischen“ deutschen bBP entspricht.

2.2 Zielsetzung und Ausgestaltung der betrieblichen Beschäftigungs-politik

Der folgende Abschnitt befasst sich zunächst mit der Frage der Zielsetzung. Welche Ziele verfolgen die Unternehmen im Rahmen ihrer betrieblichen Beschäftigungspolitik? Im An-schluss erfolgt eine Untersuchung der Ausgestaltung der bBP.

Nach KÜHL können vier Zielsetzungen allgemeiner betrieblicher Beschäftigungspolitik hin-sichtlich der quantitativen Anpassung der Belegschaften an externe Nachfrageänderungen unterschieden werden. An erster Stelle nennt er das unverzügliche Anpassen von Beleg-schaften, angelehnt an der aus den USA stammenden „Hire&Fire“ - Mentalität, je nach Auf-trags-, Absatz-, Ertragslage und -erwartungen. Wobei in Zeiten konjunkturellen Abschwungs Personal zügiger und vollständiger abgebaut wird, während im Aufschwung Neueinstellun-gen zunächst sukzessiv und zurückhaltend erfolgen.

Als nächstes Ziel sieht KÜHL die zeitlich verzögerte, eher mengenmälßige Anpassung der Belegschaften an die wirtschaftliche Lage und die Erwartungen des Betriebes. Elemente einer aktiven betrieblichen Beschäftigungspolitik werden vor allem durch den unterschiedli-chen Anpassungsumfang bei Kern- und Randbelegschaften und der Segmentierung innerbe-trieblicher Teilarbeitsmärkte, die das betriebliche Stabilisierungs- und Anpassungsinteresse sichert, sichtbar.

Als drittes Ziel kristallisiert sich eine betriebliche Beschäftigungspolitik mit strategischer Aus-richtung heraus. Sie beinhaltet vor allem Maßnahmen, die zu einem Strukturumbau der Be-legschaften mit einer verzögerten Anpassung führen, z. B. durch Maßnahmen zur Höherqua-lifizierung von Mitarbeitern oder durch das Horten von Stammkräften aufgrund des über-durchschnittlichen Abbaus von nicht benötigten Mitarbeitern der Randbelegschaften. Diese Maßnahmen haben also längerfristige Auswirkungen und sind damit Teil der strategischen betrieblichen Beschäftigungspolitik.

Als letztes Ziel der bBP nennt KÜHL die Erreichung einer möglichst dauerhaften Vollbeschäf-tigung für die Stammbelegschaft und das Sichern des betriebsspezifischen Humankapitals durch Ausbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen. Zudem sollten, um das Ziel der dauerhaf-ten Vollbeschäftigung zu erreichen, die Anpassungen der Beschäftigungskapazität haupt-sächlich durch innerbetriebliche Personalumsetzungen erfolgen. Es lässt sich konstatieren, dass die Unternehmen schon aus eigenen Interessen eine langfristige, auf Personalpläne gestützte bBP verfolgen, verbunden mit der Gefahr geschlossener Arbeitsmärkte, die Neu-zugängen nur schwerlich zugänglich sein dürften.17

KÖHLER und SENGENBERGER untermauern die von KÜHL herausgearbeiteten Zielset-zungen, in dem sie die bBP der deutschen und der US-amerikanischen18 Automobilindustrie hinsichtlich ihrer Ausgestaltung miteinander vergleichen. Sie verweisen dabei auf die deut­sche Betriebsverfassung, die bis zu einem gewissen Ausmalß die interne Personalbeschaf-fung präferiert. Dabei erwähnen sie vor allem den Kündigungsschutz und die Kurzarbeit, als weitere wichtige beschäftigungspolitische Instrumente, die in Deutschland bereits in den 70er Jahren ausgebaut wurden, um die Stabilisierungspolitik (Zielsetzung einer langfristigen Voll-beschäftigung unter Ausschluss von Kündigungen) der deutschen Automobilunternehmen zu verstärken. So gehen vor allem die Druckkräfte in Richtung Verstetigung der betrieblichen deutschen Beschäftigungspolitik von den Abbaukosten im weitesten Sinne aus, worunter alle geldlichen Entschädigungsleistungen sowie alle Kosten und Risiken, die mit einer etwaigen massenhaften Personalanpassung aufgrund gesetzlicher und tarifvertraglicher Regelungen verbunden sind, verstanden werden.19

Auch WELTZ stellt für die Mehrheit der deutschen Betriebe eine Politik der Personalstabili-sierung im Sinne einer langfristigen Vollbeschäftigung fest. Insgesamt versuchen die Unter-nehmen hierbei mit einer möglichst geringen Zahl von Einstellungen und Entlassungen aus-zukommen. So werden primär Einstellungen auf der Basis von unbefristeten Verträgen - zu-mindest für die eigentliche Stammbelegschaft - im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit der langfristigen Integration in das betriebliche soziale System vorgenommen. Tendenziell wird in Deutschland versucht, Entlassungen oder notwendig werdende Personalverminderungen aufgrund von Auftragsrückgängen durch die Nutzung von „natürlichen“ Abgängen so weit wie möglich zu vermeiden.

Die Personalstabilisierung als eine Form der bBP bietet sich vor allem in Zeiten der „Vollbe-schäftigung“ an. Der Bedarf insbesondere an gut qualifizierten Arbeitskräften ist dann kaum zu decken. Die Ergiebigkeit des überbetrieblichen Arbeitsmarktes ist gering. Daher gewinnt besonders die betriebliche Lehrlingsausbildung bzw. die in Deutschland stark vorherrschen-de „Duale Berufsausbildung“ als Teil der Politik der Personalstabilisierung an Bedeutung. Zur raschen Akzeptanz und Verbreitung dieser Politik haben sicherlich auch die Lernprozesse einiger Unternehmen beigetragen, die in Krisenzeiten in grölßerem Umfang Personal entlas-sen hatten und in den darauf folgenden konjunkturellen Aufschwüngen qualifizierte Arbeits-kräfte nur schwer rekrutieren konnten. Für eine Politik der Personalstabilisierung spricht des Weiteren die in Unternehmen in steigendem Maße erforderlich werdenden betriebsspezifi-schen Qualifikationen. Diese können nur durch eine langjährige Betriebszugehörigkeit er- worben werden und sind somit im Regelfall nicht über den außerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu rekrutieren.

Die betriebliche Politik der Personalstabilisierung hat jedoch dort ihre Grenzen, wo sich zum einen Flexibilitätsanforderungen quantitativer oder qualitativer Art nachdrücklich stellen und wo zum anderen die Voraussetzungen für eine langfristige Beschäftigungsstabilisierung be-sonders ungünstig sind, z. B. aufgrund besonders belastender Arbeitsbedingungen. In diesen Bereichen wird eine andere Beschäftigungspolitik verfolgt. Nicht die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Integration der Mitarbeiter ist ein wichtiger Rekrutierungsaspekt, sondern umge-kehrt, ein begrenzter inhaltlicher und zeitlicher Erwartungshorizont. Integration und Stabilität sind nicht mehr die zentralen Kriterien der betrieblichen Beschäftigungspolitik, sondern Dis-ponibilität und Flexibilität. Somit lässt sich eine Unterscheidung zwischen einer Stamm- und einer Randbelegschaft treffen, denen beiden in der betrieblichen Beschäftigungspolitik deut-lich unterschiedliche Funktionen zukommen und auf die unterschiedliche Beschäftigungs-strategien gerichtet sind.

Unter der Annahme einer längerfristig anhaltenden Unterbeschäftigung (z. B. in Zeiten einer Rezession) wird die aus Unternehmensperspektive erforderliche Beschäftigungspolitik in Form von Personalabbau und verstärkten Rationalisierungsmaßnahmen aus Sicht der ge-werkschaftlichen Beschäftigungspolitik problematisch. Nicht nur das Abwälzen des Beschäf-tigungsrisikos auf frühere Randgruppen wird schwieriger, sondern selbst Teile der Stammbe-legschaft bleiben hiervon nicht verschont. Somit gerät das Bestreben der Unternehmen, den Personalabbau auch zulasten Jugendlicher und älterer Arbeitskräfte durchzusetzen, zwangs-läufig mit den gewerkschaftlichen Interessen in Konflikt.20

Die Anpassung der Personalkapazität erfolgt auch unter dem Druck des internationalen Wettbewerbs, dem mittelständische und große Unternehmen in wachsendem Maße unterlie-gen. KNUTH und ERLINGHAGEN konstatieren dazu, dass es trotz der zunehmenden Globa-lisierung und Internationalisierung keineswegs zu einer automatischen Abnahme der Be-triebszentriertheit der Arbeitskräftestrategien innerhalb der deutschen Unternehmen kommt. Vielmehr ist zu vermuten, dass unter anderem die nationalspezifischen Institutionsgefüge einen großen Einfluss auf die betriebliche Beschäftigungspolitik der Unternehmen ausüben. Dementsprechend werden z. B. die Auswirkungen einer zunehmenden Globalisierung we-sentlich dadurch bestimmt sein, ob es sich um Arbeitsmärkte in eher „liberalen Marktwirt-schaften“ handelt, wie beispielsweise der USA, oder aber um eher „koordinierte Marktwirt-schaften“, wozu Deutschland zählt. Auch wenn es in Deutschland in den vergangenen Jahr-zehnten einzelne Deregulierungsbemühungen gegeben hat (z. B. Aufweichung des Kündi-gungsschutzes), so scheint die deutsche betriebliche Beschäftigungspolitik immer noch ein Prototyp zu sein, der für Beschäftigungsstabilität, sozialverträglichen Personalabbau und die Vermeidung von Kündigungen steht.21

2.3 Die Personalplanung als bedeutendes Instrument betrieblicher Beschäftigungspolitik

Dieser Abschnitt befasst sich schwerpunktmälßig mit der Personalfreisetzung als einen wich-tigen Teilbereich der betrieblichen Personalplanung, um im weiteren Verlauf das Instrument der Altersteilzeit als ein von den Unternehmen oftmals in Anspruch genommenes Personal-freisetzungsinstrument zu untersuchen. Auf die weiteren Teilbereiche der Personalplanung wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen.

Die Personalplanung als ein Abgleich der Personalbedarfs- und Personalbestandsplanung führt im Falle eines daraus ermittelten Überhangs im Rahmen der Maßnahmenplanung zu der Frage, wie ein prognostizierter oder aktuell festgestellter Personalüberschuss abgebaut werden kann. Sie ist somit eines der entscheidenden Instrumente im Rahmen einer länger-fristig ausgerichteten betrieblichen Beschäftigungspolitik.22

So kommt es bei der Feststellung einer Personalüberdeckung in den Unternehmen i.d.R. zu entsprechenden personalpolitischen Anpassungsmaßnahmen. In diesem Fall obliegt der Funktion Personalfreistellung primär der Abbau einer personellen Überdeckung in quantitati-ver (Überdeckung in einer bestimmten Höhe), qualitativer (Überdeckung in bestimmten Qua-lifikationen), zeitlicher (Überdeckung in einem bestimmten Zeitraum) und örtlicher Hinsicht (Überdeckung in bestimmten Betriebsteilen).23 Es kann hier im Wesentlichen zwischen Per-sonalabbaumaßnahmen mit und ohne Entlassungen unterschieden werden.

Der Personalabbau durch Entlassungen umfasst vorwiegend die Einzelkündigungen sowie die Entlassungen im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung. Es kann festgestellt wer-den, dass in Deutschland grundsätzlich Entlassungen als letztes Mittel zur Bewältigung von Beschäftigungskrisen angesehen werden. Dies hat seine Ursache auch im deutschen Kün-digungsschutzrecht. Darin wird der Arbeitgeber verpflichtet, jede Kündigung zu begründen. So sind beispielsweise neben den dringlichen betrieblichen Erfordernissen im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung auch soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Dies bedeu-tet, dass unter Anwendung der so genannten „Sozialauswahl“ zunächst diejenigen Arbeit-nehmer als Erste gekündigt werden, die am wenigsten auf den Arbeitsplatz angewiesen sind. Als wesentliche Kriterien gelten hierbei das Lebensalter, die Zahl der unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie die Dauer der Betriebszugehörigkeit.24 Darüber hinaus sind in verschie-denen Tarifverträgen besondere Kündigungsfristen für ältere Arbeitnehmer geregelt, in eini- gen Fällen sogar Unkündbarkeit oberhalb einer bestimmten Altersschwelle. Des Weiteren gelten zudem besondere Kündigungsvorschriften für Auszubildende, Schwerbehinderte so-wie im Rahmen des Mutterschutzgesetzes.25 Im Falle von grölßeren Entlassungsaktionen ist zu prüfen, ob eine Betriebsänderung oder Massenentlassung vorliegt. Liegt der Fall einer Betriebsänderung vor, so ist mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich zu verhan-deln. Durch den Interessenausgleich sollen vor allem die mit einer Kündigung verbundenen Nachteile des Arbeitnehmers ausgeglichen werden. Häufig geschieht dies durch den Ab-schluss eines Sozialplanes, verbunden mit der Festlegung von Abfindungszahlungen. Der gekündigte Arbeitnehmer kann aber nach dem geltenden Kündigungsschutzrecht die Be-rechtigung der Kündigung gerichtlich nachprüfen lassen. Hierzu genügt es, innerhalb einer vorgegebenen Frist Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben. Des Weiteren folgen die Unternehmen in Deutschland i. d. R. dem „Prinzip der geringsten sozialen Härte“. Diese Haltung entspricht einer Politik der Personalstabilisierung. Sie wird auch als „Beschäf-tigungspolitik der mittleren Linie“ bezeichnet. Ziel dieser betrieblichen Beschäftigungspolitik ist die Minimierung der Einstellungen und Entlassungen von Personal.26

Auch wenn die betriebliche Personalplanung grundsätzlich darauf ausgerichtet ist, Personal-freistellungen so gering wie möglich zu halten, so können Entlassungen in einer dynami-schen Wirtschaft mit Produktions- und Beschäftigungsveränderungen nicht gänzlich verhin-dert werden. Ist ein Personalabbau unausweichlich, so sind zumindest die negativen Auswir-kungen für die betroffenen Arbeitnehmer zu verringern (z. B. durch einen Sozialplan27, Abfin-dungszahlungen, Outplacement-Maßnahmen28 usw.).29

Zum Personalabbau ohne Entlassungen zählen insbesondere das Ausnutzen der natürlichen Fluktuation, der Einstellungsstopp, die Auflösungsverträge mit Abfindungen sowie die vorzei-tigen Pensionierungen und Frühverrentungsmaßnahmen. Das Ausnutzen der natürlichen Fluktuation gilt als „eleganteste“ Maßnahme des Personalabbaus. Darunter versteht man, dass die frei werdenden Arbeitsplätze aufgrund vorhersehbarer Abgänge von Arbeitnehmern durch Erreichen der Altersgrenze und unvorhersehbarer Abgänge infolge von Kündigungen und Sterbefällen nicht wieder besetzt werden.

Einstellungsstopps sind vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein probates Mittel, um Entlassungen zu vermeiden. Bei einem absoluten Einstellungsstopp werden beispielsweise weder Ersatzeinstellungen noch Neueinstellungen vorgenommen. Der Einstellungsstopp ist eine einfache Maßnahme, die insbesondere den beschäftigten Arbeitnehmern, den so ge- nannten „Insidern“, zugute kommt. Diese Maßnahme muss allerdings auch kritisch in Anbet-racht der Erwerbslosen und Arbeitssuchenden, den so genannten „Outsidern“ gesehen wer-den. Dieser Gruppe bleibt der „interne“ Arbeitsmarkt durch die Maßnahme des Einstellungs-stopps verschlossen. Zudem besteht die Gefahr, dass es in Zeiten konjunkturellen Auf-schwungs zu einem „Horten“ von Arbeitskräften kommt und sich die Unternehmen erneut die Frage des Personalabbaus stellen müssen. Bei den Aufhebungsverträgen zwischen Unter-nehmen und Arbeitnehmern handelt es sich um ein Abfindungsangebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, wenn dieser freiwillig sein Arbeitsverhältnis beendet. Die Vorteile für die Unternehmen liegen vor allem darin, dass (Massen-) Entlassungen vermieden werden kön-nen und sämtliche Kündigungshindernisse und -beschränkungen, wie beispielsweise die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes, des Mutterschutzgesetzes, des Schwerbehin-dertengesetzes und der Tarifverträge entfallen.

Eine besondere Form der Aufhebungsverträge stellt laut PICK die Frühverrentung und hier insbesondere die Altersteilzeit dar. Der Vorteil aus Sicht der Unternehmen besteht darin, dass die Kosten dieser Maßnahme überwiegend zulasten der Sozialversicherungsträger ge-hen (was volkswirtschaftlich betrachtet strikt abzulehnen ist). Zudem ist das Instrument der Frühverrentung aus Arbeitnehmerperspektive durchaus umstritten. Während ein großer Teil der älteren Beschäftigten, insbesondere im gewerblichen Bereich, die Frühverrentung gern in Anspruch nimmt (z. B. aufgrund von körperlichen Verschleißerscheinungen), so stölßt sie bei Angestellten häufig auf Widerstand (z. B. aufgrund der Angst vor drohenden Einkommens-einbußen). Trotzdem kann insgesamt festgestellt werden, dass die Frühpensionierung und hier insbesondere die Altersteilzeit prinzipiell eine hohe Akzeptanz bei den Belegschaften genießt, da die älteren Arbeitnehmer nicht in die Arbeitslosigkeit, sondern faktisch in den Ruhestand entlassen werden.30

Auch die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) konsta-tiert dem Altersteilzeitgesetz (AtG) eine durchaus positive Zielsetzung und Wirkung, welche in der Stabilisierung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer liegt, die dadurch effektiv länger bis zur Rente in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis bleiben können. Dadurch können zugleich auch Vorruhestandspraktiken und Entlassungen vermieden und gegebe-nenfalls Arbeitsmarktchancen von jungen Arbeitslosen und Auszubildenden verbessert wer-den. Dies soll vor allem durch die Wiederbesetzung der durch Altersteilzeit frei gewordenen Arbeitsplätze mit jungen Arbeitslosen und Auszubildenden erfolgen. Das Altersteilzeitgesetz zielt somit auf eine Umverteilung der Arbeit von älteren auf jüngere Arbeitnehmer ab.31

Es besteht jedoch die Gefahr, dass die innerbetrieblichen Altersgrenzen gesenkt und Früh-pensionierungen auch ohne die Notwendigkeit des Personalabbaus zu einem normalen per- sonalpolitischen Instrument werden. Dies ist seit längerem bei vielen deutschen Unterneh-men zu beobachten.32 Auf das empirische Zahlenmaterial zu dieser Beobachtung sowie auf die Altersteilzeit als Instrument der bBP wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen.

3. Das Instrument der Altersteilzeit

Angesichts einer anhaltenden hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland steht die Altersteilzeit seit einigen Jahren als arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitisches Instrument in der öffentli-chen Diskussion. Sie wird als eine Alternative angesehen, älteren Arbeitnehmern einen glei-tenden Ausstieg aus dem Erwerbsleben zu ermöglichen und gleichzeitig die Beschäfti-gungsmöglichkeiten arbeitsloser bzw. junger Erwerbspersonen zu fördern.33 Die Altersteilzeit bzw. das Altersteilzeitgesetz ist vor allem im Hinblick auf die gesetzlichen Regelungen ein sehr komplexes Thema. Um das Thema systematisch zu erschließen, werden im folgenden Kapitel nach einer kurzen Definition der Altersteilzeit die beiden zentralen Altersteilzeitmodel-le vorgestellt. Im Anschluss daran wird auf ausgewählte gesetzliche Regelungen zur Al-tersteilzeit eingegangen. Mit der Darstellung der Zielsetzungen des Instruments der Al-tersteilzeit endet das dritte Kapitel.

3.1 Begriff der Altersteilzeit

Ausgehend vom Wortgehalt des Begriffs Altersteilzeit handelt es sich um eine Form der Teil-zeitarbeit. Teilzeitarbeit liegt dann vor, wenn die regelmälßige Wochenarbeitszeit eines Ar-beitnehmers kürzer als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers ist. Laut ROTTKE richtet sich das Modell der Altersteilzeit nur an Arbeitnehmer im fortgeschrittenen Alter (vgl. Definition ältere Arbeitnehmer, S. 1). Es ermöglicht ihnen durch eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit einen fließenden Wechsel vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu vollzie-hen. Ein weiterer Unterschied zur klassischen Teilzeitarbeit besteht darin, dass die zu leis-tende Arbeitszeit nicht aus einem Vergleich zur Vollzeitbeschäftigung ermittelt, sondern eine hälftige Verringerung des bisherigen wöchentlichen Arbeitszeitvolumens vorgenommen wird. Der entscheidende Unterschied zur gängigen Teilzeitbeschäftigung ist jedoch, dass bei Ein-haltung der gesetzlichen Anforderungen der Arbeitgeber für die Beteiligung an den Kosten der ATZ staatliche Fördermittel beantragen kann.34

Auch KERSCHBAUMER und ROTHLÄNDER verstehen unter Altersteilzeit eine an besonde-re Voraussetzungen geknüpfte, staatlich geförderte Form von Teilzeitarbeit. Sie ermöglicht älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente und denjenigen, die eine verblockte Altersteilzeit gewählt haben, ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben.35

3.2 Modelle der Altersteilzeit

In den folgenden zwei Abschnitten werden die zwei bekanntesten und wichtigsten Modelle im Zusammenhang mit Altersteilzeit vorgestellt. Zunächst wird das klassische Altersteilzeit-modell erläutert, um im Anschluss daran näher auf das in der betrieblichen Praxis am häu-figsten vorzufindende Blockmodell einzugehen.

3.2.1 Das klassische Modell

Das klassische oder so genannte „echte Altersteilzeitmodell“ zeichnet sich durch eine konti-nuierliche Verteilung der Arbeitszeit aus.36

In der vom Gesetzgeber ursprünglich als Regelfall gedachten Form der Gestaltung von Al-tersteilzeit erbringt der Altersteilzeitbeschäftigte seine Arbeitszeit in Form einer halbschichti-gen Teilzeitbeschäftigung kontinuierlich über die gesamte Zeitdauer der Altersteilzeit. Somit bieten sich für den Arbeitgeber zwei Modelle zur Nutzung des Altersteilzeitgesetzes an. Die erste Möglichkeit besteht darin, dass der Altersteilzeitarbeitnehmer seine Arbeitszeit um die Hälfte reduziert und ein neu eingestellter Arbeitnehmer (i.d.R. ein Arbeitsloser oder gerade Ausgebildeter) auf diese oder eine andere im Zuge der Arbeitszeitverkürzung frei werdenden halben Stelle als Teilzeitarbeitnehmer nachrückt. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass je zwei in Altersteilzeit beschäftigte Arbeitnehmer hälftig einen Vollzeitarbeitsplatz besetzen und ein Vollzeitarbeitnehmer neu eingestellt wird.37

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist allerdings fraglich, ob mittels des klassischen Altersteil-zeitmodells wirklich die frei werdenden Arbeitsplätze mit ehemals Arbeitslosen oder Auszu-bildenden wieder besetzt werden können. Denn letztlich führt eine Arbeitszeitverkürzung nur dann zu Neueinstellungen, wenn man davon ausgehen kann, dass die Anforderungsprofile der Arbeitsnachfrageseite mit den Fähigkeitsprofilen der Arbeitnehmer übereinstimmen. Dies ist in der Realität allerdings oftmals nicht der Fall. Wenn man zudem davon ausgeht, dass eine Arbeitszeitverkürzung i.d.R. zu einmaligen zusätzlichen Arbeitskosten für Anwerbung, Einarbeitung, Umorganisation usw. führt, dann ist eher mit einer zusätzlichen Tendenz zur Verminderung der Arbeitsnachfrage und damit der Produktion zu rechnen. Daher ist zu ver-muten, dass eine Arbeitszeitverkürzung und somit auch die klassische Altersteilzeit eher ein ungeeignetes Mittel der Beschäftigungspolitik darstellt.38

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien Altersteilzeit in Form dieses klassischen Teilzeitmo-dells, so erhält der Altersteilzeitbeschäftigte während der gesamten Laufzeit der vereinbarten Altersteilzeit das entsprechende Teilzeitentgelt zuzüglich der gesetzlichen Aufstockungsbei-träge sowie der Höherversicherungsbeiträge zur Rentenversicherung. Neben diesem konti-nuierlichen Arbeitszeitmodell sind aber auch Modelle mit täglichem, wöchentlichem oder sai-sonal bedingtem Wechsel zwischen der Arbeits- und Freizeitphase oder eine degressive Verringerung der Arbeitszeit denkbar. Ausschlaggebend ist allein die tatsächliche Halbierung der bisherigen Arbeitszeit für die gesamte Dauer der Altersteilzeit bzw. für die Dauer der Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit. Als rechtliche Grundlage für dieses Modell der Altersteilzeit ist eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Ar-beitgeber ausreichend.39

Auch SCHABESTIEL und TENBROCK sehen das entscheidende Kriterium des klassischen bzw. herkömmlichen Modells der Altersteilzeitregelung in einer gleichmälßigen und kontinu-ierlichen Verteilung der Arbeitszeit auf die gesamte Spanne der Altersteilzeitarbeit. Somit vermindert der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung über den vereinbarten Zeitraum hinweg, er hat diese aber dennoch weiterhin fortlaufend zu erbringen. Sein Arbeitsentgelt und der darauf entfallende Aufstockungsbeitrag werden über den gesamten Zeitraum des Altersteil-zeitverhältnisses hinweg gezahlt. Diese Möglichkeit der kontinuierlichen Arbeitsleistung war anfangs als gesetzlicher Regelfall vorgesehen, wurde allerdings in der Praxis kaum ange-wandt. Die Ursachen für diese Entwicklung sind auf betrieblicher Ebene in erster Linie in der aufwendigen und schwierigen Umwandlung von Vollzeitarbeitsplätzen in Teilzeitarbeitsplätze zu sehen. Die Umwandlung erfordert ein umfangreiches organisatorisches Konzept und ho-he Aufwendungen im Rahmen der Personalplanung und -disposition. Darüber hinaus ist der Nutzen den mit der Realisierung betrauten mittleren und unteren Führungsebenen häufig nicht transparent oder nur schwer vermittelbar. Auf Arbeitnehmerebene bringt der gleitende Übergang in den Ruhestand häufig einen Effekt der Desintegration mit sich, denn die Be-schäftigten müssen Teile ihres Aufgabengebietes abgeben oder sich mit neuen Aufgaben-stellungen auseinander setzen.40 Heutzutage werden Altersteilzeitregelungen in den deut-schen Betrieben nur noch zu ca. 10 Prozent in Form des klassischen Modells praktiziert.41

Wegen der scheinbaren Nachteile des klassischen Modells wird daher von den meisten Un-ternehmen sowie von den Beschäftigten überwiegend das Blockmodell präferiert, das im folgenden Abschnitt näher beschrieben wird.

3.2.2 Das Blockmodell

Das Blockzeit- oder Blockmodell, besteht grundsätzlich aus zwei gleich großen Zeitblöcken: aus einer so genannten Arbeitsphase und einer sich hieran anschließenden Freizeitphase. Diese Zeitblöcke legen den Verteilzeitraum für die Arbeitszeit während der vereinbarten Dau- er der Altersteilzeitarbeit fest. Der Vorteil der Blockzeit für den Arbeitnehmer besteht vor al-lem darin, dass er zunächst weiterhin im Umfang der bisherigen Arbeitszeit weiterarbeiten kann, um das für die Freizeitphase notwendige Zeitguthaben aufzubauen. In der Freistel-lungsphase wird er dann vollständig von seiner Arbeitspflicht freigestellt.42 Während der ge-samten Laufzeit der Altersteilzeit, also sowohl während der Arbeits- als auch während der Freistellungsphase, erhält der Altersteilzeitarbeitnehmer ein Entgelt auf Basis der reduzierten Arbeitszeit zuzüglich der gesetzlichen Aufstockungsbeiträge sowie der Höherversicherungs-beiträge zur Rentenversicherung. Sofern auch beim Blockzeitmodell die Laufzeit der Al-tersteilzeit insgesamt drei Jahre nicht überschreitet, d. h. sich aus maximal eineinhalb Jahren Arbeitsphase und eineinhalb Jahren Freistellungsphase zusammensetzt, genügt als rechtli-che Grundlage eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Allerdings kann der Verteilzeitraum auch über drei Jahre hinausgehen und einen Gestal-tungszeitraum bis maximal zehn Jahren umfassen, der also beispielsweise aus einer fünfjäh-rigen Arbeitsphase gefolgt von einer fünfjährigen Freistellungsphase besteht. Dies ist aber nur möglich, wenn die Verteilung der Arbeitszeit in einem Tarifvertrag zur Altersteilzeit oder einer Betriebsvereinbarung auf Grundlage eines Tarifvertrages zur Altersteilzeit ausdrücklich zugelassen ist.

3.3 Die gesetzlichen Regelungen der Altersteilzeit in Deutschland

Mit dem Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (AtG) wurden für Arbeitnehmer und Arbeitgeber lediglich Rahmenbedingungen für Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit geschaffen.43 Dieses am 01.08.1996 in Kraft getretene Gesetz ist für Neu-fälle bis zum 31.12.2009 befristet. Da es seit 1996 mehrmals novelliert worden ist, zuletzt wesentlich mit Wirkung zum 01.07.2004 durch das Hartz III-Gesetz für moderne Dienstleis-tungen, wird hier nur auf die derzeit gültige Fassung Bezug genommen.44

Das Altersteilzeitgesetz enthält grundlegende Regelungen zu den Voraussetzungen und dem Umfang der von der Bundesagentur für Arbeit gewährten Förderleistungen. Durch die Neuregelung der neuen Gesetzesfassung zur Altersteilzeit ist erstmalig eine verpflichtende Insolvenzsicherung45 für die von den Arbeitnehmern im Rahmen des Blockmodells erworbe-nen Zeitguthaben enthalten, welche die vorhergehenden allgemeinen Regelungen zur Insol-venzsicherung deutlich verschärft.46

Bei der Beurteilung des Altersteilzeitgesetzes ist zu beachten, dass es nur Mindestbedin-gungen und -leistungen enthält, die durch die Tarifvertragsparteien im Rahmen von Tarifver-trägen oder aber auf Unternehmensebene durch Betriebsvereinbarungen erheblich aufge-bessert wurden. Die Tarifverträge zur Altersteilzeit sind von den einzelnen Branchen unter-schiedlich ausgestaltet worden. Exemplarisch wird an dieser Stelle der im Sommer 1997 zwischen der Volkswagen AG (VW) und der IG Metall abgeschlossene Tarifvertrag zur Al-tersteilzeit betrachtet, der sich im Verlauf weniger Jahre auch für andere Branchen zum Vor-bild für Tarifabschlüsse zur Altersteilzeit etabliert hat.

Hinter diesem Tarifvertrag steht die Idee eines Generationenvertrages, mit dessen Hilfe Kon-flikte zwischen den Generationen minimiert werden sollen. Da das Gesetz zum gleitenden Übergang in den Ruhestand mit hohen finanziellen Einbußen für die Arbeitnehmer verbun-den ist, hat die IG Metall in Zusammenarbeit mit dem Volkswagen Konzern das gesetzliche Modell so gestaltet, dass ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben über die Al-tersteilzeit für die Beschäftigten erleichtert wird.47 Nach Auffassung des Verfassers kann al-lerdings nicht prinzipiell von „hohen finanziellen Einbußen“ für die Arbeitnehmer gesprochen werden, da sich i. d. R. sowohl das klassische als auch das verblockte Altersteilzeitmodell gerade finanziell für die Arbeitnehmer lohnt. Dies begründet sich in der Tatsache, dass der Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet ist, den Teilzeitbruttolohn um 20 Prozent aufzusto-cken. Somit erhält der Altersteilzeitler bei nur noch der Hälfte der Arbeitszeit weiterhin 70 Prozent seines früheren Gehalts und daher letztlich mehr Geld, als ihm de facto nach der reduzierten Arbeitszeit zustehen würde.

Ein weiteres durch die Zusammenarbeit von IG Metall und Volkswagen verfolgtes Ziel war die Sicherstellung der Übernahme von Auszubildenden nach Abschluss ihrer Lehre. Konkret beinhaltet dieses ATZ-Modell umfassende tarifliche Aufstockungen der gesetzlich vorgese-henen ATZ-Leistungen. So wird das Entgelt für die Altersteilzeitarbeit von den gesetzlich vorgeschriebenen 70% auf 85% angehoben und der Rentenversicherungsbeitrag sogar von ursprünglich 90% auf 100% aufgestockt.48 Diese tarifvertraglichen Aufbesserungen der ge-setzlichen ATZ-Regelung dienen dem Verfasser als weiteres Argument, um die finanzielle Besserstellung der Altersteilzeitler bei der Wahrnehmung der beiden zentralen ATZ-Modelle zu begründen.

In den Tarifverträgen zur Altersteilzeit werden die Anspruchsvoraussetzungen sowie - einschränkungen der Arbeitnehmer geregelt. Bei den Anspruchsvoraussetzungen wie bei-spielsweise Mindestalter und vorheriges Beschäftigungsverhältnis orientieren sich die Tarif-verträge weitgehend an den Bestimmungen des ATZ-Gesetzes, auf das nun in den nachfol-genden Abschnitten eingegangen wird.

3.3.1 Fördervoraussetzungen

Die Inanspruchnahme der geförderten Altersteilzeit steht gemälß § 2 Abs. 1 S. 1 AtG in per-soneller Hinsicht allein der Gruppe der Arbeitnehmer zu. Neben der Voraussetzung einer wirksamen Altersteilzeitvereinbarung muss der Altersteilzeitarbeitnehmer dem vom Al-tersteilzeitgesetz begünstigten Personenkreis angehören d. h., der Arbeitnehmer muss zum Zeitpunkt des Übergangs in die Altersteilzeitarbeit mindestens das 55. Lebensjahr vollendet haben. Allerdings kann mit Vollendung des 65. Lebensjahrs keine förderwirksame Altersteil-zeit mehr vereinbart werden. Da der Geltungszeitraum des Altersteilzeitgesetzes bis zum 31.12.2009 erweitert wurde, können noch die bis zum 31.12.1954 geborenen Arbeitnehmer Altersteilzeit im Sinne des AtG wahrnehmen.49

Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) können ältere Arbeitnehmer die Förderung der Altersteilzeitarbeit durch die BA dann erhalten, wenn sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens drei Jahre in der Arbeitslo-senversicherung oder gemälß den Vorschriften eines EU-Mitgliedstaates sowie der Staaten Liechtenstein, Norwegen, Island und Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt waren und noch keinen Anspruch auf eine ungeminderte Rente haben.

Aber auch Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Übergangs in die Altersteilzeitarbeit älter als 55 Jahre sind und innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Übergang in Altersteilzeit zeitwei-se Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II bezogen haben, erfüllen diese Voraussetzungen zur Förderung der Altersteilzeitarbeit durch die Agentur für Arbeit. Eine weitere Voraussetzung ist, dass sich die Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit zumindest bis zum Rentenalter erstrecken muss.50

Förderungsfähige Altersteilzeit ist weiterhin nur dann gegeben, wenn die regelmälßige wö-chentliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers halbiert wird.

Neben den arbeitnehmerbezogenen Voraussetzungen ist für die Inanspruchnahme der ge-förderten Altersteilzeit zudem erforderlich, dass auch der Arbeitgeber bestimmte Kriterien erfüllt. Der Arbeitgeber hat sich um die Zahlung eines Aufstockungsbeitrages zum Nettoent-gelt sowie zur gesetzlichen Rentenversicherung und die Wiederbesetzung des frei geworde-nen Arbeitsplatzes zu kümmern. Die Höhe des Aufstockungsbeitrages beläuft sich auf 20 Prozent des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeit, welches gemälß § 6 Abs. 1 AtG ermit-telt wird.51 Das Regelarbeitsentgelt ist in diesem Fall das monatlich regelmälßig zu zahlende sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeitsentgelt, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung (z. B. 2006: Ost € 4.400, West € 5.250)52 nicht übersteigt. Ent-geltbestandteile, die nicht laufend gezahlt werden, sind dem Regelarbeitsentgelt nicht zuzu- rechnen. Zudem sind die Aufstockungsleistungen durch den Arbeitgeber von Steuern und Sozialabgaben freigestellt. Sie unterliegen allerdings dem Progressionsvorbehalt.53 Oftmals kann der Altersteilzeitarbeitnehmer aber aufgrund von Tarifverträgen einen Mindestnettobe-trag beanspruchen, wie bei der bereits geschilderten Regelung von Volkswagen, die eine Aufstockungsleistung auf mindestens 85% des bisherigen Nettogehalts vorsieht. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, zusätzlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversiche-rung mindestens in Höhe des Beitrages zu entrichten, der auf 80% des Regelarbeitsentgel-tes für die Altersteilzeitarbeit entfällt.54 Des Weiteren hat er die Rentenversicherungsbeiträge auf der Grundlage von 90% des vorherigen Einkommens des Arbeitnehmers zu entrichten. In der Praxis sind diese Regelungen in vielen Tarifverträgen, insbesondere in den großen Sektoren wie der Automobil- und Chemieindustrie großzügiger geregelt, oftmals mit der Ab-sicht, die älteren Arbeitnehmer zum Abschluss von Altersteilzeitverträgen zu ermutigen.55

3.3.2 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit

Um die Förderleistungen der Bundesagentur für Arbeit zu erhalten, muss der Arbeitgeber den durch die Altersteilzeitarbeit bzw. durch die Umsetzung frei gewordenen Arbeitsplatz entweder mit einem beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer oder einem ausge-lernten Auszubildenden wieder besetzen. Wenn ein Unternehmen nicht mehr als 50 Arbeit-nehmer beschäftigt, kann die Wiederbesetzung auch mit einem versicherungspflichtig be-schäftigten Auszubildenden erfolgen.56

[...]


1 Vgl. Barkholdt, Corinna (2004), S. 5.

2 Vgl. o. V. (2005), S. 2.

3 Unter dem Begriff „Ältere Arbeitnehmer“ bzw. „Ältere Erwerbstätige“ versteht man eine Personengruppe im Alter zwischen 55- und 64 Jahren (Vgl. Funk, Lothar (2004), S. 4.).

4 Vgl. Kador, Fritz-Jürgen et al. (2004), S. 101.

5 Vgl. dazu die Erläuterungen zum Blockmodell S. 14.

6 Vgl. Barkholdt, Corinna (2004), S. 5.

7 Vgl. Kador, Fritz-Jürgen et al. (2004), S. 101.

8 Vgl. Barkholdt, Corinna (2004), S. 6.

9 Vgl. Nienhüser, Werner (2006), S. 3.

10 Vgl. Engelen-Kefer, Ursula (1995), S. 399ff.

11 Vgl. Promberger, Markus (2002), S. 79.

12 Vgl. Weltz, Friedrich (1976), S. 9f.

13 Vgl. Engelen-Kefer, Ursula (1995), S. 402.

14 Vgl. Kühl, Jürgen (1992), S. 333.

15 Vgl. Köhler, Christoph; Sengenberger Werner (1983), S. 314.

16 Vgl. Pick, Peter (1988), S. 3f.

17 Vgl. Kühl, Jürgen (1992), S. 337.

18 Zur Ausgestaltung der US-amerikanischen Beschäftigungspolitik vgl. Köhler, Christoph; Sengenberger, Werner (1983): Konjunktur und Personalanpassung - Betriebliche Beschäftigungspolitik in der deutschen und amerikani-schen Automobilindustrie, Frankfurt/New York.

19 Vgl. Köhler, Christoph; Sengenberger Werner (1983), S. 373ff.

20 Vgl. Weltz, Friedrich (1976), S. 10ff.

21 Vgl. Knuth, Matthias; Erlinghagen, Marcel (2006), S. 11f.

22 Vgl. Ridder, Hans-Gerd (1999), S. 180.

23 Vgl. Becker, Fred G. (1988), S. 272.

24 Vgl. Pick, Peter (1988), S. 96ff.

25 Vgl. Engelen-Kefer, Ursula (1995), S. 411.

26 Vgl. Pick, Peter (1988), S. 108ff.

27 Vgl. § 112 BetrVG.

28 Outplacement bezeichnet Instrumente der betrieblichen Personalplanung, die einen Beitrag zu einer für Arbeit-geber und Arbeitnehmer fairen, sozial verantwortlichen und kostengünstigen Trennungskultur leisten. Outplace-ment-Maßnahmen sind i. d. R. gekennzeichnet durch eine professionelle Begleitung ausscheidender Mitarbeiter über einen definierten Zeitraum in eine neue Position. Vgl. Kleitsch, Hans-Peter (2006), S. 52.

29 Vgl. Engelen-Kefer, Ursula (1995), S. 410f.

30 Vgl. Pick, Peter (1988), S. 101ff.

31 Vgl. OECD (2005), S. 90.

32 Vgl. Pick, Peter (1988), S. 105.

33 Vgl. Sczesny, Cordula; Fingerhuth, Christl (2000), S. 323.

34 Vgl. Rottke, Carolin (2003), S. 4f.

35 Vgl. Kerschbaumer, Judith; Rothländer, Christian (2006), S. 46.

36 Vgl. Rottke, Carolin (2003), S. 35.

37 Vgl. Karvani, Selina (2005), S. 33.

38 Vgl. Knappe, Eckhard (1979), S. 27ff.

39 Vgl. Will, Patricia (2006), S. 16.

40 Vgl. Jungjohann, Kai (2002), S. 143f.

41 Vgl. Schabestiel, Phil; Tenbrock, Klaus (2005), S. 2f.

42 Vgl. Bundesanstalt für Arbeit (2003), S. 8.

43 Vgl. BMWA (2004), S. 7.

44 Vgl. Gatter, Jutta (2004), S. 66.

45 Die 2004 eingeführte Insolvenzsicherung verpflichtet die Arbeitgeber dazu, den Gegenwert der Vollzeitarbeits-leistung von im Blockmodell beschäftigten Arbeitnehmern durch geeignete Mittel abzusichern, was mit regelmä-ßigen zusätzlichen Ausgaben verbunden ist und dazu führt, das Blockmodell für die Unternehmen weniger attrak-tiv zu machen. Vgl. OECD (2005), S. 94.

46 Vgl. Schabestiel, Phil; Tenbrock, Klaus (2005), S. 29.

47 Vgl. Stück, Heiner (2003), S. 16f.

48 Vgl. ebenda, S. 17f.

49 Vgl. Rottke, Carolin (2003), S. 28f.

50 Vgl. BMWA (2004), S. 9.

51 Vgl. Schabestiel, Phil; Tenbrock, Klaus (2005), S. 7f.

52 Vgl. o. V. (2006c), S. 18.

53 Vgl. BMWA (2004), S. 11f.

54 Vgl. Schabestiel, Phil; Tenbrock, Klaus (2005), S. 8f.

55 Vgl. OECD (2005), S. 92.

56 Vgl. Jungjohann, Kai (2002), S. 166.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Altersteilzeit als Instrument der betrieblichen Beschäftigungspolitik
Hochschule
Universität Trier
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
88
Katalognummer
V125184
ISBN (eBook)
9783640300440
ISBN (Buch)
9783640305278
Dateigröße
1009 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Altersteilzeit, Instrument, Beschäftigungspolitik
Arbeit zitieren
Diplom-Kaufmann Carsten Reinhold (Autor:in), 2007, Altersteilzeit als Instrument der betrieblichen Beschäftigungspolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125184

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